Deutschland liefert Panzer an Ukraine und rüstet für Krieg gegen Russland

Medienberichten zufolge plant die Bundesregierung weitere Waffenlieferungen an die Ukraine. Laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung könnten Rüstungsgüter im Wert von etwa 300 Millionen Euro „kurzfristig an die Ukraine geliefert werden“. Anders als bei früheren Lieferungen gehe es dabei nicht um Kriegsgerät aus Beständen der Bundeswehr, sondern um Waffen, die direkt von der Industrie bereitgestellt würden.

Die geplanten Lieferungen sind massiv. Der Süddeutschen zufolge umfasst die Waffenliste der Regierung „etwa 200 Produkte“. Darunter befänden sich unter anderem 2650 Panzerfäuste vom Typ Matador und18 Aufklärungsdrohnen, „die umgehend geliefert werden könnten“. Weitere Posten seien Mörser, Maschinenkanonen, 3000 Nachtsichtgeräte, mehrere Tausend Schutzwesten und Helme, acht Bodenüberwachungsradargeräte, Anlagen zur Luftraumüberwachung und „ungeschützte und geschützte Fahrzeuge, vom Reisebus bis hin zum gepanzerten Geländewagen“.

Offenbar hat die sozialdemokratische Verteidigungsministerin Christine Lambrecht die Waffenlieferungen bereits abgesegnet. Man habe aus „Kreisen des Verteidigungsministeriums“ erfahren, dass Lambrecht „keine Bedenken“ dagegen hege, „dass entsprechend der Liste Kriegsgerät für die Ukraine angeschafft wird“, schreibt die SZ.

Gestern berichtete die Welt am Sonntag, dass die Bundesregierung nun sogar auch Panzer an die Ukraine liefert. Konkret geht es um 58 Schützenpanzer, die ursprünglich aus den Beständen der Nationalen Volksarmee der DDR stammen und sich mittlerweile in tschechischem Besitz befinden. Die Infanteriepanzer vom Typ „PbV-501“ (auch unter BMP-1 bekannt) sind mit Kanonen und Maschinengewehren ausgestattet.

Nach einer anfänglichen Zurückhaltung steht Deutschland damit zunehmend an der Spitze der militärischen Unterstützung für die Ukraine im Krieg gegen Russland. Nach ukrainischen Angaben sind in den letzten Wochen bereits 500 Panzerfäuste, 1000 Schuss Munition, 500 Stinger-Luftabwehrraketen und 2000 Raketen vom Typ Strela an Kiew geliefert worden. Nun folgt das von Kiew verlangte schwere Kriegsgerät.

Gleichzeitig baut Deutschland seine militärische Präsenz in Osteuropa systematisch aus. In den letzten Wochen wurden 350 zusätzliche deutsche Soldaten mit schwerem Kriegsgerät nach Litauen verlegt, um die dortige, von der Bundeswehr geführte Nato-Battlegroup zu stärken. Zusätzlich schickte die Luftwaffe sechs Eurofighter-Kampfjets nach Rumänien und 700 Soldaten sowie das Flugabwehrraketensystem Patriot in die Slowakei, wo Deutschland die Führung einer weiteren Battlegroup übernimmt.

Die Truppenverlegungen und Waffenlieferungen, die zu einem großen Teil an rechtsextreme Kräfte in der Ukrainischen Armee und der sogenannten Territorialverteidigung des Landes gehen, verschärfen den Ukrainekrieg immer weiter. De facto handelt es sich um indirekte Kampfhandlungen gegen Russland, die die Gefahr eines direkten militärischen Konflikts mit der Atommacht ständig erhöhen.

In ihrer Bundestagsrede zum Kriegshaushalt in der vergangenen Woche warnte Lambrecht vor russischen Angriffen auf die Waffenlieferungen. Sie bitte „darum, abzusehen von öffentlichen Diskussionen darüber, wann was wie wohin geliefert wird. Denn sonst werden diejenigen, die diese Lieferungen durchführen, zur Zielscheibe. Und das dürfen wir nicht zulassen.“ Genausowenig dürfe man zulassen, „dass diese Transporte zur Zielscheibe gegebenenfalls auch von russischen Angriffen werden.“

Trotz der ohrenbetäubenden Propaganda in Politik und Medien wird immer klarer, dass es sich in der Ukraine um einen Stellvertreterkrieg zwischen der Nato und Russland handelt. Mit dem systematischen Vorrücken des Militärbündnis an die russische Grenze haben die imperialistischen Mächte den reaktionären Angriff des Kreml auf die Ukraine regelrecht herausgefordert. Nun sieht vor allem Berlin den Krieg als Chance, um lange gehegte Aufrüstungs- und Militarisierungspläne in die Tat umzusetzen.

„Durch die ‚Zeitenwende‘ wird jetzt endlich möglich, dass wir die Bundeswehr mit den Mitteln ausstatten, die wir zur Landes- und Bündnisverteidigung brauchen“, jubelt Lambrecht in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Dabei stehe „die Ausrüstung der Soldatinnen und Soldaten im Mittelpunkt.“ Die „Zeitenwende“ – ein Propagandabegriff für die akribisch geplante und vorbereitete Rückkehr des deutschen Militarismus – werde „auch dadurch spürbar, dass wir die Bundeswehr dahin bringen, wohin sie gehört: mitten in die Gesellschaft.“

Lambrecht gibt einen Einblick in die weitreichenden Kriegs- und Großmachtpläne der herrschenden Klasse. Bei der EU gebe „es den Plan einer Schnellen Eingreiftruppe und die Erwartung, dass Deutschland sich einbringt“. Deshalb habe sie „angeboten, dass wir ab 2025 den Kern dieser Truppe stellen – und zwar mit 1500 Soldaten“. Außerdem gehe es darum, „die Nato-Ostflanke dauerhaft zu stärken und nicht nur aktuell abzusichern.“

Zentral für die Umsetzung der Pläne sei die zügige Verabschiedung des „Sondervermögen Bundeswehr“ im Bundestag. In der vergangenen Woche habe sie bereits mit dem Generalinspekteur der Bundeswehr Eberhard Zorn und Kanzler Olaf Scholz (SPD) über den Einsatz der geplanten 100 Milliarden gesprochen. Ihr sei dabei besonders wichtig, „sehr schnell Ausrüstung [zu] beschaffen, die bei den Soldatinnen und Soldaten unmittelbar ankommt.“ Und dann gebe „es natürlich die vielen wichtigen Großprojekte wie die Tornado-Nachfolge oder die bewaffneten Drohnen“.

Auf den Beschluss, Dutzende nuklearwaffenfähige F-35 Tarnkappenbomber zu kaufen, folgte am vergangenen Wochenende der Plan für die Errichtung eines nationalen Raketenschutzschirms. Nun werden weitere Posten bekannt. „Laut informierten Kreisen“ könnte die Bundeswehr weitere 350 „Puma“ erhalten und „damit die Zahl ihrer Schützenpanzer verdoppeln“, schreibt das Handelsblatt. Zudem dürften „weitere Radpanzer vom Typ Boxer sowie Logistikfahrzeuge angeschafft werden“. Und es „gelte als sicher, dass die Bundesmarine fünf weitere Korvetten K130 und ein bis zwei zusätzliche U-Boote erhalten soll“.

Und das alles ist nur der Anfang. Vier Wochen nachdem Scholz die größte deutsche Aufrüstung seit Hitler verkündet hat, wird bereits erklärt, dass die bisherigen Pläne nicht ausreichen. „Die Größenordnung des 100-Milliarden-Euro-Sondervermögens relativiert sich rasch, wenn man sich allein den Bedarf an Munition anschaut“, kommentiert das Handelsblatt. Schon um die Nato-Vorgabe „von 30 Tagen Kampffähigkeit zu erreichen“, müsste die Regierung „mindestens 20 Milliarden Euro allein für Patronen, Granaten und Raketen ausgeben“.

Die deutsche Rüstungsindustrie reibt sich die blutigen Hände und bereitet sich in enger Zusammenarbeit mit der Regierung darauf vor, das Kriegsgerät zu produzieren. Laut Handelsblatt lud das Verteidigungsministerium die Manager der größten deutschen Rüstungsfirmen zu einem „Dringlichkeitsgespräch“. Die Vertreter des Ministeriums hätten dabei betont, „dass das bestehende militärische Gerät ertüchtigt und neues Material schnellstmöglich angeschafft werden soll“.

Der Zeitung zufolge bot allein der Rheinmetall-Konzern der Bundesregierung eine Liste mit Rüstungsgütern in Höhe von 42 Milliarden Euro an. Sie umfasse neben Munition auch Hubschrauber, sowie Ketten- und Radpanzer. „In vielen Werken arbeiten wir im Einschichtbetrieb, wir können auch rund um die Uhr arbeiten“, habe der Vorstandsvorsitzende von Rheinmetall Armin Papperger in Aussicht gestellt. Die Produktion von Panzer-Munition könne so pro Jahr von rund 40.000 auf 240.000 Stück gesteigert werden.

80 Jahre nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion, der mindestens 27 Millionen Sowjetbürgern den Tot brachte, befindet sich die herrschende Klasse wieder auf Kriegskurs gegen Russland. Dabei verfolgt sie im Kern die gleichen Ziele wie damals. Dem deutschen Imperialismus geht es darum, Europa unter deutscher Führung zu militarisieren, um seine globalen geostrategischen und wirtschaftlichen Interessen zu verfolgen. Die Unterwerfung Russlands, um sich den ungehinderte Zugang zu den gewaltigen Rohstoffvorkommen des Landes zu sichern, ist dabei der erste Schritt.

„Für Europa kommt es jetzt auf das deutsche Heer an“, schreibt die Welt in einem Kommentar und plädiert ganz offen für die Vorbereitung von Nato und EU auf einen Krieg gegen Russland – unter Führung der Bundeswehr. „Mit Blick auf die strategische Ausrichtung der deutschen Bündnispartner und die Reduzierung von Landstreitkräften, insbesondere gepanzerter Kampfverbände, in anderen EU- und Nato-Staaten kann und wird abgesehen von Deutschland niemand die notwendigen Heereskräfte stellen, um die Ostflanke der Nato so zu sichern, dass das Bündnis in einem potenziellen Konflikt mit Russland bestehen könnte.“

Die Kriegsvorbereitungen werden begleitet von einem regelrechten Krieg gegen die Arbeiterklasse im Inneren. „Wir sind quasi Kriegspartei als Wirtschaftskriegspartei“, erklärte der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck in den Tagesthemen. „Und wir zahlen auch einen Preis... und wir werden dadurch ärmer werden.“ Mit „wir“ meint Habeck nicht die Bourgeoisie und die wohlhabenden Mittelschichten für die er spricht, sondern die Arbeiterklasse, die die Kosten der Kriegspolitik tragen muss.

Die Sozialistische Gleichheitspartei verurteilt die wahnwitzigen Kriegspläne genauso wie die Forderung der Regierung, für den deutschen Imperialismus „Opfer“ zu bringen und zu verarmen. Wir stützen uns dabei auf die einzige gesellschaftliche Kraft, die einen Rückfall in Weltkrieg und Barbarei verhindern kann: die internationale Arbeiterklasse. Sie wird durch die sozialen Angriffe und steigenden Preise unweigerlich in heftige Klassenkämpfe getrieben. Aber sie braucht eine klare politische Perspektive, die sich zum Ziel setzt, die Ursache von Ungleichheit und Krieg – das kapitalistische Profitsystem – abzuschaffen und eine globale sozialistische Gesellschaft zu errichten.

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