Gigantisches Nato-Manöver gegen Russland hat begonnen

A-10 Thunderbolt II Flugzeuge der U.S. Air Force in Formation hinter einem KC-135 Stratotanker während der Übung Air Defender [Quelle: U.S. Air National Guard photo by Master Sgt. Lauren Kmiec]

Am Montag startete das Nato-Bündnis das größte Luftkriegsmanöver seiner Geschichte, bei dem Hunderte Flugzeuge einen simulierten Krieg gegen Russland ausfechten.

Während der Ukrainekrieg eskaliert und mehr und mehr auf Russland übergreift, und schon Grenzstädte infolge des täglichen Beschusses und der Drohnenangriffe evakuiert werden, sind die Nato-Kriegsmanöver durchaus als bedrohliche Provokation zu werten. Die Möglichkeit besteht, dass die Übung zu einem bewaffneten Zusammenstoß zwischen Nato und russischen Streitkräften führen könnte.

Die New York Times schreibt unter Bezugnahme auf Äußerungen von Douglas Barrie (International Institute for Strategic Studies), dass die Simulation darauf abziele, „Putin wissen zu lassen, wozu die Nato in der Lage ist: wenn nötig, gegen Russland vorzugehen“.

An dem zweiwöchigen Manöver „Air Defender 2023“ sind mehr als 250 Flugzeuge und 10.000 Personen beteiligt. Gastgeber ist Deutschland, und die Führung hat die deutsche Luftwaffe.

In dem hypothetischen Übungsszenario wird ein russischer Einmarsch in der Hafenstadt Rostock unterstellt, der den Nato-Beistandsfall nach Artikel 5 und einen umfassenden Krieg zwischen der Nato und Russland auslösen würde. Das Manöver beinhaltet die Rückeroberung des Hafens, gefolgt von dem, was das Wall Street Journal  als „offensive Operationen“ bezeichnet.

In ihrem offiziellen Statement erklärte die Nato: „Die Übung ... basiert auf einem Szenario der kollektiven Verteidigung, auch als Artikel-5-Szenario bekannt. Die Bündnispartner entsenden ihre Luftstreitkräfte nach Deutschland, um gegen hybride Besatzungstruppen zu kämpfen.“ Die Nato weiter: „In koordinierten kombinierten Operationen beweisen die alliierten Luftstreitkräfte, dass sie in der Lage sind, das Nato-Gebiet durch schnelles und entschlossenes Handeln zu verteidigen.“

Im Rahmen der Großübung wird der Luftraum über Deutschland für zivile Flüge eingeschränkt, und mehrere Einsätze werden auch im Luftraum von Nato-Mitgliedern in der Nähe der russischen Grenze, darunter Litauen, Rumänien, Polen und die Tschechische Republik, durchgeführt.

Die Nato teilt mit, dass die Einsätze über der Nord- und Ostsee sowie in Süddeutschland stattfinden werden. Dazu gehören auch „die Unterstützung von Bodentruppen und auch Evakuierungseinsätze'.

Obwohl die Übung offiziell von Deutschland geleitet wird, stand am ersten Tag die US-Luftwaffe im Zentrum, als etwa 100 Flugzeuge der Nationalgarde und der Marine zu den Übungen nach Deutschland flogen.

An der Übung nehmen 24 Nato-Mitgliedstaaten sowie Militärbeobachter aus Japan teil. Finnland, das jüngste Nato-Mitglied, nimmt teil, ebenso wie Schweden, das sich aktiv um einen Beitritt zum Bündnis bemüht.

Nato-Sprecherin Oana Lungescu stellt klar, dass die Übung nicht auf einen hypothetischen Gegner, sondern auf Russland abziele. „Der Air Defender sendet die klare Botschaft, dass die Nato bereit ist, jeden Zentimeter des Bündnisgebiets zu verteidigen“, sagte sie. „Angesichts der größten Sicherheitskrise seit einer Generation stehen wir zusammen, um unsere Länder und unsere Bevölkerung zu schützen.“

Major Adam Casey, amerikanischer Pilot eines A-10-Kampfflugzeugs, der an der Übung teilnimmt, sagte einem US-amerikanischen militärischen Nachrichtenportal: „Im nächsten Konflikt, in dem wir möglicherweise zur Verteidigung der Nato aufgerufen werden, wird es keine Übungsrunde geben. Als A-10-Pilot möchte ich nicht, dass es das erste Mal ist, wenn ich mit einem deutschen JTAC [Fluglotsen] auf Station einchecke, während feindliche Panzer in die Nato eindringen.“

Die Übung am Montag umfasste massive Formationen von Kampfjets, Bombern und Frachtflugzeugen, die in verschiedenen Höhen flogen.

Die Teilnehmer des massiven Manövers sprechen von einem noch nie dagewesenen Ereignis. „So etwas wie heute habe ich noch nie gemacht“, sagte Leutnant Mark Jenkins von der britischen Royal Air Force der New York Times. „Dass so viele verschiedene Flugzeuge zusammenarbeiten, ist wirklich ungewöhnlich.“

Das Manöver findet in einer Zeit statt, in der die USA und die Nato-Mächte immer aggressiver zur militärischen Eskalation im Krieg mit Russland um die Ukraine drängen.

Am Freitag veröffentlichte die Denkfabrik American Enterprise Institute einen Meinungsartikel von Michael Rubin, einem seiner leitenden Mitarbeiter, in dem dieser die Stationierung von US-Atomwaffen in der Ukraine befürwortet. Der Beitrag trägt den Titel: „Kann Biden einen russischen Atomangriff auf die Ukraine verhindern? Ja, wenn er der Ukraine taktische Atomwaffen gibt.“

Rubin wies auf eine Reihe von Eskalationsschritten hin, die die Regierung Biden bereits unternommen habe, darunter die Entsendung des HIMARS [Langstrecken-Raketensystem], Abrams-Panzer und F-16 Kampfjets.

Rubin begrüßt und billigt terroristische Anschläge, die von ukrainischen Streitkräften verübt worden sind, selbst solche, bei denen die USA zuvor vehement bestritten hatten, dass die Ukraine dafür verantwortlich sei. Er schreibt:

Der Krieg steht nun auf der Kippe. Zuerst hat die Ukraine die Dammstraße zerstört, die die russisch besetzte Krim mit Russland verbindet. Geheimdienstinformationen deuten darauf hin, dass die Ukraine hinter dem Angriff auf die Nord Stream-2-Pipeline stecken könnte. Putin-feindliche russische Aufständische überfielen später von der Ukraine aus die russische Stadt Belgorod, und ukrainische Spezialeinheiten waren wahrscheinlich für den dreisten Drohnenangriff auf den Kreml verantwortlich.

Rubin fordert das Weiße Haus auf, die Ukraine mit Atomwaffen zu versorgen, „ohne zu kontrollieren, wo und wie die Ukraine sie einsetzt“. Er erklärt dazu: „Die Vereinigten Staaten unterhalten Atomwaffen, weil sie ein wirksames Abschreckungsmittel gegen andere Atomstaaten sind. Die Ukraine sollte das gleiche Recht haben.“

Die offene Befürwortung der Stationierung von Atomwaffen in der Ukraine erfolgt inmitten einer massiven, jahrelangen Aufrüstung der US-Atomstreitkräfte.

Am Montag berichtete die in Genf ansässige International Campaign to Abolish Nuclear Weapons (ICAN), dass die Vereinigten Staaten im vergangenen Jahr 43,7 Milliarden Dollar für die Modernisierung ihres Atomwaffenarsenals ausgegeben hätten, mehr als alle anderen Länder der Welt zusammen.

In dem Bericht heißt es: „Russland gab mit 9,6 Milliarden Dollar 22 Prozent dessen aus, was die USA ausgaben, und China gab mit 11,7 Milliarden Dollar etwas mehr als ein Viertel des US-Gesamtbetrags aus.“ Nach Angaben von ICAN gaben die USA im vergangenen Jahr jede Minute 83.143,- Dollar für die Modernisierung von Atomwaffen aus.

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