Die Linke auf Kriegskurs: Ramelow für Waffenlieferungen an die Ukraine

Die Linke spielt „eine besonders üble Rolle“ dabei, die Kriegspolitik und die damit verbundenen sozialen Angriffe gegen die Bevölkerung durchzusetzen, schreibt die Sozialistische Gleichheitspartei in ihrer Erklärung zur Wahl in Berlin. Wie zutreffend diese Einschätzung ist, unterstreichen die jüngsten Aussagen des thüringischen Ministerpräsidenten und amtierenden Bundesratsvorsitzenden Bodo Ramelow, eines Mitglieds der Linkspartei.

Ramelow spricht im Thüringer Landtag (AP-Photo/Jens Meyer) [AP Photo/Jens Meyer]

In einem Interview, das die Süddeutsche Zeitung am Montag veröffentlichte, spricht sich Ramelow vehement für mehr deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine aus und teilt jeder Verhandlungslösung mit Russland eine Absage.

Es habe eine Zeit gegeben, „auch nach der Besetzung der Krim“, in der er „immer noch auf bestimmte Dialogformate gesetzt habe“ und für einen „Aushandlungsprozess“ mit Russland eingetreten sei, erklärt Ramelow. Das setze „aber voraus, dass es immer noch eine Hoffnung auf Demokratisierung, Stabilisierung und Zivilisierung gibt“. Und dies sei „seit dem 24. Februar vorbei“.

Dann stellt sich der politisch einflussreichste Linkspartei-Mann – nach dem Bundespräsidenten, der Bundestagspräsidentin und dem Bundeskanzler bekleidet der Bundesratspräsident protokollarisch das vierthöchste Staatsamt – uneingeschränkt hinter den Nato-Krieg gegen Russland: „Früher war ich ein Gegner von Waffenlieferungen. Heute sage ich ergänzend: Jeder, der angegriffen wird, hat das Recht, sich zu verteidigen.“

Das entspricht der offiziellen Propaganda der imperialistischen Regierungen und Medien, die die Mär vom ukrainischen Verteidigungskrieg verbreiten, um das pro-westliche Regime in Kiew bis an die Zähne zu bewaffnen und den Stellvertreterkrieg gegen die Atommacht Russland anzuheizen. Der russische Einmarsch in die Ukraine ist reaktionär, aber das Narrativ vom alleinigen russischen Aggressor stellt die Realität auf den Kopf.

Die Hauptkriegstreiber sitzen nicht im Kreml, sondern in Washington, Brüssel und Berlin. Seit der Auflösung der Sowjetunion durch die stalinistische Bürokratie vor 30 Jahren haben die USA und ihre europäischen Bündnispartner – allen voran Deutschland – auf dem Balkan, im Nahen und Mittleren Osten und in Nordafrika zahlreiche völkerrechtswidrige Angriffskriege geführt. Sie haben ganze Länder in Schutt und Asche gelegt – mit Millionen von Toten.

In Osteuropa haben die Nato-Mächte Russland systematisch eingekreist. Sie haben 2014 ein rechtes Putschregime in Kiew installiert und dieses seitdem massiv hochgerüstet. Damit haben sie die Intervention des Putin-Regimes regelrecht provoziert. Nun heizen sie den Konflikt immer weiter an, um das geostrategisch wichtige und rohstoffreiche Land zu unterjochen und in Moskau selbst ein pro-westliches Marionettenregime zu installieren.

Ramelow und die Linkspartei gehören zu den aggressivsten Verteidigern dieser Politik. Wie andere pseudolinke Kräfte international kritisieren sie die Nato-Mächte nicht dafür, dass sie die ukrainische Armee und die in ihr operierenden rechtsextremen Verbände mit Waffen überschwemmen und eine imperialistische Kriegsoffensive gegen Russland führen – sondern dafür, dass sie nicht aggressiv genug vorgehen. Die Bundesregierung, die eine führende Rolle bei der Nato-Offensive spielt, greift Ramelow von rechts an.

„Der Druck auf Putin und die Kleptokratie muss wachsen“, fordert er. Er sei „dafür, dass alle Vermögenswerte und vor allem Geschäftsanteile der Oligarchen – einschließlich Bargeldvermögen – einkassiert werden“. Zudem hätte er „längst die komplette Energiewirtschaft, die unter russischer Kontrolle in Deutschland steht, unter Staatsaufsicht gestellt“. Das werde „teilweise gemacht, aber nicht konsequent“. Russland führe „seinen Krieg auch in Deutschland an der Tankstelle, beim Strom- beziehungsweise Gaspreis“.

Das ist nichts als anti-russische Kriegshetze. Natürlich weiß Ramelow genau, dass die explodierenden Energiepreise eine direkte Folge der von ihm unterstützten Kriegs- und Sanktionspolitik gegen Russland sind. „Sanktionen schaden immer“, erklärt er zynisch. „Sanktionen werden beschlossen, damit sie schaden. Und dass sie auch unserer Seite schaden, ist klar.“

Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung stellt sich Ramelow auch hinter die weitergehenden Großmachtpläne der herrschenden Klasse, die den Konflikt systematisch nutzt, um massiv aufzurüsten und das Gewicht Deutschlands vor allem auch in Osteuropa zu erhöhen. „Wenn wir Europa denken wollen, dann muss Warschau genauso wichtig werden wie Paris“, erklärt er. „Wie geht man mit Transnistrien um? Wie geht man mit Moldau um? Diese Regionen müssen Teil einer europäischen Gesamtarchitektur werden, sonst wird Europa scheitern.“

Am Ende des Interviews lässt Ramelow seiner durch und durch militaristischen Grundhaltung freien Lauf. Er lobt die Bundeswehr über den grünen Klee, stellt sich explizit hinter ihre Auslandseinsätze, fordert die Wiedereinführung der Wehrpflicht und prahlt mit seiner engen persönlichen Verbindung zur Truppe.

Seit ich Ministerpräsident bin, ist die Bundeswehr pausenlos im Einsatz, auch für unsere Zivilbevölkerung. Soldatinnen und Soldaten sind Teil dieses Landes, Teil unserer aktiven Hilfe. Da kann ich nur Dankbarkeit zurückgeben. Gerade habe ich dem Bataillon 383 das Fahnenband des Freistaates Thüringen überreicht. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass ein soziales gesellschaftliches Jahr allen Menschen in unserem Land guttun würde.

In der Linkspartei-Führung hat Ramelows aggressive Kriegsrhetorik eine gewisse Unruhe ausgelöst. Gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe erklärte der Co-Parteivorsitzende Martin Schirdewan, er teile zwar Ramelows Auffassung, „dass der Druck auf Putin steigen muss“. Waffenlieferungen seien jedoch „nicht die Position der Partei, wir machen Alternativen zur militärischen Logik stark“.

Wen will Schirdewan täuschen? Tatsächlich entsprechen Ramelows Standpunkte der Linie der Partei. Bereits auf ihrem Parteitag in Erfurt Mitte Juni hatte sich Die Linke hinter die Nato-Offensive gegen Russland gestellt und zahlreiche Vertreter trommelten aggressiv für Sanktionen gegen Russland und sogar für Waffenlieferungen an Kiew. Auch Schirdewan selbst propagiert diesen Kurs. In Interviews plädiert er regelmäßig für Sanktionen gegen Russland und verwahrt sich gegen jede Kritik an der Nato. Putin trage „die alleinige Verantwortung und Entscheidung ... für diesen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg“, wetterte er in einem Gespräch mit der ARD.

Der Militarismus der Linkspartei, den Ramelow so aggressiv zur Schau stellt, ist keine individuelle Frage. Er ergibt sich letztlich aus der pro-kapitalistischen Orientierung der Partei. Ihre stalinistische Vorgängerorganisation, die SED/PDS, hat die Restauration des Kapitalismus in Ostdeutschland unterstützt und damit nicht nur eine soziale Katastrophe angerichtet, sondern auch der Rückkehr des deutschen Militarismus den Weg bereitet. Als Partei des Staatsapparats und der oberen Mittelschichten spielt sie dabei seit langem eine Schlüsselrolle.

So war mit Stefan Liebich der damalige außenpolitische Sprecher der Linksfraktion an der Ausarbeitung des Papiers „Neue Macht – Neue Verantwortung“ beteiligt. Das im Herbst 2013 veröffentlichte Papier bildete die Grundlage für die Rückkehr Deutschlands zu einer aggressiven Außen- und Großmachtpolitik und für die Kriegsreden von Steinmeier, Gauck und von der Leyen auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2014.

Seitdem wird die neue deutsche Kriegspolitik mit der vollen Unterstützung der Linkspartei in die Tat umgesetzt. Eine besonders aggressive Rolle spielen dabei pseudolinke Tendenzen wie Marx 21, der bezeichnenderweise die Co-Parteivorsitzende Janine Wissler entstammt. Die „staatskapitalistische“ Organisation unterstützte die imperialistische Regimewechsel-Operation in Syrien, feierte 2014 den rechten Putsch in der Ukraine als „demokratische Revolution“ und agitiert seit langem für eine pro-westliche Farbenrevolution in Russland.

Wenn einige prominente Vertreter der Linkspartei wie die frühere Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht die Nato-Offensive gegen Russland kritisieren, zielt dies vor allem darauf ab, die enorme Opposition in der Bevölkerung zu kontrollieren und in nationalistische Kanäle zu lenken. Sie sprechen für eine Fraktion der herrschenden Klasse, die Gas- und Ölimporte aus Russland als entscheidende Voraussetzung für eine von den USA unabhängige deutsch-europäische Großmachtpolitik sieht.

Die einzige Partei, die den deutschen Militarismus von links – d.h. vom Standpunkt der internationalen Arbeiterklasse – bekämpft, ist die Sozialistische Gleichheitspartei. In unserem Wahlaufruf schreiben wird, dass die SGP „die Wiederholung der Berlinwahl zu einem Referendum gegen diese verhasste und nicht legitimierte Politik“ macht.

Wir geben der enormen Opposition, die im offiziellen Politikbetrieb keinen Ausdruck mehr findet, eine Stimme und eine sozialistische Perspektive, die die Bedürfnisse der Menschen vor die Profitinteressen stellt. Der Krieg kann nicht gestoppt, die soziale Verwüstung nicht beendet werden, ohne die Macht der Banken und Konzerne zu brechen und sie unter demokratische Kontrolle zu stellen.

Das erfordert den Aufbau einer internationalen Bewegung der Arbeiterklasse gegen den Kapitalismus und eine politische Abrechnung mit seinen militaristischen Verteidigern in der Linkspartei.

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