Die Kampagne für innere Aufrüstung und Krieg nimmt in Deutschland immer offenere rassistische Züge an. Am vergangenen Freitag sprachen sich die Innenminister der Union in ihrer sogenannten „Berliner Erklärung“ für ein Teilverbot der Burka und des Niqab (Gesichtsschleier) aus. Seither haben Politik und Medien ihre Hetze gegen muslimische Mitbürger und Flüchtlinge verstärkt.
In einem Interview mit der Bild am Sonntag verteidigte Innenminister Thomas de Maizière das angestrebte Burka-Teilverbot und andere von der „Berliner Erklärung“ vorgeschlagene Law-and-Order-Maßnahmen, wie die Ausweitung der staatlichen Überwachung, die massive Aufrüstung der Polizei und den Einsatz der Bundeswehr im Inneren.
„Wir lehnen die Burka ab“, sagte de Maizière. „Sie passt nicht zu unserer weltoffenen Gesellschaft.“ Die Innenminister der Union seien sich einig, „dass wir ein Gebot auch rechtlich vorschreiben wollen, Gesicht zu zeigen, wo es für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft nötig ist“. Die Vollverschleierung sei „ein Affront gegen die offene Gesellschaft und zudem frauenfeindlich“. Er wolle, dass „jeder in unserem Land sein Gesicht zeigt“.
Nach dem Willen de Maizières und der Länder-Innenminister sollen Burka und Niqab künftig in vielen zentralen Lebensbereichen verboten und Verstöße gegen das Verbot als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden. Das Verbot soll in Schulen, Hochschulen, Kindertagesstätten, im gesamten Öffentlichen Dienst, vor Gericht, in Melde- und Standesämtern, bei Pass- und Verkehrskontrollen, bei Demonstrationen, im Straßenverkehr und überall dort gelten, „wo eine Identifizierung notwendig und geboten ist“.
De Maizère weiß genau, dass das angestrebte, nahezu umfassende Burka-Verbot nicht mit dem im Grundgesetz verankerten Recht auf Religionsfreiheit und „ungestörte Religionsausübung“ vereinbar ist. Er schloss ein komplettes Burka-Verbot mit der Begründung aus: „Man kann nicht alles, was man ablehnt, gleich verbieten. Ich möchte nicht mit einem Burkaverbot vor dem Bundesverfassungsgericht scheitern.“
Der Niqab oder die Burka haben wie andere religiöse Symbole oder Kleidungsstücke nichts Fortschrittliches. Aber wer aus religiösen Gründen sein Gesicht verhüllen will, hat das Recht dazu. „Dem Staat ist es verwehrt, derartige Glaubensüberzeugungen seiner Bürger zu bewerten oder gar als richtig oder falsch zu bezeichnen“, urteilte das Bundesverfassungsgericht noch 2015 im sogenannten Kopftuch-Beschluss.
Trotzdem stellte sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) demonstrativ hinter ihren Innenminister. Im Gespräch mit den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland machte sie deutlich, dass sie die Vollverschleierung muslimischer Frauen als Integrationshindernis betrachtet. Aus ihrer Sicht habe „eine vollverschleierte Frau in Deutschland kaum eine Chance, sich zu integrieren“. Beim angestrebten Teilverbot gehe es „um eine politische und rechtliche Abwägungsfrage“, für deren Lösung der Bundesinnenminister ihre „volle Unterstützung“ habe.
Von Teilen der Grünen werden Merkel und die Unionsinnenminister offen unterstützt. So hält der Fraktionsvize der Grünen im saarländischen Landtag, Klaus Kessler, das Verbot der Vollverschleierung in staatlichen Institutionen für einen richtigen Schritt. Es sei „im Sinne der Integration von Menschen muslimischen Glaubens in unsere weltoffene Gesellschaft“, teilte Kessler am Montag in Saarbrücken mit. „Im privaten Bereich und in der allgemeinen Öffentlichkeit“ sei „ein gesetzliches Verbot […] zwar nicht gerechtfertigt“. Aber die Burka stehe „im Widerspruch zur Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau und damit auch im Gegensatz zu unserer Werteordnung“.
Die Linkspartei lehnt das Burka-Verbot zwar offiziell ab, unterstützt aber die damit verbundene reaktionäre Politik. So hetzt die Linken-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Sarah Wagenknecht, regelmäßig gegen Flüchtlinge und ruft nach mehr Polizei.
Dass Teile von Regierung und Opposition nun offen Grundrechte aushebeln und deutsche Gerichte dies bereits sanktionieren – am Dienstag untersagte ein Gericht in Osnabrück einer Muslimin, mit einem Gesichtsschleier im Unterricht zu erscheinen –, unterstreicht die Rechtswende der herrschenden Klasse. Die World Socialist Web Site warnt seit langem, dass mit der Rückkehr Deutschlands zu einer aggressiven Außenpolitik auch alle anderen historischen Übel zurückkehren: Rassismus, Chauvinismus und blanke Hysterie werden wieder Mittel der Politik.
In einem abstoßenden Leitartikel erklärt Mitherausgeber Berthold Kohler in der Samstagsausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die Burka „zum neuen Symbol für einen schon in seinen Grenzen allzu offenen und machtlos erscheinenden Staat, dessen Repräsentanten den Bürgern predigen, der Einzug von Migranten (mit mitunter befremdlichen Sitten) müsse in einer liberalen Gesellschaft eben hingenommen werden als der Preis der ansonsten segensreichen Globalisierung“.
„Doch immer weniger Deutsche sind bereit, diese Behauptung zu akzeptieren“, geifert Kohler. Nun müsse der Staat „gerade bei einem symbolträchtigen Thema wie der Burka bis an die Grenze dessen gehen, was das Grundgesetz erlaubt“. Kohler plädiert für ein „allgemeines Verschleierungsverbot“ wie in Frankreich. Allein mit Bußgeldern sei das jedoch nicht durchzusetzen. Ganz sicher vor der Burka „und der Geisteshaltung für die sie steht, ist man nur, wenn man sie nicht ins Land lässt“.
In der Süddeutsche Zeitung hatte bereits zuvor Tomas Avenarius gefordert: „Die Burka gehört verboten.“ Anders als Kohler begründet Avenarius seinen Angriff auf elementare demokratische Rechte im Namen des vermeintlichen Kampfs für Frauenrechte. Der Vollschleier sei kein „juristisches Problem“, so Avenarius. Er sei die Negation „eines zeitgemäßen Islam und des deutschen Gesellschaftsmodells durch ein und dasselbe Stück Stoff“ und reduziere „die Frau auf Auge, Gebärmutter, Unterordnung“.
Die Kommentare von Kohler und Avenarius unterstreichen, worauf die hysterische Hetze gegen die Burka – die in Deutschland von einem verschwindend kleinen Teil der Musliminnen getragen wird – abzielt. Beide setzen sich regelmäßig für einen „starken Staat“ und die Ausweitung der deutschen Kriegseinsätze im mehrheitlich muslimisch geprägten Nahen und Mittleren Osten ein. Die Forderung nach einem Verbot der Burka, die von Kohler rassistisch und von Avenarius mit „Frauenrechten“ begründet wird, dient diesen reaktionären Zielen.