Uni Leipzig: Studierendenrat protestiert gegen Einladung des rechtsradikalen Professors Baberowski

Am Dienstag protestierte der Studierendenrat (StuRa) der Universität Leipzig einstimmig gegen die Einladung des rechtsradikalen Professors Jörg Baberowski an seine Universität. Der rechte Ideologe wurde für den 22. Oktober vom Paulinerforum eingeladen, in der Universitätskirche zum Thema „Warum gibt es keinen Frieden?“ zu referieren. Die Uni-Rektorin Beate Schücking will die offizielle Begrüßung übernehmen.

Der StuRa folgte mit 18 Ja-Stimmen und zwei Enthaltungen einem Antrag, den die Sprecherin der Hochschulgruppe der IYSSE an der Universität Leipzig eingebracht hatte. Darin heißt es:

Der Student_innenRat protestiert gegen die Einladung des rechtsradikalen Professors Jörg Baberowski im Rahmen des Paulinerforum an die Universität Leipzig. Evangelische Kirche und Universitätsleitung geben einem rechtsradikalen Ideologen eine Plattform, der für die Verharmlosung der Nazi-Verbrechen, üble Hetze gegen Geflüchtete und Gewalt gegen Andersdenkende bekannt ist. Dafür ist an unserer Universität kein Platz!

In der Begründung des Antrags heißt es: „Baberowski ist eine zentrale Figur der extremen Rechten, die in Berlin den ‚Salon Baberowski‘ betreibt, in dem alles zusammenkommt, was in der neurechten Szene Rang und Namen hat.“

Schon vor fünf Jahren hatte Baberowski in einem Interview mit 3Sat die gehäuften Brandanschläge auf Geflüchtetenunterkünfte mit den Worten gerechtfertigt: „Angesichts der Probleme, die wir in Deutschland haben mit der Einwanderung, die jetzt gerade stattfindet, ist das ja noch eher harmlos, was wir haben.“

Dabei „verschmelzen bei Baberowski wissenschaftliches Œuvre und tagespolitische Äußerungen zu einem Amalgam rechtsradikaler Kritik“, wie Prof. Andreas Fischer-Lescano in der Frankfurter Rundschau feststellte.

„In seiner Funktion als Historiker verharmlost Baberowski die Verbrechen der Nazis“, erklären die IYSSE Leipzig in dem Antrag. So rehabilitierte Baberowski im Februar 2014 im Spiegel den bis dahin wichtigsten Nazi-Apologeten Ernst Nolte und fügte zur Begründung hinzu: „Hitler war kein Psychopath, er war nicht grausam. Er wollte nicht, dass an seinem Tisch über die Judenvernichtung geredet wird.“ Den Holocaust setzte Baberowski auf eine Stufe mit Erschießungen während des russischen Bürgerkriegs: „Im Grunde war es das Gleiche: industrielle Tötung.“

Dass Baberowski angesichts dieser Verharmlosung des Holocaust und der Brandanschläge von Neonazis auf Flüchtlinge zum Thema Frieden referieren soll, ist besonders zynisch. Der Rechtsextremist hatte sich schon im Jahr 2014 auf einer Diskussion im Deutschen Historischen Museum für Kriegseinsätze gegen Terroristen ausgesprochen und hinzugefügt: „Und wenn man nicht bereit ist, Geiseln zu nehmen, Dörfer niederzubrennen und Menschen aufzuhängen und Furcht und Schrecken zu verbreiten, wie es die Terroristen tun, wenn man dazu nicht bereit ist, wird man eine solche Auseinandersetzung nicht gewinnen, dann soll man die Finger davon lassen.“

Rechtsradikaler Professor Baberowski greift linke Studierende tätlich an

Als der AStA der Universität Bremen diese und andere Aussagen in einem Flugblatt als „gewaltverherrlichend“, „rassistisch“ und „rechtsradikal“ bewertete, brachte Baberowski die gesamte Studierendenschaft der Universität vor Gericht und forderte eine Unterlassung. Das Oberlandesgericht Köln stellte aber fest, dass Baberowski korrekt zitiert wurde und die Bewertungen legitim seien. Der rechtsradikale Professor musste seinen Antrag zurückziehen und die vollen Gerichtskosten tragen.

Nach der gerichtlichen Niederlage ging Baberowski umso aggressiver gegen Andersdenkende vor. So bedrohte er öffentlich Kolleginnen und Kollegen, die sich gegen die flüchtlingsfeindliche „Gemeinsame Erklärung 2018“ ausgesprochen hatten, und mobilisierte Rechtsextremisten gegen studentische Veranstaltungen an der Humboldt-Universität.

Im Januar dieses Jahres riss er Wahlplakate der International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) für die StuPa-Wahlen an der Humboldt-Universität von den dafür vorgesehenen Tafeln. Als er von einem Abgeordneten der IYSSE dabei beobachtet wurde, schlug er diesem das Telefon aus der Hand und rief: „Soll ich Dir auf die Fresse hauen?“ All das ist auf Video festgehalten.

Das Opfer der Attacke, Sven Wurm, erklärte im Februar: „Mit seinem Angriff auf mich hat Baberowski sein anhaltendes Vorgehen gegen politische Gegner weiter eskaliert. Er agiert nicht mehr nur als rechter Ideologe und Nazi-Apologet, sondern direkt als rechtsextremer Aktivist und Gewalttäter. Er will jeden unterdrücken und vom Campus werfen, der seine rechtsradikale Agenda kritisiert.“

Dass ein solcher Gewalttäter und Rechtsextremist vom Paulinerforum an die Universität geladen wird und von der Rektorin persönlich begrüßt werden soll, ist eine gezielte politische Provokation. Auf diese Weise sollen auch an der Leipziger Universität rechtsradikale Standpunkte salonfähig gemacht und Kritik daran unterdrückt werden.

Dabei handelt es sich um ein größeres politisches Projekt. Neben der Universitätsrektorin wird an dem Abend auch der Vizepräsident des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Horst Gorski, sprechen und der Veranstaltung seine Weihe geben. Im Februar hatte sich bereits die Bundesregierung demonstrativ hinter den rechtsradikalen Professor gestellt. Die herrschenden Eliten setzen immer offener auf rechtsextreme Kräfte, um ihre Politik des Militarismus und der sozialen Ungleichheit durchzusetzen.

Umso wichtiger ist es, dass sich die Studierenden gegen diese rechte Offensive wenden und gegen die Einladung Baberowskis protestieren. Der Protest ist Ausdruck der weit verbreiteten Opposition gegen die Rückkehr von Faschismus und Diktatur. Der StuRa folgt damit etlichen anderen Asten, die in der Vergangenheit gegen Baberowskis rechte Positionen demonstrierten.

Nach dem tätlichen Angriff auf ein IYSSE-Mitglied Anfang des Jahres verabschiedete zum Beispiel das StuPa der HU mit überwältigender Mehrheit eine Solidaritätserklärung, die Baberowski entschieden verurteilt. Ähnliche Bekundungen gab es von Studierendenvertretern aus Magdeburg, Bremen und Wien, die Baberowskis Verhalten zurecht als „Skandal“ bezeichneten.

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