Am 28. Januar veröffentlichte Alex Steiners Blog permanent-revolution.org einen anonymen „Brief über den politischen Gefangenen Bogdan Syrotjuk“, in dem das Internationale Komitee der Vierten Internationale beschuldigt wurde, die Sicherheit des ukrainischen Trotzkisten leichtfertig aufs Spiel gesetzt zu haben. Das IKVI sei daher für Bogdans Verhaftung durch die SBU, die Staatspolizei der Ukraine, verantwortlich.
Grundlage der Anschuldigung vom 28. Januar war die falsche Behauptung, der richtige Name des verhafteten Sozialisten sei „Ostap Rerikh“, derjenige Name, der in Artikeln über die Aktivitäten der Jungen Garde der Bolschewiki–Leninisten (YGBL), die die World Socialist Web Site veröffentlicht hatte, verwendet worden war. In dem Brief wurde behauptet, dass der Name „Bogdan Syrotjuk“ ein Pseudonym sei. Steiners Mitarbeiter Sam Tissot schrieb in einem Kommentar zur Einführung des anonymen Briefes:
Seit seiner Verhaftung hat die World Socialist Web Site (die vom IKVI betrieben wird) eine Kampagne für seine Freiheit gestartet. Doch ohne das Wissen der Parteimitglieder und Unterstützer der Kampagne trägt die Redaktion der WSWS mehr Verantwortung für Ostaps Verhaftung durch die SBU, als sie bisher zugeben wollte.
In dem Brief, den wir erhalten haben, wird behauptet, dass die IKVI-Führung einen jungen sozialistischen Aktivisten, der unter einem vom Faschismus verseuchten Regime arbeitet, keineswegs geschützt, sondern ihn leichtfertig in Gefahr brachte, indem sie seinen richtigen Namen auf der WSWS veröffentlichte und ihm erlaubte, sein Material auf dem stark überwachten sozialen Netzwerk VK zu teilen. In dem Brief wird ferner behauptet, dass diese Informationen absichtlich vor den IKVI-Mitgliedern verheimlicht wurden.
Drei Tage, nachdem diese Denunziation des Internationalen Komitees erschienen war, hat Steiner in seinem Blog unter dem Titel „A Correction and an Apology“ (Eine Korrektur und eine Entschuldigung) einen neuen Text veröffentlicht. Darin heißt es:
Wir wurden darüber informiert, dass der Brief, den wir am 28. Januar 2025 aus anonymer Quelle veröffentlicht haben, sachlich falsch ist. Daher entfernen wir den Brief und unsere Kommentare, die auf dem Brief basieren. In dem Brief wurde behauptet, Bogdan Syrotjuk sei ein Pseudonym des ukrainischen politischen Gefangenen und Führers der Jungen Garde der Bolschewiki-Leninisten (YGBL), und Ostap Rerikh sei sein richtiger Name. Diese Behauptung war sachlich falsch. Auf der Grundlage dieser falschen Informationen beschuldigte der Verfasser des Briefes die World Socialist Web Site (WSWS), in mehreren Artikeln über die YGBL Bogdans echten Namen anstelle seines Pseudonyms verwendet zu haben, wodurch Bogdan Syrotjuks Identität unnötigerweise dem repressiven Arm der ukrainischen Geheimdienste preisgegeben worden sei. Wir, die Redaktion der Website „Permanent Revolution“, entschuldigen uns für die Veröffentlichung dieses sachlich falschen Briefes und unsern Kommentar dazu. Das hätte nicht passieren dürfen.
Wir weisen diese Entschuldigung zurück. Sie ist eine unehrliche Ausflucht für Steiners Entscheidung, eine Denunziation auf der Grundlage einer offensichtlichen Lüge zu veröffentlichen. Diese Entscheidung zielte eindeutig darauf ab, das IKVI und die WSWS in Bogdans Verhaftung zu verwickeln und ihre Verteidigungskampagne zu diskreditieren. Vor der Veröffentlichung dieses Artikels hatte Steiners Blog niemals auch nur eine Zeile über Bogdan Syrotjuks Verhaftung publiziert, geschweige denn sie verurteilt. Aber auf einmal, am Vorabend einer wichtigen Gerichtsverhandlung, die für den 4. Februar angesetzt war, veröffentlichte Steiners Blog diese verlogene Denunziation.
In seinem Rechtfertigungsversuch behauptet Steiner, er habe sich „zweimal an den Vorsitzenden der World Socialist Web Site gewandt und um eine Stellungnahme“ zu den Vorwürfen im anonymen Brief gebeten. Er behauptet, er habe „drei Tage auf eine Antwort gewartet, und, da wir keine erhalten haben, den Brief veröffentlicht“. Die WSWS hat alle ihre E-Mail-Konten sowie die von David North durchsucht. Ein solcher Brief ist nicht eingegangen.
Steiner behauptet ferner, die Entscheidung, die anonyme Denunziation zu veröffentlichen, sei „aus der Überzeugung heraus getroffen worden, dass wir die Verantwortung hätten, vor den Gefahren zu warnen, die es mit sich bringt, wenn man bei politischer Arbeit in einer hochsensiblen Situation kein Pseudonym verwendet“. Diese eigennützige Ausrede ist eine Mischung aus Heuchelei und Betrug. Steiner hat in seinen zahlreichen Denunziationen des Internationalen Komitees niemals Skrupel gezeigt, North bei seinem richtigen Namen zu nennen und Informationen zu veröffentlichen, die seine persönliche Sicherheit gefährden.
Die eigentliche Lüge, die Steiner und sein Mitstreiter Tissot verbreiten, betrifft jedoch die Herkunft dessen, was sie als anonymen Brief bezeichnen. In der Einleitung zu dem am 28. Januar veröffentlichten „Brief“ schrieb Tissot: „Wir konnten die Identität des Absenders ermitteln, werden jedoch seinen Wunsch, anonym zu bleiben, nicht missachten.“
Tatsächlich war die Quelle der Falschinformation kein anonymer Brief. Die erfundene Behauptung, dass das IKVI, die WSWS und David North für die Entlarvung „Ostap Rerikhs“ verantwortlich seien, und dass Bogdan Syrotjuk ein Pseudonym sei, tauchte ursprünglich in einer Reihe von Tweets auf, die ein antikommunistischer Provokateur zwischen dem 30. Dezember 2024 und dem 3. Januar 2025 unter dem Namen Alexander Goldman@bukvasevich gepostet hatte. Dieser bezeichnete sich als „Anarchist und unabhängiger Journalist, der sich auf die Berichterstattung über revolutionäre und radikale Aktivitäten in östlichen Regionen spezialisiert hat“. Der Account, der diesen Namen trug, erschien erstmals am 9. Dezember 2024 auf X. (Aus Gründen, die wir noch erläutern werden, wurde der Account am 3. Februar plötzlich vom Netz genommen.)
Drei Wochen später, am 30. Dezember 2024, begann „Alexander Goldman“ mit der Publikation mehrerer Schmähschriften gegen das IKVI, die WSWS und David North, in denen er behauptete, sie seien für Bogdans Verhaftung verantwortlich:
Das IKVI hat einen schwerwiegenden Fehler begangen, indem es Ostaps Identität preisgab, was negative Konsequenzen für ihn hatte. Um ihre Verantwortung für seine Verhaftung zu vertuschen, haben sie ein Pseudonym erfunden.
Du wärst schockiert, was kleine trotzkistische Sekten so alles treiben, von der sexuellen Belästigung weiblicher Mitglieder innerhalb ihrer Sektionen bis hin zur Verteidigung sexueller Übergriffe. Gruppen wie das IKVI und das RKI sind Sekten. Ihre Mitglieder merken nicht einmal, dass sie Teil einer Sekte sind.
Ostap Rerikh ist sein richtiger Name, während „Bogdan Syrotjuk“ ein Pseudonym ist, das sich die Sektenführer des IKVI ausgedacht haben, nachdem Ostap vom ukrainischen Geheimdienst verhaftet worden war.
Die Führung des IKVI ist für seine Verhaftung verantwortlich, da sie ihn durch den Kontakt mit ihr in die Gefahr brachte, inhaftiert zu werden. Aber niemand im IKVI hat die Verantwortung dafür übernommen. Ich werde in den kommenden Tagen einen ausführlichen Kommentar zu Ostaps Verhaftung abgeben.
Am 3. Januar 2025 veröffentlichte Goldman einen achtteiligen Tweet, in dem er seine Hetze gegen das Internationale Komitee und David North fortsetzte.
Goldman begann mit einem persönlichen Angriff auf North und wiederholte seine Behauptung, das IKVI sei verantwortlich für Bogdans Verhaftung. Dann behauptete er: „Das IKVI beteiligt sich weder an Ostaps Anwaltskosten, noch unterhält es direkten Kontakt zu ihm im Gefängnis.“
Mit der rufschädigenden Unterstellung, das IKVI habe Bogdan seinem Schicksal überlassen, hat Goldman sich als Provokateur entlarvt. Erstens: Auf welche Weise könnte Goldman Informationen über die Zahlung von Bogdans Anwaltskosten oder über den Kontakt zwischen Vertretern des IKVI und dem Gefangenen erlangt haben? Der ukrainische Staat überwacht jeden Zugang zu Bogdan streng. Hätte Goldman Informationen darüber, wer mit dem Gefangenen in Kontakt steht oder nicht, dann könnten sie nur von Bogdans Gefängniswärtern stammen. Außerdem zielt Goldmans Anschuldigung, das IKVI verwehre Bogdan die finanzielle Unterstützung, eindeutig darauf ab, dass das IKVI und seine Anhänger eine Stellungnahme über eine potentielle finanzielle Unterstützung abgeben, die der SBU dann manipulieren und im Interesse seines Verfahrens gegen Bogdan nutzen könnte.
Steiners und Tissots Behauptung, die Quelle der falschen Informationen, die sie am 28. Januar veröffentlicht haben, sei der „Brief“ einer Person, die anonym bleiben wolle, ist schlichtweg gelogen. Alle von Steiner und Tissot vorgebrachten und veröffentlichten Anschuldigungen basierten auf den öffentlichen Tweets von „Alexander Goldman“.
Zwar ist „Alexander Goldman“ ein Pseudonym, das der Provokateur verwendet, aber die verleumderischen Anschuldigungen wurden öffentlich auf X gepostet. Tissot Aussage in seiner Einleitung („Wir konnten die Identität des Absenders ermitteln, werden jedoch seinen Wunsch, anonym zu bleiben, nicht missachten“) war eine zynische Täuschung. Steiner erfand die Geschichte eines anonymen Briefes, um den Lesern von permanent-revolution.org zu verheimlichen, dass er betrügerisches Material verwendete, für das es keinerlei bestätigende Beweise gab, und das von einem Provokateur und antikommunistischen Feind des Marxismus und Trotzkismus stammte.
Hätten Steiner und Tissot ihren Informanten angegeben, hätten die Leser den X-Bericht von „Alexander Goldman“ (@bukvasevich) überprüfen können. Sie hätten sich ein Bild über seine politische Identität und die Glaubwürdigkeit seiner Behauptungen machen können.
Hier ein Beispiel, gepostet am 30. Dezember:
Das vielleicht Ironischste an den Trotzkisten ist, dass sie in ihren kleinen, sektenähnlichen Parteien stalinistische Säuberungen gegen ihre eigenen Mitglieder durchführen, die dazu dienen, das Ego ihrer wohlhabenden Anführer aus der oberen Mittelschicht zu fördern und Spenden von ihren Anhängern einzutreiben (...)
Stalinisten und Trotzkisten haben viel gemeinsam. Beide sind bereit, jeden Gegner des „Arbeiterstaats“ zu töten, und in Zeiten der Revolution werden sie die Anarchisten aufs Korn nehmen und eliminieren. Dies zeigt die Geschichte. Marxisten und Trotzkisten sind Todfeinde der Anarchisten.
Am 1. Januar:
Als extremer Linker, der aus einer anarchistischen Tradition stammt und den Marxismus verachtet, unterstütze ich Trumps einwanderungsfreundliche Haltung [sic], aber gleichzeitig verstehe ich, warum Trump und Musk auf Masseneinwanderung drängen [sic].
Und am 2. Januar:
Faschisten, Nazis, Marxisten und Trotzkisten werden – sobald sie die Staatsmacht ergreifen – die Anarchisten einsperren und töten. Die Geschichte liefert keinen Grund zu der Annahme, dass sie anders handeln würden. Anarchisten würden zweifellos zu denjenigen gehören, die zu eliminieren wären.
Gab es eine Alternative zu Stalin, wie die Trotzkisten behaupten?
Was mich am meisten amüsiert, ist die Vorstellung, dass in Russland alles in Ordnung war, als Lenin, Sinowjew und Trotzki noch den Staat lenkten. In Wirklichkeit begannen die gleichen rücksichtslosen Eliminierungsprozesse schon zu Beginn der kommunistischen Herrschaft.
Im Grunde war es die kommunistische Ideologie selbst, die den Keim dieser Gräueltaten gelegt hat. Der Glaube, dass die Kommunistische Partei historisch dazu bestimmt sei, die soziale Revolution anzuführen, gepaart mit dem Prinzip, dass der Zweck die Mittel heiligt, entfesselte eine Welle der Zerstörung.
Diese Ideen prägten nicht nur die brutale Politik Lenins und Trotzkis, sondern ebneten auch den Weg für Stalin und die Schrecken, die auf Lenins Tod folgten.
Am 2. Januar veröffentlichte Goldman außerdem einen Brief des Anarchisten Alexander Berkman aus dem frühen 20. Jahrhundert, den dieser an Emma Goldman gerichtet hatte:
Trotzki? Nun, er zeigt, dass er ein schrecklicher Feigling ist. Er fürchtet um sein kostbares Leben. Aber auf das Leben anderer hat er nicht viel Rücksicht genommen, als er Massenhinrichtungen anordnete, ganz zu schweigen von den zerstörten Dörfern und Kronstadt usw.
Es würde ihm recht geschehen, wenn ihn jemand erschießen würde. Er hat sogar Angst, Reporter zu treffen. Vielleicht ist ja ein Russe darunter, wissen Sie, dessen Vater oder Bruder von Trotzki getötet wurde. Aber er wird schon Geld verdienen.
Goldman setzte seine antikommunistische Tirade am 3. Januar fort. Er postete einen Tweet mit einer Werbung für ein Buch mit dem Titel: „Bloodstained: One Hundred Years of Leninist Counterrevolution“ (dt. „Blutbefleckt: Hundert Jahre leninistische Konterrevolution“). Dazu schrieb er: „Gewidmet Aron und Fanya Baron und allen Anarchisten, die von der bolschewistischen Tyrannei ermordet wurden – und denen, die für ihre Rettung kämpften.“
Steiner wusste, dass die auf seinem Blog veröffentlichten Anschuldigungen nicht glaubwürdig wären, würde erst ihre Quelle bekannt werden. Deshalb erfand er die Geschichte des „Briefs“ von einem Absender, der anonym bleiben wollte.
Es lässt sich jedoch nicht leugnen, dass Steiner seinen Blog in den Dienst eines Provokateurs gestellt hat, der die Absicht hatte, der ukrainischen Polizei zuzuarbeiten und die vom IKVI organisierte Verteidigungskampagne zu sabotieren. Der Text des „Briefs“ versucht, die grundlegende Lüge zu untermauern, auf der das staatliche Komplott gegen Bogdan Syrotjuk beruht: dass die WSWS eine Propagandaagentur des russischen Staates sei. Dort heißt es: „Im Jahr 2023 spielten die russischen Staatsmedien eine entscheidende Rolle bei der Verbreitung von WSWS-Artikeln über die Ukraine, was die Aufmerksamkeit der ukrainischen Geheimdienste erregte.“
Nachdem seine erfundene Behauptung, das IKVI sei für Bogdans Verhaftung verantwortlich, entlarvt worden war, setzte Goldman seine Bemühungen, die Verteidigungskampagne zu sabotieren und die ukrainische Staatsanwaltschaft zu unterstützen, mehrere Tage lang fort. In einem Tweet vom 3. Februar schrieb Goldman, Bogdans Verhaftung sei „durch Online-Kommunikation mit dem vom Kreml kontrollierten IKVI erleichtert worden, wodurch die ukrainischen Geheimdienste ihn identifizieren konnten“. Dies war jedoch sein letzter Tweet.
Einige Stunden später postete Goldman einen Tweet mit nur einem einzigen Satz: „Ich habe die Entscheidung getroffen, X zu verlassen.“ Mit dem Scheitern seiner Operation schloss dieser Agent provocateur seinen Account und löschte alle seine Tweets. Zu Goldmans Unglück hatte die WSWS in der Voraussicht dieses Versuchs, Beweise für seine Operation zu vernichten, Screenshots des belastenden Materials angefertigt.
Steiner muss reinen Tisch machen. Er hat Goldmans Lügen verbreitet und dessen Versuch, die Verteidigung von Bogdan Syrotjuk zu sabotieren, erleichtert. Er muss eine detaillierte Erklärung darüber abgeben, wie der am 28. Januar veröffentlichte Artikel zustande kam. Wie genau sieht seine Beziehung zu Alexander Goldman aus? Wann begann diese Zusammenarbeit? Was wusste Steiner über die Politik und den Hintergrund dieser Person? Wusste Steiner von früheren Identitäten, die Goldman genutzt hatte, bevor er im Dezember 2024 einen X-Account einrichtete? Hat Steiner mit Goldman bei der Abfassung des Artikels vom 28. Januar zusammengearbeitet?
Es gibt Passagen in dem auf permanent-revolution.org veröffentlichten „Brief“, die mit Steiners früheren Anschuldigungen gegen das IKVI (das er gewöhnlich als „Sekte“ bezeichnet) völlig im Einklang stehen. In der Schlussfolgerung des „Briefes“ wird die IKVI-Führung des „Opportunismus“ bezichtigt, was im Allgemeinen nicht die Kritik von Anarchisten ist, die den Marxismus in all seinen Formen zutiefst ablehnen. Dies wirft eine Frage auf: Hat Steiner bei der Abfassung der ursprünglichen Tweets Ende Dezember und Anfang Januar mit Goldman zusammengearbeitet?
Die gleiche Kritik wiederholt auch Tissot in seinem zusammenfassenden Kommentar, der auf den Text des „Briefs“ folgte: „Das Versäumnis, Ostaps Identität angemessen zu schützen, ist eine Folge des opportunistischen Charakters des Regimes.“
Wenn auch der Hergang und die Art seiner Beziehung zu dem Provokateur „Alexander Goldman“ bisher nicht geklärt sind, kann mit absoluter Sicherheit gesagt werden, dass Steiners Veröffentlichung von Goldmans Lügen nicht etwa aus einem dummen Missgeschick eines Journalisten heraus entstanden ist. Steiners Politik – und die seines Mitarbeiters Tissot – hat sie zu perfekten Komplizen von Goldmans Provokation gemacht.
Es ist nicht das erste Mal, dass Steiner seine Dienste für eine Provokation gegen die trotzkistische Bewegung anbietet. Erst vor kurzem war er die wichtigste amerikanische Quelle für Aidan Beattys biografische Schmähschrift über den trotzkistischen Führer Gerry Healy und das IKVI. Steiner stellte Beatty, dessen verleumderisches Machwerk von pro-zionistischen Institutionen finanziert wurde, alle persönlichen Informationen zur Verfügung, die er über den familiären Hintergrund von David North hatte. Wie North dazu anmerkte: „Das FBI wird Steiners Dienste als Informant zu schätzen wissen.“
Steiner selbst ist kein Polizeispitzel. Aber sein Subjektivismus und sein unkontrollierbarer Hass auf das IKVI machen ihn für dessen Feinde nützlich. Sie betrachten permanent-revolution.org als eine Art Verteilerzentrum, das sie zuverlässig nutzen können, wenn sie Anti-IKVI-Denunziationen und Falschinformationen unter die Leute bringen wollen. Goldman wusste, dass Steiner die Gelegenheit ergreifen würde, das IKVI anzugreifen.
Steiners Blog existiert seit etwa 15 Jahren. Wenn er überhaupt zu wichtigen Weltereignissen Stellung nimmt – was selten vorkommt – zeichnet sich seine Politik durch vulgärsten Impressionismus, Opportunismus und das völlige Fehlen marxistischer und trotzkistischer Prinzipien aus. Die Abstände zwischen den Artikeln, die Steiner auf seinem eigenen Blog veröffentlicht, betragen in der Regel vier bis acht Monate.
Zur Covid-19-Pandemie hat er keinen einzigen Kommentar abgegeben. Er hat weder über den Völkermord im Gazastreifen geschrieben, noch ihn verurteilt. Der einzige Artikel über die Ukraine unter Steiners Namen erschien vor fast drei Jahren und enthielt eine reaktionäre Befürwortung der Verteidigung der Ukraine im Namen der nationalen Selbstbestimmung.
Das durchgängige Thema von Steiners Blog und der zentrale Zweck seiner Existenz ist der Hass auf das Internationale Komitee. In seinem Bestreben, die Arbeit des IKVI zu stören, ist er bereit, mit jedem zusammenzuarbeiten, egal wie reaktionär dessen Politik ist.
Diese Feindseligkeit wurzelt letztlich in Steiners kleinbürgerlicher Politik und seinen antimarxistischen theoretischen Auffassungen. Wie bei vielen radikalen Studenten der 1960er Jahre entwickelten sich seine theoretischen Konzepte und seine politische Einstellung unter dem Einfluss der Frankfurter Schule, die er zu Unrecht für eine Form des Marxismus hielt. Als Steiner 1970 der Workers League, dem Vorläufer der Socialist Equality Party, beitrat, glaubte er, dass der Trotzkismus irgendwie mit dem Freudianismus und den Auffassungen von Herbert Marcuse vereinbar sei.
Zu den ungelösten politischen und philosophischen Fragen gesellte sich ein extremer und höchst unbeständiger Subjektivismus. Er ist das auffälligste Merkmal von Steiners gequälter Persönlichkeit.
Nach einigen kurzen Jahren der Aktivität in der trotzkistischen Bewegung gab Steiner 1978 im Alter von 32 Jahren die revolutionäre Politik auf. Er verließ die Workers League, und die letzten 46 Jahre hat er im Milieu der kleinbürgerlichen Philister verbracht. Zwar war Steiner mit seinem Rückzug aus der sozialistischen Politik nicht ganz im Reinen. Nach der Spaltung des Internationalen Komitees mit der Workers Revolutionary Party nahm er wieder Kontakt zu seinen ehemaligen Genossen in der Workers League auf. Er bekannte sich zur Unterstützung ihres Kampfes, den sie zur Verteidigung des Trotzkismus geführt hatten. Besonders überschwänglich äußerte er seine Bewunderung für David North.
Noch 1999 bewarb sich Steiner erneut um die Mitgliedschaft und behauptete, mit dem IKVI und der Socialist Equality Party übereinzustimmen. Die Diskussion über seinen Antrag machte der SEP jedoch klar, dass Steiner trotz seiner Loyalitätsbekundungen für das IKVI ein bürgerlicher Radikaler blieb. Seine anhaltende Bindung an die antimarxistischen Vorstellungen der Frankfurter Schule war mit einer Parteimitgliedschaft nicht vereinbar.
Steiners rascher Rechtsruck als Reaktion auf die Ereignisse vom 11. September 2001 und die darauffolgenden Kriege im Nahen Osten hat diese Einschätzung bestätigt. Seine Anfälligkeit für Demoralisierung, die schon immer ein Merkmal von Steiners Persönlichkeit war, nahm unter dem Einfluss des reaktionären politischen Umfelds einen bösartigen Charakter an.
Steiner rechtfertigte seinen endgültigen Bruch mit der revolutionären Politik, indem er das Scheitern des Trotzkismus verkündete. Er trat in die Fußstapfen der demoralisierten Ex-Marxisten, die sich in den 1940er und 1950er Jahren dem Antikommunismus verschrieben hatten. Und der Trotzkismus wurde für ihn zum „Gott, der versagt hat“. In der bekannten Art verbitterter Abtrünniger entwickelte er einen unerbittlichen Hass auf ehemalige Genossen, die weiterhin in der revolutionären Politik aktiv bleiben. Diejenigen, die an sozialistischen Grundsätzen festhalten und opportunistische Politik ablehnen, werden von ihm regelmäßig als „Kultisten“ denunziert. Steiner betrachtet ihr unerschütterliches Engagement für die sozialistische Sache als Vorwurf und ständigen Stachel im Fleisch seines eigenen Renegatentums. Er kann seine Politik und seine Lebensentscheidungen nicht rechtfertigen, ohne seine ehemaligen Genossen, insbesondere David North, zu hassen.
Trotzki schrieb einmal: „In der Politik spielt Hass die abscheulichste Rolle.“ Steiners politischer und moralischer Abstieg bis zur bereitwilligen Zusammenarbeit mit einem Provokateur gegen das Internationale Komitee – selbst auf Kosten der Verteidigung eines inhaftierten ukrainischen Genossen – ist eine Bestätigung von dieser Warnung Trotzkis.