Macron kündigt Abzug der französischen Truppen aus Mali an

Der französische Präsident Emmanuel Macron kündigte am Donnerstag zu Beginn des EU-Afrika-Gipfels in Brüssel den Abzug der französischen Truppen aus Mali an, die dort seit 2013 stationiert sind. Der damalige französische Präsident François Hollande von der Parti Socialiste (PS) hatte nach dem Nato-Krieg in Libyen im Jahr 2011 Interventionstruppen nach Mali geschickt.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (zweiter von rechts), gemeinsam mit dem ghanaischen Präsidenten Nana Afuko Addo (rechts), dem senegalesischen Präsidenten Macky Sall und dem Europäischen Ratspräsidenten Charles Michel (links) bei einer gemeinsamen Pressekonferenz im Pariser Élysée-Palast am 17. Februar 2022 (Ian Langsdon, Pool via AP)

Der Rückzug ist eine Reaktion auf den enormen Widerstand der Bevölkerung gegen den französischen Imperialismus, vor allem nach dem demütigenden Rückzug der Nato aus Afghanistan im letzten Jahr und wiederholten Massakern französischer Truppen und lokaler Milizen, die in der Sahelzone mit stillschweigender Unterstützung Frankreichs aufgebaut wurden. Macron machte jedoch deutlich, dass sich Frankreich nicht vollständig aus seiner früheren afrikanischen Kolonie zurückziehen, sondern vielmehr seine diplomatischen Intrigen in der Region verstärken wird.

Bei der Pressekonferenz, die Macron gemeinsam mit dem senegalesischen Präsidenten Macky Sall und dem Europäischen Ratspräsidenten Charles Michel hielt, verwies der französische Präsident auf den drohenden Nato-Krieg um die Ukraine: „Zum jetzigen Zeitpunkt, an dem andere strategische Gefahren für die Sicherheit des europäischen Kontinents drohen und zu Recht unsere diplomatische Aufmerksamkeit erfordern, war vor allem ein Signal notwendig, dass der Kampf gegen den Terrorismus in der Sahelzone weitergeht.“ Er hob die angeblich „verbindende Rolle“ Frankreichs heraus, weil Paris für die Stationierung von 25.000 Soldaten, die aus einem Dutzend Staaten entsandt wurden, in Mali verantwortlich war. Darunter befanden sich 5.000 französische Soldaten.

Macron machte deutlich, dass Frankreichs Rolle in seiner früheren Kolonie im Wesentlichen unverändert bleibe und dass es jetzt mit einem breiteren Bündnis – der Sahel-Koalition – zusammenarbeiten werde: „Wie ich meinen Partnern gestern erklärt habe, werden wir weiterhin diese verbindende Rolle spielen, und wenn eine militärische Dimension benötigt wird, auch die Rolle der führenden Nation. Über die Fortsetzung unseres Einsatzes hinaus haben diese Diskussionen auch deutlich gemacht, dass Übereinstimmung darin besteht, dass unser Engagement in der Sahelzone ausgebaut wird.“

Das Ziel der Strategie, die Macron hier vorlegt, besteht darin, Mali zu isolieren. Dazu soll das Land von einem breiten Bündnis neokolonialer Regimes – wie dem unter Sall im Senegal – umringt werden, die eng mit dem französischen Imperialismus verbündet sind.

Zusätzlich zu einem UN-Militärkontingent und der Takuba-Taskforce aus europäischen Truppen arbeitet Macron momentan mit dem Staatenbündnis G5 Sahel aus den Staaten Mauretanien, Mali, Burkina Faso, Niger und Tschad zusammen, die dem französischen Militär Kanonenfutter für seine Operationen in Mali liefern. Macron will jedoch auch die Staaten der „Accra-Initiative“ am Golf von Guinea (Elfenbeinküste, Ghana, Togo und Benin) in seine Sahel-Koalition aufnehmen.

Macron erwähnte zwar die Proteste gegen die französische Militärpräsenz in Mali, Burkina Faso und weiteren Ländern nicht, räumte aber ein, dass es aus seiner Sicht notwendig sei, „die Parameter unserer Militärpräsenz zu ändern. Im Sahel und im Golf von Guinea haben sich die Erwartungen unserer Partner weiterentwickelt. Auch die Empfindlichkeiten der öffentlichen Meinung in der Region haben sich geändert.“

Auf dieser Grundlage kündigte Macron den Abzug der französischen Truppen und der Takuba-Koalition an, die aus Soldaten aus Deutschland und anderen EU-Staaten besteht. Er erklärte: „Dieser Abzug beinhaltet die Schließung von Stützpunkten in Gossi, Ménaka und Gao. Er wird geordnet, zusammen mit den malischen Streitkräften und der UN-Mission in Mali vollzogen werden. ... Mit Zustimmung der Behörden des Niger werden europäische Teilkräfte an der Seite der Streitkräfte des Niger im Grenzgebiet zu Mali stationiert werden.“

Macron erklärte, er weise die Vorstellung, Frankreich habe in Mali „versagt“, vollständig zurück. Stattdessen machte er die malische Militärjunta und ihre angebliche Illoyalität gegenüber Frankreich für den Rückzug verantwortlich: „Wir können militärisch nicht neben Akteuren aktiv sein, deren Strategie wir ebenso wenig teilen wie ihre verborgenen Ziele. Das ist die Lage, mit der wir heute in Mali konfrontiert sind. Der Krieg gegen den Terror kann nicht alles rechtfertigen. Er darf sich nicht unter dem Vorwand, absolute Priorität zu haben, in einen Versuch verwandeln, auf unbestimmte Zeit an der Macht zu bleiben.“

Macrons Versuch, den massiven Widerstand gegen den französischen Krieg in Mali zu vertuschen, basiert auf Heuchelei und Lügen. Für den Rückzug aus Mali ist nicht das malische Militär verantwortlich, das seit langem mit den französischen Streitkräften zusammenarbeitet, sondern der wachsende Widerstand von Arbeitern und der armen Landbevölkerung in ganz Mali und Westafrika gegen die französische Militärpräsenz. Die entscheidende Aufgabe besteht darin, diese Bewegung mit der Bewegung der Arbeiterklasse in Europa in einem internationalen Kampf gegen Krieg und für den Abzug der französischen und der EU-Truppen aus Afrika zu vereinen.

Der Vorwand, den Paris während des gesamten Kriegs in Mali benutzt hat, beruhte auf Betrug. Als Reaktion auf die revolutionären Erhebungen der Arbeiterklasse in Tunesien und Ägypten im Jahr 2011 arbeitete Paris eng mit der CIA und den Scheichtümern am Persischen Golf zusammen, um islamistische Terrorgruppen für Kriege in Libyen und Syrien zu bewaffnen, die auf Regimewechsel abzielten. Noch während Frankreich al-Qaida-nahe Milizen (sogenannte „Rebellen“) in Syrien unterstützte, überfiel es Mali unter dem Vorwand, das dortige Regime vor genau diesen islamistischen Netzwerken zu schützen.

In den letzten Jahren nahm die Wut in Mali zu, vor allem nach Verbrechen wie dem französischen Luftangriff auf eine Hochzeitsfeier in Bounty, bei dem 22 Menschen getötet wurden, sowie den Massakern rivalisierender Selbstverteidigungsmilizen, die in der ganzen Region mit stillschweigender Unterstützung Frankreichs aufgebaut wurden. In Ogossagou, Sobane Kou und Solhan im benachbarten Burkina Faso wurden Dutzende oder Hunderte Menschen getötet. Im Jahr 2020 stürzte das Militär den malischen Präsidenten Ibrahim Bouba Keïta und putschte im Mai 2021 erneut, nachdem die malischen Gewerkschaften einen geplanten Generalstreik in der Hauptstadt Bamako abgesagt hatten.

Innerhalb der französischen herrschenden Elite kam es zu erbitterten Debatten über die Frage, wie man mit der neuen malischen Junta von Präsident Assimi Goïta umgehen soll. Die Junta schwankte einerseits zwischen Loyalitätsbekundungen gegenüber Paris und Erklärungen, die auf die wachsende Wut der Bevölkerung über die französische Präsenz reagierten, andererseits. Zudem begann die Junta, Beziehungen zu Russland sowie dem russischen Sicherheitsunternehmen Wagner Group aufzubauen.

Letzten Oktober hatte der malische Premierminister Choguel Kokalla Maïga in einem Interview mit der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti erklärt, Paris würde islamistische Terroristen bewaffnen, um den Krieg am Laufen zu halten und eine fortgesetzte französische Militärpräsenz zu rechtfertigen. Vier Tage später erklärte er jedoch in einem Interview mit der französischen Tageszeitung Le Monde, die Junta stehe weiterhin hinter der französischen Militärpräsenz in Mali.

Auf die direkte Frage, ob die malische Regierung den Abzug der französischen Truppen von ihrem Gebiet wünsche, antwortete Maïga: „Das haben wir nie gesagt. Wir haben niemals das bilaterale Verteidigungsabkommen gebrochen, das uns mit Frankreich vereint. Doch im Juni erfuhren wir eines Morgens aus den Medien, dass Frankreich die Militäroperationen mit dem malischen Militär ohne Vorwarnung oder Erklärung eingestellt hat, weil eine neue Regierung an der Macht ist, die ihnen nicht passt.“ Maïga betonte, dass die malische Junta mit Moskau und dem algerischen Militärregime verhandelt.

Paris ließ sich jedoch nicht überzeugen. Die Macron-Regierung löste letzten Monat in Mali landesweite Massenproteste aus, als sie Sanktionen der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS) unterstützte, die den Handel mit nicht-lebensnotwendigen Gütern zum Erliegen brachten und malisches Vermögen bei der Zentralbank westafrikanischer Staaten einfroren. Hunderttausende beteiligten sich an Demonstrationen, viele trugen Plakate mit der Aufschrift „Nieder mit Emmanuel Macron, lang lebe Russland.“

Während die Nato Russland mit einem Krieg um die Ukraine droht, verschärft Paris offenkundig seine Strategie, Mali zu isolieren und seine neokoloniale Hegemonie über Westafrika durchzusetzen. Dabei setzt sich Frankreich über den starken Widerstand der Bevölkerung und die ausgeprägte Opposition gegen seine Afrikapolitik unter den Arbeitern im eigenen Land hinweg.

Vor dem Hintergrund der Versuche der Nato, einen Krieg gegen Russland um die Ukraine anzuzetteln, besteht die wichtigste Aufgabe darin, eine internationale Bewegung der Arbeiterklasse gegen Krieg und neokoloniale Besetzungen aufzubauen. Moskau und die malische Junta versuchen eindeutig, das explosionsartige Anwachsen der Wut in der Arbeiterklasse und der Bevölkerung gegen Paris auszunutzen. Doch weder die malische Junta noch die algerische Diktatur, die im Jahr 2019 von Massenprotesten von Millionen Arbeitern in Algerien erschüttert wurde, noch die Putin-Regierung in Moskau stehen für demokratische Rechte oder Widerstand gegen den Imperialismus.

Tatsächlich ist es mehr oder weniger offensichtlich, dass ein wichtiger Aspekt bei Frankreichs Unterstützung für einen drohenden Nato-Krieg gegen Russland in der Ukraine darin besteht, dass dieser zusätzlichen Druck auf das malische Regime ausüben würde, seine Beziehungen zu Moskau zu kappen und stattdessen nur mit Paris zu verhandeln. Moskau reagiert auf die Drohungen der Nato mit dem verzweifelten Versuch, sich seine wirtschaftlichen Beziehungen zur EU zu Nutze zu machen. Russland wird deshalb kein zuverlässiger Verbündeter der malischen Arbeiter und Unterdrückten sein.

Der Kampf für die Vertreibung der imperialistischen Mächte aus Afrika und für die Vereinigung von hunderten Millionen Arbeitern in Stadt und Land erfordert den Aufbau einer internationalen Antikriegsbewegung in der Arbeiterklasse auf der Grundlage eines sozialistischen Programms, das den Abzug aller französischen Truppen aus Afrika fordert.

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