Perspektive

Der Konflikt zwischen den USA und der EU und Trumps Plan, die Rohstoffe der Ukraine zu beschlagnahmen

Die Außenminister der USA und Russlands treffen sich heute in Saudi-Arabien zu Gesprächen über den Ukraine-Krieg und über die Wiederherstellung bilateraler Beziehungen. Mit dem Bemühen um „Frieden“ haben diese Gespräche nichts zu tun. Vielmehr sind sie ein weiterer Schritt in Richtung eines globalen Kriegs, der die Menschheit mit der nuklearen Vernichtung bedroht.

Präsident Donald Trump trifft sich mit dem ukrainischen Präsidenten Volodymyr Zelensky im Trump Tower, 27. September 2024, in New York. [AP Photo/Julia Demaree Nikhinson]

Die Trump-Administration hat letzte Woche gezeigt, worum es ihr wirklich geht, als sie Finanzminister Scott Bessent nach Kiew schickte, um Präsident Wolodymyr Selenskyj einen Deal vorzuschlagen: Die Ukraine überlässt den USA die Hälfte ihrer Seltenen Erden, Lithium- und Titanvorkommen im Wert von einer halben Billion Dollar als Gegenleistung für die bisherige und zukünftige Unterstützung der USA. Da ein Großteil dieser Rohstoffe auf russisch besetztem Gebiet liegt, braucht Trump dafür ein Abkommen mit Moskau.

Ob es tatsächlich zu einem solchen Abkommen kommt, ist dabei mehr als zweifelhaft. Neben Angeboten an Moskau sind aus Washington auch immer wieder Drohungen mit militärischer Eskalation und weiteren Wirtschaftssanktionen zu vernehmen. Trump versucht Putin zu Zugeständnissen im Nahen Osten zu bewegen, wo er die vollständige Vertreibung der Palästinenser aus Gaza und einen Angriff auf den Iran vorbereitet, und Russlands Bündnis mit China zu schwächen, dem zentralen Ziel der US-Kriegsanstrengungen. Wie Verteidigungsminister Pete Hegseth in der vergangenen Woche erklärte, haben die USA „die Abschreckung Chinas vor einem Krieg im Pazifik zur Priorität erklärt“.

Selenskyj, der ursprünglich selbst den Rohstoffdeal mit den USA vorgeschlagen hatte, zögerte, Trumps Schutzgelderpressung im Mafiastil zuzustimmen, weil sie die Ukraine in eine amerikanische Kolonie verwandelt hätte und er auch die Unterstützung der europäischen imperialistischen Mächte braucht. Diese sind zutiefst empört über Trumps Versuch, sich auf ihre Kosten mit Putin zu einigen.

„Nach meiner Rechnung haben wir der Ukraine mehr als 134 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Damit sind wir der größte internationale Geber,“ sagte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas in einem Interview mit Reuters.

Kallas sprach unverblümt aus, was sie von Trumps Kurs hält. „Es kann nicht sein, dass Russland die ukrainischen Gebiete bekommt, die USA die Bodenschätze und Europa die Zeche zahlt für die Friedenssicherung. Das funktioniert nicht. Wir müssen jetzt unsere Stärke mobilisieren,“ erklärte sie der Tagesschau.

Das, und nicht die Sorge um „Demokratie“ und „westliche Werte“, ist der Grund für die Eiszeit in den transatlantischen Beziehungen. Joe Biden hatte beim Krieg gegen Russland noch eng mit den Europäern zusammengearbeitet. Nun wollen sie sich von seinem Nachfolger nicht um ihren Anteil an der Beute prellen lassen.

Die Trump-Administration ließ in den vergangenen Tagen keine Gelegenheit verstreichen, ihre Verachtung für ihre europäischen „Verbündeten“ zu demonstrieren. Zuerst stellte US-Verteidigungsminister Pete Hegseth die amerikanischen Sicherheitsgarantien für Europa in Frage und schlug ein Friedensabkommen mit Russland vor, das auf bisherige Kernforderungen der Nato verzichtet: die Wiederherstellung der Vorkriegsgrenzen und die Aufnahme der Ukraine in die Nato.

Kurz danach telefonierte Trump eineinhalb Stunden lang mit dem russischen Präsidenten, ohne die europäischen Verbündeten darüber zu informieren. Trump und Putin sprachen über gegenseitige Besuche in Washington und Moskau sowie über die Wiederaufnahme Russlands in die G7. Sie vereinbarten die Gespräche in Saudi-Arabien, die jetzt unter Ausschluss der Ukraine und der Europäer begonnen haben.

Zum Auftakt der Münchner Sicherheitskonferenz hielt Vizepräsident J.D. Vance dann eine aggressive Brandrede gegen die Europäische Union. Er warf den Europäern vor: „Die Bedrohung, die ich für Europa am meisten befürchte, ist nicht Russland. Was mich beunruhigt, ist die Bedrohung von innen.“ Er beschuldigte die europäischen Regierungen, die Meinungsfreiheit zu unterdrücken und Angst vor dem eigenen Volk zu haben, weil sie eine angebliche „Brandmauer“ gegen rechtsextreme Parteien wie die Alternative für Deutschland (AfD) errichteten. Anschließend traf er sich mit der AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel zum persönlichen Gespräch.

Europäische Medien und Politiker schäumten. Die Ereignisse rund um die Münchner Sicherheitskonferenz signalisierten das „Ende der nach dem Zweiten Weltkrieg etablierten geopolitischen Ordnung“, erklärte Der Spiegel. Schlagzeilen im Guardian, der Zeit und dem Economist bezeichneten Trumps Politik als „Angriff auf Europa“ und beschuldigten die USA, „die Nachkriegsordnung zu sprengen“.

Die führenden europäischen Mächte reagierten, indem sie kurzfristig ein informelles Gipfeltreffen einberiefen, um über „die Herausforderungen für die Sicherheit in Europa“ zu diskutieren. An dem Treffen, das gestern Abend in Paris stattfand, beteiligten sich neben den Regierungschefs Frankreichs, Deutschlands, Großbritanniens, Italiens, Polens, Spaniens, der Niederlande und Dänemarks auch EU-Ratspräsident António Costa, EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und Nato-Generalsekretär Marc Rutte.

Die europäische Antwort auf Trump ist nicht weniger reaktionär als dessen eigene Politik. Sie lautet: Aufrüsten, aufrüsten und noch mehr aufrüsten. Die Klagen, dass Europa in den vergangenen Jahren nicht genügend ins Militär investiert habe und dies nun dringend nachholen müsse, sind endlos. Die Rede ist von 3 bis 5 Prozent der Wirtschaftsleistung, was einer Verdoppelung und Verdreifachung der derzeitigen Rüstungsausgaben entspricht.

Derart gewaltige Summen sind nur durch einen Frontalangriff auf die Arbeiterklasse zu finanzieren und erfordern die Errichtung einer Diktatur.

Die EU-Außenbeauftragte Kallas sprach sich im Tagesschau-Interview dafür aus, den Ukrainekrieg bis zur militärischen Niederlage Russlands weiter zu eskalieren, was aufgrund der ausgebluteten ukrainischen Armee eine massive Intervention von Nato-Truppen erfordern würde. „Damit ein Land auf den richtigen Weg gerät, muss es seinen letzten kolonialen Krieg verlieren,“ sagte sie. „Russland hat nie seinen letzten kolonialen Krieg verloren, es ist also an uns, dafür zu sorgen, dass das passiert. Vorher können wir nicht zum Alltag mit ihnen übergehen.“

Der britische Premier Keir Starmer, der Trump demnächst treffen will, hat bereits angeboten, im Rahmen eines sogenannten „Friedens“abkommens britische Truppen in die Ukraine zu entsenden. Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte bereits vor Monaten ein ähnliches Angebot gemacht. Im Daily Telegraph forderte Starmer außerdem, dass die europäischen Länder „unsere Verteidigungsausgaben erhöhen und eine größere Rolle in der NATO übernehmen müssen“. Starmer sieht seine Aufgabe darin, die Kluft zwischen den USA und Europa zu überbrücken.

Der tiefere Grund für die scharfen Konflikte zwischen den atlantischen Mächten ist die tiefe Krise des Weltkapitalismus. Die Nato wurde 1949 gegründet, um die Spannungen zwischen den Europäischen Mächten, die zu zwei Weltkriegen geführt hatten, und den Konflikt mit den USA zu überbrücken und im Kalten Krieg eine gemeinsame Front gegen die Sowjetunion zu bilden. Sie war nie frei von inneren Spannungen, doch bewaffnete Konflikte zwischen den Mitgliedern des größten Militärblocks konnten bis auf wenige Ausnahmen vermieden werden.

Nach der Auflösung der Sowjetunion führten die Nato-Mitglieder zahlreiche imperialistische Kriege: unter anderem gegen Irak, Jugoslawien, Afghanistan, erneut Irak, Libyen und Syrien. Doch nun bricht die Nato selber auseinander. Die sogenannte „regelbasierte Ordnung“, die die europäischen Regierungen beschwören, macht dem Recht des Stärkeren und der Anwendung nackter Gewalt Platz.

Die Trump-Administration erhebt Anspruch auf Panama, Grönland und Kanada und schreckt dabei auch nicht vor der Androhung mit Gewalt zurück. Die Europäer reagieren, indem sie sich ihrerseits „kriegstüchtig“ machen.

Bereits W.I. Lenin hatte in seiner klassischen Analyse des Imperialismus, die er während des Ersten Weltkriegs schrieb, erklärt:

„Interimperialistische“ oder „ultraimperialistische“ Bündnisse sind daher in der kapitalistischen Wirklichkeit … notwendigerweise nur „Atempausen“ zwischen Kriegen – gleichviel, in welcher Form diese Bündnisse geschlossen werden, ob in der Form einer imperialistischen Koalition gegen eine andere imperialistische Koalition oder in der Form eines allgemeinen Bündnisses aller imperialistischen Mächte. Friedliche Bündnisse bereiten Kriege vor und wachsen ihrerseits aus Kriegen hervor, bedingen sich gegenseitig, erzeugen einen Wechsel der Formen friedlichen und nicht friedlichen Kampfes auf ein und demselben Boden imperialistischer Zusammenhänge und Wechselbeziehungen der Weltwirtschaft und der Weltpolitik.

Diese Dynamik spielt sich nun innerhalb der NATO selbst ab. Die Zuspitzung der transatlantischen Gegensätze, die Hinwendung aller Länder zu Handelskrieg, Aufrüstung und Krieg und die damit verbundenen Angriffe auf die sozialen Errungenschaften und demokratischen Rechte der Arbeiterklasse setzen enorme Klassenkämpfe auf die Tagesordnung.

Hier liegt die objektive Grundlage für den Kampf gegen Krieg. Nur eine Offensive der internationalen Arbeiterklasse, die den Kampf gegen Ausbeutung und Militarismus mit dem Kampf gegen ihre Ursachen, den Kapitalismus verbindet, kann den Kriegswahnsinn stoppen.