Airbus-Betriebsrat und IG-Metall verlangen deutsche Führungsrolle bei der europäischen Aufrüstung

Bei der Hinwendung Deutschlands zu einer aggressiven Außenpolitik und umfassenden gesellschaftlichen Militarisierung spielen die Gewerkschaften eine entscheidende Rolle. Sie fungieren als Betriebspolizei und unterdrücken als verlängerter Arm der Unternehmensleitung jede selbstständige Regung der Arbeiter. Und sie unterstützen ganz offen die Aufrüstung der Bundeswehr und der Europäischen Union. Dabei bestehen sie darauf, dass Deutschland den Kontinent militärisch anführt und dominiert.

Das zeigen die jüngsten Stellungnahmen des Betriebsrats von Airbus Defense and Space und der IG Metall zur Entwicklung des gemeinsamen europäischen Luftkampfsystems FCAS (Future Combat Air System). Das FCAS gehört zu den größten europäischen Aufrüstungsprojekten seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Neben Drohnen, Satelliten, Kommando- und Kontrollflugzeugen, soll es auch eine nukleare Komponente erhalten und andere Waffensysteme, u.a. der Marine, integrieren können. Bis zur geplanten Inbetriebnahme 2040 wird das Projekt Schätzungen zufolge mindestens 300 Milliarden Euro verschlingen. Das entspräche etwa 75 Prozent des aktuellen Bundeshaushalts.

Ein Modell des FCAS-Kampfjets NGF auf der Pariser Luft- und Raumfahrtmesse 2019 in Le Bourget (JohnNewton8 / CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)

Gewerkschaft und Betriebsrat unterstützen das gigantische Aufrüstungsprojekt, aber fordern, dass Deutschland seine nationalen Industrie- und Rüstungsinteressen gegenüber den anderen beteiligten europäischen Ländern – allen voran Frankreich – durchsetzt. Zum Unmut der IG Metall ist für das Luftkampfsystem bislang nur ein Prototyp geplant worden. Das Modell soll bei dem französischen Unternehmen Dassault entwickelt und gebaut werden, auf Basis des französischen Kampffliegers Rafale.

„Ein eigener in Deutschland zugelassener Demonstrator auf Eurofighter-Basis ist für die deutsche Verteidigungsindustrie von zentraler Bedeutung“, betonte nun Thomas Pretzl, Gesamtbetriebsratsvorsitzender des militärischen Geschäftsbereiches Airbus Defence and Space. Falls Deutschland auf ein eigenes nationales Modell verzichte, werde das „FCAS zu einem industriepolitischen Projekt vor allem für Frankreich – in erheblichen Umfang finanziert von Deutschland“.

Pretzls angebliche Sorge um Arbeitsplätze ist pure Heuchelei. Er argumentiert explizit militaristisch. Ein eigener Demonstrator biete nicht nur „den deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern“, sondern „auch der Bundesrepublik Deutschland und der Bundeswehr eine größere Sicherheit“. Im Falle einer vorzeitigen Beendigung der Zusammenarbeit am FCAS – in den letzten Wochen waren immer wieder Spannungen zwischen Berlin und Paris aufgetreten – wäre somit sichergestellt, dass Deutschland das Projekt notfalls selbstständig fortsetzen könne.

Bernhard Stiedl, der 1. Bevollmächtigte der IG Metall Ingolstadt, schlug die gleichen nationalistisch-militaristischen Töne an. „Der Demonstrator ist vor allem auch entscheidend, um das Wissen der Ingenieure, die den Tornado und den Eurofighter entwickelt haben, auf die junge Ingenieursgeneration zu übertragen. Falls Deutschland keinen eigenen Demonstrator baut, geht dieses Know-How verloren.“

Die Gewerkschaften haben die Rückkehr des deutschen Militarismus und die Hinwendung zu einer aggressiven Außen- und Großmachtpolitik von Anfang an unterstützt. Bereits vor den Kriegsreden des damaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck und seines Nachfolgers Frank-Walter Steinmeier (SPD) auf der Münchener Sicherheitskonferenz 2014 hatte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) den Schulterschluss mit der Bundeswehr geübt.

Die WSWS kommentierte die Zusammenkunft zwischen dem damaligen DGB-Chef Michael Sommer, den Vorsitzenden der acht DGB-Mitgliedsgewerkschaften und dem Verteidigungsministerium mit den Worten:

„Das Treffen machte deutlich, welche zentrale Rolle die Gewerkschaften in allen Bereichen spielen, um die Interessen der herrschenden Elite durchzusetzen. Sie fungieren nicht nur als Co-Manager in den Betrieben, wo sie im Namen der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft in enger Zusammenarbeit mit der Unternehmensleitung die Kürzungen gegen die Arbeiter durchsetzen. Sie agieren auch immer offener als verlängerter Arm der deutschen Außen- und Kriegspolitik.“

Diese Einschätzung hat sich seitdem bestätigt. Die Gewerkschaften spielen eine Schlüsselrolle bei der Ausarbeitung der Aufrüstungs- und Kriegspolitik und ihrer Durchsetzung gegen die Bevölkerung.

Hier nur einige weitere Beispiele. Der derzeitige DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann beteiligte sich aktiv am Projekt des Außenministeriums „Review 2014 – Außenpolitik Weiter Denken“. Die Initiative des damaligen Außenministers und derzeitigen Bundespräsidenten Steinmeier war Teil der Werbekampagne für eine aggressivere Rolle des deutschen Imperialismus. Auf der Website fand sich u.a. ein Artikel mit dem programmatischen Titel: „Deutschlands Bestimmung: Europa führen, um die Welt zu führen.“

Hoffmanns eigener Beitrag plädierte ebenfalls für ein stärkeres Auftreten Deutschlands weltweit. „In vielen Teilen der Welt auftretende akute Krisen konfrontieren die deutsche Außenpolitik immer wieder mit der Notwendigkeit des kurzfristigen Eingreifens“, so der DGB-Chef. „Wir brauchen deswegen eine vorausschauende Außenpolitik, die Krisenpotenziale rechtzeitig erkennt und präventiv eingreift.“

Zahlreiche weitere Verlautbarungen von führenden Gewerkschaftern lassen keinen Zweifel daran, dass damit vor allem auch militärische Operationen gemeint sind. Stiedl hatte bereits 2014 das von Deutschland und der EU verfolgte Kampfdrohnenprogramm als „Lichtblick“ bezeichnet und mehr Gelder für die Aufrüstung gefordert: „Wir fühlen uns von der Politik im Stich gelassen. [...] In der Krise gab es Hilfsprogramme für die Auto- und Bankenindustrie. Wir stellen fest, dass das für die Wehrindustrie nicht gilt.“

Die gewerkschaftseigene Hans-Böckler-Stiftung produziert eigene Strategiepapiere, um die deutsch-europäischen Aufrüstungs- und Kriegspläne möglichst schnell voranzutreiben. „Nicht zuschauen, sondern mitgestalten,“ heißt es etwa im Vorwort der „Perspektiven der wehrtechnischen Industrie in Deutschland“ aus dem Jahr 2015. Eine gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik sei „zwar immer noch weit entfernt und die Beschaffung national fragmentiert. Aber politisch ist dies der richtige Pfad, den auch die europäischen Industriegewerkschaften unterstützen.“

Aktuell gehört der DGB mit seinen Einzelgewerkschaften zu den entschiedensten Unterstützern der Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD, die in den letzten Jahren die Rüstungsausgaben von etwa 32 Milliarden Euro (2014) auf über 50 Milliarden hochgeschraubt haben. Mit dem FCAS und anderen geplanten Rüstungsprojekten werden nun zusätzliche Milliarden folgen. Die offene Kriegstreiberei der Gewerkschaften unterstreicht, dass der Kampf gegen Militarismus genauso wie der Kampf gegen Sozialabbau und die mörderische Durchseuchungspolitik in der Pandemie einen organisatorischen und politischen Bruch mit den Gewerkschaften erfordert.

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