IYSSE organisieren Antikriegsveranstaltungen im Vereinigten Königreich

Die International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) organisierten im Vereinigten Königreich zwischen dem 18. und dem 28. März fünf Veranstaltungen im Rahmen ihrer globalen Antikriegskampagne „Wie der Ukrainekrieg gestoppt werden kann: Die historischen und politischen Hintergründe des US/Nato-Kriegs gegen Russland“. Die erste Veranstaltung in Deutschland findet am 27. April an Humboldt-Universität in Berlin statt. Im Mai folgen sechs weitere in Leipzig (3.5.), München (4.5.), Bochum (11.5.), Frankfurt (12.5.), Köln (16.5.) und Stuttgart (17.5.). Genauere Informationen gibt es hier.

Die bisherigen Veranstaltungen in Großbritannien fanden in Leeds, Manchester, London und Sheffield statt, dazu kam eine Online-Veranstaltung nach einer Kampagne in Schottland. Die Redner waren der nationale Sekretär der Socialist Equality Party, Chris Marsden, und der stellvertretende nationale Sekretär, Tom Scripps.

Chris Marsden spricht bei der Veranstaltung in Manchester (Foto: WSWS)

Marsden und Scripps erklärten, kein Thema sei „akuter und dringender als die Mobilisierung aller Arbeiter und Jugendlichen in Großbritannien, Europa und der ganzen Welt gegen diesen Krieg.“

Derzeit gebe es dennoch keine nennenswerte Bewegung gegen „einen Krieg auf europäischem Boden, an dem zwei Atommächte beteiligt sind und in dem beide Seiten mindestens 100.000 Tote zu beklagen haben – vermutlich noch viel mehr. Ein Krieg, der Millionen Ukrainer zu Flüchtlingen gemacht, das Land zerstört, hunderte Milliarden kostet und die schlimmste Wirtschaftskrise ausgelöst hat, die wir bisher erlebt haben.“

Um diese gefährliche Lage zu ändern, müsse man nicht nur die weit verbreitete Verwirrung durchbrechen, indem man die Lügen der kriegsbefürwortenden Medien entlarvt, sondern sich auch „den kapitalistischen Kriegstreiber-Parteien und ihren pseudolinken politischen Beratern und Verteidigern entgegenstellen. Man muss erklären, warum frühere Antikriegsbewegungen gescheitert sind, und welche Art von Antikriegsbewegung jetzt aufgebaut werden muss. Letztlich hängt alles von der politischen Führung ab.“

In dem Bericht vor der Versammlung wurde erklärt: „Alle Rechtfertigungen der imperialistischen Regierungen für diesen Krieg sind Lügen.“ Es handele sich um einen imperialistischen Krieg, der von den USA mit Unterstützung ihrer Nato-Verbündeten provoziert wurde, um „den langfristigen wirtschaftlichen Niedergang des amerikanischen Kapitalismus rückgängig zu machen, die zunehmenden inneren Spannungen zu unterdrücken und durch eine Neuaufteilung der Märkte und strategischen Ressourcen der Welt die globale Hegemonialstellung zu sichern.“

Die USA betrachteten die Auflösung der Sowjetunion 1991 als Gelegenheit, eine unipolare Weltordnung zu errichten – ihre unangefochtene globale Hegemonie. „Seit 1991 haben die USA das Nato-Militärbündnis auf fast alle osteuropäischen Staaten und alle Nachbarstaaten Russlands ausgedehnt. Die Ukraine in den Einflussbereich der Nato zu bringen, war der Hauptgewinn und der wichtigste Zug auf dem Schachbrett, der den Weg zur Aufteilung Russlands und zur Sicherung der direkten Kontrolle über seine massiven natürlichen Rohstoffe ebnet.

Die Sicherung der faktischen Kontrolle über die gesamte eurasische Landmasse dient der Vorbereitung auf einen Krieg gegen China und der Eliminierung von Amerikas größtem wirtschaftlichem Konkurrenten.“

Das „entschuldigt oder legitimiert jedoch in keiner Weise den russischen Überfall auf die Ukraine...“

Putin repräsentiert das „Regime mafiöser Oligarchen“, das aus der Wiedereinführung des Kapitalismus hervorgegangen ist. Diese „haben sich das Eigentum der UdSSR angeeignet und sich in grotesker Weise bereichert – auf Kosten der Verelendung der Arbeiterklasse.

Diese Verbrecher und die Repräsentanten des Staatsapparats, der ihnen dient, glauben törichterweise, die USA und die anderen imperialistischen Mächte würden ihnen einen Platz am Tisch, einen respektierten Platz auf den Weltmärkten und irgendwann sogar die Nato-Mitgliedschaft einräumen! Sie dachten, aus ihrer neugewonnenen Position fabelhaften Reichtums könnten sie sich den Zugang erkaufen.

Dies hat sich als Jagd nach einem Hirngespinst erwiesen, für welche die russische und die ukrainische Arbeiterklasse einen bitteren Preis bezahlen.“

Ukrainische Soldaten der 3. Separate Tank Iron Brigade bei einer Übung im Raum Charkiw (Ukraine), 23. Februar 2023 (AP Photo/Wadim Ghirda) [AP Photo/Vadim Ghirda]

Putins Antwort auf die „existenzielle Bedrohung durch die USA und die Nato ist die Mobilisierung für einen nationalen Krieg. Dabei greift er auf die Geschichte und die Traditionen des Zarismus und den nationalistischen Antikommunismus der stalinistischen Bürokratie zurück, einschließlich des großrussischen Chauvinismus gegenüber der Ukraine.“

Die IYSSE und die SEP, „die sich auf die Traditionen des revolutionären Marxismus und des sozialistischen Internationalismus stützen, lehnen alle Rechtfertigungen für Krieg auf der Grundlage des überholten Konzepts der ,nationalen Verteidigung‘ ab, egal ob Putin oder Selenskyj sie beschwören. Wir stehen für die Einheit der russischen und ukrainischen Arbeiter gegen die Kriegspolitik beider Seiten.

Dafür kämpft in Russland und der Ukraine aktiv die Junge Garde der Bolschewiki-Leninisten, die solidarisch mit der IYSSE und dem Internationalen Komitee der Vierten Internationale verbunden sind. Dies ist die Spitze des Kampfs für die Vereinigung aller Arbeiter gegen imperialistischen Krieg.“

Die Redner erklärten, man könne gegen den Krieg „keinen erfolgreichen Kampf führen auf der Grundlage dessen, was früher als die ,Linke‘ in der Labour Party bezeichnet wurde, oder auf der Grundlage der Gewerkschaften – wie es die Stop the War Coalition lange vorgeschlagen hat.

Der Umstand, dass die Tory-Regierung in der Lage ist, Krieg zu führen, und Starmers kriegsbegeisterte Führung der Labour Party sind ermöglicht worden, weil sich Jeremy Corbyn in seiner Zeit als Labour-Parteichef weigerte, die rechten Blair-Anhänger aus der Partei zu vertreiben und damit die Millionen verraten hat, die hofften, dass er einen Kampf gegen die Tories führen wird...

Heute ist er aus der parlamentarischen Labour Party ausgeschlossen und bettelt um seine Wiederaufnahme. Seine wichtigsten Verbündeten sind entweder offene Unterstützer des Nato-Kriegs oder Feiglinge, die sich nichts zu sagen trauen.“

Politisch noch bankrotter ist die vor Kurzem gegründete Kampagne No2nato, die von George Galloway gegründet wurde und für „ein globales Bündnis mit rechten Tendenzen und Individuen, vor allem aus dem Trump-Milieu, hinter den ,aufstrebenden Mächten‘ des Kapitalismus eintritt. Diesem Bündnis sollen u.a. Russland und Indien angehören, es soll von China angeführt werden und wird angeblich eine multipolare Weltordnung einführen und für den Weltfrieden sorgen.“

Darin „kommt die Position einer Schicht des begüterten Kleinbürgertums zum Ausdruck, die zwar den drohenden Krieg fürchten, aber einen Kampf der Arbeiterklasse gegen diese Bedrohung ablehnen und von einem wahrlich grenzenlosen Glauben an die langfristige Lebensfähigkeit des kapitalistischen Systems besessen sind.“

Das zentrale Element der Perspektive der IYSSE für eine neue Antikriegsbewegung „ist das Verständnis, dass die gleichen Widersprüche, die die Kapitalistenklasse zum Krieg treiben – die Notwendigkeit, die Krise des Profitsystems durch die Sicherung ihrer eigenen globalen Hegemonie zu überwinden –, auch eine Explosion der Kämpfe der Arbeiterklasse auslösen, welche die Grundlage des Kampfs für den Sozialismus schafft.“

Der Angriff auf die Arbeiterklasse, der durch die Krise des Kapitalismus und die Notwendigkeit einer Militarisierung der Wirtschaft erforderlich wird, hat bereits „eine weltweite Zunahme von Massenstreiks und Demonstrationen angefacht“, darunter auch die Streikwelle im Vereinigten Königreich:

Im Kampf gegen Angriffe der Regierungen, den „die Arbeiterklasse von Frankreich und Sri Lanka führen, sehen wir den Beginn einer offen revolutionären Konfrontation mit dem kapitalistischen Staat, die sich ausweiten und letztlich das Schicksal der Menschheit bestimmen wird: Sozialismus oder Barbarei.“

Demonstration gegen die Pläne zur Anhebung des Rentenalters in Frankreich am 7. Februar 2023 in Paris [AP Photo/Michel Euler]

Der Aufbau einer echten Antikriegsbewegung muss sich auf die internationale Arbeiterklasse stützen: „Eine wirkliche Antikriegsbewegung muss in alle Kämpfe der Arbeiterklasse intervenieren, um die Arbeiter und Jugendlichen in allen Ländern im Kampf für den Sozialismus und gegen die Kapitalistenklasse, alle ihre Regierungen, Parteien und den Staatsapparat zu vereinen.“

Die Diskussionen bei den Treffen umfassten zahlreiche Themen.

In Leeds fragte ein junger ukrainischer Akademiker, ob die Vorbedingung für eine Beendigung des Kriegs ein Sieg über Russland sein müsse. Marsden fragte daraufhin, wie ein ukrainischer „Sieg“ aussehen würde angesichts der Tatsache, dass die Nato-Mächte einen Regimewechsel in Moskau anstreben und beide Seiten eine nukleare Reaktion planen.

Die ukrainischen Arbeiter würden von den USA und der Nato als Kanonenfutter verheizt, die Ukraine werde zerstört, und auf beiden Seiten komme es zu massenhaften Todesopfern. Die einzige Antwort sei die Einheit der Arbeiterklasse. Daraufhin erklärte der junge Akademiker, er sei vor kurzem in die Ukraine zurückgekehrt und wisse, dass die Zahl der Toten viel höher liege, als offiziell zugegeben wird.

In Manchester fragte ein Teilnehmer aus Kolumbien, ob die ukrainische Bevölkerung nicht das „kleinere Übel“ der Vorherrschaft der USA und Europas der russischen und chinesischen Diktatur vorgezogen hätte.

Marsden antwortete, dass die historischen und anhaltenden Verbrechen des US-amerikanischen sowie des europäischen Imperialismus jede Behauptung widerlegten, sie seien das „kleinere Übel“. Diese Haltung diene lediglich dazu, die Arbeiterklasse gegenüber der Gefahr eines neuen Weltkriegs zu entwaffnen. Der Sieg für die eine oder die andere Seite wäre nur zu einem schrecklichen Preis für die ukrainische Arbeiterklasse möglich und bestenfalls die Vorbereitung für einen erneuten Ausbruch des Konflikts mit noch größerer Intensität.

Auf die Frage, welche Perspektive die IYSSE der ukrainischen Arbeiterklasse biete, antwortete Marsden, die Hauptaufgabe sei der Wiederaufbau einer sozialistischen Bewegung in allen ehemaligen Gebieten der Sowjetunion, um die Verbindung der russischen und ukrainischen Arbeiterklasse mit den politischen Traditionen wiederherzustellen, die sie einst verkörperten und die vom Stalinismus zerstört wurden.

Ein Zuhörer aus Vietnam wies die Behauptung, die USA seien das „kleinere Übel“, erbittert zurück und erwähnte die Verbrechen, die sie in seinem eigenen Land verübt hatten.

In Glasgow konzentrierte sich die Diskussion auf die Frage, wie Sozialisten in der Arbeiterklasse intervenieren können, um ein Bewusstsein für den Krieg und seine politischen und historischen Ursprünge zu schaffen.

Scripps argumentierte, dass man gegen jede demoralisierte Reaktion wegen des derzeit begrenzten Widerstands gegen den Krieg kämpfen müsse. Er erklärte, das momentane Niveau des politischen und historischen Bewusstseins sei das Ergebnis von Bedingungen (die lange Unterdrückung der Arbeiterklasse und des echten Marxismus), die jetzt durch ein Aufleben des globalen Klassenkampfs rasch überwunden werden, der gerade erst beginnt. Dieser schaffe die objektive Grundlage für einen politischen Kampf zur Erziehung von Millionen von Arbeitern und Jugendlichen.

Thomas Scripps spricht bei der Veranstaltung in London (Foto: WSWS)

Weiter erklärte er, die SEP und die IYSSE hätten in diese Kämpfe interveniert, um den politischen Horizont der Arbeiter zu erweitern und ihnen zu helfen, die Ursprünge der Angriffe zu verstehen, mit denen sie konfrontiert sind. Diese Angriffe gingen auf die verschärfte Ausbeutung zurück, mit der Rettungsaktionen für die Wirtschaft und die Finanzbranche, und zunehmend auch die Kriegsanstrengungen, finanziert werden sollen.

Scripps argumentierte, diese Arbeit müsse in einem politischen Kampf gegen pseudolinke Tendenzen erfolgen, die offen den Nato-Krieg unterstützen und/oder die Arbeiterklasse an eine Gewerkschafts- und Labour-Bürokratie binden, die den Krieg unterstützt.

In London kamen Fragen nach der Bedrohung des US-Dollars auf; ob Länder wie Russland, China und der Iran Anti-Nato-Blöcke und Bündnisse gründen, und was die Folgen davon sind.

Scripps antwortete drauf, diese Regierungen würden zweifellos alle möglichen taktischen Manöver versuchen, betonte aber, dass jede Orientierung auf diese Staaten als potenzielles Gegengewicht zum US-Imperialismus und seine Verbündeten reaktionär sei. Ihre Regierungen repräsentierten nicht ihre eigenen Bevölkerungen, ganz zu schweigen diejenigen, die weltweit vom Imperialismus unterdrückt werden.

Das unbestreitbare Wachstum anderer Volkswirtschaften und der Niedergang der relativen Position der amerikanischen Volkswirtschaft schwächen die Aggression des US-Imperialismus nicht, sondern verschärfen sie, da er versucht, durch den Einsatz seiner enormen militärischen Stärke seine Rivalen zu dominieren und seine Hegemonie zu sichern. Dies könnte zu einem Dritten Weltkrieg führen.

Weiter erklärte Scripps, Putins Vorgehen beweise, dass die herrschenden Klassen der rivalisierenden Staaten keine progressive Antwort auf diese Bedrohung haben, sondern nur militärische Aktionen auf der Grundlage einer extrem spalterischen, rückständigen nationalistischen Politik. Dies ist das genaue Gegenteil des notwendigen sozialistischen internationalistischen Kampfs gegen Imperialismus und Krieg.

In Sheffield wies ein Abiturient darauf hin, dass er und seine Freunde in fünf Jahren ihre Ausbildung beendet haben und bereit sein werden, ins Berufsleben einzutreten. Er fragte, wie im Kontext der eskalierenden Kriegspläne die Zukunft für junge Menschen aussehen würde. Marsden bezeichnete dies als eine sehr ernste Frage. Die Zukunft dieser Generation – sofern sie überhaupt eine hat – werde davon abhängen, ob sie sich entscheide, dafür zu kämpfen. Der Imperialismus treibe die Menschheit in eine Katastrophe. Daher müsse die junge Generation darauf reagieren und den Kampf für den Sozialismus aufnehmen. Die wichtigste Aufgabe für junge Menschen sei es, sich dieser Bewegung anzuschließen und die Antikriegsopposition aufzubauen.

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