Deutsche Regierung investiert Milliarden in Verlängerung des Ukrainekriegs

Im Rahmen ihrer G7-Präsidentschaft bemüht sich die deutsche Regierung, 50 Milliarden Euro Finanzhilfe für die Ukraine aufzubringen, wie Bundeskanzler Olaf Scholz am Dienstagabend auf einer Pressekonferenz bekanntgab. „Ein erheblicher Teil ist bereits durch Zusagen gedeckt, aber es fehlt noch etwas,“ berichtete er.

Ein wichtiger Teil dieser Summe geht in die massive Aufrüstung der ukrainischen Armee. Damit verfolgen Deutschland und die anderen Nato-Mächte erklärtermaßen das Ziel, den Krieg bis zur vollständigen Niederlage Russlands fortzusetzen, auch wenn dies Monate oder gar Jahre dauern sollte. Sie nehmen dabei bewusst das Risiko einer nuklearen Konfrontation in Kauf, die große Teile der Erde unbewohnbar machen würde.

Die deutsche Regierung selbst hat mehrere Milliarden Euro für Waffenlieferungen an die Ukraine bereitgestellt. Bis Ende März hat sie nach Angaben des Wirtschaftsministeriums Rüstungslieferungen im Wert von 186 Millionen Euro für die Ukraine genehmigt. Am vergangenen Freitag wurde bekannt, dass sie die sogenannte Ertüchtigungshilfe für Partnerländer in Krisenregionen in diesem Jahr von 225 Millionen auf 2 Milliarden Euro aufstockt. Mehr als die Hälfte dieser Summe soll in die Aufrüstung der Ukraine fließen.

Ebenfalls in der vergangenen Woche erhöhte die Europäische Union ihre Mittel für Waffenlieferungen an die Ukraine von 1 auf 1,5 Milliarden Euro. Auch diese Gelder sind laut Bundeskanzler Scholz „zu einem großen Teil ein deutscher Beitrag“.

Bisher größter Geldgeber sind die USA, die allein seit Kriegsbeginn am 24. Februar Waffen im Wert von 3,2 Milliarden US-Dollar an ukrainische Truppen übergeben haben, ukrainische Soldaten ausbilden und die ukrainische Armee auch logistisch unterstützen. Doch mit den nun angekündigten Summen steht Deutschland nicht weit hinter den USA zurück.

Die Waffen, mit denen die Ukraine aufgerüstet wird, reichen von Unmengen Munition über hocheffektive Panzer- und Flugzeugabwehrwaffen bis zu Artilleriegeschützen, Panzern und Kampfflugzeugen. Während in Deutschland noch öffentlich darüber gestritten wird, ob man sich auf sogenannte Defensivwaffen beschränken oder auch schwere Offensivwaffen liefern solle, machte Scholz deutlich, dass hier längst eine Arbeitsteilung zwischen den Nato-Partnern besteht.

Nachdem Deutschland bisher vor allem Maschinengewehre, Panzerfäuste, Luftabwehrraketen und Ausrüstungsgegenstände aus Bundeswehrständen zur Verfügung gestellt hat, kann sich die Ukraine nun direkt bei deutschen Rüstungskonzernen bedienen und die Bundesregierung bezahlt die Rechnung. „Wir haben die deutsche Rüstungsindustrie gebeten, uns zu sagen, welches Material sie in der nächsten Zeit liefern kann,“ erläuterte Scholz. „Die Ukraine hat sich nun eine Auswahl von dieser Liste zu eigen gemacht, und wir stellen ihr das für den Kauf notwendige Geld zur Verfügung.“ Darunter befinde sich auch „das, was man in einem Artilleriegefecht einsetzen kann“.

Der Frage, ob damit auch schwere Waffen wie Panzer und Kanonen gemeint seien, wich Scholz aus. Er lehnte die Lieferung schwerer Waffen aus Bundeswehrbeständen mit der Begründung ab, die Bundeswehr könne nicht darauf verzichten, ohne ihre eigene Einsatzbereitschaft zu schwächen – eine Auffassung, die auch ranghohe Generäle teilen. Gleichzeitig stellte er klar, dass man den USA und den Niederlanden dabei „helfen“ werde, die Ukraine mit schweren Artilleriegeschützen aus ihren Beständen auszurüsten. Auf längere Sicht könne so etwas sicherlich auch aus Deutschland geliefert werden.

Auch für die Lieferung schwerer Waffen aus ehemaligen DDR-Beständen, die sich im Besitz osteuropäischer Nato-Mitglieder befinden, hat die Bundesregierung längst grünes Licht gegeben. Nun will sie zusätzlich in einer Art „Ringtausch“ osteuropäische Länder, die schwere Waffen sowjetischer Bauart an die Ukraine liefern, mit modernen Waffen entschädigen.

Die gigantische Aufrüstung der Ukraine unterstreicht, dass die Nato in der Ukraine einen Stellvertreterkrieg gegen Russland führt. Ihre Ziele sind nicht Freiheit und Demokratie für die Ukraine, die ihr lediglich als Mittel zum Zweck dient, sondern die Unterwerfung Russlands, die Kontrolle über seine gewaltige Landmasse und der unbehinderte Zugang zu seinen wertvollen Rohstoffen. Der brutale Überfall auf die Ukraine, mit dem das reaktionäre Regime von Wladimir Putin auf die Einkreisung durch die Nato reagierte, hat dieser den nötigen Vorwand geliefert, diese Pläne in die Tat umzusetzen.

Bundeskanzler Scholz, der nach einem Online-Gipfel mit den Regierungschefs der USA, Frankreichs, Großbritanniens, Polens, Kanadas, Italiens, Rumäniens und Vertretern der EU zur Presse sprach, ließ an den wirklichen Zielen der Nato keinen Zweifel. Sie strebt die militärische Niederlage und den wirtschaftlichen Ruin Russlands an und hat kein Interesse an einer baldigen Beendigung des Kriegs durch einen Waffenstillstand.

„Unser gemeinsames Ziel, das Ziel von Dutzenden von Nationen, die die Ukraine mittlerweile mit finanzieller Hilfe und mit militärischen Lieferungen unterstützen, ist es, das ukrainische Militär so zu ertüchtigen, dass es sich des russischen Angriffs erwehren kann,“ betonte Scholz.

Den russischen Präsidenten beschuldigte er, für Kriegsverbrechen verantwortlich zu sein. Ein „Diktatfrieden“, wie er Putin vorschwebe, sei nicht akzeptabel. „Gemeinsam mit unseren Partnern in der EU und in der NATO sind wir uns völlig einig: Russland darf diesen Krieg nicht gewinnen. Wir werden die Ukraine weiter aktiv unterstützen.“

Noch deutlicher äußerte sich Außenministerin Annalena Baerbock von den Grünen. Deutschland werde der Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland auch mittel- und langfristig militärisch helfen, sagte sie bei einem Besuch in der lettischen Hauptstadt Riga. „Es geht auch um die nächsten drei Monate und auch um die nächsten drei Jahre. Und hier wird Deutschland mehr beitragen können.“ Auch die Lieferung gepanzerter Fahrzeuge sei für Deutschland „kein Tabu, auch wenn es in der deutschen Debatte manchmal so klingt“, ergänzte sie.

Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die frühere deutsche Verteidigungsministerin, beharrt auf der Lieferung schwerer Waffen. „Ich unterscheide nicht zwischen schweren und leichten Waffen“, erklärte sie im Interview mit der Bild-Zeitung. Die ukrainischen Streitkräfte müssten das bekommen, was sie benötigten und handhaben könnten. Die Ukraine könne den Krieg gewinnen, aber man müsse sich darauf vorbereiten, „dass der Krieg schlimmstenfalls noch Monate, gar Jahre dauern kann“.

Die Finanzierung des Ukrainekriegs mit Milliardenbeträgen zeigt die wirkliche Bedeutung der „Zeitenwende“, die Bundeskanzler Scholz zu Kriegsbeginn im Bundestag verkündet hat. 81 Jahre nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion, die fast 30 Millionen Sowjetbürgern – darunter Millionen Juden – das Leben kostete, rollen wieder deutsche Panzer Richtung Moskau.

Das ist selbst dem Berliner Korrespondenten der britischen BBC aufgefallen, die ansonsten voll auf der Seite der Nato steht. Er zitiert den außenpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Nils Schmid, der erklärt: „In absehbarer Zukunft wird es keine Zusammenarbeit mit Russland geben. Es wird mehr um Eindämmung und Abschreckung gehen und, wenn nötig, um Verteidigung gegen Russland.“

Dann kommentiert er: „Unerwartet harte Worte für eine Partei, die bis vor sieben Wochen glaubte, Deutschlands historische Schuld und moralische Pflicht zur Wiedergutmachung der Naziverbrechen bedeute Frieden mit Russland um jeden Preis.“

Unter dem Druck der tiefsten sozialen, ökonomischen und politischen Krise des Weltkapitalismus kehrt der deutsche Imperialismus zu seinen alten, militaristischen Traditionen zurück. Die Risiken, die er dabei eingeht, sind enorm. Die russische Regierung verfügt über das zweitgrößte Atomwaffenarsenal der Welt und hat gedroht, es einzusetzen, wenn die Nato ihre Offensive weiter verschärft.

Alle etablierten Parteien – SPD, Grüne und FDP ebenso wie AfD, CDU, CSU und Linke – unterstützen diesen Kriegskurs. Nur eine unabhängige Bewegung der internationalen Arbeiterklasse, die für eine sozialistische Perspektive kämpft, kann ihn stoppen.

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