Steinmeier fordert Verschärfung der Flüchtlingspolitik und Annäherung an die AfD

Der Wahlerfolg der AfD hat bei der großen Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung Entsetzen und Widerspruch ausgelöst. Doch die herrschenden Eliten betrachten die Rechtsextremisten im Bundestag als Chance, die offizielle Politik weiter nach rechts zu rücken und rechtsradikale Positionen wieder hoffähig zu machen.

Daran ließ Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) keinen Zweifel. Er nutzte seine Rede zum Tag der deutschen Einheit am Dienstag, um für die Zusammenarbeit mit der AfD zu werben, die Verschärfung der Flüchtlingspolitik zu fordern und einem „deutschen Patriotismus“ das Wort zu reden.

Zwar bemühte Steinmeier allerlei abgedroschene Phrasen und rhetorische Floskeln, doch in den zentralen Fragen war er absolut deutlich. Mit Blick auf das Wahlergebnis der AfD erklärte er: „Aus unseren Differenzen dürfen keine Feindschaften werden – aus Unterschied nicht Unversöhnlichkeit.“

Dieses Verständigungsangebot an die AfD zog sich wie ein roter Faden durch Steinmeiers gesamte Rede. Von der Bevölkerung durch eine „Hochsicherheitszone“ abgeschirmt, wie selbst die F.A.Z. anmerkte, behauptete er in der Rheingoldhalle, dass „Flucht und Migration“ das Thema gewesen sei, „das unser Land in den letzten zwei Jahren so bewegt hat wie kein anderes“.

Die humanitäre Sorge um das Schicksal der Flüchtlinge, die Millionen Menschen zeigten, stellte Steinmeier dabei auf eine Stufe mit der AfD-Parole, die begrenzte Aufnahme von Flüchtlingen sei „Verrat am eigenen Volk“. Diesen Neonazi-Slogan bezeichnete er allen Ernstes als einen moralischen Pol, dem gegenüber man „die Mauern der Unversöhnlichkeit“ abtragen müsse.

Steinmeier machte sich sogleich selbst an diese Aufgabe und propagierte Kernforderungen der Rechtsextremisten. Deutschland müsse die Entscheidung darüber zurückgewinnen, wer politisch verfolgt und wer auf der Flucht vor wirtschaftlicher Not sei, polterte der Bundespräsident. Tatsächlich werden schon jetzt nicht nur massenhaft Menschen deportiert, die vor bitterer Armut geflohen sind, sondern sogar Kriegsflüchtlinge, die nach der Genfer Konvention Schutz genießen müssten.

Stattdessen will Steinmeier die Zuwanderung an den Interessen der deutschen Wirtschaft ausrichten. Er fordert eine Einwanderung, „die Migration nach unseren Maßgaben steuert und kontrolliert“.

Wer nach Deutschland komme, müsse nicht nur die Sprache lernen, erklärte Steinmeier, sondern auch bestimmte Überzeugungen übernehmen: „Rechtsstaatlichkeit, die Achtung der Verfassung, die Gleichberechtigung von Mann und Frau“ seien Grundbedingungen für das Leben in Deutschland. Dies begründe unter anderem einen „aufgeklärten deutschen Patriotismus“.

Man kann diese rechten Tiraden des Bundespräsidenten nur vor dem Hintergrund des tiefen Grabens zwischen der Politik der herrschenden Eliten und der großen Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung verstehen. Es ist kein Zufall, dass sich Steinmeier, Merkel und Co. von 4000 Polizisten von der Bevölkerung abschirmen ließen. Erhebliche Teile der Mainzer Innenstadt waren in ein Sperrgebiet verwandelt worden.

Um Krieg und Sozialkürzungen durchzusetzen, sind die Herrschenden bereit, den Bodensatz der Gesellschaft zu mobilisieren und zu diktatorischen Maßnahmen zu greifen. In diesem Zusammenhang hat Steinmeiers Rede große Bedeutung.

Schon vor vier Jahren nutzte der damalige Bundespräsident Joachim Gauck die Zeit zwischen den Wahlen und den Koalitionsverhandlungen, um die zukünftige Regierung auf eine neue Linie der Außenpolitik einzuschwören, die zuvor in einschlägigen Thinktanks, in Parteien und Zeitungen ausgearbeitet worden war. In seiner Festrede zum 3. Oktober 2013 forderte Gauck eine außenpolitische Wende hin zu Militarismus und Großmachtpolitik.

Nach langen Koalitionsverhandlungen wurde die neue Regierung aus CDU und SPD dann am 17. Dezember vom neuen Bundestag gewählt. Nur sechs Wochen später hielt der neue Außenminister Frank-Walter Steinmeier auf der Münchener Sicherheitskonferenz eine Rede, in der er das Ende der militärischen Zurückhaltung Deutschlands verkündete und erklärte: „Deutschland ist zu groß, um Weltpolitik nur von der Außenlinie zu kommentieren.“

In der Folge wurde die Rückkehr des deutschen Militarismus systematisch in die Tat umgesetzt. Mittlerweile befindet sich die Bundeswehr in 18 Auslandseinsätzen, hat Kampftruppen an der russischen Grenze stationiert und ist in Afghanistan und Syrien in schwere Kriegsverbrechen verwickelt. In den nächsten Jahren ist die astronomische Summe von 130 Milliarden Euro an Mehrausgaben für die Bundeswehr vorgesehen.

Auch in diesem Jahr wurde das Programm der nächsten Bundesregierung in den Monaten vor der Wahl bereits ausführlich in den großen Thinktanks und entsprechenden Zeitungen diskutiert. Der einhellige Tenor war, dass Deutschland Europa dominieren und zu einer Militärmacht rüsten müsse, um weltpolitisch eine Rolle spielen und den USA entgegentreten zu können. Die neue Bundesregierung müsse massiv aufrüsten und die Interessen der deutschen Wirtschaft bis ins südchinesische Meer durchsetzen, hieß es.

Der Aufstieg der AfD ist das Ergebnis eben dieser Politik, die von allen etablierten Parteien vorangetrieben wird. Krieg und Militarismus sind untrennbar mit Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit und Staatsaufrüstung verbunden. Die Rechtsextremisten wurden ganz bewusst gestärkt und medial aufgebaut.

Nun wird ihre Präsenz im Bundestag genutzt, um das gesamte politische Gefüge weiter nach rechts zu rücken und den Militarismus weiter voranzutreiben. Daran hat Steinmeier keinen Zweifel gelassen. Wie 2013 dient die Rede des Bundespräsidenten zum Tag der deutschen Einheit dazu, die nächste Regierung auf ihren Kurs einzuschwören.

Im Falle des SPD-Politikers Steinmeier gilt das auch für die Opposition. Die SPD bereitet sich zusammen mit der Linkspartei darauf vor, eine mögliche Jamaika-Koalition von rechts anzutreiben. Sowohl SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles als auch ihr Pendant in der Linksfraktion, Sahra Wagenknecht, haben Merkels Flüchtlingspolitik von rechts angegriffen und viele Positionen der AfD übernommen.

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