Grüne Kriegsoffensive in Nahost

Die aktuellen Nahost-Reisen von Außenministerin Annalena Baerbock und Wirtschaftsminister Robert Habeck (beide Grüne) unterstreichen vor allem zwei Dinge: der deutsche Imperialismus spielt eine Schlüsselrolle bei Israels Völkermord in Gaza und der Vorbereitung eines umfassenderen Kriegs gegen den Iran und dessen Verbündete in der Region. Und die ehemaligen Pazifisten der Grünen gehören dabei zu den aggressivsten Kriegstreibern. Im Zentrum von Baerbocks Reise stand neben der Unterstützung des Genozids, die Ankündigung, nun auch Kampfjets vom Typ Eurofighter an Saudi-Arabien zu liefern.

Robert Habeck, deutscher Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz (rechts), und Außenministerin Annalena Baerbock bei ihrer Ankunft für ein Familienfoto während eines Treffens der deutschen und der rechtsextremen italienischen Regierung im Kanzleramt in Berlin am 22. November 2023 [AP Photo/Markus Schreiber]

Als die grüne Außenministerin am Montag in Tel Aviv eintraf, stellte sie zunächst klar, dass die Bundesregierung das brutale Abschlachten der Palästinenser im Gazastreifen weiterhin voll unterstützt. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit ihrem israelischen Amtskollegen Israel Katz erklärte sie: „Ihr Land kann auf unsere Solidarität im Kampf gegen den blinden Terror, der Israel von der Landkarte ausradieren will, fest bauen. Sie können sich sicher sein, das legitime Selbstverteidigungsrecht Israels im Rahmen des humanitären Völkerrechts verteidigt Deutschland international überall.“

Baerbock weiß genau, dass Israels Vorgehen gegen die Palästinenser nichts mit Selbstverteidigung zu tun hat und tatsächlich mit allen Regeln des humanitären Völkerrechts bricht. Der genozidale Charakter des Kriegs ist so offensichtlich, dass Baerbock selbst die fürchterliche Situation in Gaza nicht ganz ausblenden konnte. An einer Stelle erklärte sie:

Über die Hälfte der Häuser im Norden von Gaza sind beschädigt oder zerstört. Fast zwei Millionen Menschen mussten aus ihrem zu Hause fliehen – also fast alle. Die meisten sind ohne Schutz vor Regen und Kälte, ohne Bett und Sanitätsanlagen. Hunger und Durst sind entsetzlicher Alltag und Seuchen breiten sich aus. Sie alle, kleine Kinder, Schwangere, alte Menschen werden nicht ausreichend versorgt.

Und auch das ist nur eine sehr lückenhafte Beschreibung der Barbarei und des Massenmords, den Israel mit der vollen Unterstützung der imperialistischen Mächte in Gaza verübt. Seit dem 7. Oktober wurden mehr als 30.000 Palästinenser von der israelischen Armee getötet – darunter mehr als 12.000 Kinder und mehr als 6.100 Frauen. Dazu kommen fast 60.000 Menschen, die bei den pausenlosen Angriffen verwundet wurden. Selbst Schulen, Krankenhäuser und Flüchtlingslager werden massenhaft bombardiert und Beschäftigte des Gesundheitswesens und Journalisten gezielt getötet.

Wenn Baerbock nun fordert, die israelische Armee müsse „mehr tun, um palästinensische Zivilisten in Gaza zu schützen“ und in Tel Aviv für eine „weniger intensive Operationsführung“ plädierte, ist das der Gipfel des Zynismus. Wären die imperialistischen Mächte wirklich am Schutz von Zivilisten interessiert, könnten sie den Krieg sofort stoppen. Stattdessen vervielfachen sie die Waffenlieferungen an Israel und stärken dem rechtsextremen Netanjahu-Regime den Rücken. In Tel Aviv bekannte sich Baerbock explizit zur Zerstörung der Hamas, dem Kriegsziel Netanjahus, der darunter die Beseitigung der Palästinenser versteht.

Hinter der Forderung nach einer „weniger intensiven Operationsführung“ im Gazastreifen, die auch von den USA und Teilen des israelischen Regimes erhoben wird, steckt zudem der Plan, den Kriegsfokus nach der weitgehenden Zerstörung Gazas stärker auf den Iran und seine Verbündeten zu richten. Auch hier spielt der deutsche Imperialismus eine zentrale Rolle. In Tel Aviv drohte Baerbock der libanesischen Hisbollah, den Huthis im Jemen und dem Iran. Gleichzeitig pries sie Saudi-Arabien und stellte der reaktionären Golfmonarchie massive Waffenlieferungen in Aussicht.

Mit dem Abschuss von gegen Israel gerichteten Raketen der Huthi-Miliz durch die saudische Luftwaffe trage Riad „maßgeblich auch in diesen Tagen zur Sicherheit Israels bei“, so Baerbock. Saudi-Arabien trage auch „dazu bei, die Gefahr eines regionalen Flächenbrandes einzudämmen“. Und „gerade deshalb“ könne sich die deutsche Bundesregierung nicht länger „den britischen Überlegungen zu weiteren Eurofightern für Saudi-Arabien entgegenstellen“.

In Wirklichkeit dient die Lieferung von Kampfjets an Riad, die die Ampelkoalition in ihrem Koalitionsvertrag noch explizit abgelehnt hat, der Vorbereitung eines umfassenden Kriegs gegen den Iran, der die gesamte Region in eine Inferno verwandeln würde. Es wird immer deutlicher, dass es den imperialistischen Mächten nicht nur um die Zerstörung des Gazastreifens geht, sondern um die Kontrolle des gesamten Nahen Ostens.

Dabei entwickelt vor allem Berlin eine geradezu fieberhafte Aktivität, um seine räuberischen wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen in der Region zu sichern. Während Baerbock Israel, dem Libanon, Jordanien und al-Sisis Militärdiktatur in Ägypten ihre Aufwartung machte, besucht Habeck, der am Diensttag seine Nahostreise begann, neben Israel auch das Westjordanland, den Oman und Saudi-Arabien. Als Habeck am Mittwoch in Riad eintraf wurde bekannt, dass der Bundessicherheitsrat bereits Ende Dezember 2023 die Lieferung von Luft-Luft-Lenkflugkörpern Iris-T aus deutscher Produktion an Saudi-Arabien genehmigt hat.

Das enge Bündnis mit den Saudis entspricht dabei ebenfalls der genozidalen Logik der imperialistischen Politik. Wenn in den letzten Jahre bereits ein Krieg völkermörderische Ausmaße angenommen hat, war es das saudische Vorgehen im Jemen. Die genaue Zahl der Menschen, die durch systematische Bombardierung und Hungerblockaden ihr Leben verloren, ist nicht genau dokumentiert, aber es geht um Hunderttausende. Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) schätzte die Zahl der Todesopfer bereits im November 2021 in einem Bericht auf 377.000.

In Saudi-Arabien selbst werden Menschen am laufenden Band hingerichtet – allein im vergangenen Jahr waren es 170 – und Regimegegner werden auf Geheiß der Regierung beiseite geschafft. So war etwa der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman direkt in den bestialischen Mord am saudi-arabischen Journalisten und Regimegegner Jamal Khashoggi involviert. Khashoggi wurde am 2. Oktober 2018 in das saudische Konsulat in Istanbul gelockt, dort zerstückelt und seine Leiche anschließend in Säure aufgelöst.

Der deutschen Regierung ist all dies bekannt. Der heutige Co-Vorsitzende der Grünen, Omid Nouripour, hatte als damaliger außenpolitischer Sprecher seiner Partei nach Bekanntwerden der mörderischen Details noch gefordert: „Dem Haus Saud muss Deutschland klarmachen, dass keine normalisierten Beziehungen mit ihm möglich sind, solange ein Mörder, der seine Kritiker zerstückeln lässt, Kronprinz des Landes ist“.

Jetzt gehören das gleiche Haus Saud und sein Kronprinz zu den engsten Bündnispartnern und Waffenbrüdern der Regierung. Am Montag betonte der Regierungssprecher Steffen Hebestreit auf der Bundespressekonferenz, dass Baerbocks Vorstoß, Eurofighter an Riad zu liefern, von der gesamten Bundesregierung unterstützt werde.

„Ja, der Bundeskanzler teilt diese Einschätzung“, gab Hebestreit zu Protokoll. Die Bundesregierung habe „das, was als Jemenklausel bekannt geworden ist, im Lichte der Entwicklungen der letzten Monate und Jahre im Konflikt im Jemen neu bewertet“. Dabei habe man auch in Bezug auf auf die Rolle der Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabiens „eine Neubewertung vorgenommen“.

Das ist unmissverständlich. Die „Neubewertung“ besteht darin, dass die Ampel-Koalition nach einer kurzen Phase der öffentlichen Distanzierung, dem saudischen Terrorregime und seinem massenmörderischen Krieg im Jemen ganz offen den Segen erteilt. So viel zu Baerbocks „feministischer Außenpolitik“, die sich bei Lichte betrachtet als nichts anderes erweist, als ein identitätspolitischer Deckmantel für die ruchlose Verfolgung imperialistischer Interessen.

Die WSWS schreibt in ihrem Neujahrsstatement, dass die Eskalation des imperialistischen Militarismus „zur Übernahme von Völkermord als legitimem Instrument der Staatspolitik geführt hat“. Das gilt vor allem auch für die herrschende Klasse, die bereits im Zweiten Weltkrieg mit dem Holocaust und dem Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion die schlimmsten Verbrechen in der Menschheitsgeschichte begangen hat.

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