Mit der Pandemie wächst die Gefahr eines neuen Weltkriegs

Peter Symonds ist Mitglied der internationalen Redaktion der World Socialist Web Site und Redaktionsleiter der WSWS in Australien. Er schreibt regelmäßig über politische und soziale Themen in Asien, Australien und dem Südpazifik und hält Vorträge über die Geschichte des Trotzkismus in Asien und über die chinesischen Revolutionen des 20.Jahrhunderts. Die folgende Rede hielt Symonds auf der International Online-Maiveranstaltung, die die World Socialist Web Site und das Internationalen Komitee der Vierten Internationale (IKVI) am 1. Mai 2021 veranstalteten.

Peter Symonds Rede an der International May Day Online Rally 2021

Die Corona-Pandemie hat nicht nur immenses soziales Leid über arbeitende Menschen auf der ganzen Welt gebracht, sondern auch die Gefahr eines katastrophalen Weltkriegs dramatisch verschärft. Treibender Faktor ist vor allem der US-Imperialismus, der seinen historischen Niedergang um jeden Preis aufhalten will.

Die Biden-Administration hat ihre hässliche militaristische Fratze schnell gezeigt. Während die Vereinigten Staaten Nato-Hilfe für die Ukraine gegen Russland bereitstellen, rüsten sie auch gegen China auf und eskalieren dort ihre militärischen Provokationen. Rekordsummen fließen in den riesigen US-Militärapparat, obwohl das Gesundheitssystem Milliarden benötigt, um die Pandemie zu bekämpfen.

Mehr als zehn Jahre lang haben erst Obama und dann Trump in China die größte Gefahr für die globale amerikanische Vorherrschaft gesehen. Biden setzt alle aggressiven Maßnahmen Trumps fort, verhängt neue Sanktionen gegen chinesische Beamte und weitet die provokativen US-Marineoperationen im Süd- und Ostchinesischen Meer aus.

Ein deutliches Zeichen für Washingtons Kriegsvorbereitungen ist seine hysterische Anprangerung Chinas wegen der „Menschenrechte“, einschließlich des hetzerischen Vorwurfs von „Völkermord“ an der uigurischen Minderheit. Zweifellos hat sich Chinas stalinistische Kommunistische Partei des Missbrauchs demokratischer Rechte schuldig gemacht, besonders was die Arbeiterklasse betrifft. Dennoch trieft das Getue um „Menschenrechte“ von Heuchelei. Sie verurteilen China wegen der Uiguren, aber (um nur ein Beispiel von vielen zu nennen) sie verteidigen Israels jahrzehntelangen Missbrauch der demokratischen Rechte der Palästinenser.

Die USA werfen China „Aggression“ und „Expansionismus“ vor, führen aber selbst seit dreißig Jahren Krieg im Nahen Osten, in Zentralasien und Nordafrika auf der Grundlage von Lügen und Erfindungen. Die Bombardierung Serbiens im Jahr 1999 wurde als notwendig hingestellt, angeblich um zu verhindern, dass hunderttausende Kosovaren abgeschlachtet wurden, was sich als völlig falsch erwies. Sie marschierten in den Irak ein und verwüsteten ihn auf der Grundlage von Lügen über Massenvernichtungswaffen.

Und heute sehen die Verbrecher im Weißen Haus in China ihren Feind. Nach Trump hält auch Biden die große Lüge aufrecht und macht China für die Pandemie verantwortlich, obwohl alle wissenschaftlichen Beweise das Gegenteil belegen. Wie beschränkt auch immer Pekings Reaktion sein mag, das ist nichts im Vergleich zu der verantwortungslosen Politik der Regierungen in den USA, Europa, Brasilien, Indien oder anderswo. Immerhin hat China auf seine eigene bürokratische Art das Virus vorläufig weitgehend eingedämmt.

Im Unterschied zu Trump, der die Verbündeten vor den Kopf stieß, stärkt Biden die Allianzen und organisierte das erste Gipfeltreffen der Quad, einer halbmilitärischen Allianz mit den Führern Japans, Indiens und Australiens. Die australische Regierung spricht nun offen über einen möglichen amerikanischen Konflikt mit China und verstärkt die Einbindung des australischen Militärs in die Kriegspläne des Pentagons. Das bringt die australische Bevölkerung in große Gefahr.

Aber auch an Pekings Reaktion auf Washingtons Kriegstreiberei ist nichts progressiv. Einerseits liefert es sich einen verzweifelten Rüstungswettlauf mit dem amerikanischen Imperialismus, der dreimal so viel für Rüstung ausgibt und rings um China zahlreiche Stützpunkte und Verbündeten hat. Auf der anderen Seite hält die Kommunistische Partei Chinas immer noch an der vergeblichen Hoffnung auf einen Kompromiss fest. Aber Washington will nichts Geringeres als die vollständige Unterordnung Chinas unter die „internationale regelbasierte Ordnung“ (wie sie es nennen) – also die Strukturen seit dem Zweiten Weltkrieg, in denen die USA die Regeln bestimmen.

Ein Krieg zwischen den USA und China – den beiden größten Volkswirtschaften der Welt – würde unweigerlich den Einsatz von Atomwaffen nach sich ziehen und die ganze Welt mit hineinziehen. Es ist eine Illusion, zu glauben, dass die herrschende Klasse vor einem Atomkrieg zurückschrecken würde, weil die Folgen für die Menschheit zu schrecklich wären. Schon jetzt wird in den Thinktanks des Pentagons wieder „das Undenkbare gedacht“ (wie die Nuklearstrategen des Kalten Kriegs das nannten). Die Pandemie hat bereits gezeigt, dass die Regierungen Millionen von Menschenleben opfern, um die Profite der Unternehmen zu steigern. Der amerikanische Imperialismus hat 1945 zwei Atombomben auf die japanische Zivilbevölkerung abgeworfen. Er wird nicht zögern, einen Atomkrieg zu führen, wenn es um seine globale Vorherrschaft geht.

Das Pentagon bereitet sich auf Krieg vor innerhalb von Jahren – nicht Jahrzehnten! Der scheidende Chef des Indo-Pacific Command, Admiral Phil Davidson, sagte voraus, ein Krieg mit China wegen Taiwan werde innerhalb von fünf Jahren stattfinden. Dementsprechen verlaufen die militärischen Planungen.

Nur die internationale Arbeiterklasse kann den Krieg stoppen. Sie ist die einzige soziale Kraft ist, die in der Lage ist, den Kapitalismus und sein veraltetes System von rivalisierenden Nationalstaaten zu stürzen. Dazu muss sie zusammenhalten und eine internationale Antikriegsbewegung aufbauen, unabhängig von den etablierten Parteien und Gewerkschaften, die alle den Krieg befürworten.

Es ist wichtig, dass Arbeiter auf der ganzen Welt den giftigen Nationalismus zurückweisen. Die Herrschenden versuchen, die Arbeiterklasse zu spalten und die immensen sozialen Spannungen, die durch die Pandemie entstanden sind, auf einen äußeren Feind abzulenken. Die Kommunistische Partei Chinas, die im Namen der superreichen Elite regiert, die in Jahrzehnten der kapitalistischen Restauration entstanden ist, ist da keine Ausnahme. Sie hat ihre sozialistischen Phrasen weitgehend aufgegeben. Das stalinistische Regime ist unfähig, irgendwelche Appelle an die Arbeiterklasse zu richten, und es versucht, Washingtons Propaganda mit eigenem reaktionärem Nationalismus zu kontern.

Eine nukleare Katastrophe ist nicht unvermeidlich. Dieselbe kapitalistische Krise, die große geopolitische Spannungen erzeugt, beschleunigt auch das Wiederaufleben des Klassenkampfes. So wie Arbeiter sich jetzt schon gegen Regierungen wehren, die sie in unsichere Fabriken und Büros schicken wollen, so werden sich Arbeiter und Jugendliche dagegen wehren, in einen nuklearen Alptraum gestürzt zu werden.

Im Jahr 2003 fanden die größten internationalen Antikriegsproteste der Geschichte gegen die kriminelle, US-geführte Invasion im Irak statt. Dennoch wurde dieser Krieg nicht verhindert. Die entscheidende Lehre aus dieser Erfahrung ist nicht, dass es unmöglich sei, den Krieg zu stoppen, aber es ist unmöglich, den Krieg mit ohnmächtigen pazifistischen Appellen an die Vereinten Nationen und die kapitalistischen Regierungen zu stoppen. Notwendig ist nichts weniger als der revolutionäre Kampf zur Abschaffung des Kapitalismus.

1917 konnten nach drei Jahren schrecklicher Kämpfe im Ersten Weltkrieg nur die Russische Revolution und die Gründung des ersten Arbeiterstaats dem Konflikt ein Ende bereiten. Die Arbeiter der Welt können und müssen heute dem Kapitalismus ein Ende setzen, bevor Atomwaffen eingesetzt werden.

An diesem 1. Mai ruft das Internationale Komitee der Vierten Internationale zum Aufbau der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees auf, um eine globale Gegenoffensive zu entwickeln und der mörderischen Politik der Regierungen als Antwort auf die Pandemie entgegenzutreten. Genauso kann sich die internationale Arbeiterklasse dem Kriegstreiben nur entgegenstellen, wenn sie zusammenhält und ihre unabhängige politische Kraft mobilisiert.

Der Aufruf des IKVI im Jahr 2016, eine internationale Antikriegsbewegung der Arbeiterklasse aufzubauen, die für eine sozialistische Zukunft kämpft, ist heute von brennender Aktualität. Wir appellieren an die Arbeiter in jedem Land, diese Aufgabe anzupacken, mit dem IKVI Kontakt aufzunehmen, Mitglied zu werden und es aufzubauen als die politische Führung, die notwendig ist, um die kommenden revolutionären Kämpfe zu führen.

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