Laut einem aktuellen Bericht des Economist lag die Zahl der Todesfälle während der Corona-Pandemie bisher um 15 Millionen über den historischen Normwerten. Diese Zahl ist mehr als dreimal so hoch wie die offiziell gemeldete Zahl von 4,6 Millionen Toten durch Covid-19.
Die Redakteure schreiben: „Viele Menschen, die während einer Infektion mit Sars-CoV-2 sterben, werden nie darauf getestet und nicht in die offiziellen Gesamtzahlen aufgenommen. Umgekehrt hatten einige, deren Tod auf Covid-19 zurückgeführt wird, noch andere Krankheiten, die ihr Leben möglicherweise in einem ähnlichen Zeitraum beendet hätten. Und was ist mit den Menschen, die während der Pandemie an vermeidbaren Ursachen gestorben sind, weil die Krankenhäuser voll waren mit Covid-Patienten? Wenn solche Fälle zählen, müssen sie mit den Todesfällen ausgeglichen werden, die ausgeblieben sind, aber sich in normalen Zeiten ereignet hätten, wie durch Grippe oder Luftverschmutzung.“
Die kapitalistischen Staaten wurden mehrfach von zahlreichen nationalen und internationalen Gesundheitsbehörden gewarnt, dass ein solches Ereignis absolut sicher eintreffen werde. Sie hatten alle Mittel zur Verfügung, um die Ausbreitung in der Anfangsphase einzudämmen und die Pandemie zu einem schnellen Ende zu bringen.
Stattdessen hat die Finanzoligarchie alle Möglichkeiten ungenutzt gelassen, das Leiden von Milliarden Menschen zu beenden, indem sie sich durch die massive Umverteilung von Vermögen bereichert und die Arbeiter zur Rückkehr in die Betriebe gezwungen hat. So konnte sich das Virus nicht nur ungehindert auf der ganzen Welt ausbreiten, sondern auch ständig in noch ansteckendere Formen mutieren. Die Politik der Herdenimmunität hat unter dem falschen Leitsatz „Die Heilung darf nicht schlimmer sein als die Krankheit“ zu dieser massiven Zahl von Toten geführt. Wie der Bericht des Economist erkennen lässt, hat die Krankheit einen schrecklichen Blutzoll von der internationalen Arbeiterklasse gefordert und zahllose Millionen in Armut gestürzt oder zu Waisen gemacht.
Der Economist erklärt in seinem Bericht, dass sich der große Spielraum bei den Zahlen aus der komplizierten Ermittlung der Daten von nationalen und subnationalen Ebenen ergibt. Verzögerungen bei der Meldung der Todesfälle, vor allem bei der Bestätigung von Covid-19 und mit Covid in Verbindung stehender Todesfälle, sowie der Zuweisung der Todesursache machen die Statistiken ungenau, bieten aber eine ungefähre Schätzzahl. Der Economist konnte nur von 84 der 156 Länder mit einer Million oder mehr Einwohnern Daten zur Gesamtsterblichkeit erhalten. Von diesen Ländern haben einige diese Zahlen nur einmal in die nationalen Register aufgenommen.
Wie die obige Tabelle zeigt, liegen die Schätzungen der Übersterblichkeit in Regionen wie Asien und Afrika 700 bis 800 Prozent über den offiziellen Todeszahlen durch Covid-19. Der Grund dafür ist die Umsetzung der Herdenimmunitäts-Politik, weil die notwendigen Mittel für die Behandlung der Infizierten fehlen. Weitere Gründe für diese große Disparität bei den Zahlen sind die unzuverlässige Aufnahme von Covid-19-Fällen und Verzögerungen oder Aussetzungen bei der Verfolgung der Todesfälle.
In Indien waren die Auswirkungen der Pandemie bisher am katastrophalsten. Die landesweite Ausbreitung der Delta-Variante im Frühjahr war für einen Großteil der weltweiten Übersterblichkeit in den letzten fünf Monaten verantwortlich. Obwohl bis Mitte April nur 171.000 Tote durch Covid-19 gemeldet wurden, lag die Übersterblichkeit mit 1,6 Millionen zehnmal höher. Seither wurden zwar nur 270.000 zusätzliche Todesfälle durch Covid-19 gemeldet, doch die Übersterblichkeit stieg um 2,7 Millionen auf 4,3 Millionen an.
Zudem sind Länder wie Indonesien sehr stark von dem Virus betroffen, sodass die Zahl der Toten in die Höhe geschossen ist, als die Gesundheitssysteme innerhalb von Tagen überlastet waren. Die offizielle Zahl der Covid-Toten liegt bei 135.000, die Übersterblichkeit ist jedoch mit geschätzten 800.000 um 500 Prozent höher.
In Südafrika grassierten mehrere Infektionswellen. Nach der Beta-Variante ist das Land jetzt mit einer neuen Variante des Virus, der C.1.2, konfrontiert, die eine ungewöhnlich hohe Anzahl von Mutationen und Mutationsraten aufweist. Die offizielle Zahl der Toten durch Covid-19 liegt bei nur 80.000, die Übersterblichkeit jedoch mit nahezu einer Viertelmillion fast dreimal höher. Doch in vielen afrikanischen Staaten deutet das Missverhältnis zwischen der Zahl der Corona-Toten und der Übersterblichkeit auf deutlich zu geringe Zahlenangaben hin. In Nigeria ist die Übersterblichkeit 6.400 Prozent höher als die offizielle Zahl der Covid-Toten, in Äthiopien um 3.500 Prozent, in Ägypten um 1.400 Prozent. Im Kongo wurden etwas mehr als 1.000 Tote durch Covid-19 gemeldet, doch die Übersterblichkeit liegt mit 130.000 mehr als 12.000 Prozent höher. Diese kritische Analyse zeichnet ein anderes Bild der Lage als die offiziellen Berichte, laut denen Afrika von der Pandemie eher verschont wurde.
Selbst in Regionen wie Europa und den USA, die solidere Meldesysteme und detaillierte Dokumentationen der Sterbeurkunden haben, liegt die Übersterblichkeit aufgrund der sozialen Krise und dem Chaos durch die überlasteten Gesundheitssysteme während der Infektionswellen deutlich über der offiziellen Zahl der Corona-Toten.
In den USA ist die Übersterblichkeit Ende Juli unter den historischen Normwert gesunken, und die Infektionszahlen wie die Zahlen der Corona-Toten lag auf einem so niedrigen Stand wie zuletzt im März 2020, als die Pandemie sich erstmals im Land ausbreitete.
Doch nachdem in der Bundesregierung und den Bundesstaaten beide Parteien die Schulen wieder geöffnet haben, sind die Infektionszahlen rapide gestiegen. Bei den Toten hat der Sieben-Tage-Durchschnitt vor Kurzem die Marke von 1.500 pro Tag überschritten. Auch die Übersterblichkeit ist rasant auf 3.000 pro Tag angestiegen, d.h. doppelt so hoch wie die offizielle Zahl der Corona-Toten. Laut dem Tracker ist die Gesamtzahl der Corona-Toten vor Kurzem auf fast 650.000 angestiegen, die Übersterblichkeit liegt mit 820.000 um 30 Prozent höher.
Es ist erschütternd festzustellen, dass das Land im Juli auf die Warnungen der Epidemiologen vor der Tödlichkeit der Delta-Variante hätte hören und eine umfassende Ausrottungsstrategie umsetzen können, um weitere Erkrankungen im Zusammenhang mit Covid-19 zu verhindern. Stattdessen droht ihm innerhalb eines Monats die wohl schlimmste Zeit mit dem Virus.
Der Bericht des Economist fasst die Analyse mit folgenden Worten zusammen: „Wenn man die Übersterblichkeit als Anteil der Bevölkerung rechnet, befinden sich viele der am stärksten betroffenen Länder in Lateinamerika. Russlands offizielle Todeszahlen deuten zwar darauf hin, dass es seine Bürger relativ gut geschützt hat, doch die Zahlen der Gesamtsterblichkeit zeigen, dass es durch Covid-19 sehr stark getroffen wurde. Wir schätzen außerdem, dass die Zahl der Toten in Indien statt in die Hunderttausende in die Millionen geht. Andererseits sind in einigen Ländern während der Pandemie weniger Menschen gestorben als in den vorherigen Jahren.“
Obwohl die Pandemie neue Höchststände erreicht, haben die kapitalistischen Regierungen der Welt keineswegs die Absicht, auch nur einen Finger zu rühren, um sie zu beenden. Der derzeitige Kurs wird zur Entstehung neuer und noch tödlicherer Stämme des Coronavirus führen, die die Pandemie verlängern und weitere Millionen Toten fordern werden. Diese Katastrophe zu verhindern, erfordert eine politische Intervention der Arbeiterklasse, die die Forderung nach der vollständigen Ausrottung von Covid-19 erheben muss.