Es ist von historischer und politischer Bedeutung, dass bei der Oscar-Verleihung am Sonntag folgende Filme ausgezeichnet wurden: der pro-palästinensische Film „No Other Land“ als bester Dokumentarfilm und der brasilianische Film „Für immer hier“ über die Verbrechen der US-gestützten Militärdiktatur in diesem Land als bester internationaler Spielfilm.
Die Abstimmungsergebnisse von fast 10.000 Mitgliedern der Academy zeigten zweifelsfrei, dass in den USA und der Welt ein grundlegender Radikalisierungsprozess stattfindet. Bezeichnenderweise deuten Umfragen darauf hin, dass das Interesse an der bevorstehenden Oscar-Verleihung unter 18- bis 29-Jährigen am größten war.
Was „No Other Land angeht“, so haben der Völkermord in Gaza und die derzeitige brutale, illegale Vertreibung Zehntausender palästinensischer Zivilisten aus dem Westjordanland großes Entsetzen und Wut ausgelöst. Der mörderische Angriff einer der am besten ausgerüsteten Militärmaschinerien der Welt gegen eine ganze Bevölkerung, die endloser Gewalt und Demütigung ausgesetzt ist, rüttelt große Teile der Weltbevölkerung wach. Diese Stimmung klingt nicht ab und wird trotz der angestrengten Lügen der Propagandisten aller westlichen Mächte nicht abklingen. Wer kann an einen „Waffenstillstand“ und einen „Frieden“ glauben, den die Schlächter selbst vereinbart haben?
Die zwei Co-Regisseure von „No Other Land“, der Palästinenser Basel Adra und der Israeli Yuval Abraham, nutzten ihre von Dutzenden Millionen weltweit verfolgte Dankesrede, um das jahrzehntelange Unrecht und die anhaltende ethnische Säuberung der Palästinenser sowie die „Zerstörung“ des Gazastreifens und das skrupellose Vorgehen der US-Regierung anzuprangern.
Der Triumph von „Für immer hier“ bei der Oscar-Verleihung wird das Interesse und die Begeisterung für den Film in Brasilien und im Rest der Welt weiter steigern. Das Werk von Regisseur Walter Salles erzählt die Geschichte des Verschwindens von Rubens Paiva, eines Politikers der brasilianischen Arbeiterpartei (PT), der Anfang der 1970er von der Militärjunta ermordet wurde. Der Film schildert den Kampf seiner Frau Eunive Paiva (gespielt von Fernanda Torres, die für die beste weibliche Hauptrolle nominiert wurde) um Gerechtigkeit.
Die WSWS hat bereits darauf hingewiesen, dass der Film in Brasilien von über fünf Millionen Menschen gesehen wurde, wodurch er das fünftbeste Einspielergebnis in der Geschichte des Landes erreicht hat. Laut den Schlagzeilen ist in Brasilien Jubel ausgebrochen, nachdem bekannt wurde, dass er gewonnen hat. Associated Press berichtete, in Rio de Janeiro, „wo gerade die Karnevalsumzüge stattfinden, gab der Sprecher das Ergebnis vor Zehntausenden von Zuschauern bekannt, die darauf mit freudigen Rufen reagierten“.
In seiner Rede am Sonntag widmete Regisseur Salles seinen Preis Eunice Paiva, „einer Frau, die nach einem Verlust während eines autoritären Regimes beschlossen hat, sich nicht zu beugen, sondern Widerstand zu leisten“.
Der Erfolg von „No Other Land“, der die Kriminalität der zionistischen „ethnischen Säuberungsaktionen“ im Westjordanland dokumentiert, die das Ziel haben, die örtliche palästinensische Bevölkerung zu terrorisieren oder zu vertreiben, ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil die offiziellen politischen und kulturellen Kreise in Europa und den USA dem Film mit größter Feindschaft begegnen.
Nachdem der Dokumentarfilm bereits letztes Jahr bei den Berliner Filmfestspielen ausgezeichnet wurde, griffen die deutschen Medien und Politiker vieler Parteien dies sofort auf und bezeichneten ihn als „beschämend“ und „antisemitisch“. Dabei setzt sich das Filmmacherteam aus zwei Palästinensern und zwei israelischen Juden zusammen. In den USA entwickelte sich die Kampagne gegen „No Other Land“ in Form einer „Verschwörung des Schweigens“, um zu verhindern, dass der Film gezeigt wird. Verleiher und pro-zionistische Elemente der Filmbranche beschlossen, es sei zu gefährlich, wenn die amerikanische Bevölkerung die Grausamkeit und die Barbarei israelischer Siedler und Soldaten sehen kann. Dass der Film trotz der Oscar-Nominierung und jetzt der Auszeichnung noch immer keinen Verleih hat, ist eine beispiellose Situation.
Die WSWS schrieb letztes Jahr über „No Other Land“:
Der Film des palästinensisch-israelischen Kollektivs von Basel Adra, Hamdan Ballal, Yuval Abraham und Rachel Szor zeigt die brutale Vertreibung palästinensischer Dorfbewohner aus Masafer Yatta, einer Siedlung aus 19 Dörfern südlich von Hebron im Westjordanland.
Wir erklärten, die Filmemacher
müssen sich vor dem aggressiven Vorgehen der israelischen Armee und der mit ihnen verbündeten Siedlermilizen schützen. Freunde und Angehörige helfen immer wieder, sie und ihr Filmmaterial zu verstecken. Wer sich gegen Räumungen wehrt, wird gnadenlos angegriffen.
Die zionistischen Verbrechen in der Region gehen weiter. CNN berichtete am Montag:
Nur Stunden bevor der Film seinen Oscar gewann, wurden die Einwohner des Gebiets im Westjordanland, das in der Dokumentation gezeigt wird, von israelischen Siedlern angegriffen, die von israelischen Streitkräften begleitet wurden. (...) Israelische Soldaten verhafteten drei Personen, Siedler attackierten die Einwohner des Dorfs Khirbet Asfi in Masafer Yatta, warfen Steine, zerstörten Solarpanels und beschädigten Wassertanks.
Auch die Bestrebungen, die Kritik an der mörderischen Politik Israels und den amerikanischen und europäischen Geldgebern, Waffenlieferanten und anderen Komplizen des Netanjahu-Regimes zu unterdrücken, halten an. Das brutale Vorgehen gegen Studierende, die gegen den Völkermord protestiert haben, die Entlassung des Kolumnenredakteurs der Palm Beach Post wegen einer Karikatur, die auf das Massensterben in Gaza anspielt, und die Bestrebungen der Trump-Regierung, Israel-Kritiker auszuweisen, sind nur einige der Vorfälle in der jüngeren Vergangenheit.
Basel Adra erklärte in seiner Rede bei der Oscar-Verleihung am Sonntagabend, die mit lautem Applaus bedacht wurde:
Vor zwei Monaten bin ich Vater geworden. Und meine Hoffnung für meine Tochter lautet, dass sie nicht das gleiche Leben führen muss wie ich jetzt, immer, unablässig, die Gewalt der Siedler, die Zerstörung von Häusern und die gewaltsame Vertreibung zu fürchten, mit denen meine Gemeinde Masafer Yatta unter der israelischen Besetzung täglich leben muss.
Yuval Abraham fügte hinzu:
Wenn ich Basel anschaue, sehe ich meinen Bruder. Aber wir sind nicht gleich. Wir leben in einem Regime, in dem ich nach Zivilrecht frei bin, und Basel lebt unter Militärrecht, das sein Leben zerstört und das er nicht kontrollieren kann.
Das zionistische Regime und seine Unterstützer betrachteten die Ehrung von „No Other Land“ zu Recht als Schlag ins Gesicht.
Der rechtsextreme israelische Kulturminister Miki Zohar bezeichnete das Vorgehen der Academy als „traurigen Moment für die Welt des Kinos“ und erklärte: „Die Filmemacher haben sich, statt die Komplexität der israelischen Realität zu präsentieren, dafür entschieden, Narrative zu verstärken, die das Bild Israels vor dem internationalen Publikum verzerren. Freie Meinungsäußerung ist ein wichtiger Wert, aber die Diffamierung Israels zu einem internationalen PR-Werkzeug zu machen, ist keine Kunst, sondern Sabotage gegen den Staat Israel.“ Zohar hat im Rahmen seiner Verteidigung der „freien Meinungsäußerung“ im Jahr 2023 dabei geholfen, Maßnahmen einzuführen, die Filmemachern, die es wagen, den zionistischen Staat zu kritisieren, die Finanzierung verweigern.
Die Pro-Zionisten in den USA konnten sich mit ihrer reaktionären Idiotie nicht zurückhalten. John Podhoretz, ein ehemaliger Redenschreiber von Ronald Reagan und Mitglied der Regierung von George H.W. Bush, kommentierte: „Glückwunsch an die HAMAS für ihren Oscar. Jetzt wollen wir dafür sorgen, dass sie vernichtet werden.“
Natürlich haben die Academy-Wähler in keiner Weise Zugeständnisse an den Antisemitismus gemacht. Sie haben eine der wichtigsten Auszeichnungen an Adrien Brody als bester Hauptdarsteller für seine Leistung in „The Brutalist“ verliehen – ein verworrener Film, in dem er einen ungarisch-jüdischen Architekten und gequältes Opfer eines Konzentrationslagers spielt, der ironischerweise später nach Israel auswandert.
„Arona“, der von Regisseur Sean Banker inszenierte Film über eine russisch-amerikanische Sexarbeiterin aus Brooklyn, die mit der Familie eines russischen Oligarchen aneinandergerät, erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter rekordverdächtige fünf für Baker selbst. Der Film ist nicht das stärkste Werk des Regisseurs, der auch für das deutlich bewegendere „The Florida Project“ verantwortlich ist, positioniert sich aber gegen das Establishment. Die abschließende gegenseitige Anteilnahme der beiden Figuren, die auf der niedrigsten gesellschaftlichen Ebene stehen, stößt zweifellos auf Resonanz beim Publikum.
Die Oscar-Verleihung zeigte zwangsläufig die Widersprüche und Besonderheiten der sozialen Schichten, die an ihr teilnehmen und sie tragen. Es gab mehr als genug Selbstbeweihräucherung und sinnlosen Glamour sowie die unausweichliche Dosis von Besessenheit mit Rasse und Gender („der erste dominikanisch-amerikanische Oscar-Gewinner“, „der erste schwarze Oscar-Gewinner für bestes Kostümdesign“, etc.). Der an Selbstüberschätzung leidende Moderator Conan O'Brien verstieg sich einmal zu einem politischen Kommentar, indem er pointiert „witzelte“:
Für „Anora“ ist es ein guter Abend (...) Das ist eine großartige Nachricht (...) Ich glaube, die Amerikaner sind begeistert, dass sich endlich mal jemand gegen einen mächtigen Russen wehrt.
Die altgediente Schauspielerin Daryl Hannah, von der man seit Jahren nichts mehr gehört hat, präsentierte die Auszeichnung für besten Schnitt und rief dabei aus: „Slawa Ukraini!“ (Ruhm für die Ukraine!)
Angesichts der langjährigen Vorherrschaft der Demokratischen Partei und der Identitätspolitik in Hollywood ist der Sieg des Films „No Other Land“ umso bedeutender. Die Abstimmung fand vor Trumps Wiedereinzug ins Weiße Haus statt, der allgemeine Charakter seiner neuen Regierung war jedoch bereits offensichtlich. Daher war die Auszeichnung eine bewusste Zurückweisung der Politik Bidens und Blinkens, die israelischen Massenmörder zu bewaffnen und zu ermutigen. Die Ereignisse bahnen sich ihren Weg ins Bewusstsein der kritischeren Künstler und der fortgeschrittenen Teile der Arbeiterklasse und der Jugend in allen Ecken der Welt.
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