Linkspartei unterstützt Gabriels Großmachtpolitik

Der Klassengegensatz zwischen der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP) und der Linkspartei könnte nicht größer sein. Während die SGP als einzige Partei Neuwahlen fordert und für ein sozialistisches Programm gegen Militarismus und Krieg kämpft, verteidigt die Linke vehement die Interessen des deutschen Militarismus und verlangt die zügige Bildung einer rechten kapitalistischen Regierung.

Der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Dietmar Bartsch, kommentierte den Parteitag der SPD auf seinem Twitter-Account mit den Worten: „Lieber Martin Schulz, liebe SPD, fast ein Vierteljahr nach der Bundestagswahl erwarten die Menschen zu Recht, dass Ihr nicht ergebnisoffen mit Merkel dahin verhandelt, sondern eine gerechte Politik in der neuen Bundesregierung durchsetzt. Glück auf!“

Bartsch weiß genau, dass die SPD in einer Neuauflage der Großen Koalition keine „gerechte Politik“ durchsetzen, sondern die Rückkehr Deutschlands zu einer aggressiven Außen- und Großmachtpolitik vorantreiben würde. Und genau aus diesem Grund unterstützt er die Sozialdemokraten. Zu Sigmar Gabriels vielbeachteter außenpolitischer Grundsatzrede beim Forum Außenpolitik der Körber-Stiftung in Berlin am 5. November äußerte sich Bartsch im ARD-Hauptstadtstudio wie folgt:

„Ich begrüße es ausdrücklich, wenn Deutschland einen anderen Kurs in der USA-Politik gehen will. Es ist höchste Zeit, dass das Duckmäusertum gegenüber den Vereinigten Staaten aufhört, dass Deutschland selbstbewusst eine Rolle in der Welt, im europäischen Rahmen, spielen will. Die Geschichte zeigt, dass alleine die Tatsache, dass amerikanische Geheimdienste selbst die Bundeskanzlerin ausgespäht haben, dass es offensichtlich kein gleichberechtigtes Agieren gibt. Also klar und deutlich: Wir unterstützen Sigmar Gabriel und würden uns wünschen, dass das schnell Regierungspolitik wird.“

Bartsch und die Linkspartei stellen damit klar, dass sie die Rückkehr des deutschen Militarismus und den Kurs der zukünftigen Bundesregierung voll unterstützen. Gabriel forderte in seiner Rede nicht einfach mehr Gleichberechtigung gegenüber den USA, er hielt die aggressivste und provokativste Rede eines deutschen Außenministers seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Der Sozialdemokrat skizzierte eine Politik, die direkt an die Tradition der deutschen Großmachtpläne in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts anknüpft.

„Nach den verheerenden zwei Weltkriegen“ war die deutsche Außenpolitik „Teil des transatlantischen Bündnisses mit den USA und seinen Westalliierten und beschränkte sich lange Zeit auf die deutsche Frage und Ostpolitik“, stellte Gabriel gleich zu Beginn fest. „Doch nun merken wir, dass es selbst bei großer wirtschaftlicher Prosperität in unserem Land keinen bequemen Platz an der Seitenlinie internationaler Politik mehr für uns gibt. Weder für uns Deutsche noch für uns Europäer.“

Die Rede war eindeutig: Nach sieben Jahrzehnten relativer außenpolitischer Zurückhaltung müsse Deutschland – gestützt auf eine militarisierte Europäische Union unter seiner Führung – zu einer eigenständigen Außen- und Militärpolitik zurückkehren. Zu den internationalen Rivalen zählte Gabriel dabei nicht nur die USA mit oder ohne Trump, sondern auch Russland und China.

Dabei sprach Gabriel die Konsequenzen des angestrebten dritten Griffs nach der Weltmacht unverblümt aus. „Werteorientierung, wie sie gern von uns Deutschen für unsere Außenpolitik in Anspruch genommen wird, wird allein jedenfalls nicht mehr ausreichen, um sich in dieser von wirtschaftlichen, politischen und militärischen Egoismen geprägten Welt zu behaupten“, erklärte er den hochrangigen Vertretern aus Politik und Militär. Im Klartext bedeutet das: die herrschende Klasse muss wieder auf völkerrechtswidrige und verbrecherische Methoden zurückgreifen, um weltweit ihre wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen zu verfolgen.

Bei seinem Plädoyer für „eine strategischere Außenpolitik“ berief sich Gabriel auf den Berliner Politologen Herfried Münkler. In seinem jüngsten Buch zum Dreißigjährigen Krieg gehe dieser „scharf mit der außenpolitischen Klasse in Deutschland ins Gericht“ und beklage eine „deutsche Fixierung auf das Recht als Bewältigungsform politischer Herausforderungen, die fast einer Realitätsverweigerung gleich komme“. Statt „schonungslos zu analysieren, was wirklich passiere“, schweife der Blick stets zum „Horizont moralischer Normen und Imperative“, so der Außenminister. Münkler, der bereits 2015 in seinem Essay „Macht in der Mitte“ gefordert hatte, Deutschland müsse wieder zum „Zuchtmeister“ Europas werden, lege damit „den Finger in die Wunde“.

Man müsse „aber auch daran erinnern, dass die Zeit, in der Deutschland sich strategische Ideen hat einfallen lassen, recht ungemütlich war für die anderen“, fügte Gabriel provokativ hinzu. Er meint damit die monströsen Verbrechen des deutschen Imperialismus in zwei Weltkriegen – darunter den Holocaust und Hitlers Vernichtungskrieg im Osten, der allein 27 Millionen Sowjetbürgern das Leben kostete.

Dass Bartsch eine derart militaristische Rede lobt und unterstützt, ohne dabei auf Widerspruch aus den eigenen Reihen zu stoßen, unterstreicht den reaktionären und pro-imperialistischen Charakter der Linkspartei und der pseudolinken Tendenzen, die sie unterstützen. Während die Klassenspannungen und die Konflikte zwischen den Großmächten zunehmen, schließen sie die Reihen mit der herrschenden Klasse und lassen selbst die Menschenrechtsphrasen fallen, mit der sie frühe ihre rechte Politik bemäntelt haben.

Im Bundestag sitzen inzwischen sieben Parteien, mehr als je zuvor seit Bestehen der Bundesrepublik. Aber alle haben sich verschworen, den deutschen Militarismus zu rehabilitieren. Überraschend ist das nicht. Die World Socialist Web Site hatte bereits vor vier Jahren darauf hingewiesen, dass Stefan Liebich, der Vertreter der Linken im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags, die SWP-Studie „Neue Macht – neue Verantwortung“ mit ausgearbeitet hat. Sie ist eine Art Masterplan für die Rückkehr des deutschen Militarismus.

Seitdem haben sich führende Vertreter der Linkspartei, wie Bodo Ramelow („Wir sind keine Pazifisten“), zum Militarismus bekannt, oder, wie Sahra Wagenknecht („Wer Gastrecht missbraucht, hat Gastrecht verwirkt“), in AfD-Manier gegen Flüchtlinge gehetzt.

Die Sozialistische Gleichheitspartei und das Internationale Komitee der Vierten Internationale sind die einzige politische Tendenz, die auf einer prinzipiellen, sozialistischen Grundlage gegen Krieg und Militarismus kämpft. Das wird von wachsenden Schichten von Arbeitern, Arbeiterinnen und Jugendlichen verstanden. Ihr Aufbau ist die zentrale strategische Aufgabe im Kampf gegen Sozialabbau, Militarismus und Krieg.

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