Perspektive

US-Regierung plant Ende der Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln und permanente Masseninfektion

Am Montag kündigte die Regierung Biden über die Transportsicherheitsbehörde (TSA) an, dass sie die Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln abschaffen wird.

Reisende mit Schutzmasken checken am Philadelphia International Airport ein (AP Photo/Matt Rourke)

Nach der Ankündigung der TSA haben United Airlines, Alaska Airlines, American Airlines, Southwest Airlines, Delta Air Lines, JetBlue Airways, die überregionale Eisenbahngesellschaft Amtrak und zahlreiche Bahn- und Busgesellschaften die Maskenpflicht aufgehoben.

Da zig Millionen Amerikaner – darunter eine unverhältnismäßig große Zahl von Niedriglöhnern – täglich mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fahren, bedeutet dies einen dramatischen Anstieg des Infektionsrisikos für breite Bevölkerungsschichten.

Delta Air Lines, einer der Hauptlobbyisten für die Aufhebung aller Corona-Beschränkungen, begrüßte die Ankündigung: „Wir sind froh, dass das US-Maskenmandat zur Erleichterung des weltweiten Reiseverkehrs aufgehoben wurde, da Covid-19 zu einem normalen saisonalen Virus geworden ist.“

Die Fluggesellschaft wollte die Bedrohung herunterspielen, offenbarte mit ihrer Erklärung aber in Wirklichkeit, worin die Politik der großen US-Konzerne und der Biden-Administration besteht: eine permanente Masseninfektion und Reinfektion der Bevölkerung, sodass jeder Flug oder jede Fahrt zur Arbeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu einer Art russischem Roulette wird.

Die Biden-Administration gab ihre Ankündigung vor dem Hintergrund ab, dass die Infektionszahlen mit der Ausbreitung der BA.2-Variante sprunghaft ansteigen und die USA nach Angaben der Gesundheitsbehörden an der Schwelle zu einer Million coronabedingter Todesfälle stehen.

Die Abschaffung der Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln ist ein Meilenstein im systematischen Abbau aller öffentlichen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus.

Alle Menschen, die öffentliche Verkehrsmittel nutzen, werden ein höheres Risiko haben, an Covid-19 zu erkranken. Ihnen drohen gesundheitliche Schäden, die bis zum Tod führen können, Lohneinbußen oder eine dauerhafte Behinderung. Hinzu kommt die Angst, einen nahestehenden Menschen anzustecken.

Etwa 10 Millionen Amerikaner leiden nach strengen medizinischen Kriterien an einem geschwächten Immunsystem. Dieser Teil der Bevölkerung, für den die Impfung weniger wirksam ist, muss fortan in einer Gesellschaft arbeiten und leben, in der er völlig ungeschützt ist. Die Betroffenen werden vor der quälenden Wahl stehen, sich völlig zu isolieren oder ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Für viele, die nicht zu Hause arbeiten können, kommt dies einem Todesurteil gleich.

Als Vorwand für die Abschaffung der Maskenpflicht diente der Biden-Administration ein halbgares Urteil der Richterin Kathryn Kimball Mizelle aus Florida.

Mizelle war von Donald Trump ernannt worden, obwohl sie vom Berufsverband American Bar Association als „unqualifiziert“ bezeichnet worden war. Sie ist jedoch eine Anhängerin des faschistischen Ideologen und Aufrührers Stephen Miller.

In dem betreffenden Urteil wird argumentiert, dass Masken keine Hygienemaßnahme seien, da dieser Begriff „Maßnahmen bezeichnet, mit denen etwas gereinigt wird, und nicht Maßnahmen, die etwas sauber halten. Das Tragen einer Maske reinigt nichts. Es fängt höchstens Virentröpfchen ab. Aber es ‚desinfiziert‘ weder die Person, die die Maske trägt, noch ‚desinfiziert‘ es das Transportmittel“.

Dieses Argument ist reiner Schwachsinn. Es ist so, als würde man sagen, dass ein Ölfilter in einem Auto kein Öl reinigt, ein Wasserfilter kein Wasser reinigt oder ein Ofenfilter keine Luft reinigt. Es liegt auf der Hand, dass die Luft in einem Eisenbahnwaggon, in dem die Fahrgäste Masken tragen, weniger gefährliche Viren enthält als ein Waggon mit Fahrgästen ohne Masken. Sie ist somit hygienischer, was Masken zu einer Hygienemaßnahme macht.

Das Urteil könnte keiner ernsthaften juristischen Anfechtung standhalten. Wäre die Regierung Biden nicht damit einverstanden gewesen, hätte sie einen Eilantrag gestellt, die Aussetzung der Vollstreckung und schließlich die Aufhebung verlangt.

Die Aussetzung hätte innerhalb weniger Stunden herbeigeführt werden können. Stattdessen gab die Transportsicherheitsbehörde TSA umgehend bekannt: „Aufgrund des heutigen Gerichtsurteils wird die TSA mit sofortiger Wirkung ihre Sicherheitsrichtlinien und den Notfallzusatz, der die Verwendung von Masken in öffentlichen Verkehrsmitteln und an Verkehrsknotenpunkten vorschreibt, nicht mehr durchsetzen.“

Am Dienstag, 24 Stunden nach dem Urteil, kündigte das Weiße Haus an, dass es gegen die Gerichtsentscheidung Berufung einlegen könnte, aber nur, „wenn die Gesundheitsbehörde zu dem Schluss gelangt, dass eine verbindliche Anordnung weiterhin notwendig ist“.

Auf die Frage, ob man im Flugzeug Maske tragen sollte, antwortete Biden nicht etwa, dass dies empfehlenswert sei, sondern sagte, dies bleibe „jedem selbst überlassen“.

Der Bloomberg-Kolumnist Matthew Yglesias brachte die Sache auf den Punkt. In einer Kolumne mit dem Titel „Die Aufhebung der Maskenpflicht ist ein Geschenk an die Demokraten“ schrieb er: „Die Richterin – eine von Trump ernannte Richterin, die sicherlich kein Fan von Biden, Pelosi oder ihrer Partei ist – hat es also geschafft, ein heikles Thema von der Tagesordnung zu nehmen. Dafür sollten die Demokraten dankbar sein.“

Yglesias stellte fest, dass beide Parteien der amerikanischen Oligarchie die Aufhebung der Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln unterstützen. „Der US-Senat stimmte letzten Monat über die Aufhebung ab und sprach sich mit 57 zu 40 Stimmen dafür aus. Eine Reihe von Demokraten tanzte dabei aus der Reihe und schloss sich der einstimmigen republikanischen Fraktion an“, schrieb er. „Käme es im Repräsentantenhaus zur Abstimmung, würde es wahrscheinlich auch dort durchgehen.“

Anfang dieses Jahres nutzte die Regierung Biden bereits die Ausbreitung der Omikron-Variante, um öffentliche Schutzmaßnahmen zu demontieren. Damals argumentierte sie, dass sich „jeder“ mit COVID-19 infizieren werde und daher keine Maßnahmen ergriffen werden sollten, um die Ausbreitung zu stoppen.

Die Strategie der Biden-Administration wurde im Februar von der Zeitschrift Politico ausführlich beschrieben. In dem Artikel mit dem Titel: „So long, Omicron: White House eyes next phase of pandemic“ hieß es: „Die Regierung Biden plant eine neue Phase der Pandemie“. Es gehe darum, die Amerikaner darauf vorzubereiten, mit Covid-19 zu leben. Die Regierung plane eine „bewusste Verlagerung der Botschaften, um die Menschen an ein Szenario zu gewöhnen, in dem das Virus weit verbreitet bleibt“.

Um die öffentliche Stimmung zu konditionieren und die Öffentlichkeit dazu zu bringen, ihre Einstellung zur Pandemie zu ändern, habe sich die Biden-Administration zu der politischen Strategie entschlossen, die Pandemie nicht jeden Tag die Nachrichten dominieren zu lassen, schrieb Politico.

Zu diesem Zweck hat die Regierung Biden die tägliche Meldung der Coronafälle Schritt für Schritt abgeschafft. Im Februar beendete sie die Meldung von Covid-19-Todesfällen in Krankenhäusern und bewog anschließend die Bundesstaaten, die tägliche Meldung der Infektionszahlen einzustellen. Inzwischen gibt es nur noch sieben Staaten, die ihre Neuinfektionen täglich melden.

Folglich gibt es keine seriöse Möglichkeit, die Infektionslage in den Vereinigten Staaten zu verfolgen.

In einem weiteren Artikel schrieb Politico am 19. April:

Einige mit der Krisenreaktion befasste Experten halten die Untererfassung für gravierender als öffentlich zugegeben. So schätzt ein Verwaltungsbeamter, dass die Regierung nur jeden sechsten neuen Fall erfasst. Die Datenlücke hat zu internen Bedenken darüber geführt, wie genau die Regierung den Ernst der Lage öffentlich darstellen sollte. „Sie sagen: ‚Wir wissen nicht, ob das etwas ist, worüber man sich Sorgen machen muss‘“, berichtet eine dem Weißen Haus nahestehende Person. „Aber das kann man der Öffentlichkeit nicht sagen.“

Wenn in der Öffentlichkeit Verwirrung über die Gefahr herrscht, die von der Pandemie ausgeht, dann deshalb, weil die Regierung Biden und die US-Medien systematisch gelogen und Fälle vertuscht haben, um die Öffentlichkeit glauben zu machen, die Pandemie sei vorbei.

In ihrem Kampf gegen alle Pandemie-Schutzmaßnahmen hat die Regierung Biden jede Form von Rückständigkeit und schädlichem Individualismus gefördert. Letztes Jahr erklärte der Präsident, die Vereinigten Staaten würden ihre „Unabhängigkeit von einem tödlichen Virus erklären“, indem sie die Maskenpflicht abschafften. Die Direktorin der Gesundheitsbehörden Rochelle Walensky bezeichnete unterdessen die Maskenpflicht als „das Schandmal dieser Pandemie“.

Die groteske Art und Weise, wie das politischen Establishment die Aufhebung der Maskenpflicht feiert, ist Ausdruck der Rückständigkeit, die in den Vereinigten Staaten systematisch kultiviert wurde: Der amerikanische Individualismus hat seinen schlimmsten Tiefpunkt erreicht.

Aus Abscheu gegen die mörderische Reaktion der Trump-Regierung auf die Pandemie haben Millionen von Menschen bei den Präsidentschaftswahlen 2020 für Biden gestimmt, weil er versprochen hatte, „der Wissenschaft zu folgen“ und „die Pandemie zu beenden“. Stattdessen setzte er Trumps Programm noch aggressiver um als Trump selbst.

Diese grundlegende Realität bestätigt die Einschätzung der World Socialist Web Site, dass die Verwirklichung der Ausrottungsstrategie den Aufbau einer mächtigen internationalen und vereinten Massenbewegung der Arbeiterklasse erfordert: „Nur eine Massenbewegung, die nicht vom Profitstreben getrieben und von der Gier nach persönlichem Reichtum besessen ist, kann die gesellschaftliche Macht entwickeln, die notwendig ist, um einen politischen Richtungswechsel zu erzwingen.“

Die zur Rettung von Menschenleben notwendigen Maßnahmen liegen zwar im Interesse der breiten Masse der Bevölkerung, stehen aber in grundlegendem Gegensatz zu den Interessen der kapitalistischen Finanzoligarchie und der von ihr beherrschten Gesellschaft.

Am 1. Mai veranstaltet das Internationale Komitee der Vierten Internationale eine internationale Online-Kundgebung, die für eine sozialistische Strategie zur Mobilisierung der Arbeiterklasse gegen das Massensterben durch die Pandemie, Krieg und Ungleichheit eintreten wird.

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