Nach massiven Protesten: Uni Leipzig schließt Kritiker von Veranstaltung mit rechtsradikalem Professor Baberowski aus

Die Einladung des rechtsradikalen Professors Jörg Baberowski an die Universität Leipzig ist unter Studierenden auf enorme Opposition gestoßen. Nun entschied die Universitätsleitung zusammen mit der Stiftung Universitätskirche und der evangelischen Verlagsanstalt, dennoch an der Einladung festzuhalten und die Veranstaltung unter Ausschluss der kritischen Öffentlichkeit abzuhalten. Während der Professor seine rechte Hetze ungestört verbreiten darf, sollen Studierende zum Schweigen gebracht werden.

Das Plenum des Studierendenrats der Universität Leipzig (StuRa) hatte schon am Dienstag letzter Woche gegen die Einladung Baberowskis im Rahmen des Paulinerforums in die Universitätskirche protestiert. „Evangelische Kirche und Universitätsleitung geben einem rechtsradikalen Ideologen eine Plattform, der für die Verharmlosung der Nazi-Verbrechen, üble Hetze gegen Geflüchtete und Gewalt gegen Andersdenkende bekannt ist“, hieß es in dem Antrag der Hochschulgruppe der IYSSE, der einstimmig angenommen wurde. „Dafür ist an unserer Universität kein Platz!“

Am Montag veröffentlichte der StuRa dann eine weitere Stellungnahme, in der er „das Paulinerforum aufs Schärfste“ kritisierte und „die Ausladung von Prof. Dr. Jörg Baberowski“ forderte. Nico Eisbrenner, Referent für Hochschulpolitik, kritisiert unter anderem Baberowskis „Verharmlosung der Verbrechen des Nationalsozialismus“ und seine „Aussagen bezüglich Geflüchteter“.

„Wir fordern die Stiftung Universitätskirche auf die Veranstaltung nicht mit Jörg Baberowski stattfinden zu lassen“, ergänzt Paul Reinhardt, ebenfalls Referent für Hochschulpolitik. „Von Frau Rektorin Schücking als Vertreterin unserer Universität erwarten wir ebenfalls eine Distanzierung. Für Rechtsradikale ist an unserer weltoffenen Universität kein Platz!“ Schücking wollte auf der Veranstaltung ursprünglich eine Grußbotschaft der Universitätsleitung vortragen.

Der Beschluss des Plenums und die Stellungnahme des StuRa verbreiteten sich in den sozialen Medien wie ein Lauffeuer und wurde auch von zahlreichen Medien aufgegriffen. Neben der World Socialist Web Site berichteten der Deutschlandfunk, die Leipziger Internetzeitung, die Wochenzeitung für die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsen Der Sonntag, sowie der Evangelische Pressedienst.

Während sich die Rektorin weigerte, Presseanfragen zum Beschluss des Studierendenrats zu beantworten, erklärte die Stiftung Universitätskirche am Dienstagabend, dass die Veranstaltung mit dem Vortrag Baberowskis stattfinden werde, die Öffentlichkeit und damit die kritischen Studierenden allerdings von ihr ausgeschlossen würden.

Offiziell wird der Ausschluss der Öffentlichkeit mit „der sich nun auch in Leipzig zuspitzenden Pandemie-Situation“ begründet. Doch das ist ein offensichtlicher Vorwand. Nicht nur finden in der Universität und auch in der Universitätskirche nach wie vor zahlreiche Veranstaltungen statt, es wäre für die Universität auch ein Leichtes gewesen, Zuhörer online einzubinden und Raum für Fragen und kritische Beiträge zu geben.

Es geht den drei Veranstaltern, der Universität, der Stiftung und der Evangelischen Verlagsanstalt, offenbar darum, den Vortrag eines rechtsradikalen Ideologen gegen den erklärten Willen der Studierendenschaft durchzusetzen und jede kritische Stimme dagegen zum Schweigen zu bringen. Das ist ein unverhohlener Angriff auf die demokratischen Rechte der Studierenden und der Versuch, rechtsradikale Positionen salonfähig zu machen.

Diese Kombination aus extrem rechten Inhalten und autoritären Methoden zu ihrer Durchsetzung ist aus der Causa Baberowski zur Genüge bekannt. Schon als der rechtsradikale Professor 2014 den diskreditierten Trotzki-Biografen Robert Service an die Humboldt-Universität einlud, schloss er jeden aus, den er verdächtigte, kritische Fragen zu stellen.

In der gleichen Woche veröffentlichte der Spiegel einen Artikel unter dem Titel „Der Wandel der Vergangenheit“, in dem der Autor eine Neubewertung der deutschen Schuld im Ersten und auch im Zweiten Weltkrieg forderte. Als wichtigsten Gewährsmann zitierte er Baberowski, der behauptete, dass der Nazi-Apologet Ernst Nolte „historisch Recht“ gehabt habe. Als Begründung fügte er hinzu: „Hitler war kein Psychopath, er war nicht grausam. Er wollte nicht, dass an seinem Tisch über die Judenvernichtung geredet wird.“

Als Studierende der IYSSE an der Humboldt-Universität Veranstaltungen organisierten, auf denen sie diese Verharmlosung der Nazis und ihres Führers Hitler kritisierten, versuchte die Universitätsleitung, ihnen Räumlichkeiten zu verweigern. Die IYSSE dürften nur Veranstaltungen abhalten, wenn dort keine Professoren „beschimpft“ würden. Diese Zensur konnte nur durch die umfassende Mobilisierung von Studierenden verhindert werden.

Baberowski ging dazu über, Studierende und Kritiker mit Unterstützung der Universität mit Klagen zu überziehen, um sie einzuschüchtern und Kritik zu unterdrücken. So wollte er erzwingen, dass der Bremer AStA seine fremdenfeindlichen Tiraden aus der Sendung Kulturzeit vom 24. September 2015 nicht mehr zitieren darf. In der Sendung hatte er etwa in Hinblick auf die vermehrten Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte erklärt: „Angesichts der Probleme, die wir in Deutschland haben mit der Einwanderung, die jetzt gerade stattfindet, ist das ja noch eher harmlos, was wir haben.“

Das Oberlandesgericht Köln stellte im Mai 2017 zweifelsfrei fest, dass Baberowski von den Studierenden korrekt zitiert worden war und deshalb auch die Bewertung seiner Aussagen als „rassistisch“, „gewaltverherrlichend“ und „rechtsradikal“ völlig legitim seien. Baberowski musste seine Klage zurückziehen und die gesamten Gerichtskosten tragen. Ähnlich erging es ihm mit einer Klage gegen die Sozialistische Gleichheitspartei.

Im Anschluss an seine Niederlagen ging Baberowski immer aggressiver gegen Andersdenkende vor. Als Professoren der Humboldt-Universität die fremdenfeindliche „Erklärung 2018“ kritisierten, beleidigte Baberowski die Kollegen als „Denunzianten“ und bedrohte sie. Die Erklärung war aus dem „Salon Baberowski“ (Die Zeit) hervorgegangen, den der rechtsradikale Ideologe im Jahr 2015 gegründet hatte und in dem sich alles versammelt, was in der neurechten Szene Rang und Namen hat.

Baberowski reißt Wahplakate der IYSSE an der Humboldt-Universität von der Wand

Noch heftiger attackierte Baberowski kritische Studierende, die er als „widerliche Denunzianten“ und als „Faschisten“ bezeichnete. Die beiden studentischen Senatorinnen der Humboldt-Universität, Bafta Sarbo und Juliane Ziegler, beschimpfte er als „unfassbar dumm“ und als „linksextreme Fanatiker“, weil sie sich gegen sein geplantes Zentrum für Diktaturforschung ausgesprochen hatten. Seine Attacken auf Studierende gipfelten in seinem tätlichen Angriff auf den IYSSE-Abgeordneten im Studierendenparlament, Sven Wurm, der auf Video festgehalten ist.

Baberowski kann so aggressiv auftreten, weil er die Unterstützung der Universitätsleitung, eines Großteils der Medien und selbst der Bundesregierung genießt. Universitätspräsidentin Sabine Kunst (SPD) hatte sogar Baberowskis Gewalttat gegen einen Studierenden als „menschlich verständlich“ verteidigt. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) hatte Kritik an Baberowski als Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit bezeichnet. Dabei geht es den herrschenden Eliten nicht einfach um die Person Baberowski, sondern um die Bewerbung rechtsradikaler Ideologie und die Verharmlosung der Nazi-Verbrechen.

Die große Mehrheit der Studierenden und der Arbeiter lehnen diese rechte Offensive ab. So wie jetzt in Leipzig haben sich Studierendenvertretungen in Berlin, Potsdam, Bremen, Magdeburg, Wien, Hamburg und vielen anderen Universitäten gegen Baberowskis rechte Hetze ausgesprochen. Hunderttausende demonstrieren immer wieder gegen die AfD und die rechte Politik der Großen Koalition. Gerade wegen dieser großen Opposition nimmt die Politik immer autoritärere Formen an.

Die Politik der Durchseuchung der Bevölkerung, die jetzt von allen Parteien vorangetrieben wird, die Massenentlassungen in Industrie, Einzelhandel und Fluggesellschaften und der wachsende Militarismus lassen sich nicht mit demokratischen Mitteln gegen die Arbeiterklasse durchsetzen. Deshalb werden die historischen Verbrechen des deutschen Imperialismus verharmlost, rechtsradikale und faschistische Ideologie beworben und rechtsradikale Strukturen aufgebaut. Hierbei ist Baberowski eine zentrale Figur.

Loading