1.400 Arbeiter bei Kellogg's schließen sich wachsender Streikwelle an

Am Dienstag traten mehr als 1.400 Arbeiter des Lebensmittelkonzerns Kellogg's an allen vier Standorten in den USA in den Streik, nachdem am Morgen ihr Tarifvertrag ausgelaufen war. Das Unternehmen stellt u.a. Frühstücksflocken wie Special K., Frosted Flakes und Rice Krispies her.

Die Arbeiter gehören der Gewerkschaft Bakery, Confectionery, Tobacco Workers and Grain Millers International Union (BCTGM) an. Die vier Werke befinden sich in Battle Creek (Michigan), wo sich auch die Firmenzentrale befindet, Omaha (Nebraska), Lancaster (Pennsylvania) und Memphis (Tennessee).

Streikende Kellogg's-Arbeiter (Foto: Kellogg Union Members Appreciation Page on Facebook)

Die Forderungen der Arbeiter bei Kellogg's werden den Millionen von Arbeitern im Rest des Landes bekannt vorkommen: Rücknahme der Angriffe auf Löhne und Zusatzleistungen, die Abschaffung der spalterischen Zwei-Stufen-Lohnstruktur und des brutalen Überstundensystems, das während der Pandemie eingeführt wurde. Brian Leche, ein Elektriker im Werk Battle Creek, erklärte gegenüber der lokalen Presse: „Einige in dem Werk hatten das ganze Jahr über noch keinen planmäßigen Tag. Wir sind nicht mehr bereit, das hinzunehmen.“

Überall in den USA und der Welt sind Arbeiter mit unablässigen Überstunden und den Versuchen konfrontiert, die Arbeitskosten zu senken. Auf diese Weise versuchen die transnationalen Konzerne, ihre Profite vor den Auswirkungen der massiven Störungen der globalen Lieferketten zu schützen, die durch die Pandemie ausgelöst wurden. Auch in den Nabisco-Werken, wo letzten Monat ein Streik ausgebrochen war, sind Sieben-Tage-Wochen und 16 Stunden Arbeitszeit die Norm. In der Autoindustrie herrschte bei Zuliefererbetrieben wie Dana Inc. und wichtigen Fertigungswerken wie dem Stellantis-Werk in Sterling Heights das ganze Jahr über Pflicht zur Wochenendarbeit.

Trotz der weltweiten Produktionskrise und der anhaltenden Pandemie fahren Unternehmen wie Kellogg's weiterhin Profite ein. Der letzte Quartalsbericht von Kellogg's verzeichnete einen Anstieg des Reingewinns um 8,26 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf insgesamt 380 Millionen Dollar. Der Aktienkurs ist seit dem Tiefststand vom März 2020 um fast 15 Prozent gestiegen.

Der Streik ist der jüngste in einer wachsenden Welle des Widerstands der Arbeiter in den USA und der Welt. Das Potenzial ist enorm, um unter den Arbeitern im Rest der Welt nicht nur Unterstützung für den Streik bei Kellogg's zu gewinnen, sondern auch um eine globale Bewegung der Arbeiterklasse gegen Ungleichheit, unmenschliche Arbeitsbedingungen und das Opfern von Arbeiterleben für privates Profitstreben während der Pandemie aufzubauen..

Zehntausende von Arbeitern überall in den USA haben bereits für einen Streik gestimmt oder werden vermutlich in den kommenden Wochen dafür stimmen:

  • 60.000 Beschäftigte aus der Film- und Fernsehproduktion
  • 10.100 Arbeiter des Landmaschinenherstellers John Deere
  • 2.000 Beschäftigte des Telekommunikationsunternehmens Frontier in Kalifornien
  • 24.000 Pflegekräfte und Gesundheitsfacharbeiter bei Kaiser Permanente
  • 334 Beschäftigte von Pflegeheimen in Connecticut
  • 280 Verkehrsarbeiter in Akron (Ohio), weitere 28 in Beaumont (Texas)
  • 450 Beschäftigte des öffentlichen Dienstes in Minneapolis
  • 200 Speisesaalbeschäftigte an der Northwestern University, 1.900 Doktoranden der Columbia University, 400 Doktoranden der Illinois State und 2.000 Doktoranden in Harvard

Tausende von Arbeitern in den USA befinden sich bereits im Streik:

  • In Buffalo (New York) streiken 2.200 Pflegekräfte und Krankenhausbeschäftigte, mehr als 1.000 Beschäftigte in zwei Gesundheitseinrichtungen in Nordkalifornien, weitere 100 in Eugene (Oregon) und 700 Pflegekräfte in Worcester (Massachusetts). Letztere befinden sich bereits seit Anfang März im Streik, was diesen zum längsten Pflegekräftestreik in der Geschichte des Bundesstaats macht. Die Streiks richten sich gegen Unterbesetzung und fehlende Mittel, die sie selbst und ihre Patienten gefährden.
  • In Seattle (Washington) streiken 2.000 Zimmerleute gegen einen Tarifvertrag der wirtschaftsfreundlichen United Brotherhood of Carpenters, der Lohnerhöhungen unter der Inflationsrate und Angriffe auf Renten beinhaltet.
  • In der Produktions- und Bergbauindustrie befinden sich in West Virginia 450 Metallarbeiter im Streik, in Kentucky 400 Arbeiter der Schnapsbrennerei Heaven Hill; in Beaumont (Texas) sind 650 Arbeiter einer Raffinerie von ExxonMobil ausgesperrt. Bei Warrior Met befinden sich 1.100 Kohlebergarbeiter seit April im Streik.

Auch in vielen anderen Ländern haben Arbeiter große Streiks und Protestaktionen begonnen, darunter der Schulstreik in Großbritannien am 1. Oktober und ein landesweiter Streik der Eisenbahner in Deutschland, der Mitte September von der Gewerkschaft beendet wurde. In Südafrika, einer der am stärksten industrialisierten und am stärksten von Covid-19 betroffenen Staaten Afrikas, haben mehr als 155.000 Metallarbeiter einen unbefristeten Streik für eine achtprozentige Lohnerhöhung begonnen.

In den herrschenden Kreisen wächst die Angst vor einem „Lohndruck“. Die Arbeiter sind wütend über die Pandemiepolitik der Konzerne und der kapitalistischen Regierungen, und ermutigt durch den Mangel an Arbeitskräften beharren sie auf ihren Forderungen nach beträchtlichen Lohnerhöhungen. Goldman Sachs veröffentlichte letzte Woche eine Warnung an Investoren, laut denen die Löhne für Niedriglohnempfänger dieses Jahr um „erschütternde“ sechs Prozent gestiegen sind.

Tatsächlich wäre eine sechsprozentige Lohnerhöhung vor einem halben Jahrhundert in den USA als sehr bescheiden eingestuft worden. Doch die Wirtschaftsoligarchie konnte seit mehr als 40 Jahren von beispiellos stagnierenden Löhnen profitieren, was durch die vollständige Einbindung der prokapitalistischen Gewerkschaften in das Management begünstigt wurde. Dieser Zustand hat zu massiven Spekulationsaktivitäten auf den Finanzmärkten und einem explosionsartigen Wachstum der Vermögen der Superreichen geführt.

Die New York Times schrieb letzte Woche in einem besorgten Artikel über die anhaltend hohe Inflation, die Biden-Regierung und die Federal Reserve würden „sorgfältig aufpassen, dass die Verbraucher angesichts der heutigen hohen Inflation nicht noch höhere Preise erwarten“. Mit anderen Worten, die Arbeiter sollten keine Lohnerhöhungen erwarten, die mit der jährlichen Inflationsrate von fünf Prozent Schritt halten können. Das Leitmedium des amerikanischen Kapitalismus zitierte den Ökonomen Phil Levy mit den Worten: „Die wirkliche Frage ist: Wenn Ihr Chef sagt: ,Hey, ich gebe Ihnen dieses Jahr vier Prozent mehr Geld‘, sind Sie dann glücklich oder bestürzt? Wenn das erst einmal zur Gewohnheit wird, lässt es sich nur sehr schwer ändern.“

Angesichts des Aufschwungs der Kämpfe der Arbeiterklasse ist die herrschende Klasse gezwungen, sich noch mehr als bisher auf die Gewerkschaften zu verlassen, um die Streiks einzuschränken und zu isolieren sowie Tarifverträge mit Zugeständnissen durchzusetzen. Im Verlauf des Jahres haben die Gewerkschaften immer wieder versucht, Tarifverträge mit Lohnerhöhungen unterhalb der Inflationsrate durchzusetzen und das System nahezu unbegrenzter Überstunden intakt zu lassen. Zudem haben sie mit dem Management zusammengearbeitet, um die Arbeiter trotz Ausbrüchen von Covid-19 weiterarbeiten zu lassen und Infektionen an Arbeitsplätzen zu vertuschen.

Gleichzeitig haben die Gewerkschaften große Probleme, die zunehmende Rebellion der Arbeiter gegen solche unternehmensfreundlichen Abkommen unter Kontrolle zu halten. Bei Volvo Trucks, Warrior Met Coal, Frito-Lay, Dana Inc. und anderen Firmen wurden dieses Jahr die von den Gewerkschaften ausgehandelten Verträge mit großer Mehrheit abgelehnt.

Die BCTGM hatte bereits Vorkehrungen getroffen, um den Streik bei Kellogg's zu isolieren und letzten Monat einen Streik bei Nabisco beendet, sodass sich die dortigen Arbeiter nicht mit ihren Kollegen bei Kellogg's zusammentun konnten. Während die Gewerkschaft und ihre Unterstützer in pseudolinken Gruppen wie den Democratic Socialists of America das Ende des Streiks als „Sieg“ bezeichneten, müssen die Arbeiter nach dem Streik noch immer genauso viele verpflichtende Überstunden machen wie zuvor. Ein Nabisco-Arbeiter erklärte gegenüber der WSWS: „Zurück zu keinem Leben mehr. Zwei Tage Freizeit reichen nicht, wenn man 30 Überstunden macht.“

Die gleiche Rolle spielt andernorts die Gewerkschaft United Auto Workers. Sie zwingt die Arbeiter bei John Deere und Dana, mit verlängerten Tarifverträgen weiterzuarbeiten, obwohl sie fast einstimmig für einen Streik gestimmt haben. Die Zimmermannsgewerkschaft in Seattle hat die Mehrheit ihrer Mitglieder weiterarbeiten lassen und eine bösartige antikommunistische Kampagne gegen den Widerstand der Arbeiter begonnen. Die American Federation of Teachers hat sich derweil über den Widerstand der Lehrkräfte hinweggesetzt und mit der extremen Rechten zusammengearbeitet, um die Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts durchzusetzen.

Eine besonders üble Rolle spielt die BCTGM, indem sie Chauvinismus gegen Mexikaner schürt und diese für die Bedingungen in amerikanischen Werken verantwortlich macht. Daniel Osborne, der Präsident der Niederlassung in Omaha, erklärte vor der Presse: „Viele Amerikaner haben wahrscheinlich kaum Probleme damit, wenn Nike oder Under Armor seine Mützen woanders herstellen lässt oder sogar wenn unsere Autos im Ausland gebaut werden. Aber wenn sie anfangen, unsere Lebensmittel dort zu produzieren, wo die Lebensmittel- und Arbeitsschutzbehörde nicht kontrollieren kann, dann habe ich damit ein Riesenproblem.“ Die Gewerkschaft setzt sich außerdem für einen Boykott von Nabisco-Produkten aus Mexiko ein.

Kellogg's ist ein multinationales Unternehmen mit 21 Lebensmittelfabriken in 18 Ländern außerhalb der USA und auf allen Kontinenten außer der Antarktis. Zudem hat es seit langem weltweit Arbeitsplätze und Löhne abgebaut. 1995 hat das Unternehmen in Australien 140 Arbeiter entlassen und gleichzeitig den Abbau weiterer 1.000 Stellen in den USA angekündigt. Im Jahr 2014 hat es sein Werk in London (Ontario, Kanada) geschlossen, wodurch 500 Arbeiter ihre Stellen verloren. Dass die BCTGM amerikanischen Nationalismus propagiert, ermöglicht es dem Unternehmen, die Arbeiter in den USA von ihren Kollegen in anderen Ländern zu isolieren. Diese Strategie des Teilens und Herrschens wird seit Jahrzehnten angewandt.

Der Weg vorwärts für die Arbeiter bei Kellogg's führt über die Entwicklung der größtmöglichen Einheit und Zusammenarbeit mit den Arbeitern im Rest der Welt, die die gleichen Interessen und die gleichen gemeinsamen Feinde haben wie sie. Dies erfordert den Aufbau unabhängiger Initiativen und Organisationen außerhalb und gegen die Gewerkschaften, d.h. die Gründung von Arbeiter- und Streikkomitees. Durch diese Komitees, die demokratisch von den Arbeitern kontrolliert werden, können Informationen in den Werken geteilt und die Nachrichtensperre der BCTGM umgangen werden. Sie ermöglichen es den Arbeitern bei Kellogg's außerdem, sich mit den Arbeitern bei Nabisco und Frito-Lay, in der Fleischverarbeitung, der Autoindustrie und anderen Branchen und Ländern in einem gemeinsamen Kampf gegen niedrige Löhne und unzumutbare Arbeitsbedingungen zusammenzuschließen.

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