Trotz hoher Inzidenzen: Letzte Bundesländer kippen Maskenpflicht an Schulen

Schon seit Schulbeginn werden, trotz steigender Inzidenzzahlen, in den Schulen systematisch alle Schutzmaßnahmen gegen die Übertragung des Corona-Virus abgebaut. Dazu zählen Abstandsregeln, Quarantäneverordnungen und sogar Testungen. Diese und letzte Woche machten eine Reihe von Landesregierungen, mit der Abschaffung der Maskenpflicht im Unterricht, einen weiteren bedeutenden Schritt auf dem Weg zur Durchseuchung der ungeimpften Kinder. Diese Politik im Interesse der Profite gefährdet die Gesundheit und das Leben von Hunderttausenden Schülern und Lehrern.

In Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt gilt bereits seit Schulbeginn für alle Klassenstufen keine Maskenpflicht. Zudem wurde sie in Niedersachsen bei den Klassenstufen eins und zwei und in Sachsen bis zur 4. Klasse aufgehoben. In Rheinland-Pfalz und Thüringen wird die Maskenpflicht über Richtwerte einer Corona-Ampel gesteuert, die so hoch sind, dass eine Maskenpflicht erst in Kraft tritt, wenn es bereits zu spät ist.

In den letzten Tagen und Wochen zogen eine Reihe von Bundesländern nach: Brandenburg hob die Maskenpflicht am 23. August an Grundschulen auf, das Saarland am 1. Oktober für alle Klassen. In Berlin die Klassenstufen eins bis sechs und in Bayern fiel sie am 4. Oktober weg.

Schule in NRW (Quelle: www.instagram.com schuelerstreik_nrw)

Aber auch die verbleibenden Bundesländer ziehen in den nächsten Tagen und Wochen nach: In Baden-Württemberg entfällt die Maskenpflicht am 18. Oktober, in NRW am 2. November und in Schleswig-Holstein soll sie im November, nach den Herbstferien gelockert werden. Sachsen und Niedersachsen, in denen die Maskenpflicht bisher bereits für die unteren Klassenstufen entfallen ist, haben bereits angekündigt, sie auch noch weiter lockern zu wollen.

Diese Durchseuchungspolitik aller Bundes- und Landtagsparteien gefährdet bewusst das Leben und die Gesundheit von Hunderttausenden Kindern und Jugendlichen. Bereits seit Ende der Sommerferien ist ein deutlicher Anstieg der Fallzahlen unter Kindern und Jugendlichen zu verzeichnen. In der Altersgruppe der 5- bis 14-Jährigen liegt die Inzidenz aktuell bei 178 und bei den 15- bis 34-Jährigen bei 89. Laut dem Robert Koch-Institut nahm die Anzahl der Ausbrüche an Schulen „von Anfang August bis Mitte September 2021 wieder sehr deutlich zu“.

Das gleiche Bild zeigt sich auch im Vereinigten Königreich und den USA, wo die Schulen genauso nach den Ferien voll geöffnet wurden. In Großbritannien hat sich mittlerweile mindestens jedes 20. Kind infiziert – im Schnitt ein Kind pro Klassenzimmer.

Dabei ist auch klar, wie gefährlich die Folgen einer Corona-Infektion auch für Kinder und Jugendliche sein können. Im Vereinigten Königreich werden jeden Tag etwa 40 Kinder auf Grund von Corona ins Krankenhaus eingeliefert. Bis Juli waren bereits 25 gestorben. Seit dem Ende der Sommerferien kamen schon zehn dazu. In Indonesien sterben aktuell etwa 100 Kinder pro Woche und in Brasilien erlagen in diesem Jahr schon 1.518 Schüler Covid-19. Auch in Deutschland starben bereits 27 unter 18-Jährige.

Die Abschaffung der Maskenpflicht ist Teil einer weltweiten Politik der herrschenden Klasse zur Abschaffung jeglicher Schutzmaßnahmen gegen das Virus. Hier in Deutschland wird sie von allen Bundes- und Landtagsparteien vorangetrieben. Von Linkspartei bis AfD haben alle die Schulöffnungen mitgetragen und in den letzten Tagen für die Aufhebung der Maskenpflicht gesorgt. Im Bundestagswahlkampf sprachen sich alle Kanzler- und Spitzenkandidaten gegen einen erneuten Lockdown zur Rettung von Menschenleben aus.

Insbesondere die nominell „linken“ Parteien setzen eine aggressive Öffnungspolitik durch. Das Linkspartei-geführte Thüringen hatte fast die ganze Pandemie über die höchste Inzidenz aller Bundesländer. Erst vor ein paar Wochen verteidigte Ministerpräsident Ramelow diese Öffnungspolitik, die bereits zu über 4.400 Toten in Thüringen geführt hat, in einem Tweet als „wissenschaftlich“ – was ihm sofort massiven Widerspruch einbrachte.

In Wirklichkeit ist die Abschaffung der Schutzmaßnahmen eine durch und durch anti-wissenschaftliche Politik, die ausschließlich dazu dient, zur „Normalität“ zurückzukehren, um Produktion und Profite am Laufen zu halten. Wissenschaftler warnen hingegen vor dem Ende der Maskenpflicht. Die Virologin Melanie Brinkmann beispielsweise verurteilte sie mit Verweis auf die hohe Anzahl ungeimpfter Kinder als „verfrüht“.

Eberhard Bodenschatz vom Max-Planck-Institut erklärt: „Wenn wir nach dem Wegfall der Testpflicht in vielen Situation nun auch noch die Maskenpflicht fallen lassen, sind wir im Grunde in einem ungestörten Leben wie vor der Pandemie… Warum soll die Pandemie dann nicht wiederkommen?“

Bei der ungesicherten Schulöffnung und dem Abbau der letzten Schutzmaßnahmen spielen die Gewerkschaften eine zentrale Rolle. Weltweit haben sie die Öffnungen mitgetragen und jeden Protest dagegen sabotiert. Am Montag erklärte die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Maike Finnern: „Die Schulen sollen offen bleiben“.

Gegen die gefährlichen Maßnahmen, die jeglichen wissenschaftlichen Erkenntnissen widersprechen, äußert sich von vielen Seiten Protest. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) warnte in Baden-Württemberg vor einem zu frühen Ende der Maskenpflicht. Ihr Vorsitzender Gerhard Brand erklärte: „Wir sollten nichts übers Knie brechen, Pandemielage und Impfquote sind unverändert.“ In Berlin unterzeichneten in kurzer zeit fast 2.000 Menschen eine Petition gegen das Ende der Maskenpflicht an Berliner Schulen.

Der wachsende Widerstand gegen die gefährliche Politik nimmt immer konkretere Formen an, die sich außerhalb der großen Parteien und Gewerkschaften entwickeln. Für den 1. Oktober rief Lisa Diaz, eine Mutter aus Großbritannien, zu einem eintägigen Schulstreik auf. Tausende von Arbeitern und Jugendlichen weltweit twitterten unter den entsprechenden Hashtags und schickten Unterstützungsstatements.

Diese wachsende Opposition muss entwickelt und vorangetrieben werden. Die World Socialist Web Site ruft dazu auf, unabhängig von Gewerkschaften und bürgerlichen Parteien, Aktionskomitees für sichere Bildung aufzubauen, die sich international vernetzen. Der Streik vom 1. Oktober hat gezeigt, dass der Widerstand gegen die Durchseuchung eine internationale Aufgabe ist, die nur gegen Parteien und Gewerkschaften durchgesetzt werden kann.

Um die Pandemie zu bekämpfen, benötigen Arbeiter und Jugendliche ein wissenschaftliches Verständnis der Pandemie. Am 22. August veranstaltete die WSWS eine Onlineveranstaltung mit führenden Wissenschaftlern über die Notwendigkeit, das Virus auszulöschen. Am 24. Oktober findet das nächste solche Webinar statt. Meldet euch hier an und registriert euch noch heute für den Aufbau von Aktionskomitees!

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