IKVI
Das IKVI verteidigt den Trotzkismus 1982–1986

Brief von Tony Banda an das Zentralkomitee der Workers League

23. Januar 1986

Liebe Genossen vom Zentralkomitee,

Beim Durchlesen Eures Briefes vom 11. 12. 85 in Antwort auf Cliff Slaughters Brief vom 26.11. 85 bin ich auf einen besonderen Absatz dieses Dokuments aufmerksam geworden, nämlich den letzten Paragrafen auf Seite 49.

Mein „Nom de Guerre“ ist Tony Banda. Ich bin gegenwärtig Mitglied des Zentralkomitees der Workers Revolutionary Party, seit 35 Jahren Mitglied der britischen Sektion der Vierten Internationale und zuvor zwei Jahre in der ceylonesischen Sektion der VI, nämlich der bolschewistisch-leninistischen Partei Indiens (ceylonesische Sektion) und der bolschewistischen Samasamaja Partei. Zuvor war ich für ungefähr drei Jahre Beteiligter an der antiimperialistischen Bewegung im selben Land.

Ihr sprecht in dem oben angeführten Absatz über die „große Sorge“, mit der Ihr „auf jedes Anzeichen von Gleichgültigkeit und Feindseligkeit gegenüber dem Internationalen Komitee“ blickt, und über die Verpflichtung von Marxisten, „die Klassenkräfte zu untersuchen. die durch Genossen wirken – ob sie diese anerkennen oder nicht.“

Vielleicht lässt der Aufbau dieses Satzes etwas zu wünschen übrig? Aber ich kann wirklich nicht sehen, wie man von einem Marxisten erwarten kann, etwas zu untersuchen, dass er nicht „anerkennen“ (erkennen?) kann. Mehr Worte la Healy?

Ihr habt gehört – Ihr sagt nicht von wem – Genosse Tony Banda habe erklärt, die WRP solle lieber von der australischen Socialist Labour League brechen, „als sich ihre Kritik anzuhören.“

Beginnen wir damit. (Und wenn Ihr schon dabei seid, kann ich noch ergänzen, dass es auch eine andere Version dieses „Zwischenfalls“ gibt, die bereits in Großbritannien im Umlauf ist. Nämlich eine, die zum Wohle der Öffentlichkeit von einer Gruppe ehemaliger Parteimitglieder ausgegeben wurde, die scheinbar ein Ohr in unserem Zentralkomiteetreffen, wo diese Erklärung angeblich von mir abgegeben wurde, gehabt haben.)

Healy wird sich zweifellos freuen, wenn er hört, dass das IK Banda endlich auf frischer Tat ertappt hat. Eine Errungenschaft, die nicht zu verachten ist, wenn man bedenkt, was er um den 10. Oktober 1985 herum getan hat! Es muss aber auch angemerkt werden, dass wir von ihm bisher noch nicht einmal ein Quieken über den parteiinternen Kampf in der WRP gehört haben. Merkwürdig, meint Ihr nicht?

Als erstes, im Interesse der Genauigkeit; was Banda angesichts eines Berichts des IK-Vertreters über die absichtliche Zensur aller Diskussionen aus der News Line, die in der Zeitung der SLL veröffentlicht werden, tatsächlich gesagt hat, war: „Brecht, brecht von ihnen, den doppelzüngigen Schweinehunden! Nehmt´s auf mit ihnen, nehmt's sofort auf mit ihnen!“ (Pardon für die Flüche.) Möglicherweise fürchtet Dein Informant, Deinem sensiblen Gehör weh zu tun, als er den neu designierten Guru, der Du bist, sah; aber dass Euer IK und seine sogenannte Kommission doppelzüngig sind, steht außer Zweifel, wie die anschliessenden Ereignisse bewiesen haben. Ich kann Euch aber versichern, dass wir – alle, die durch das Feuer der Explosion gegangen sind, die Healy aus der Partei gefegt hat – nicht dazu aufgelegt sind, Healy oder den Healyismus in irgendeiner Weise oder Form zu ertragen, nicht ihn und auch nicht seine Welpen, seien sie natürlich oder anders entstanden. Und wir haben aufgehört, ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Und das nicht aus Verwirrung oder Heuchelei. Wir haben die Tyrannei der von Healy und seinen Gefolgsleuten, den vergangenen und den gegenwärtigen, verkörperten Idee gestürzt. Ich kann Euch beruhigen, dass Ihr jetzt, wo er aus dem Weg geräumt ist, gefahrlos kommen und spielen könnt.

Mehr als das, wir haben die Fähigkeit erworben, einen healyistischen Misthaufen auf jede Distanz zu riechen – sei's einer, der 90 Riesen wert ist, auf 3000 Meilen oder einer für 25 Riesen auf 10000 Meilen.

Du äußerst Dich besorgt darüber, dass Tony Banda vom Sekretär des IK nicht zur Ordnung (Sagtest Du „Ordnung?“) gerufen und scharf zurechtgewiesen wurde. Das, Genossen, kann ich sagen, ist unser Vorrecht, und Ihr könnt ruhig wissen, wer Herr in diesem Hause ist. Die Tage Healys und seine Praktiken sind auf unseren Zentralkomiteesitzungen für immer vorbei und werden nie mehr wiederkehren, egal in welcher Verkleidung.

Wir werden beschuldigt, wir wollten die „IK-Sektionen loswerden“ und versuchten, „uns an Revisionisten und Stalinisten anzubiedern.“ Wir diskutierten „gerne“, sagst Du, „mit diesen Feinden des Trotzkismus!“ Und dann: „...aber weigern sich, den WRP-Mitgliedern die kritischen Dokumente zugänglich zu machen, die von Sektionen des IKs herausgebracht worden sind.

Ich finde äußerst interessant, dass so etwas von Dir kommt, wo Du durch Deine Speichellecker buchstäblich die gesamte Diskussion über den Healyismus – die größte Explosion in unserer Internationale seit ihrer Gründung und sicherlich ohnegleichen in der Geschichte von vier Internationalen – aus den Seiten Eurer IK-Zeitungen verbannt hast. Das ist, wie wenn der Dieb im überfüllten Basar „Haltet den Dieb!“ schreit, um die Aufmerksamkeit von seinen eigenen Untaten abzulenken. Oben im Norden macht sich Mr. Allerheiligster mit 90 Riesen aus dem Staub, während es unten im Süden sein Lehrling/Komplize mit weiteren 25 tut. Ist das Eure revolutionäre Moral? Ist das Eure Art Internationalismus?

Nenne bitte die Dokumente, von denen Du behauptest, sie seien unseren Mitgliedern nicht zugänglich gemacht worden und die Umstände ihrer Unterdrückung. Zählst Du dazu auch drei sehr kurze Notizen, von Deiner eigenen unnachahmlichen Hand unterzeichnet und vom 26. Oktober 1982, dem 7. Februar 1983 und dem 21. Juni 1983 datiert? Ich zumindest warte mit Freude auf alles, was Du produzierst, auch wenn ich zugeben muss, dass es nicht leicht ist, Schweiborsten zu Hackfleisch zu verarbeiten.

Ich kann selbst nicht beurteilen, was Genosse Slaughters Einschätzung des WRP-Kaders ist oder sein könnte. Aber ich kann Dir versichern, dass dieser Kader der erfahrenste, härteste und ausdauerndste in der Internationale ist, und je mehr er sich von den Leiden des Healyismus erholt, desto entschiedener blickt er dem feigen Revisionismus, der nach wie vor das IK im Griff hat, ins Auge.

Genossen von der Workers League, wir werden alles untersuchen, zurück zu Trotzki und bis heute, zu Sicherheit und die Vierte Internationale, dem geistigen Kinde Healys, bis zu seinem letzten Kapitel – und es wird die strengste Abrechnung in jedem Sinne des Wortes geben.

Zu lange mussten wir mit Cannon, Pablo, Healy und seinem IK einen empirischen, pragmatischen Zickzackkurs gehen. Pablo hatte jedenfalls 1950, nur fünf Jahre nach dem Krieg, 21 Sektionen, oder zumindest den Kern davon, mit vielversprechenden Kadern. Die vietnamesische Sektion in Frankreich – Gastarbeiter – waren auf dem Dritten Weltkongress nicht vertreten, obwohl sie zahlenmäßig die größte anwesende Gruppe waren. Aber wisst Ihr, wo ihr Platz während des Kongresses war? In der Kellerküche, als dienende Pagen für die Konferenzdelegierten!

Nun, seither sind nahezu 35 Jahre vergangen und wir sind auf sechs elende Sektionen reduziert und haben kürzlich über ein Viertel unserer Kräfte verloren. Ernsthaft, glaubt Ihr nicht, dass die Situation etwas mehr Nüchternheit, sogar Demut erfordert, etwas geistige Konzentration auf die lebenswichtigen Fragen, die durch die Spaltung im IK gestellt sind?

Ihr habt Euer Pulver mit der Suspension (was immer das bedeuten mag) der Gründungssektion des IK bereits verschossen. Das ist offensichtlich Euer Szenario für den nächsten Schritt- die „Rädelsführer“ rausgreifen. Oder Ihr denkt einfach, dass Ihr jetzt Tony Banda genau im Visier habt, und bildet Euch ein, Ihr hättet jetzt drei im Sack – Mike Banda, Cliff Slaughter und Tony Banda? Tut mir leid Euch zu enttäuschen, aber es gibt jede Menge mehr von uns und, wie Custer bemerkte, „die kommen nach“ – jeder ein Kader – bis sie Eure politischen Skalps haben.

Mit brüderlichen Grüßen,

Tony Banda

P.S.

Zu Eurer Erbauung habe ich eine billige Wiedergabe des berühmten Gemäldes von Ilya Repin beigelegt – die Antwort der Zaporosche-Kosaken an den Sultan. Der hatte sich eingebildet, er könne die Lehnherrschaft über die abgehärteten Kolonisten der südlichen Steppe beanspruchen. Das Bild wird Euch, hoffe ich, näher bringen, wie wir über Eure arrogante, ignorante Forderung nach einer völligen Unterwerfung unter das Diktat von Healys Rumpf-IK im Stile Pablo-Healys fühlen.