Perspektive

Die UN-Generalversammlung und die Gefahr einer imperialistischen Aggression gegen China

Die UN-Generalversammlung, die am Dienstag in New York City eröffnet wurde, steht unter dem Eindruck der unerwarteten Bekanntgabe der Australien-UK-US-Allianz (AUKUS) gegen China in der vergangenen Woche.

Vor einem Dreivierteljahrhundert wurde die UNO mit dem Anspruch der alliierten Siegermächte gegründet, nach zwei katastrophalen Weltkriegen jeden neuen Angriffskrieg zu unterbinden. In Artikel 1 ihrer Charta verpflichtete sich die UNO zu „wirksamen Kollektivmaßnahmen, um Bedrohungen des Friedens zu verhüten und zu beseitigen, Angriffshandlungen und andere Friedensbrüche zu unterdrücken“. Die Vereinten Nationen bestätigten am 11. Dezember 1946 den Anklagepunkt der Nürnberger Prozesse gegen Nazi-Kriegsverbrecher, dass nämlich „Planung, Vorbereitung, Einleitung oder Durchführung eines Angriffskriegs“ Verbrechen sind, die mit dem Tod bestraft werden.

Die Gründung der UNO und die Regelung nach dem Zweiten Weltkrieg lösten jedoch keinen der wesentlichen Widersprüche, die zu den Weltkriegen geführt hatten - vor allem nicht jenen zwischen der Weltwirtschaft und dem Nationalstaatensystem, das von einer Handvoll rücksichtsloser imperialistischer Staaten beherrscht wurde. Die UNO billigte zahllose imperialistische Gräueltaten, von der Bombardierung nordkoreanischer Städte im Koreakrieg 1950-1953 bis zu dem Krieg, den die NATO 2011 in Libyen führte.

Während die kapitalistischen und stalinistischen Regime der Nachkriegszeit die Vereinten Nationen als Garant des Weltfriedens bejubelten, bestand nur die trotzkistische Bewegung darauf, dass es auf der Grundlage des Kapitalismus unmöglich sei, gegen Krieg und den Angriff auf demokratische Rechte Widerstand zu leisten. Nach Auffassung der Trotzkisten fällt diese Aufgabe einer revolutionären Bewegung für den Sozialismus in der Arbeiterklasse zu.

Die Vierte Internationale verurteilte die UNO im Jahr 1945 als „neue Räuberküche“ und erinnerte damit an Lenins Worte über den Völkerbund, den Vorgängers der UNO. Der Völkerbund war nach dem Ersten Weltkrieg gegründet worden, hatte aber den Abstieg Europas in den Faschismus und den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs nicht verhindern können. In Anlehnung an Lenin zitiert das entsprechende Dokument der Vierten Internationale seine Worte, in denen er die Arbeiter vor dem Völkerbund warnt, und bezeichnete die UNO als „ein Bündnis von Welträubern“.

Das ist eine durchaus treffende Beschreibung des entwürdigenden Treibens, das in New York im Gange ist. Die Öffentlichkeit wird selbstverständlich nicht von der üblichen humanitären Rhetorik verschont. In seinem Bericht vom 10. September ruft UN-Generalsekretär António Guterres zur weltweiten Einigkeit auf. Fast zwei Jahre nach Beginn der Covid-19-Pandemie mit mindestens 4,7 Millionen bestätigten Todesfällen beklagt Guterres die „Lähmung“ der Behörden in Bezug auf die Pandemie und die globale Erwärmung, die Zunahme der „ungehemmten Ungleichheit“ und „die unabsehbaren sozialen und ökologischen Schäden, die durch das Profitstreben verursacht werden können“.

Die imperialistischen Großmächte tun noch nicht einmal mehr so, als würden sie Mord und Angriffskrieg nicht routinemäßig als Mittel der Staatskunst einsetzen. In der Tat waren die Spaltungen zwischen den imperialistischen Mächten, auch zwischen den ehemaligen alliierten Siegern des Zweiten Weltkriegs, noch nie so groß wie heute. Die Präsidenten von drei der fünf Mächte des UN-Sicherheitsrats - Emmanuel Macron (Frankreich), Wladimir Putin (Russland) und Xi Jinping (China) - sind nicht einmal persönlich anwesend, da der Kriegswille der USA gegen China gerade eine der schwersten diplomatischen Krisen seit dem Ende des Kalten Krieges auslöst.

Die AUKUS-Allianz, die monatelang hinter dem Rücken der EU vorbereitet wurde, hat Australien dazu veranlasst, einen 56-Milliarden-Euro-Auftrag für französische Diesel-elektrische U-Boote plötzlich zu stornieren und stattdessen US-Atom-U-Boote zu kaufen, um vor Chinas Küste zu patrouillieren. Peking bezeichnete das Abkommen als „extrem unverantwortlich“, da es „den regionalen Frieden und die Stabilität ernsthaft schädigt, das Wettrüsten verschärft und den Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen untergräbt“.

Am Sonntag Abend schloss sich die Präsidentin der Europäischen Union (EU), Ursula von der Leyen, offiziell den Forderungen aus Paris an und forderte offizielle Erklärungen von Washington. „Eines unserer Mitgliedsländer wurde auf eine Art und Weise behandelt, die nicht akzeptabel ist“, sagte von der Leyen gegenüber CNN. „Wir wollen wissen, was passiert ist und warum.“

Der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian, der Frankreich in Abwesenheit Macrons bei der Generalversammlung vertritt, warnte: „Wir sehen den Aufstieg einer indopazifischen Strategie, die von den Vereinigten Staaten lanciert wurde und militärisch konfrontativ ist. Das ist nicht unsere Position ... Wir glauben nicht an die Logik einer systematischen militärischen Konfrontation, auch wenn wir manchmal militärische Mittel einsetzen müssen.“

Sich auf eine „systematische militärische Konfrontation“ einzulassen, heißt im Klartext, sich auf einen Krieg vorzubereiten. Die Konflikte um Profite und strategischen Einfluss, die jetzt zwischen den NATO-Mächten ausbrechen, werden von der drohenden Aussicht auf einen globalen Krieg der USA gegen China angetrieben - mit Unterstützung Großbritanniens und Australiens. Hinter diesen Kriegsplänen steht das Streben danach, die weltweite Vormachtstellung des US-Imperialismus unter eklatanter Verletzung des Völkerrechts aufrechtzuerhalten.

Dreißig Jahre nach der stalinistischen Auflösung der Sowjetunion im Jahr 1991, die von den bürgerlichen Propagandisten als Beginn einer Ära des Weltfriedens gefeiert wurde, schlittern die Großmächte einmal mehr sehenden Auges auf eine Katastrophe zu. Ihre Kriegsvorbereitungen gegeneinander zeigen, dass es unmöglich ist, im Rahmen des kapitalistischen Nationalstaatensystems eine kohärente internationale Politik zur Lösung kritischer Weltprobleme wie der Pandemie oder der globalen Erwärmung zu entwickeln.

Die Mobilisierung und Koordinierung der gesellschaftlichen Ressourcen zur Lösung der großen Probleme, mit denen die Menschheit konfrontiert ist, erfordert den Aufbau einer internationalen Bewegung innerhalb der Arbeiterklasse, unabhängig von den nationalen kapitalistischen Regierungen und Gewerkschaftsbürokratien. Eine entscheidende Aufgabe dieser Bewegung besteht darin, sich dem immer stärkeren Drängen des Weltkapitalismus zu neuen imperialistischen Kriegen, insbesondere gegen China, entgegenzustellen.

Das Aufgebot an Verbrechern, das in dieser Woche an den UN-Verhandlungen teilnimmt, ist ein weiteres Beispiel für die politische Degeneration der gesamten kapitalistischen Ordnung.

Der erste Redner war am Dienstag der faschistische brasilianische Präsident Jair Bolsonaro, der sich damit brüstet, dass er sich nicht gegen Covid-19 impfen lässt, und der offen für einen Putsch des brasilianischen Militärs eintritt. Ihm zur Seite steht der britische Premierminister Boris Johnson, ein führender Kopf von AUKUS, der jeder wissenschaftlichen Ausrottung von Covid-19 Widerstand leistet. Berüchtigt ist Johnson für seine Erklärung: „Keine verdammten Lockdowns mehr - lasst die Leichen sich zu Tausenden türmen.“

Dann ist da noch der ägyptische General Abdel Fattah al-Sisi, ein Freund von Le Drian, der 2013 zwei Jahre revolutionärer Kämpfe der ägyptischen Arbeiterklasse durch einen blutigen Militärputsch beendete und dabei Tausende unbewaffnete Zivilisten in den Straßen von Kairo kaltblütig erschießen ließ.

US-Präsident Biden hat nun offenbar auch Blut an den Händen: US-Vertreter haben zugegeben, dass bei einem US-Drohnenangriff am 29. August in Kabul mindestens zehn unschuldige Zivilisten, darunter sieben Kinder, getötet wurden. Biden steht im Mittelpunkt der reaktionären AUKUS-Intrigen, die gegen China gerichtet sind.

Die Vorbereitung der AUKUS-Allianz ging Hand in Hand mit einer bösartigen Kampagne, die ebenfalls von Washington ausging, wonach die Covid-19-Pandemie nicht durch ein natürliches Virus entstanden, sondern durch ein in einem chinesischen Labor geschaffenes Virus verursacht worden sei. Diese Verleumdung, die von keiner wissenschaftlichen Autorität gestützt wird, kommt einer Kriegspropaganda gleich, denn sie weist China fälschlicherweise die Schuld an den inzwischen fast zwei Millionen Toten in Nordamerika und Europa zu.

Die Schuld an der schrecklichen hohen Zahl an Covid-19-Toten liegt vor allem bei den NATO-Mächten, die eine solche wissenschaftliche Politik als unerträgliche Einschränkung der Unternehmensgewinne ablehnen. Infolge dieser Politik ist der Reichtum der Milliardäre weltweit um 60 Prozent von acht Billionen Dollar auf 13,5 Billionen Dollar explodiert, während Arbeiter und Jugendliche in unsichere Betriebe und Schulen geschickt werden.

Das entwürdigende Spektakel, das sich auf der UN-Generalversammlung abspielt, ist eine historische Warnung an die Arbeiterklasse. Die Covid-19-Pandemie war ein auslösendes Ereignis; es hat die Krise des Weltkapitalismus erheblich verschärft und die Unfähigkeit der herrschenden Klasse offenbart, eine fortschrittliche, gemeinsame Lösung für die dringenden internationalen Krisen von heute zu finden. Diese Aufgabe obliegt der Arbeiterklasse, die für den Aufbau einer internationalen Bewegung gegen den Krieg, für eine wissenschaftlich geleitete Kampagne zur Ausrottung des Coronavirus und für den Sozialismus kämpft.

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