Nach Ausweisung des französischen Botschafters aus dem Niger: Macron droht mit Krieg

Am 25. August setzte die nigrische Militärjunta in Niamey dem französischen Botschafter Sylvain Itté eine Frist von 48 Stunden, um das Land zu verlassen. Diese Frist wurde gesetzt, nachdem Frankreich am 3. August fünf Abkommen über militärische Zusammenarbeit, die zwischen 1977 und 2020 unterzeichnet worden waren, aufgekündigt hatte. Am 14. August wurde angeordnet, dass alle französischen Truppen in Niger, einer ehemaligen französischen Kolonie, das Land bis Anfang September verlassen müssen.

Französische Soldaten steigen am 9. Juni 2021 in Niamey, Niger, aus einem C130-Frachtflugzeug der US-Luftwaffe [AP Photo]

In dem Schreiben des von der Junta eingesetzten nigrischen Außenministers heißt es: „Die zuständigen nigrischen Behörden haben beschlossen, Herrn Sylvain Itté die Genehmigung zu entziehen und ihn aufzufordern, das nigrische Hoheitsgebiet innerhalb von achtundvierzig Stunden zu verlassen.“ Das Ministerium erklärt, die Entscheidung, den Botschafter auszuweisen, sei „eine Reaktion auf Maßnahmen der französischen Regierung, die gegen die Interessen Nigers gerichtet sind“. Dazu gehörte die Weigerung des französischen Botschafters, auf eine Einladung zu einem Treffen mit Nigers neuem Außenminister zu reagieren.

Das französische Außenministerium hat das Ultimatum gegen den Botschafter rasch zurückgewiesen. Die Regierung in Paris hatte wiederholt erklärt, dass sie die Autorität der nigrischen Junta nicht anerkenne. „Die Putschisten haben nicht die Befugnis, dieses Ersuchen zu stellen. Die Genehmigung des Botschafters erfolgt nur durch die legitimen gewählten nigrischen Behörden“, so die französische Regierung.

Am Montag äußerte sich der französische Präsident Emmanuel Macron dazu in einer Rede, die er während des Jahresempfangs der französischen Botschafter im Elysée-Palast hielt. Macron sagte, Itté werde in Niamey bleiben, und ein militärisches Vorgehen gegen Niger werde vorbereitet. Er erklärte, die Junta in Niamey habe „keine Befugnis“, Itté zum Verlassen ihres Landes aufzufordern. Er hob die „verantwortungsvolle Politik“ der afrikanischen Länder in der ECOWAS (Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten) hervor, die auf Geheiß von Paris und Washington in Niger einmarschieren könnten.

Er lobte die Pläne zur „Unterstützung diplomatischer Maßnahmen und, sobald man sich auf eine militärische Aktion geeinigt hat, der ECOWAS im Rahmen einer Partnerschaft“.

Macron kritisierte auch implizit den Widerstand gegen Pläne für eine von Frankreich geführte Militärintervention, die sich gegen Niger und die Militärregime in den Nachbarländern Mali und Burkina Faso richtet. „Die Schwäche, die einige gegenüber früheren Staatsstreichen gezeigt haben, hat regionale Tendenzen gefördert“, sagte er.

In Wirklichkeit sind die Staatstreiche das Ergebnis von mehr als zehn Jahren blutiger Nato-Kriege in ganz Afrika und insbesondere in einem Großteil des ehemaligen französischen Kolonialreichs in Afrika. Nach dem Nato-Krieg gegen Libyen im Jahr 2011 begann Frankreich ab 2013 mit einer militärischen Besetzung Malis, und neun Jahre lang stationierte die Regierung in Paris Tausende Soldaten in Niger und Burkina Faso. Angesichts der zunehmenden Wut, Streiks und Proteste gegen die französische Militärpräsenz waren die französischen Truppen im vergangenen Jahr gezwungen, Mali zu verlassen.

Regierungen, die in Mali, Burkina Faso und auch in Niger eng mit den französischen Militäroperationen zusammengearbeitet haben, sind angesichts großer Unzufriedenheit in der Bevölkerung gestürzt und durch Militärregimes ersetzt worden. Diese Militärregimes haben sich seither an Russland gewandt und die Wagner-Miliz, die auch im Ukraine-Konflikt aktiv ist, ins Land geholt.

Jetzt, inmitten des Nato-Krieges mit Russland in der Ukraine, wächst die Gefahr einer größeren Eskalation in Afrika. Insbesondere Frankreich drängt auf einen Krieg, in dem Schwergewichte der ECOWAS wie Nigeria, Ghana oder die Elfenbeinküste Bodentruppen für einen Krieg unter Nato-Führung stellen sollen, um Mali, Niger und Burkina Faso zurückzuerobern. Frankreich, die USA und andere Nato-Mächte unterstützen die Forderung der ECOWAS, den nigrischen Präsidenten Mohamed Bazoum wieder einzusetzen, den die Junta am 26. Juli durch einen Putsch abgesetzt hatte.

Am 24. August, einen Tag vor der nigrischen Forderung nach Ittés Ausweisung, reisten die Außenminister von Burkina Faso und Mali, Olivia Rouamba und Abdoulaye Diop, nach Niamey, wo sie sich mit dem Juntachef General Abdurahamane Thiani trafen. Anschließend unterzeichneten sie Abkommen, welche die Verteidigungs- und Sicherheitskräfte von Burkina Faso und Mali ermächtigen, im Falle eines Angriffs auf nigrischen Boden einzugreifen.

Letzte Woche hatten Vertreter der ECOWAS in Niamey Gespräche mit General Abdourahmane Tchiani geführt. Das Treffen fand einen Tag statt, nachdem Vertreter der ECOWAS-Staaten ihre Bereitschaft zum militärischen Eingreifen erklärt hatten, um Bazoum wieder einzusetzen.

Während des Besuchs der ECOWAS-Delegation in Niamey erklärte Tchiani, er werde die Macht „höchstens drei Jahre lang“ halten, bevor er sie an ein gewähltes Regime abtreten werde. Die Delegation erklärte daraufhin, dass der von der Militärjunta vorgeschlagene Plan inakzeptabel sei, und dass Mohamed Bazoum wieder eingesetzt werden müsse. Damit scheiterten die Verhandlungen.

Die Junta weigerte sich, Bazoum wieder einzustellen. General Tchiani warnte die ECOWAS vor einer Intervention in Niger und erklärte: „Aber lassen Sie uns deutlich sein. Sollte es zu einem Angriff auf uns kommen, wird das kein Spaziergang sein, wie manche Leute zu glauben scheinen.“

Am 26. August gingen Tausende in Niamey auf die Straße und versammelten sich im nigrischen General-Seyni-Kountché-Stadion, um antifranzösische Slogans zu skandieren, nachdem französische Vertreter die „illegalen Militärherrscher“ in Niger angeprangert hatten. Nigrische, algerische und russische Flaggen wurden gehisst.

Ramato Ibrahim Boubakar, ein Teilnehmer an dieser Demonstration, sagte einem Journalisten: „Wir haben das Recht, die Partner zu wählen, die wir wollen, und Frankreich muss diese Wahl respektieren. 60 Jahre lang sind wir niemals frei gewesen.“

Für den 3. September sind weitere Proteste vor dem französischen Militär- und Luftwaffenstützpunkt in Niamey geplant, um den Abzug der französischen Truppen aus Niger zu fordern.

Algerien, das im Norden an Mali und Niger grenzt, lehnt seit dem Putsch vom 26. Juli jede ausländische Militäraktion in Niger ab. Bisher hatte das Militärregime in Algier den französischen Kampfflugzeugen erlaubt, den algerischen Luftraum für die Bombardierung von Zielen in Mali während des Krieges in diesem Land von 2013 bis 2022 zu nutzen. Nun änderte das Regime plötzlich seine Position um 180 Grad. Algerien hat angekündigt, dass man französischen Jagdbombern nicht das Recht einräumen wird, Algerien zu überfliegen. Französische Militärflüge, die vier Stunden über Algerien nach Niger oder Mali brauchen, sollen damit gezwungen werden, einen 10-stündigen Umweg zu nehmen.

Westafrika [Photo by PirateShip6 / CC BY-SA 4.0]

Während die nigrische Junta den französischen Botschafter zum Verlassen des Landes aufgefordert hat, erteilte sie den Botschaftern der USA, Italiens und Deutschlands keinen ähnlichen Befehl. Ein Sprecher des US-Außenministeriums bestätigte laut Reuters: „An die US-Regierung ist kein solches Ersuchen gerichtet worden.“

Am 7. August, als der französische Imperialismus die ECOWAS auf eine Militärintervention in Niger vorbereitete, schickte die Washingtoner Regierung die stellvertretende Außenministerin Victoria Nuland zu Gesprächen mit der Junta. „Für Frankreich steht in Niger viel mehr auf dem Spiel als für Washington“, sagte Cameron Hudson, ehemaliger Afrika-Berater des Weißen Hauses, dem Magazin Politico. „Für Frankreich ist dies eine psychologische und strategische Niederlage.“

Neue interimperialistische Spannungen nehmen zu, insbesondere zwischen Frankreich und den Vereinigten Staaten. „Nach dem Putsch in Niger befürchtet Frankreich, von seinem Verbündeten USA überholt zu werden“, schreibt Le Figaro und zitiert französische Vertreter, die sich darüber ärgern, dass die Junta-Führung zwar US-Truppen, nicht aber französische Truppen in Niger belassen wolle. „Mit solchen Verbündeten braucht man keine Feinde“, sagte ein Vertreter des französischen Außenministeriums.

Vor allem aber streben die Nato-Mächte eine militärische Intervention in Afrika und eine Eskalation des Krieges mit Russland an, den sie bereits in der Ukraine führen. Angesichts der Drohungen bezüglich eines Eingreifens der Nato und der ECOWAS nehmen die militärischen Spannungen in der Region immer mehr zu. Alle Divisionen der Armeen von Niger, Burkina Faso und Mali sind in Alarmbereitschaft versetzt worden. Etwa 10.000 Freiwillige in Niger haben sich der Armee angeschlossen und eine Grundausbildung erhalten. Berichten zufolge werden sie von der russischen Wagner-Gruppe ausgebildet.

Politisch entscheidend wird es sein, die wachsende Bewegung der afrikanischen Arbeiter und der unterdrückten Landbevölkerung zu vereinen und gegen die Kriege Frankreichs und der Nato zu mobilisieren, und sie mit den Arbeitern in den Nato-Ländern, in Russland, in der Ukraine und auf der ganzen Welt zusammenzuführen. Notwendig ist eine internationale Bewegung der Arbeiterklasse gegen den imperialistischen Krieg.

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