Die Ampel-Koalition treibt die Kriegsoffensive gegen Russland immer aggressiver voran. Laut einer offiziellen Mitteilung des Verteidigungsministeriums sind am Montag „18 Leopard 2 A6 inklusive Munitions- und Ersatzteilpaketen sowie zwei Bergepanzer ‚Büffel‘ mit ihren in Deutschland ausgebildeten Besatzungen bei der Truppe in der Ukraine angekommen“.
Es handelt sich um die erste Lieferung deutscher Kampfpanzer an Kiew. Sie hat weitreichende historische und politische Implikationen. 82 Jahre nach Hitlers Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion rollen wieder deutsche Panzer gegen Russland.
„In einem nächsten Schritt werden Leopard 1 A5 geliefert“, schreibt das Verteidigungsministerium. Sie würden aktuell bei der deutschen Industrie instandgesetzt. Ziel sei es, „bis zum Sommer die ersten 25 Panzer bereitzustellen, bis Jahresende etwa 80 und im Verlauf 2024 auf mindestens 100 Leopard 1 A5 zu erhöhen“.
Zuvor hatte Kiew bereits 40 Schützenpanzer Marder, 34 Flakpanzer Gepard, sechs Brückenlegepanzer Biber, 15 Bergepanzer 2, 14 Panzerhaubitzen 2000, 54 M113 gepanzerte Truppentransporter mit Bewaffnung und drei Pionierpanzer Dachs erhalten. Laut der offiziellen Liste der „militärischen Unterstützungsleistungen“ für die Ukraine bereitet die Bundesregierung zahlreiche weitere Panzer und Haubitzen zur Auslieferung vor.
Die deutschen Panzerlieferungen sind Bestandteil einer umfassenden Eskalation des Kriegs durch die Nato-Mächte. Am Dienstag prahlte der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow auf Twitter, dass er „eine Spritztour“ mit dem Kampfpanzer Challenger 2 gemacht habe. Die vom Vereinigten Königreich gelieferten Panzer seien „vor kurzem in unserem Land eingetroffen“.
In einem weiteren Tweet bedankt sich Resnikow bei Bundeskanzler Olaf Scholz und Verteidigungsminister Boris Pistorius (beide SPD) für die deutschen Panzerlieferungen. Der Marder sei „ein hervorragendes Beispiel für deutsche Qualität“. Er habe ihn „selbst getestet“ und freue sich nun „darauf, bald Leoparden zu zähmen“. Er liebe es, „wie sie brüllen“.
Mit den Panzerlieferungen verfolgen die imperialistischen Mächte das Ziel, die ukrainische Armee zu stärken, sodass sie die russischen Truppen an der Front in der Ostukraine zurückschlagen und möglicherweise sogar zur Gegenoffensive übergehen kann. „Ich bin mir sicher, dass sie [die deutschen Panzer] an der Front Entscheidendes leisten können“, erklärte Pistorius.
Dabei ist klar, dass die Nato-Mächte ihr Ziel nur erreichen können, wenn sie ihren Kriegseinsatz immer weiter erhöhen. Genau das wird aktuell hinter dem Rücken der Bevölkerung vorbereitet. Am Mittwoch gab der Haushaltsausschuss weitere 12 Milliarden Militärhilfe für die Ukraine frei.
„Knapp vier Milliarden werden ausgegeben für die Wiederbeschaffung von Material, was die Bundeswehr an die Ukraine abgegeben hat,“ verkündete Pistorius. „Und der andere Teil, circa acht Milliarden, gehen in die weitere Unterstützung der Ukraine in den nächsten Jahren durch Material, durch Waffen und vieles anderes mehr.“
Zuvor hatte das Finanzministerium in einem Schreiben an den Ausschuss betont, dass „aufgrund der hohen materiellen Verluste der ukrainischen Streitkräfte … neue Materiallieferungen erforderlich“ sind. Gebraucht werde Material „in den Bereichen Luftverteidigung, gepanzerte Kettenfahrzeuge, Munitionsversorgung für die von Deutschland gelieferten Waffensysteme und Artillerie“. Denn wer Waffen liefere, gehe „grundsätzlich eine Folgeverpflichtung“ ein, diese Waffensysteme auch in Zukunft einsatzbereit zu halten.
Mit anderen Worten, der deutsche Imperialismus bereitet sich auf einen jahrelangen und immer umfassenderen Krieg gegen die Atommacht Russland vor – mit potentiell katastrophalen Konsequenzen. Am Wochenende verkündete der Kreml, taktische Atomwaffen in Belarus zu stationieren. Doch trotz der wachsenden Gefahr einer nuklearen Eskalation lehnt die Bundesregierung jede Verhandlungslösung ab. Das Ziel Berlins ist die Unterwerfung des rohstoffreichen Lands und die Installation eines pro-westlichen Marionettenregimes in Moskau.
„Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland“, erklärte die grüne Außenministerin Annalena Baerbock bereits auf der Parlamentarischen Versammlung des Europarats Ende Januar.
Als der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag dann am 17. März einen Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten erließ, verkündete die Ampel umgehend, diesen umzusetzen. Man sei „verpflichtet, Präsident Putin, wenn er deutsches Territorium betritt, zu inhaftieren und an den IStGH zu übergeben“, so Bundesjustizminister Marco Buschmann.
Dabei wird immer klarer, dass sich die von Scholz und der Ampel ausgerufene „Zeitenwende“ nicht nur gegen Russland richtet. Die herrschende Klasse nutzt den von der Nato provozierten russischen Einmarsch in die Ukraine, um Deutschland hochzurüsten, ganz Europa unter der Führung Berlins zu militarisieren und sich nach zwei verlorenen Weltkriegen wieder als führende Kriegsmacht zu etablieren.
Am Dienstag fanden die vierten deutsch-niederländischen Regierungskonsultationen statt, die ganz im Zeichen dieser Politik standen. Im Zentrum stand die Integration der niederländischen Armee in die Bundeswehr.
„In drei Tagen werden wir die vollständige Integration aller drei niederländischen Heeresbrigaden in Strukturen der Bundeswehr abschließen“, verkündete Scholz auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Ministerpräsidenten der Niederlande Mark Rutte. Es gehe darum, „wie die Europäische Union zu einem Akteur werden kann, der geopolitisch noch handlungsfähiger ist, als wir das heute wahrnehmen können“.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Um die Kriegspolitik umzusetzen, wird Europa in ein regelrechtes Kriegslager verwandelt. Man bemühe sich, „zusammen mit unseren europäischen Partnern zum Beispiel die Munitionsproduktion so auszuweiten, dass wir diese ganzen Waffen [für die Ukraine] auch regelmäßig bestücken können“, verkündete Scholz. „Wir bemühen uns, dafür zu sorgen, dass es überall Reparatureinrichtungen gibt, in Polen, in der Slowakei, in Rumänien, damit die im Krieg ja stark genutzten Waffen auch tatsächlich schnell repariert werden können.“
Die kriegslüsternen Medien kritisieren die Regierung dabei noch von rechts und fordern eine noch zügigere und umfassendere Aufrüstung – bis hin zur Atombombe. So wirft Der Spiegel Scholz und der Bundesregierung in einem Kommentar vor, sich nicht schnell genug unabhängig von der „Schutzmacht USA“ zu machen und „aus der Bundesrepublik eine Nuklearmacht zu formen“.
Man sei nicht gewillt, „eine Debatte über einen europäischen Nuklearschirm [zu] ertragen. Oder, noch schlimmer: Über die Notwendigkeit einer deutschen Bombe, sollten die Franzosen nicht bereit sein, ihre Force de frappe mit den Partnern zu teilen“, wütet der Leiter des Spiegel-Büros in Washington René Pfister.
Die Kosten für den militaristischen Wahnsinn, der im Falle einer nuklearen Eskalation die Existenz des gesamten Planeten bedroht, sollen auch in finanzieller Hinsicht der Arbeiterklasse aufgebürdet werden. Bereits im letzten Jahr, als der Bundestag das Sondervermögen für die Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro beschloss, gab es massive Kürzungen vor allem im Gesundheitsetat. Nun diskutiert die Bundesregierung, das Sondervermögen zu verdreifachen (!) und gleichzeitig den regulären Militärhaushalt massiv aufzustocken.
Im aktuellen Wehrbericht heißt es: „Die 100 Milliarden Euro allein werden nicht ausreichen, sämtliche Fehlbestände auszugleichen, dafür bedürfte es nach Einschätzung militärischer Expertinnen und Experten einer Summe von insgesamt 300 Milliarden Euro.“ Die Höhe des Verteidigungshaushalts müsse sich „stetig und in deutlichen Schritten hin zum Zwei-Prozent-Ziel der NATO bewegen“. Und es seien „weitere zweistellige Milliardenbeträge erforderlich, um die Munitionsbestände aufzufüllen und Munitionslager zu bauen. Diese Summen sind nicht im Sondervermögen enthalten, sondern aus dem jährlichen Verteidigungsetat zu finanzieren.“
All das ist eine Warnung. Die Dimensionen der geplanten Aufrüstung sind gigantisch und nur mit der Hochrüstung der Wehrmacht in den 1930er Jahren vergleichbar. Wie damals erfordert das Kriegsprogramm historische Angriffe auf die Arbeiterklasse und letztlich die Errichtung einer Diktatur. 300 Milliarden Euro entsprechen fast dem Doppelten der Summe, die die Bundesregierung aktuell für Arbeit und Soziales bereitstellt (166,2 Milliarden Euro), bzw. dem 12-Fachen des Gesundheitshaushalts (24,5 Milliarden) oder dem 15-Fachen des Bildungsetats (21,4 Milliarden).
Doch dieselbe historische Krise des Kapitalismus, die die herrschende Klasse in Richtung Weltkrieg und Faschismus treibt, schafft auch die objektive Grundlage für die soziale Revolution. In Frankreich gingen am Dienstag erneut Millionen gegen die Rentenreform von Präsident Emmanuel Macron auf die Straße. Und auch in Deutschland wächst der Widerstand gegen die arbeiterfeindliche Politik, die von der Regierung in tagelangen Koalitionssitzungen hinter den Kulissen ausgearbeitet und im Bündnis mit allen Bundestagsparteien und der Gewerkschaftsbürokratie umgesetzt wird.
Um ihren Kampf erfolgreich zu führen, müssen Arbeiter Aktionskomitees aufbauen, die unabhängig von den Gewerkschaften sind, die Streiks und Proteste selbst in die Hand nehmen und sich mit ihren Kollegen in ganz Europa und international vernetzen. Und sie brauchen eine sozialistische Perspektive.
Sie „müssen die Auseinandersetzung mit der Regierung als das verstehen, was sie ihrem Wesen nach ist: Teil einer europäischen und internationalen Bewegung der Arbeiterklasse gegen den Kapitalismus und die Kriegspolitik“, heißt es in einer aktuellen Erklärung der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP) zu den Streiks bei der Bahn und im Öffentlichen Dienst. „Denn kein gesellschaftliches Problem kann gelöst werden und die Löhne können nicht verteidigt werden, ohne die Macht der Banken und Konzerne zu brechen und sie unter demokratische Kontrolle zu stellen. Der Kampf gegen die Lohnkürzungen muss direkt mit dem Kampf gegen Krieg verbunden werden.“