„Die WSWS kommentiert die Arbeiterkämpfe nicht nur. Sie nimmt aktiv daran teil.“

Die WSWS veröffentlicht die Beiträge führender Mitglieder des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI) und von Autoren der WSWS bei derOnline-Kundgebung des IKVI zum Relaunch der WSWS am 25. Oktober. Die folgende Rede hielt Jerry White, Vorstandsmitglied der Socialist Equality Party (US) und Labour Editor der WSWS.

Wie andere Redner bereits erklärten haben, setzte sich das Internationale Komitee der Vierten Internationale bei der Gründung der World Socialist Web Site im Jahr 1998 eine Reihe zentraler Ziele: die Wiederbelebung einer sozialistischen Kultur in der internationalen Arbeiterklasse, die Vorbereitung der Führung auf die nächste Phase der kapitalistischen Krise und das Wiederaufleben des Klassenkampfs sowie die praktische Organisierung des Weltproletariats, damit es seinen revolutionären Aufgaben gerecht werden kann.

Heute erneuern wir die WSWS inmitten des größten Zusammenbruchs des kapitalistischen Weltsystems. Mehr als eine Million Menschen sind gestorben und die wirtschaftliche und soziale Katastrophe übersteigt alles, was man seit der Großen Depression der 1930er Jahre kannte. Das Massengemetzel auf den europäischen Schlachtfeldern im Ersten Weltkrieg wurde erst durch das Auftreten der Arbeiterklasse beendet. Das Gleiche gilt heute: Erneut ist die Arbeiterklasse angesichts der Pandemie und der kriminellen Politik der herrschenden Klasse mit Fragen von Leben und Tod konfrontiert. In dieser Periode wird die globale Arbeiterklasse in beispielloser Weise historische Kämpfe aufnehmen und die WSWS und das IKVI werden eine immer entscheidendere Rolle dabei spielen, den Klassenkampf anzuleiten und zur sozialistischen Umgestaltung der Welt zu führen.

Die späten 1980er und die 199er Jahre waren vom endgültigen Verrat und der Umwandlung aller alten, national basierten Arbeiterorganisationen geprägt. Dazu gehören die stalinistischen Bürokratien in der UdSSR, in Osteuropa und China, die europäischen und australischen Sozialdemokratien und die bürgerlich-nationalen Bewegungen in den unterdrückten Ländern. Auch der Gewerkschaftsbund AFL-CIO in den Vereinigten Staaten hat zerstört, was von der einstmals mächtigen amerikanischen Arbeiterbewegung noch übrig war. Um den Klassenkampf zu unterdrücken, hat sie sich das korporatistische Programm der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Gewerkschaften voll und ganz zu Eigen gemacht.

Die beispiellose Globalisierung der kapitalistischen Produktion trieb den letzten Nagel in den Sarg all dieser Organisationen, die auf dem überholten Nationalsstaatensystem basierten. Das IKVI betonte, dass die nächste Entwicklungsstufe des Klassenkampfs die Form einer Rebellion gegen die alten Arbeiterbürokratien annehmen und in wachsendem Maß zu einem global koordinierten, gegen die transnationalen Konzerne gerichteten Kampf werden würde.

Diese theoretisch fundierte Konzeption hat sich bestätigt und in den letzten 23 Jahren hat sich die WSWS zu einem unschätzbaren Instrument der internationalen Arbeiterklasse entwickelt. Sie verleiht den Arbeitern eine Stimme in ihrem täglichen Kampf, bietet ihnen das organisatorische Potential zur Vereinigung über alle Grenzen hinweg und stellt ihnen die Lehren aus der Geschichte des Klassenkampfs und der sozialistischen Bewegung zur Verfügung, die notwendig sind, um die spontanen Kämpfe zu einem politisch bewussten Kampf für Arbeitermacht und den Weltsozialismus zu entwickeln.

Es gibt keine andere Website, die sich in sich in solcher Weise auf die Arbeiterklasse orientiert und so eng mit ihren Kämpfen verbunden ist. Im Verlauf der letzten 20 Jahre haben wir Tausende von Artikeln über die Bedingungen und Kämpfe der Arbeiter veröffentlicht. In den letzten Monate gehörten die Artikel zu Fragen, mit denen die Arbeiterklasse konfrontiert ist, zu den meistgelesenen auf der Website.

Ein Artikel zum Beispiel, der darüber berichtet, wie der Kunst- und Musikunterricht in einem Schulbezirk in Massachusetts zusammengestrichen wurde, hat 690.000 Leser erreicht, Ein weiterer über die geplanten Massenentlassungen von Lehrern in den USA wurde 98.000 Mal gelesen. Den Brief einer Krankenschwester aus einem Krankenhaus in Großbritannien lasen 96.000 Besucher der Website.

Zudem hat das, was wir geschrieben haben, einen direkten Einfluss auf den Verlauf des Klassenkampfs. Mitte März hatten mehr als eine Viertelmillion Arbeiter den WSWS-Artikel „Legt die Autoindustrie still, um die Ausbreitung des Coronavirus aufzuhalten“ und unseren Bericht über Aktionen von Arbeitern bei Fiat Chrysler in Windsor (Kanada) gelesen. Nur wenige Tage später brach eine Welle von spontanen Streiks in mehreren Fabriken in Michigan, Indiana und Ohio aus. Sie erzwangen die Schließung der nordamerikanischen Autoindustrie und mehrere Lockdowns im ganzen Land.

Wir erhalten oft Berichte von Arbeitern, die uns mitteilen, dass der Einfluss der WSWS in den Fabriken und an anderen Arbeitsplätzen weitaus größer ist, als uns bewusst ist. Tatsache ist, dass die WSWS und unsere digitalen Newsletters zum Zentrum des Widerstands von Autoarbeitern, Lehrern, Amazon-Beschäftigten, Bus- und Bahnfahrern und anderen Arbeitern gegen die mörderische Politik der „Herdenimmunität“ geworden sind, die die kapitalistischen Regierungen auf der ganzen Welt verfolgen.

Seit Beginn der Pandemie haben wir Online-Meetings abgehalten, bei denen wir Busfahrer aus London, Berlin und New York City, Autoarbeiter der USA, aus Kanada und Mexiko, sowie Lehrer aus den USA, Australien, Großbritannien, Brasilien, Argentinien und Deutschland zusammengebracht haben. Autoarbeiter, Pädagogen, Teeplantagenarbeiter aus Sri Lanka und viele andere haben unsere Forderung nach gewerkschaftsunabhängigen Aktionskomitees aufgegriffen, um der Verschwörung der Konzerne, Gewerkschaften und bürgerlichen Parteien ihren Kampf zum Schutz ihres Lebens entgegenzustellen.

Die von den russischen Sozialdemokraten Mitte der 1890er Jahre durchgeführten „Enthüllungen über die Zustände in den Fabriken“, erklärte Lenin, riefen bei den Arbeitern eine wahre Leidenschaft hervor, „sich gedruckt zu sehen“, wobei die revolutionäre Partei buchstäblich mit Korrespondenz aus den Fabriken und Betrieben überschüttet wurde. Heute schicken Arbeiter Emails an die WSWS.

Aber der Kampf für ein sozialistisches Bewusstsein, darauf bestand Lenin und darauf besteht das IKVI heute, erfordert die allseitige politische Ausbildung der Arbeiterklasse über den internationalen Charakter ihrer Kämpfe und die politischen Lehren aus ihren historischen Erfahrungen. Diese zeigen, dass die Schaffung einer Welt ohne Krieg, Ungleichheit und Unterdrückung nur möglich ist, wenn die Arbeiterklasse die politische und wirtschaftliche Macht übernimmt und den Sozialismus weltweit aufbaut.

Damit die Arbeiterklasse ihre Kämpfe gemeinsam führen kann, muss ein unerbittlicher Kampf gegen das nationalistische Gift und den Militarismus geführt werden, der von den Gewerkschaften und ihren pseudolinken Anhängern gefördert wird. Sie versuchen, die Arbeiter nach nationalen, ethnischen und sprachlichen Kriterien zu spalten. Die WSWS hat stolz dafür gekämpft, die internationale Arbeiterklasse auf der Grundlage des Programms der sozialistischen Weltrevolution zu vereinen. Sie führt den fortgeschrittensten Arbeiter die entscheidenden Kämpfe der letzten 20 Jahre vor Augen und zieht die strategischen Lehren aus diesen Erfahrungen.

Dazu gehören die Unruhen in Indonesien 1998, die weltweiten Kämpfe gegen den Einmarsch des US-Imperialismus in den Irak 2003, der weltweite Finanzcrash 2008-2009 und seine Folgen, die Revolutionen in Tunesien und Ägypten 2011 und die Proteste in Wisconsin im selben Jahr, das Massaker von Marikana in Südafrika und das Komplott gegen die Maruti-Suzuki-Arbeiter in Indien 2012 ebenso wie die Proteste gegen den Sparkurs in Griechenland und Spanien 2015–2016, die von Syriza und Podemos verraten wurden.

Dazu gehören auch die weltweite Streik- und Protestwelle 2018–2019: die Gelbwesten in Frankreich, die Lehrerstreiks, die in West Virginia und anderen US-Bundesstaaten begannen und sich international ausbreiteten, die Revolte der mexikanischen Maquiladora-Arbeiter, der Streik bei General Motors in den USA und die heldenhafte Haltung der GM-Arbeiter in Silao (Mexiko), die Massenproteste in Chile, Puerto Rico, Irak, sowie in jüngster Zeit die weltweiten Proteste gegen Polizeimorde in den USA, Nigeria und anderen Ländern sowie die Kämpfe gegen gefährliche Arbeitsbedingungen während der Pandemie.

Die WSWS hat diese Kämpfe nicht nur kommentiert. Sie hat sich aktiv daran beteiligt. All diese strategischen Erfahrungen wurden analysiert und ihre Lehren sind für unsere Leser in der WSWS-Kategorie „Klassenkampf“ jetzt leichter zugänglich.

Die bittere Erfahrung hat gezeigt, dass die Gewerkschaften nicht reformiert werden können, auch wenn verschiedene pseudolinke Organisationen etwas anderes behaupten. Alle derartigen Bemühungen haben nur zu immer neuen Tragödien für die Arbeiterklasse geführt und wohlhabenden Schichten der oberen Mittelschichtlukrative Positionen bescherrt.

Das vielleicht deutlichste Beispiel für den arbeiterfeindlichen Charakter der Gewerkschaften war das Massaker an 41 Platinminenarbeitern in Südafrika im Jahr 2012, das unter aktiver Beteiligung der Gewerkschaft National Union of Mineworkers (NUM) und des Gewerkschaftsbunds Congress of South Africa Trade Unions (COSATU) stattfand. Ihr Führer, der Milliardär Cyril Ramaphosa, ist heute Präsident eines der ungleichsten Länder der Welt. Doch die Umwandlung der Gewerkschaften in direkte Instrumente der herrschenden Klasse ist ein allgemeiner Prozess. Dies zeigt sich am Korruptionsskandal um die amerikanische Gewerkschaft United Auto Workers: Als Gegenleistung für ihre Zusammenarbeit bei den Lohnkürzungen und der Zerstörung des Acht-Stunden-Tags haben ihre Führer millionenschwere Bestechungsgelder kassiert.

Seine Analyse hat es dem IKVI ermöglicht, die Rolle zu verstehen, die die Gewerkschaften spielen und noch spielen werden. Aus diesem Grund unterstützen wir Arbeiter beim Aufbau von gewerkschaftsunabhängigen Betriebs-, Arbeitsplatz- und Nachbarschaftskomitees, um in den USA und weltweit gegen die Pandemie und die historische wirtschaftliche, soziale und politische Krise zu kämpfen. Die unmittelbaren Forderungen der Arbeiter nach Gesundheit und Sicherheit und gegen Sparmaßnahmen verbinden wir mit einer breiteren politischen Perspektive.

Gegen alle Bemühungen von Trump, rechte Gewalt zu provozieren, das Abstimmungsergebnis zu kippen und die Wahl zu stehlen, bauen wir eine Bewegung für einen politischen Generalstreik auf. Dieser Kampf darf nicht den Manövern von Biden und den Demokraten untergeordnet werden, die jeden echten Kampf gegen Faschismus, Militarismus und soziale Ungleichheit ablehnen.

In den kommenden Wochen und Monaten müssen wir die WSWS und ihre Berichterstattung weiterentwickeln. Größte Aufmerksamkeit müssen wir den Arbeitsbedingungen und dem wachsenden Widerstand der Arbeiterklasse widmen, die die Medien vertuschen und die kapitalistischen Politiker ignorieren. Bei all dieser Arbeit besteht das grundlegende Ziel darin, eine sozialistische Führung in der Arbeiterklasse aufzubauen. Bei der Entwicklung und Ausrichtung des globalen Klassenkampfs werden das IKVI und die WSWS eine immer entscheidendere Rolle spielen.

Am Beginn des letzten Jahrhunderts sagte Lenin, dass die gesamtrussische marxistische Zeitung, geleitet von einer internationalen sozialistischen Perspektive, das Gerüst für den Aufbau einer revolutionären Bewegung sein werde. Diese Bewegung übernahm im Oktober 1917 die Macht. Heute verfügt die internationale Arbeiterklasse über eine immense Waffe: die WSWS. Sie wird die immer komplexere und anspruchsvollere Arbeit des IKVI koordinieren, die fortschrittlichsten Arbeiter und die Jugend ausbilden, ihre internationalen Kämpfe vereinen und die notwendige Perspektive und Führung entwickeln, um den Kapitalismus endgültig zu stürzen und dem Sozialismus weltweit zum Sieg zu verhelfen.

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