Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj gab am Dienstag in einem Interview mit der BBC zu, dass die seit langem erwartete „Gegenoffensive“ des Landes „langsamer als erhofft“ vonstatten geht.
Er erklärte: „Manche glauben, das geht wie in einem Hollywood-Film zu und erwarten Ergebnisse. Aber so ist es nicht.“
„Es stehen Menschenleben auf dem Spiel“, behauptete er absurderweise, während er zehntausende Ukrainer zum Angriff auf stark verminte russische Befestigungen und in den nahezu sicheren Tod schickt.
So behauptete die Ukraine am Montag, sie habe die Stadt Pjatychatki erobert. Der Gouverneur der Provinz Saporischschja, Juri Malaschko, erklärte hingegen am Mittwoch: „Die Kämpfe dauern noch an, und nicht nur dort, sondern an der ganzen Front.“
Selbst die stark zensierten ukrainischen Medien beginnen, die Veränderungen in der Haltung der Regierung zur Offensive zu kommentieren. Die populäre Nachrichtenseite Strana meldete am Mittwoch: „Die ukrainischen Behörden haben seit mehreren Tagen ihre Wortwahl hinsichtlich der Gegenoffensive im Süden geändert. Wenn früher ‚Stillschweigen‘ das Hauptthema war, das eingehalten werden müsse, um die Streitkräfte der Ukraine nicht zu behindern, so ist jetzt das Narrativ ein anderes – ‚die Offensive ist im Gange, aber sie wird nicht einfach sein’.“
Das russische Verteidigungsministerium erklärte letzte Woche, bei der Gegenoffensive würden jeden Tag bis zu 1.000 ukrainische Soldaten getötet werden. Zudem seien 30 Prozent der vom Westen gelieferten Panzer bereits zerstört worden. Die Ukraine hat diese Zahlen nicht bestritten und lediglich im Gegenzug behauptet, sie habe 4.600 russische Soldaten getötet bzw. verwundet.
Das würde bedeuten, dass in der seit zwei Wochen andauernden Offensive bereits mehr als 10.000 ukrainische Soldaten getötet wurden, um acht kleine Dörfer und 113 Quadratkilometer zurückzuerobern. Die Zahl der Verwundeten ist aller Wahrscheinlichkeit nach deutlich höher.
Neben diesen zehntausenden Toten und Verwundeten wurden bereits im ersten Jahr des von der Nato provozierten Kriegs schätzungsweise 200.000 Ukrainer getötet – in einem Land, in dem vor Beginn des Krieges knapp unter 40 Millionen Menschen lebten, davon nur knapp über zwanzig Millionen Männer. Selbst bei einer konservativen Schätzung der Todesopfer nähert sich die Ukraine damit einer Lage, in der ein Großteil der Männer im Erwerbsalter entweder tot oder verwundet ist. Durch dieses schreckliche Blutbad ist der Personalbestand offensichtlich zu einem schwerwiegenden Problem für die ukrainische Armee geworden.
Nachdem die Zahl der erfahrenen Soldaten aufgrund des Massakers in Bachmut immer kleiner wurde, haben die ukrainischen Streitkräfte im Verlauf des letzten Jahres versucht, schnellstmöglich Sturmbrigaden aus Soldaten aufzustellen, die in amerikanischen Stützpunkten in Deutschland ausgebildet wurden. Regelmäßig werden Jugendliche und Arbeiter ohne militärische Erfahrung von der Straße weg eingezogen. Deshalb treffen viele ukrainische Soldaten schlecht ausgebildet, schlecht bewaffnet und kaum motiviert an der Front ein, wo sie oft schon nach wenigen Tagen, oder sogar Stunden, getötet werden.
Jewgen Udowjechenko (37), Kommandant der Angriffsgruppe von Bataillon 122 in der 81. Brigade, erklärte in der Nähe des Dorf Welyka Nowosilka in der Provinz Donezk gegenüber einem Reporter des Guardian: „Die Lage sieht nicht gut aus. Wir haben nicht genug Waffen und gepanzerte Fahrzeuge. Wir wurden in Bilochoriwka fast eingekesselt, es gab nur einen Weg rein und raus.“
Er fügte hinzu: „Wir brauchen besseres Training. Ich sage den Rekruten, sie müssen in eine Flasche pinkeln, und dann verlassen sie den Schützengraben und werden erschossen.“
Zwei anonyme Vertreter der US-Regierung erklärten letzten Freitag gegenüber der New York Times, die Ukraine erleide „wie erwartet“ schwere Verluste an Menschen und Material. In der Tat kommen die massiven Verluste für Selenskyj und seine imperialistischen Hintermänner nicht überraschend. Selenskyj hatte nur wenige Stunden vor Beginn der „Gegenoffensive“ angekündigt, dass „eine große Anzahl von Soldaten“ sterben würde.
Das volle Ausmaß des Blutbades ist zwar noch unbekannt, doch es ist schon jetzt klar, dass sich die groß angekündigte ukrainische Gegenoffensive bereits zu einem offenen Debakel für Kiew und dessen Nato-Unterstützer entwickelt, die im Laufe des letzten Jahres Milliarden Dollar in die Vorbereitung der größten Militäroperation in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg gesteckt haben.
Doch die offensichtlichen Rückschläge der Gegenoffensive bedeuten keineswegs, dass sich die Gefahr einer weiteren Eskalation des Konflikts zu einem offenen Krieg zwischen Russland und der Nato verringert hat. Im Gegenteil reagierten die imperialistischen Mächte und das krisengeschüttelte Selenskyj-Regime auf die militärischen Rückschläge mit einer Vergrößerung ihrer Kriegsanstrengungen und einer immer direkteren Intervention der Nato.
Es ist ein Hinweis auf die Gefahr einer bevorstehenden weiteren Eskalation des Krieges, dass Russland am Dienstag die Ukraine beschuldigte, einen Angriff auf die Krim mit von den USA gelieferten HIMARS-Langstreckenraketensystemen und von Großbritannien gelieferten Storm-Shadow-Marschflugkörpern zu planen. Für den Fall, dass Kiew den Angriff durchführen würde, warnte Moskau, dass es sowohl die Vereinigten Staaten als auch das Vereinigte Königreich als vollwertige Teilnehmer an dem laufenden Stellvertreterkrieg betrachten würde.
Der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu erklärte am Dienstag bei einem Treffen von Vertretern des Militärs: „Der Einsatz dieser Raketen außerhalb der Zone unserer militärischen Spezialoperation würde bedeuten, dass die USA und Großbritannien zur Gänze in den Konflikt hineingezogen würden. Die Folge wären sofortige Angriffe auf die Entscheidungszentren in der Ukraine.“
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Das Selenskyj-Regime hat bereits den Kreml angegriffen, mehrere Unterstützer der russischen Regierung ermordet und mit Hilfe von Neonazi-Kräften Angriffe im Inneren Russlands durchgeführt. Es hat immer wieder gezeigt, dass es zu den rücksichtslosesten Provokationen im Interesse der Nato bereit ist.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg bekräftigte am Sonntag seine Unterstützung für die Gegenoffensive und machte deutlich, dass es das Ziel des Krieges sei, Russland militärisch zu unterwerfen, sodass es die Ziele des westlichen Imperialismus in der Ukraine und der ehemaligen Sowjetunion nicht mehr gefährden kann.
Gegenüber der Welt am Sonntag erklärte er: „Wir wollen alle, dass dieser Krieg endet. Aber damit ein Frieden dauerhaft sein kann, muss er gerecht sein. Frieden kann nicht bedeuten, den Konflikt einzufrieren und einen Deal zu akzeptieren, der von Russland diktiert wird.“
Stoltenberg erklärte weiter: „Nur die Ukraine allein kann die Bedingungen definieren, die akzeptabel sind.“ Nimmt man Kiews gegenwärtige Forderungen als Grundlage, so würde das die Rückgabe des gesamten Donbass und der Krim bedeuten.
Weiter erklärte er: „Wir müssen sicherstellen, dass es, wenn dieser Krieg endet, glaubwürdige Vereinbarungen für die Sicherheit der Ukraine gibt, sodass Russland sich nicht wiederbewaffnen und erneut attackieren kann und der Zyklus der russischen Aggression durchbrochen wird.“ Dabei ignorierte er geflissentlich die Tatsache, dass der derzeitige Krieg der dritte Versuch des deutschen Imperialismus in etwas mehr als einem Jahrhundert ist, die Ukraine, Russland und die immensen Rohstoffe der Region unter seine Kontrolle zu bringen.
US-Außenminister Anthony Blinken traf sich am Montag nach seinem Besuch in China in London mit dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba, der andeutete, dass die Ukraine bald mit noch mehr Waffen und Geld rechnen können. Weiter erklärte Kuleba, er und Blinken hätten „die nächsten Schritte zur Stärkung der ukrainischen Fähigkeiten zur Gegenoffensive, die angestrebten Ergebnisse des Gipfeltreffen in Vilnius zur Nato-Mitgliedschaft der Ukraine und die globale Unterstützung für die Friedensformel besprochen“.
Erst letzte Woche hatte Kuleba seine westlichen Unterstützter auf Facebook angefleht, nicht von ihrem Kurs auf einen potenziellen Atomkrieg abzurücken, weil die Gegenoffensive ins Stocken gerät.
Kuleba schrieb: „Mit Blick auf die Partner [der Ukraine] ist das Wichtigste, keine Angst vor globalen Veränderungen zu haben und die Unterstützung der Ukraine nicht einzustellen. Ein Leben ohne ein modernes Russland ist möglich. Und wir arbeiten weiterhin täglich an neuen Waffen für die ukrainischen Streitkräfte, der Stärkung der internationalen Koalition zur Unterstützung der [ukrainischen] Friedensformel und der Wiederherstellung der Ukraine. Das alles wird kommen.“
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