Nachdem US-Verteidigungsminister Lloyd Austin diese Woche erklärt hatte, die USA wollten Russland „schwächen“ und würden bereits einen „Kampf“ gegen das Land führen, sprach der russische Präsident Wladimir Putin seine bisher offenste Drohung aus, mit Vergeltungsschlägen gegen die Nato auf deren Beteiligung im Ukrainekrieg zu reagieren.
Putin erklärte am Mittwoch vor Duma-Abgeordneten: „Wenn sich jemand dafür entscheidet, sich von außen in die derzeitigen Ereignisse einzumischen und inakzeptable strategische Bedrohungen für uns schafft, dann sollte er wissen, dass unsere Reaktion auf diese drohenden Schläge schnell, blitzartig, sein wird.“
„Wir haben alle notwendigen Werkzeuge dafür – Werkzeuge, mit denen niemand prahlen kann. Und wir werden nicht prahlen. Wir werden sie benutzen, wenn nötig. Und ich möchte, dass das alle wissen. Wir haben bereits alle Entscheidungen in dieser Hinsicht getroffen.“
Am gleichen Tag erklärten russische Regierungsvertreter, eine große Waffenlieferung von Nato-Mitgliedsstaaten an die Ukraine sei durch einen Raketenangriff im Zentrum der Ukraine zerstört worden.
Einen Tag zuvor hatte der russische Außenminister Sergei Lawrow gewarnt, die russischen Streitkräfte würden Nato-Waffenlieferungen in der Ukraine als „legitime Ziele“ betrachten.
„Lagerhäuser, auch im Westen der Ukraine, sind mehr als einmal zu derartigen Zielen geworden. Wie sollte es sonst sein? Die Nato führt faktisch einen Stellvertreterkrieg gegen Russland und bewaffnet diesen Stellvertreter. Krieg heißt Krieg.“
Am Mittwoch stellte Russland als Reaktion auf die verheerenden Sanktionen der USA und der Europäischen Union die Erdgaslieferungen an Polen und Bulgarien ein. Der Kreml droht außerdem, die Lieferungen an andere Nato-Mitglieder wie Deutschland einzustellen, das in hohem Maße von russischem Erdgas abhängig ist.
Am Mittwoch wurden außerdem Brände in Waffenlagern auf russischem Staatsgebiet gemeldet. Am gleichen Tag erwähnte US-Außenminister Antony Blinken in einer Rede vor dem Senat die Möglichkeit, dass die Ukrainer „den Kampf über ihre Grenzen ausdehnen sollten“, womit er offenkundig Angriffe auf russisches Staatsgebiet meinte.
Das russische Militär erklärte, Angriffe im Inneren Russlands würden Vergeltungsschläge auf „Entscheidungszentren in Kiew“ nach sich ziehen. Das Verteidigungsministerium erklärte, Angriffe auf Russland würden „sofort zu einer angemessenen Reaktion führen... Wie wir gewarnt haben, stehen die russischen Streitkräfte in 24-stündiger Bereitschaft, um mit Angriffen durch Langstrecken-Präzisionswaffen auf die Entscheidungszentren in Kiew zu reagieren.“
Auch aus der Republik Moldau wurden Explosionen gemeldet. Die Financial Times schrieb: „Die mysteriösen Explosionen beim Ministerium für Staatssicherheit, einem Funkmasten und einer Militäreinheit ereigneten sich wenige Tage nachdem ein russischer Befehlshaber behauptete, in Moldau würden russischsprachige Menschen unterdrückt werden.“
Derweil dringen russische Streitkräfte tiefer in die Ostukraine vor und haben mehrere Dörfer eingenommen. Nachdem sich das russische Militär aus den Vororten der Hauptstadt Kiew zurückgezogen hat, konzentriert es seinen Vormarsch auf den Süden und Osten des Landes.
Die Reporter David E. Sanger und Steven Erlanger von der New York Times schrieben in einem Artikel über die Ausweitung des Krieges mit dem Titel „Die Befürchtung wächst, dass sich der Ukrainekrieg über die Landesgrenzen ausdehnt“:
Präsident Biden und die westlichen Verbündeten haben seit neun Wochen betont, dass der Krieg um die Ukraine auf die Ukraine begrenzt bleiben muss.
Jetzt wird in Washington und den europäischen Hauptstädten befürchtet, dass sich der Konflikt bald auf Nachbarstaaten, den Cyberspace und die Nato-Staaten ausweiten könnte, denen Russland plötzlich den Gashahn abdreht. Langfristig könnte eine solche Ausweitung zu einem direkteren Konflikt zwischen Washington und Moskau führen...
Weiter heißt es:
Seth G. Jones, der Leiter des Europäischen Sicherheitsprogramms des Center for Strategic and International Studies in Washington, erklärte am Mittwoch: „Die Gefahr einer Ausweitung des Krieges ist jetzt sehr groß.“
Jones erklärte: „Die Zahl der russischen Todesopfer steigt, und die USA sind entschlossen, stärkere Waffen zu schicken, die für diese Opfer verantwortlich sind. Früher oder später wird der russische Militärgeheimdienst beginnen, diese Waffenlieferungen schon an den Grenzen der Nato-Staaten anzugreifen.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Sanger und Erlanger warnen, Russland habe „noch nie... Lieferketten auf Nato-Staatsgebiet angegriffen. Doch jetzt mehren sich die Anzeichen, dass diese Zurückhaltung bröckelt.“
In den US-Medien wird derweil immer offener und unverhohlener ein Atomkrieg gefordert. Seth Cropsey, ein Unterstaatssekretär der Marine, veröffentlichte am Mittwoch eine Kolumne im Wall Street Journal mit dem Titel „Die USA sollten zeigen, dass sie einen Atomkrieg gewinnen können.“
Er schrieb: „Tatsache ist, wenn sich die USA nicht darauf vorbereiten, einen Atomkrieg zu gewinnen, riskieren sie eine Niederlage. Robert C. O'Brien, ein ehemaliger nationaler Sicherheitsberater des Weißen Hauses, hat eine Reihe von konventionellen Reaktionen vorgeschlagen, die zwar notwendig, aber nicht ausreichend sind.“
Cropsey kommt zu dem Schluss: „Der Schlüssel ist die Fähigkeit, den Krieg zu gewinnen. Wenn man Überwasserschiffe mit taktischen Atomwaffen ausrüstet und gleichzeitig ein Atomraketen-U-Boot angreift und damit Russlands Zweitschlagfähigkeit schwächt, würden die USA Russlands Fähigkeit zur Führung eines Atomkriegs beeinträchtigen.“
Weiter erklärt er:
„Russlands Zweitschlagfähigkeit zu gefährden, würde die militärischen Risiken spürbar erhöhen. Putin könnte sein Atomarsenal nicht mehr ungestraft einsetzen, sondern müsste damit rechnen, dass die Nato den Kreml enthaupten könnte — auch wenn sie dabei Opfer erleiden würde.“
Der Stellvertreterkrieg in der Ukraine entpuppt sich immer offener als Krieg zwischen Russland und der Nato und droht, sich auf den ganzen europäischen Kontinent auszuweiten. Die USA haben systematisch jede Aussicht auf eine friedliche Lösung des Krieges sabotiert und tun alles in ihrer Macht stehende, um Öl ins Feuer zu gießen und den Konflikt am Leben zu erhalten.
Die USA verfolgen in diesem Krieg immer offener Ziele, die unweigerlich zur Ausweitung des Konflikts führen werden. Von der Fiktion, die USA und die Nato würden keinen Krieg gegen Russland führen, ist nichts mehr übrig. Der amerikanische Imperialismus riskiert einen Atomkrieg, um in Russland einen Regimewechsel herbeizuführen, das Land zu zerteilen und seine immensen Rohstoffvorkommen auszuplündern.