250.000 Menschen demonstrieren in London gegen Israels Angriff auf Gaza, Polizei verschärft Repression

Am Samstag beteiligten sich in London etwa 250.000 Menschen an der Kundgebung „National March for Palestine – Ceasefire Now“. Es war bereits die achte Demonstration in der britischen Hauptstadt seit Israel seinen völkermörderischen Angriff auf den Gazastreifen begonnen hat.

Aufgrund eines landesweiten Eisenbahnerstreiks lag die Teilnehmerzahl niedriger als bei der letzten Demonstration am 13. Januar.

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Ein Mitglied der International Marxist Tendency (IMT) wurde von der Polizei verhaftet, und zwei weitere zunächst festgehalten. Rahul, ein Arzt beim NHS, und seine beiden Genossen, wurden unter dem Vorwurf der „Unterstützung von Terrorismus“ festgenommen, wobei sich die Polizei auf eine Schlagzeile auf ihren Bannern und in der Zeitung The Communist berief, in der sie zur „Intifada bis zum Sieg“ aufriefen. Das verhaftete IMT-Mitglied wurde mehrere Stunden in einer Polizeiwache festgehalten und schließlich ohne Anklage freigelassen, nachdem vor der Wache eine Protestversammlung begonnen hatte.

Die Socialist Workers Party berichtete am Sonntag, die Polizei sei „in die Gruppe der Socialist Worker Student Society (SWSS) auf der Demonstration eingedrungen und habe das Haupttransparent mit der Parole ,Sieg dem Widerstand‘ beschlagnahmt, es dann aber zurückgegeben“.

Die Metropolitan Police änderte auch den Zeitpunkt des Befehls zur Auflösung des Marsches von 17:30 Uhr auf 16 Uhr. Sie gab dies aber erst in einem um 16:22 Uhr veröffentlichten Tweet bekannt. In der Ankündigung hieß es, dieser Schritt gebe ihnen „zusätzliche Befugnisse, um jegliches antisoziales Verhalten zu verhindern, falls es dazu kommt“.

Polizisten im Einsatz vor Whitehall nach der Demonstration, die früher beendet wurde

In den Tagen vor der jüngsten Demonstration versuchte die Met, die Demonstration zum Regierungssitz in Whitehall zu verbieten – der Durchgangsstraße, die vom Trafalgar Square zum Parlament führt und in der sich der Sitz des Premierministers in der Downing Street befindet. Als die Veranstalter der Demonstration, darunter die Stop the War Coalition und die Palestine Solidarity Campaign (PSC), der Met mitteilten, sie wollten die Demonstration in zwei Stufen beenden – mit einer Kundgebung am Trafalgar Square und einer in Whitehall, erklärte die Polizei, ein Marsch in Whitehall werde „unter keinen Umständen erlaubt“. Am Donnerstag twitterte die PSC ihren Plan, dass der Marsch „nach Whitehall“ gehen würde. Die Met erklärte darauf auf ihren Social-Media-Kanälen: „Das Ausmaß und die Häufigkeit der Demonstrationen verursacht ernsthafte Beeinträchtigungen für viele Londoner. Wir unterstützen den Antrag nicht, den Demonstrationszug auf Whitehall auszudehnen.“ Am Donnerstagabend machte die Polizei einen Rückzieher.

Polizeieinheiten und Fahrzeuge sammeln sich während der Demonstration in einer Seitenstraße nahe Whitehall

Zu Beginn des Massakers in Gaza hatten die palästinensischen Gewerkschaften die internationalen Gewerkschaften aufgerufen, die israelische Kriegsmaschinerie daran zu hindern, von den wichtigsten imperialistischen Mächten Waffen und anderes Material für den Krieg zu erhalten. Dieser Aufruf stieß jedoch bei den großen Gewerkschaftsverbänden weltweit, auch in Großbritannien, auf ohrenbetäubendes Schweigen.

Keine große Gewerkschaft hat Arbeiterdelegationen zu den Hunderten von Demonstrationen geschickt, die seit Beginn des Völkermords in ganz Großbritannien stattfanden. Der Vorsitzende des Trades Union Congress (TUC), Paul Nowak, der für Gewerkschaften mit 5,5 Millionen Mitgliedern verantwortlich ist, hat bei keiner einzigen Demonstration in London gesprochen, um den Völkermord zu verurteilen. Dies entspricht der Haltung von Labour-Parteichef Sir Keir Starmer, der den Völkermord im Bündnis mit der konservativen Sunak-Regierung unterstützt.

Die pseudolinken Verteidiger der Gewerkschaftsbürokratie haben sich bemüht, ihre Blößen zu verstecken, indem sie bei den letzten Demonstrationen für den Gazastreifen einen Gewerkschaftsblock aufstellten, um den Anschein zu erwecken, sie würden etwas organisieren. Diese Blocks bestehen aus einigen lokalen Gewerkschaftsniederlassungen, in denen pseudolinke Unterstützer Positionen innehaben, die Transparente und ein paar Mitglieder zu den Kundgebungen mitnehmen. Niemand verpflichtet sich dabei zu irgendetwas.

Der Socialist Worker erklärte zu der Demonstration am Samstag: „Es gab mindestens 31 Gewerkschaftsbanner in dem speziellen Teil der Demonstration und viele andere über den Rest der Demonstration verteilt.“

Damit sollte ein Arbeiter- und Studentenaktionstag am Mittwoch den 7. Februar begrüßt werden, an dem es keine Arbeitskampfmaßnahmen geben soll.

Mehrere Redner lobten die Anwesenheit des „Gewerkschaftsblocks“ und riefen zur Unterstützung des Aktionstags am nächsten Mittwoch auf. Der Präsident der Gewerkschaft Rail Maritime and Transport (RMT), der Stalinist Alex Gordon, wurde als Redner für die Stop the War Coalition ausgewählt und als Präsident der „mächtigen, mächtigen RMT“ vorgestellt.

RMT-Präsident Alex Gordon bei der Protestveranstaltung in London am 3. Februar 2024

Gordon erklärte auf der Kundgebung: „Diese Woche wird eine wichtige Woche, um Aktionen für Palästina zu unternehmen, für die Unterstützung von Gaza und für die Solidarität mit Palästinensern an ihrem Arbeitsplatz. Diese Woche, am 6. Februar, veranstaltet der Regionalrat der RMT London zusammen mit den Londoner Organisationen von Unite the Union, der UCU [University and College Union] und der NEU [National Education Union] eine Massenkundgebung in der Zentrale der NEU.“

Über den „Arbeitsplatz-Aktionstag“ am 7. Februar fügte er hinzu: „Stop the War und CND rufen alle, die zur Arbeit, aufs College oder eine Universität gehen“ dazu auf, „mit euren Kollegen einen Arbeitsniederlegung in der Mittagspause oder eine Protestveranstaltung am frühen Morgen zu organisieren“.

Gordon forderte die Demonstranten erneut auf, sich darauf zu beschränken, Druck auf die großen kapitalistischen Parteien auszuüben, indem „ihr fordert, dass unsere Regierung aufhört, den Krieg anzuheizen, aufhört, sich am Völkermord an den Palästinensern zu beteiligen und stattdessen einen dauerhaften Waffenstillstand im Nahen Osten fordert und dafür stimmt“.

Gordon leitet eine Gewerkschaft mit 80.000 Mitgliedern, die eine wichtige Rolle im landesweiten Transport und in der Logistik spielen und die Wirtschaft zum Erliegen bringen können. Hinter seinen verspäteten und rhetorischen Solidaritätsbekundungen mit den palästinensischen Gewerkschaften sind RMT-Mitglieder an Bord von Hilfsschiffen der Royal Navy dabei, britische Kriegsschiffe zu versorgen, die Israel in der Region unterstützen und die sich an der Seite der USA an der andauernden Bombardierung des Jemen beteiligen.

Ein weiterer Redner war Jeremy Corbyn, der die Labour Party von 2015 bis 2019 angeführt hat, bevor er von Starmer aufgrund falscher Antisemitismusvorwürfe aus der Parlamentsfraktion ausgeschlossen wurde. So wie Corbyn sich jahrelang geweigert hat, sich gegen den rechten Flügel zu stellen, erwähnte er auch diesmal Starmers Namen nicht. Er erklärte nur, „diese Länder, Großbritannien und die USA und andere, die Israel weiterhin Waffen und militärische Unterstützung liefern, müssen noch einmal nachdenken. Wenn sie sehr, sehr sorgfältig lesen, was der Internationale Gerichtshof in seinem Urteil schreibt, dann sind sie ebenfalls in Gefahr angeklagt zu werden, weil sie sich gegen das Urteil des IGH gestellt haben. Das Urteil lautet, dass die Kämpfe beendet werden müssen.“

Jeremy Corbyn spricht auf der Kundgebung in London am 3. Februar 2024

Corbyn fügte hinzu: „Ich möchte auch einen besonderen Dank an den Gewerkschaftsblock richten, der heute hier anwesend ist, sowie an die Gewerkschaftsmitglieder, die heute hierher gekommen sind und dem Aufruf der palästinensischen Gewerkschaften gefolgt sind, in der ganzen Welt Aktionen zur Unterstützung des palästinensischen Volkes durchzuführen.“

Die Führung der Stop the War Coalition und der Palestine Solidarity Campaign haben von Anfang an darauf bestanden, dass die Tory-Regierung und die Labour Party durch genug Druck dazu gebracht werden kann, sich gegen das Blutbad zu stellen. Zahlreiche Redner riefen unter der Parole „Kein Waffenstillstand, keine Stimme“ alle dazu auf, bei den in einigen Monaten anstehenden Parlamentswahlen gegen Abgeordnete zu stimmen, die sich nicht für ein Ende des Völkermords einsetzen. Claudia Webbe, die ebenfalls von Starmer aus der Fraktion ausgeschlossen wurde, erklärte dazu zusammenfassend: „Wir bringen den Kampf von unseren Straßen ins Parlament und an die Wahlurne.“

Claudia Webbe bei ihrer Rede auf der Kundgebung am 3. Februar 2024

Gordon wurde von RMT-Generalsekretär Mick Lynch unterstützt, der erneut einen kläglichen Aufruf an Starmer richtete, seine Unterstützung für das zionistische Regime zu beenden: „Wir rufen die Gewerkschaftsbewegung, die gesamte sozialistische Bewegung und unsere Labour Party auf, sich zu erheben und die Menschen zu unterstützen, die massakriert werden, sich gegen den Völkermord zu erheben... das ist es, was wir tun müssen. Fordert die Politiker heraus. Sagt ihnen, sie sollen sich an die Seite der Bevölkerung stellen.“

RMT-Chef Mick Lynch spricht auf der Protestveranstaltung in London am 3. Februar 2024
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