Timothy Snyder fälscht die Geschichte des Holocaust

Dieser Artikel wurde ursprünglich auf Twitter veröffentlicht. Wir empfehlen unseren Lesern als Hintergrundlektüre das Kapitel „Geschichte als Propaganda: Intellektuelle in der Ukraine-Krise“, das in David Norths Buch „Die Russische Revolution und das unvollendete Zwanzigste Jahrhundert“ erschienen und jetzt online zugänglich ist.

Im Nachwort zu seinem Buch Bloodlands trifft Timothy Snyder atemberaubend unzutreffende Aussagen. Indem er den Holocaust als ein bloßes Element eines territorial bestimmten Phänomens des Massenmordes in Osteuropa darstellt, spielt Snyder das Ausmaß der Opfer in West- und Mitteleuropa herunter.

Er behauptet: „Die deutschen Juden waren nicht sehr zahlreich, und die meisten von ihnen haben überlebt.“ Tatsächlich wurden von den rund 525.000 Juden, die vor der Zeit des „Dritten Reiches“ in Deutschland lebten, schätzungsweise 160.000 ermordet. Bei den Überlebenden handelte es sich fast ausschließlich um Juden, die Deutschland vor 1939 verlassen hatten.

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Snyder fährt fort: „Siebenundneunzig Prozent der Juden, die im Holocaust ermordet wurden, hatten nichts mit der deutschen Kultur zu tun.“ Eine merkwürdige Wortwahl. Schließt dies die niederländischen Juden aus, von denen etwa 120.000 (von einer Vorkriegsbevölkerung von 140.000) ermordet wurden?

Was ist mit den österreichischen Juden, von denen etwa 65.000 von 192.000 getötet wurden? Und in welche Kategorie ordnet Snyder die Juden Frankreichs (90.000 Tote), Belgiens (30.000 Tote), Ungarns (über 500.000 Tote) und Griechenlands (67.000 Tote) ein?

Snyder verharmlost das gesamteuropäische Ausmaß des Holocausts, indem er den Schwerpunkt nicht auf die nationale Herkunft der Opfer legt, sondern auf den Standort der Todeslager, in die sie deportiert wurden.

„Die deutschen Juden, die im Holocaust ermordet wurden, starben jenseits der Grenzen Vorkriegsdeutschlands, an Orten wie Łódz, Minsk oder Riga.“

Demnach wird ein deutscher Jude, der in ein osteuropäisches Vernichtungslager transportiert und dort vergast wurde, zu einem Opfer der Bloodlands, wo der Tod das Ergebnis des Zusammenwirkens des deutschen und des sowjetischen Regimes war. Nazideutschland und die Sowjetunion werden gleichgesetzt und gleichermaßen verantwortlich gemacht.

Diese These ist seit langem mit pro-nazistischer Apologetik und Antikommunismus verbunden. Wie alle Geschichtsfälschungen wird auch diejenige von Snyder durch bizarre Behauptungen und glatte Lügen gestützt.

Snyder schreibt: „Doch gerade ‚im Osten‘, nicht in Deutschland, haben Juden jahrhundertelang in großer Zahl gelebt.“ Tatsächlich lässt sich die jüdische Präsenz in deutschen Ländern mehr als 1.000 Jahre zurückverfolgen. Juden spielten eine bedeutende Rolle in der staatlichen Verwaltung Karls des Großen.

Snyder behauptet auch: „Ironischerweise[!] haben die meisten Juden, die die Deutschen nach Auschwitz schicken wollten, tatsächlich überlebt.“ Er liefert keine Beweise für diese außerordentliche Behauptung. Etwa 1,1 Millionen Menschen, hauptsächlich Juden, wurden in Auschwitz vergast.

Snyder schreibt: „Das Zentrum des Holocausts lag östlich von Auschwitz, in den Todeseinrichtungen im besetzten Polen und in den Todesgruben der besetzten Sowjetunion.“ Doch wer entschied, die Vernichtungslager zu bauen, die Juden dorthin zu transportieren und sie zu ermorden?

Snyder erwähnt nicht, dass die Entscheidung der Nazis, die Juden zu vernichten, 1942 auf der Wannseekonferenz bei Berlin getroffen wurde. Er ignoriert auch die wohlbekannte Tatsache, dass der Holocaust untrennbar mit Hitlers „Vernichtungskrieg“ gegen die UdSSR verbunden war.

Er ignoriert den pro-nazistischen und antisemitischen ukrainischen Nationalismus und macht es damit unmöglich, die Wirksamkeit der völkermörderischen Kampagne des Dritten Reiches zu erklären. Im Nachwort findet sich kein einziger Hinweis auf Stepan Bandera und die Organisation der ukrainischen Nationalisten (OUN).

Snyder erwähnt kurz die Arbeit des Historikers Saul Friedländer, ignoriert aber, was Friedländer über die Zusammenarbeit zwischen den Nazis und ukrainischen Nationalisten bei der Judenvernichtung geschrieben hat. Friedländer führt grauenhafte Beweise für die Beteiligung der OUN am Massenmord an.

Die charakteristischen Merkmale von Banderas OUN, so Friedländer, waren eine „Mischung aus christlichen Überzeugungen, faschistischer Politik und grausamer Mordlust“. [Die Jahre der Vernichtung: Das Dritte Reich und die Juden, 1939-1945]

Stepan Bandera wird heute von der ukrainischen Regierung als Nationalheld verherrlicht. Snyder hat einst ausführlich über die Verbrechen der OUN geschrieben. Doch das war, bevor er die Prinzipien echter historischer Forschung aufgab und zum Propagandisten der US-Politik in der Ukraine wurde.

Es gibt viele Spezialisten auf dem Gebiet der Holocaustforschung, die wissen, dass Snyder die Verbrechen der ukrainischen Nationalisten deckt. Aber sie werden von der Anti-Russland-Kampagne eingeschüchtert und wagen es nicht, Snyder zu entlarven. Hoffentlich werden sich einige bald dazu entschließen, das Wort zu ergreifen.

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