Perspektive

USA und NATO schicken Kampfpanzer in den Krieg gegen Russland

In den letzten Tagen haben das Vereinigte Königreich und Polen angekündigt, Kampfpanzer in die Ukraine zu entsenden, um Russland zu bekämpfen. Sie öffnen damit Deutschland und den USA den Weg für ähnliche Ankündigungen.

Zum ersten Mal seit der Operation Barbarossa vor 80 Jahren werden Panzer aus deutscher Produktion die polnische Grenze überqueren, um an einem Krieg gegen Russland teilzunehmen. Es handelt sich ohne Zweifel um die rücksichtsloseste und eskalierendste Maßnahme, die die USA und die NATO bisher ergriffen haben.

Abrams-Kampfpanzer im Jahr 2019 auf Eisenbahnwaggons in Litauen, nahe der russischen Grenze [AP Photo]

Panzer sind Offensiv- und keine Defensivwaffen. Sie werden eingesetzt, um gegnerische Stellungen zu durchbrechen und Gebiete zu erobern. Ukrainische Regierungsvertreter haben deutlich gemacht, dass westliche Panzer der Schlüssel zum Erreichen ihrer Kriegsziele sind, zu denen die Rückeroberung der Halbinsel Krim gehört, die seit 2014 von Russland gehalten wird.

Die Vereinigten Staaten bilden Hunderte von ukrainischen Streitkräften auf ihrem Stützpunkt im bayerischen Grafenwöhr in der gepanzerten Kriegsführung aus und führen Übungen mit gepanzerten Nato-Fahrzeugen durch. Die Panzer und ihre Besatzungen werden Deutschland verlassen und über Polen in die Ukraine gebracht, wo sie an die Kriegsfront verlegt werden sollen.

Moderne Panzer benötigen enorm umfangreiche Logistik, um sie zu bewaffnen und zu versorgen. Ein einzelner Kampfpanzer vom Typ M1 Abrams verbraucht im Einsatz über 200 Liter Kraftstoff pro Stunde. Für diese Panzer wird ein enormes Maß an Logistikpersonal benötigt. Viele der Soldaten, die diese Aufgabe erfüllen sollen, dürften aus den Streitkräften der Nato-Staaten stammen.

Nicht nur die Panzer, sondern auch ihre riesigen Logistik- und Versorgungszüge werden zur Zielscheibe werden. Ein einzelner Panzer vom Typ Leopard 2 kostet etwa 15 Millionen Dollar. Der Schutz dieser Waffensysteme, ganz zu schweigen von den Truppen, die sie warten und versorgen werden, wird für die Nato zu einer entscheidenden militärischen Notwendigkeit.

Die USA und die Nato haben ihre Glaubwürdigkeit an den Verlauf und den Ausgang des Kriegs geknüpft. Nato-Vertreter sprechen immer deutlicher aus, dass ihr wesentliches Ziel in der militärischen Niederlage und der Zerstückelung Russlands besteht. Die Logik des Konflikts erfordert daher eine immer heftigere Eskalation.

Angesichts der Bedrohung ihrer Panzerkolonnen und Nachschublinien durch russische Waffen und Luftstreitkräfte – entweder innerhalb der Ukraine oder über der polnischen Grenze –, wird die Einrichtung einer Flugverbotszone in der amerikanischen Presse erneut als unabdingbare Notwendigkeit zum Schutz der bereits eingeleiteten Schritte und Verpflichtungen dargestellt werden.

Dies würde bedeuten, dass Piloten und Flugabwehrpersonal der USA und der Nato im Namen der Verteidigung ihrer militärischen Einrichtungen russische Kampfflugzeuge abschießen und damit einen direkten Krieg zwischen den USA und der Nato auslösen würden.

Das ist die Zukunftsperspektive, die man der amerikanischen und europäischen Bevölkerung vorsetzt, während man sie gleichzeitig darüber im Dunkeln lässt. Geschaffen wurde diese Perspektive von Regierungen, die versprochen haben, den „Dritten Weltkrieg“ und das nukleare „Armageddon“ zu verhindern.

Die New York Times brachte den rücksichtslosen und provokativen Charakter des Vorgehens der Nato auf den Punkt. In einer der jüngsten Ausgaben heißt es: „In den letzten Wochen ist eine Hürde nach der anderen gefallen“, während „die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten mehr Risiken auf sich nehmen, um die Ukraine zu verteidigen“.

In einem Leitartikel der Wirtschaftszeitung The Economist, in dem die Entsendung von Kampfpanzern in die Ukraine befürwortet wird, ist zu lesen: „Eine weitere Sorge ist, dass Russlands Präsident Wladimir Putin eine Eskalation in Gang setzen und im schlimmsten Fall sogar einen Atomkrieg auslösen könnte, wenn er zu weit oder zu schnell gedrängt wird. Diese Ängste sind nicht unbegründet.“

The Economist tritt jedoch trotz dieser Gefahr für die Entsendung von Panzern ein. „Sollte Herr Putin zu dem Schluss kommen, dass er diesen Sieg durch nukleare Drohungen errungen hat, wäre das ein schrecklicher Präzedenzfall.“ Die Zeitung fügt hinzu: „Wenn wir Putins nuklearen Drohungen heute nachgeben, werden wir morgen noch größeren Gefahren gegenüberstehen.“

Die imperialistischen Kriegsstrategen gehen davon aus, dass sie ihr Engagement in diesem Krieg intensivieren können, ohne dass Russland darauf antworten wird. Doch wenn man in Washington keine Furcht vor den Folgen eines Atomkriegs hat, wie kommen die Strategen dann zu der Auffassung, dass es im Kreml anders ist?

Tatsächlich trifft das Argument des Economist auf die russische Seite stärker zu als auf die Nato, denn es ist der Kreml und nicht Washington oder Berlin, der durch einen möglichen Regimewechsel bedroht ist.

Wenn die Redaktion des Economist auf der russischen Seite stünde, was wäre in ihren Artikeln zu lesen? Vielleicht folgendes: „Wenn die Nato zu dem Schluss kommt, dass sie einen Sieg durch militärische Eskalation errungen hat, wäre das ein schrecklicher Präzedenzfall“. „Denn wenn man heute der Eskalation der NATO nachgibt“, so mag man sich weiter ausmalen, „werden wir morgen noch größeren Gefahren gegenüberstehen.'

Mit anderen Worten ist dies aus russischer Sicht ein Argument, auf die Eskalation der Nato mit einem Angriff auf die Nato oder einem nuklearen Angriff auf die ukrainischen Streitkräfte zu reagieren. Je mehr die USA und die Nato eskalieren, desto weniger Grund hat Russland, eine Eskalation zu vermeiden.

Während des Kalten Krieges akzeptierte praktisch das gesamte politische Establishment der USA, mit Ausnahme der „verrückten Randgruppen“ innerhalb der Republikanischen Partei, die Doktrin des „Gleichgewichts des Schreckens“. Diese Doktrin besagte, dass bestimmte Handlungen für die Vereinigten Staaten unzulässig waren, weil das Risiko, eine nukleare Reaktion der Sowjetunion zu provozieren, eine nicht hinnehmbare Gefahr darstellte.

Nun heißt es in allen großen Zeitungen, dass die Nato und die Vereinigten Staaten nicht von einer Politik „abgeschreckt“ werden sollten, die zu einem Atomkrieg führen könnte. Das ist so, als würde man sagen, dass man sich von dem Gedanken, auf dem Boden aufzuschlagen, nicht vom Sprung aus dem Fenster abhalten lassen sollte.

Die gesamte Strategie Washingtons ist so irrational, wie es Welteroberungspläne in der Vergangenheit immer waren. Doch diese irrationale Politik wird von sozialen und wirtschaftlichen Interessen bestimmt.

Je weiter sich der gegenwärtige globale Konflikt entwickelt, desto deutlicher wird die Tatsache, dass dieser Krieg, wie die ersten beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts, nicht entlang der Frage zu verstehen ist, wer den ersten Schuss abgefeuert hat, sondern nach wesentlich tieferen sozialen Ursachen.

Die reaktionäre russische Invasion in der Ukraine wurde mit dem Ziel provoziert, einen Konflikt anzuzetteln, der zur Zerstückelung Russlands führen würde. Abgesehen von ihren nackten geopolitischen Interessen ist die amerikanische herrschende Klasse mit einer Reihe von wirtschaftlichen, sozialen und politischen Krisen konfrontiert, für die sie keine Lösung hat. Sie glaubt, dass sie durch eine Verzweiflungstat – die Eroberung Russlands – die Krise, die das soziale und politische Leben in Amerika erfasst hat, irgendwie abwenden kann.

Und während sie den Krieg in Europa eskalieren lassen, verwandeln die Vereinigten Staaten den Pazifik in ein Pulverfass, indem sie die Aufrüstung Japans und die Bewaffnung Taiwans in Vorbereitung auf einen Konflikt mit China unterstützen.

Die Pläne für diesen globalen Flächenbrand werden hinter dem Rücken der Arbeiterklasse der Vereinigten Staaten und der ganzen Welt ausgebrütet. Die USA und die Nato-Mächte lügen über ihre Absichten und verschweigen die Folgen ihres Handelns. Diese Verschwörung erstreckt sich auf alle großen politischen Parteien in den Vereinigten Staaten und Europa, die sich sämtlich hinter die Kriegsanstrengungen gestellt haben. Keiner von ihnen spricht deutlich aus, welche Folgen das haben wird und wie viele Millionen Menschenleben sie zu opfern bereit sind.

Die rasche Eskalation des Krieges in den ersten beiden Wochen des neuen Jahres bestätigt die Warnungen, die die International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) bei ihrer Online-Veranstaltung vom 10. Dezember „Für eine Massenbewegung von Jugendlichen und Studierenden gegen den Krieg in der Ukraine!“ ausgesprochen haben.

In seinen abschließenden Bemerkungen erklärte der Vorsitzende der internationalen WSWS-Redaktion, David North: „Wenn die Arbeiterklasse diesen Prozess nicht stoppt, wird er zu einer globalen Katastrophe führen, die die Gewalt der Vergangenheit in den Schatten stellt. Seit Ausbruch des Krieges ist der mögliche Einsatz von Atomwaffen im politischen Diskurs zur Normalität geworden.“

Man kann die Situation nicht den Händen der kapitalistischen Führungseliten und ihrer politischen Parteien überlassen. Wenn eine Katastrophe abgewendet werden soll, muss die Arbeiterklasse eingreifen und den Kampf gegen Krieg mit dem Kampf gegen Ungleichheit, Ausbeutung und das kapitalistische System verbinden.

Die Sozialistische Gleichheitspartei stellt den Kampf gegen Krieg ins Zentrum ihrer Wahlkampagne in Berlin. Registriert euch jetzt als aktive Unterstützer. Mehr Informationen hier: www.gleichheit.de

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