Die Linke unterstützt Macrons Forderung nach einer europäischen Armee

Die Linkspartei unterstützt die deutsch-französischen Pläne für den Aufbau einer europäischen Armee. Er habe „mit Interesse die Rede von Emmanuel Macron aus Anlass des Volkstrauertages gehört“, erklärte Dietmar Bartsch, der Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, am Montag in einem Pressestatement. Macron habe „ein Plädoyer für Europa gehalten“, die Ausführungen des französischen Präsidenten seien „eine vernünftige Sache“.

Macron hatte in seiner Rede im Bundestag den Aufbau einer „echten europäischen Armee“ gefordert und für eine europäische Weltmachtpolitik unter deutsch-französischer Führung plädiert, die es mit den USA, China und Russland aufnehmen kann. Unter dem Applaus der großen Mehrheit der Bundestagsabgeordneten erklärte er: „Europa und darin das deutsch-französische Paar haben die Pflicht, die Welt nicht ins Chaos abgleiten zu lassen.“ Europa müsse deshalb mehr Verantwortung für seine Verteidigung und seine Sicherheit übernehmen. Es müsse stärker und eigenständiger werden und brauche eine größere Souveränität.

Der französische Präsident ließ keine Zweifel daran, dass dies eine massive Steigerung der Militärausgaben und die Vorbereitung auf umfassende Kriegseinsätze bedeutet. „Dieser Kampf ist nicht gewonnen, dieser Kampf wird nie gewonnen sein“, erklärte Macron. „Jeder von uns“ werde „einen wachsenden Teil seines Haushaltes oder sogar seiner Steuereinnahmen teilen müssen, um eine europäische Verteidigung zu verwirklichen“.

Es ist offensichtlich, dass sich der Aufbau einer europäischen Militär- und Kriegsunion auch gegen die wachsende soziale und politische Opposition im Inneren richtet. Bezeichnenderweise warb Macron in Berlin um die Unterstützung der deutschen Bourgeoisie, während in Frankreich Hunderttausende gegen höhere Benzinsteuern protestierten, Straßen blockierten und den Rücktritt des „Präsidenten der Reichen” forderten.

Dass Macron ausgerechnet in der Linkspartei einen lautstarken Unterstützer findet, spricht Bände über den pro-imperialistischen und arbeiterfeindlichen Charakter dieser Partei. „Eins müssen wir zur Kenntnis nehmen: hier gibt es jemanden, der zum Gespräch, zur Auseinandersetzung um die Perspektive Europas aufruft, für den Europa als Friedensunion ganz weit oben steht“, erklärte Bartsch. Das sei „etwas, was wir als Linke ausdrücklich begrüßen“.

Dann griff er die Große Koalition unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die sich in der vergangenen Woche ebenfalls für „eine echte europäische Armee“ ausgesprochen hatte, von rechts an. Er glaube, „dass die deutsche Bundesregierung hier viel zu lange gezögert hat und dass es dringend notwendig ist, dass Europa seine Verantwortung in der Welt in einer anderen Weise wahrnimmt“, erklärte Bartsch. Nun komme es darauf an, „darüber nicht nur [zu] reden, sondern dass es auch wirklich zum Handeln kommt. Ich erwarte, dass die Bundesregierung diese Aufforderung, die es am Sonntag nochmal gegeben hat, annehmen wird.“

Was die Linkspartei von der Bundesregierung erwartet, machte ihr Gründervater Oskar Lafontaine in einem Post auf seiner offiziellen Facebook-Seite deutlich. „‘Wir müssen uns selbst verteidigen, mit Blick auf China, Russland und sogar die Vereinigten Staaten von Amerika‘, sagte der französische Präsident Emmanuel Macron“, schrieb Lafontaine dort. Der französische Präsident habe „etwas Richtiges erkannt: Wenn Europa in Frieden leben will, muss es zusammen mit anderen Ländern den US-Imperialismus zurückdrängen, der die Welt beherrschen und rücksichtslos seine Interessen durchsetzen will. Die USA führen Handelskriege, verdeckte Kriege und Bombenkriege, destabilisieren viele Länder und gefährden permanent den Weltfrieden.“

Hinter Lafontaines Rhetorik zeigt sich die heuchlerische Fratze des deutschen und europäischen Militarismus. Der kriegerische und zerstörerische Charakter der amerikanischen Außenpolitik ist offensichtlich, aber der deutsche und europäische Imperialismus sind nicht besser. Die europäischen Mächte beteiligen sich seit langem an den Angriffskriegen der USA im Nahen und Mittleren Osten und streben nun eine aktivere militärische Rolle an, um ihre eigenen Interessen „rücksichtslos durchzusetzen“. Vor allem die deutschen Eliten zeigen 85 Jahre nach der Machtübergabe an Hitler wieder ihr wahres Gesicht. Sie rüsten massiv auf, hofieren die rechtsextreme AfD und knüpfen mit ihren Plänen für eine europäische Armee an die deutsche Großmachtpolitik des Kaiserreichs und Hitlers an.

Macron selbst stellte klar, in welcher mörderischen Tradition sein Ruf nach einer europäischen Armee steht. Anlässlich der Gedenkfeiern zum Ende des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren bezeichnete er es als „legitim“, den Weltkriegsgeneral, faschistischen Diktator und Nazi-Kollaborateur Philippe Pétain zu ehren.

Die von der Linkspartei unterstützte Einheit und Stärkung des europäischen Militarismus, um den US-Imperialismus „zurückzudrängen“, würden Europa und der Welt keinen „Frieden“ bringen, sondern einen katastrophalen Dritten Weltkrieg vorbereiten. Das hat die Geschichte bewiesen. Wachsende Konflikte zwischen den Großmächten, gepaart mit Forderungen nach massiver militärischer Aufrüstung und einer aggressiven Außenpolitik auf allen Seiten bildeten auch im vergangenen Jahrhundert das Vorspiel zum Krieg.

Wie damals gibt es auch heute nur eine Möglichkeit, die Kriegsentwicklung zu stoppen: den Aufbau einer internationalen Antikriegsbewegung, die sich auf die Arbeiterklasse stützt und für ein sozialistisches Programm kämpft. Das erfordert die revolutionäre Einheit der europäischen und amerikanischen Arbeiter gegen die kapitalistischen Kriegstreiber in Washington, Brüssel, Paris und Berlin. Dass die Linkspartei zu letzteren gehört, haben die Erklärungen von Bartsch und Lafontaine einmal mehr unterstrichen.

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