USA nutzen FIFA-Korruptionsskandal für Kampagne gegen Russland

Trotz umfangreicherer Korrumptionsvorwürfe gegen die FIFA wurde gestern der langjährige Präsident des Fußball-Weltverbands Joseph Blatter auf dem Kongress in Zürich in seinem Amt bestätigt.

Zwei Tage vorher waren sieben hohe Funktionäre der FIFA aufgrund von Anklagen der US-Regierung verhaftet worden. Gegen insgesamt vierzehn Personen erheben US-Behörden Anklage in 47 Punkten im Zusammenhang mit Fußballaktivitäten in Nord- und Mittelamerika und der Karibik. Vorgeworfen wird ihnen unter anderem Korruption, organisierte Kriminalität, Überweisungsbetrug und Geldwäsche.

Dabei geht es um ein Korruptionsnetzwerk, in dem angeblich Geldbeträge hin- und hergeschoben wurden, um den Austragungsort der Fußballweltmeisterschaft (WM) zu manipulieren und um lukrative Marketingverträge. In Wahrheit stehen dahinter die strategischen Interessen der amerikanischen herrschenden Klasse, u.a. ihre Kampagne gegen Russland, das von der FIFA als Gastgeberland der WM 2018 ernannt worden war.

Die Anklagen haben die größte Krise in der 111-jährigen Geschichte des Weltfußballverbandes ausgelöst. Den Anstoß gaben Ermittlungen des US-Justizministeriums, des FBI und der amerikanischen Steuerfahndung, sowie eine weitere der Schweizer Regierung, welche die Verhaftungen durchführte und eine Auslieferung der Verhafteten an die USA vorbereitet.

Mehrere der Angeklagten wurden bei einer paramilitärischen Razzia der Schweizer Polizei in einem Hotel in Zürich verhaftet, in dem sich FIFA-Funktionäre vor dem Jahreskongress des Fußballkontrollgremiums versammelt hatten.

Angeblich wurden mehr als 150 Millionen Dollar Bestechungsgelder und Provisionen gezahlt, um die Entscheidungen der FIFA zu beeinflussen. Zwei der derzeitigen FIFA-Vizepräsidenten, Eugenio Figueredo und Jeffrey Webb sowie der ehemalige Vizepräsident Jack Warner wurden verhaftet. Letzterem wird vorgeworfen, er habe sich im Zusammenhang mit der Vergabe der WM 2010 an Südafrika bestechen lassen.

Außerdem gehörten zu den Angeklagten mehrere Vorstandmitglieder von Sportartikelherstellern, darunter José Margulies, der angeblich als Mittelsmann tätig war, um illegale Zahlungen zwischen Sportartikelherstellern und Fußballfunktionären zu vermitteln.

An dem Betrug sollen auch mehrere Großkonzerne beteiligt sein, darunter ein nicht genannter multinationaler Sportartikelhersteller – von den Medien als Nike identifiziert – der dem Vertreter der brasilianischen Fußballmannschaft 40 Millionen Dollar für das Monopol gezahlt haben soll, die Mannschaft mit Ausrüstung und Kleidung zu beliefern.

Angesichts der schmutzigen Geschichte der FIFA sind die Vorwürfe gegen sie vermutlich alles andere als unbegründet. Vier weitere Personen und zwei Unternehmen haben sich in dem Fall bereits schuldig bekannt. Die FIFA ist schon seit langem mit Bestechungsvorwürfen konfrontiert. Bei der Ausrichtung von prestigeträchtigen Sportereignissen wie Fußballweltmeisterschaften und Olympischen Spielen geht es um riesige Geldbeträge. Bei der Vergabe dieser Veranstaltungen ist Bestechung an der Tagesordnung.

Das Management von Massensportveranstaltungen, die von Großkonzernen unterstützt und gesponsert werden, unterscheidet sich nicht wesentlich von allem anderen, was das Großkapital und die imperialistischen Mächten organisieren.

Die Entscheidung der Regierung Obama, den Vorwürfen nachzugehen und Anklage zu erheben, ist heuchlerisch und politisch motiviert. Die Summen, um die es bei der Kriminalität innerhalb der FIFA geht, sind Peanuts im Vergleich zu den korrupten Methoden im amerikanischen und globalen Finanzsystem.

FBI-Direktor James Comey erklärte nach den Verhaftungen: "Wenn sie uns mit ihrem korrupten Unternehmen korrumpieren wollen, egal ob bei ihren Treffen oder indem sie unser weltweit erstklassiges Finanzsystem nutzen, werden sie dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Niemand steht über oder unter dem Gesetz."

Obamas Justizministerin Loretta Lynch sprach von einer Kultur "ungezügelter, systemischer und tief verwurzelter" Korruption. Um die Verhaftung von Personen zu rechtfertigen, die größtenteils außerhalb der USA leben und aktiv sind, erklärte sie: "In vielen Fällen haben die Angeklagten und ihre Mitverschwörer Teile dieses schon lange bestehenden Systems bei ihren Treffen geplant, die hier in den USA stattfanden."

Comey und Lynch sprechen als Vertreter einer amerikanischen Elite, die sich viel umfangreicherer Kriminalität schuldig gemacht hat. Ihr "erstklassiges Finanzsystem" hat es der parasitären Elite ermöglicht, mit kriminellen Machenschaften einen Zusammenbruch des internationalen Bankensystems zu verursachen, der eine weltweite Rezession auslöste. Und genau diese Menschen wurden für ihr kriminelles Verhalten mit Billionen Dollar Steuergeldern belohnt.

"Ungezügelte, systemische und tief verwurzelte Korruption" ist eine passende Beschreibung des Tagesgeschäftes amerikanischer Banken, aber kein einziger Vorstand einer großen Bank wurde deswegen verhaftet oder angeklagt.

Die USA benutzen die gut dokumentierte Finanzkorruption im Weltfußballverband vor allem als Propagandawaffe gegen Russland.

Die Verhaftungen waren zeitlich auf die FIFA-Präsidentschaftswahl abgestimmt. Ihrem alten und neuen Chef Sepp Blatter wurde schon vor der Wahl auf dem FIFA-Jahreskongress in Zürich der Sieg und eine fünfte Amtszeit vorhergesagt.

Die Razzia und die Verhaftungen waren erst der Anfang. Zehn weitere Mitglieder des FIFA-Vorstandes wurden am Donnerstag von Schweizer Staatsanwälten wegen der Abstimmung im Dezember 2010 für die Weltmeisterschaften 2018 und 2022 befragt, die an Russland, bzw. an Katar vergeben wurden. Zu den letzten Bietern für die WM 2022 gehörten auch die USA.

Das Hauptziel der Operation ist Blatter, der seit 1998 FIFA-Präsident ist. Er wird am stärksten für die Entscheidungen für Russland und Katar verantwortlich gemacht. Ein Vertreter der US-Regierung erklärte gegenüber der New York Times, Blatters Schicksal hänge davon ab, wie die Untersuchung danach weitergehe.

Die Entscheidung zugunsten von Katar führte sofort zu Vorwürfen, das Land habe sich die WM gekauft. Katar hat historisch keine Beziehung zum Fußballsport, hat jedoch Millionen ausgegeben, um sich die lukrative Zusage zu sichern. Daher wurde es vielfach verdächtigt, bestochen zu haben. Zudem wird Katar als unangemessener Austragungsort angesehen. Politiker und Sportpersönlichkeiten aus rivalisierenden Bieterstaaten vergossen Krokodilstränen, weil Hunderte von Arbeitern während der Bauarbeiten ums Leben kamen und die Spieler in unerträglicher Sommerhitze antreten müssten.

Amerikanische Behörden nahmen kurz nach der Ankündigung 2010 Ermittlungen wegen der Korruptionsvorwürfe auf. Obwohl Katar die Untersuchung ausgelöst hat, sind die wachsenden Feindseligkeiten zwischen den USA und Russland das Hauptmotiv für die Entscheidung zu den Massenverhaftungen und den Versuch, Blatters Wahlsieg zu vereiteln.

Dass Russland die WM 2018 ausrichtet, wurde von Elementen der amerikanischen herrschenden Elite und ihren internationalen Verbündeten als außerordentlich wichtige Frage behandelt.

Senator Robert Menendez, der im April selbst vor einem US-Bundesgericht wegen Korruption angeklagt wurde, erklärte, er sei "besonders erfreut darüber, dass Schweizer und amerikanische Behörden die Vergabe der WM 2018 an Russland, und der WM 2022 an Katar untersuchen," da er "schon lange wegen der Wahl Russlands beunruhigt " gewesen sei.

Schützenhilfe erhielt er von Senator John McCain, der zusammen mit ihm einen Brief an die FIFA verfasst hatte, in dem es hieß: "Angesichts der fortdauernden Unterstützung von Präsident Blatter für Russland als Gastgeberland der FIFA-Weltmeisterschaft 2018 – trotz Russlands andauernder Verstöße gegen die territoriale Integrität der Ukraine und anderer Herausforderungen für die Sicherheitsarchitektur der Nachkriegszeit – bitten wir Sie, Ihre Unterstützung für Präsident Blatters fünfte Amtszeit als FIFA-Präsident zu überdenken."

Im letzten Monat hatten bereits dreizehn US-Senatoren ebenfalls in einem Brief an die FIFA Blatters Rücktritt und den Entzug der WM von Russland gefordert.

Man sollte sich außerdem an die Kampagne unter Führung der USA auf dem Höhepunkt der Ukraine-Krise erinnern, die Olympischen Winterspiele in Sotschi zu sabotieren. Als Rechtfertigung mussten homophobe Gesetze und die Menschenrechtslage in Russland herhalten.

Im April traf sich Blatter mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Sotschi. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hatte kurz zuvor zum Boykott der Veranstaltung 2018 aufgerufen. Blatter bestätigte ausdrücklich, dass alle Sanktionen der USA und der Europäischen Union gegen Moskau keine Auswirkungen auf die WM 2018 haben würden.

Putin erklärte in einem Fernsehinterview zu den Verhaftungen: "Das ist eindeutig ein Versuch, die Wiederwahl von Blatter zum Präsidenten der FIFA zu verhindern, und ein äußerst ernster Verstoß gegen die Prinzipien, an denen sich internationale Organisationen orientieren."

Der europäische Fußballbund UEFA hat seine Unterstützung für Blatters Wahl zurückgezogen. Der ehemalige UEFA-Präsident Lennart Johansson, der 1998 die FIFA-Präsidentschaftswahl an Blatter verloren hatte, erklärte, Großbritannien solle einspringen und die WM 2018 veranstalten. Die UEFA erwägt außerdem, die WM 2018 zu boykottieren, wenn sie in Moskau stattfinden sollte und Blatter wiedergewählt wird.

Der britische Kultusminister John Whittingdale erklärte: "Wir sind noch nicht soweit, dass wir die WM boykottieren... aber es steht außer Frage, dass etwas getan werden muss." Er fügte hinzu, Premierminister David Cameron habe sich für Blatters Absetzung ausgesprochen.

Sunil Gulati, Präsident des amerikanischen Fußballbundes US Soccer, erklärte am Donnerstag, er habe die amerikanische Delegation angewiesen, bei der Wahl gegen Blatter zu stimmen und stattdessen den jordanischen Prinzen Ali bin al-Hussein zu unterstützen.

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