IKVI
Das IKVI verteidigt den Trotzkismus 1982–1986

Bund Sozilistischer Arbeiter bestätigt Prinzipien des Trotzkismus

Erklärung des Zentralkomitees der deutschen Sektion des IKVI

2. Februar 1986

1. Das Zentralkomitee des Bunds Sozialistischer Arbeiter, der deutschen Sektion des Internationalen Komitees der Vierten Internationale, unterstützt den Brief des Zentralkomitees der Workers League vom 27. Januar.

2. Wir stehen auf dem Standpunkt, dass der Inhalt der zwei Resolutionen, die das Zentralkomitee der WRP am 26. Januar verabschiedet hat, mit der Mitgliedschaft im Internationalen Komitee der Vierten Internationale unvereinbar ist.

Die Mehrheit des ZKs der WRP lehnt nicht nur die .Autorität und Disziplin des IKVI ab, sie bricht auch mit seinen ganzen historischen und politischen Errungenschaften, wie sie im Kampf gegen den Pablismus und den Revisionismus der SWP und der OCI errungen wurden.

Das Akzeptieren oder jeder Kompromiss mit diesen Resolutionen kann daher nur die Zerstörung des IKVI und seiner Sektionen und einen historischen Verrat an der Arbeiterklasse bedeuten.

Wir rufen jedes Mitglied der WRP dringend auf, diese Resolutionen zurückzuweisen und warnen, dass eine Spaltung sonst unvermeidlich ist.

Der Bund Sozialistischer Arbeiter ist nicht bereit, diesen Weg des Verrats zu gehen und zuzulassen, dass das Erbe von Generationen revolutionärer Kämpfer am Vorabend der größten revolutionären Klassenauseinandersetzungen geopfert wird.

Was wir verteidigen und wofür wir eintreten

3. Die Vierte Internationale, die Weltpartei der Sozialistischen Revolution, besteht und kämpft heute in Form des Internationalen Komitees der Vierten Internationale. Außerhalb der Kader des Internationalen Komitees der Vierten Internationale existiert – wie Trotzki im Übergangsprogramm betonte – „auf unserem Planeten keine einzige revolutionäre Tendenz, die dieses Namens würdig wäre.“ (Das Übergangsprogramm, Essen 1975, S. 60).

Die Stärke der Vierten Internationale, erklärte Trotzki 1938, besteht in „ihrer Lehre, ihrem Programm, ihrer Tradition und der unvergleichlichen Festigkeit ihrer Kader“ (ebd.). Wenn das IKVI heute beanspruchen kann, die Führung der Vierten Internationale, der Weltpartei der Sozialistischen Revolution zu verkörpern, so gerade deshalb, weil es, und nur es, diese Lehre, dieses Programm, diese Tradition und diesen Kader gegen all diejenigen verteidigt hat, die den revolutionären Marxismus verraten haben und ins Lager des Klassenfeinds übergewechselt sind.

Kann die Tatsache, dass die herausragendsten Führer des Kampfs gegen den Revisionismus in den 50er und 60er Jahren degeneriert sind, in irgendeiner Weise die historische Bedeutung der Kämpfe herabmindern, die sie in der Vergangenheit geführt haben? Dies zu behaupten, ist selbst eine Zurückweisung des Marxismus, der politische Kämpfe immer als einen Ausdruck des Klassenkampfes versteht. Diese Kämpfe haben daher einen objektiven Klasseninhalt, der unabhängig von den Individuen, die sie ausfechten, existiert.

Hat Lenin, als einige der herausragendsten Marxisten seiner Zeit, wie Plechanow oder Kautsky, die er als Lehrer achtete und bewunderte, ihre eigenen Prinzipien verrieten, daraus die Schlussfolgerung gezogen, den Marxismus selbst in Frage zu stellen und mit denen, die ihn bereits in der Vergangenheit verraten hatten, eine „öffentliche Diskussion“ zu führen? Im Gegenteil, er stellte der schändlichen Gegenwart der Renegaten ihre ehrenhafte Vergangenheit gegenüber, intensivierte den Kampf gegen das gesamte Renegatentum und erzog auf dieser Grundlage den Kader, der die Oktoberrevolution zum Sieg führte und die Kommunistische Internationale zur revolutionären Weltpartei aufbaute, die Millionen unter ihr Banner gewann.

In derselben Art und Weise kann das IKVI heute nur im Kampf, die vergangenen Errungenschaften zu verteidigen und seine Kader neu darauf zu basieren, den Schaden überwinden, den die nationalistische Degeneration der WRP-Führung in seinen Reihen angerichtet hat und den entscheidenden Schritt in der Erziehung des Kaders machen, der die enormen Klassenschlachten, die jetzt vor uns stehen, führen wird.

Diejenigen, die nicht in der Lage sind, die Errungenschaften der Vergangenheit zu verteidigen, werden niemals in der Lage sein, die Zukunft zu erobern.

Weit davon entfernt, mit „allen, die für das Übergangsprogramm sind“, d.h. mit allen Revisionisten, die in Theorie und Praxis längst verraten haben und teilweise direkte Agenten des imperialistischen Staates sind, zu „diskutieren“, bedeutet dies, den Kampf gegen den Revisionismus mit doppelter Anstrengung wieder aufzunehmen.

Tatsächlich war es gerade ihr Aufgeben dieses Kampfs, das dazu geführt hat, dass Healy, Slaughter und Banda vor denselben Klassenkräften kapituliert haben, wie Ende der 40er Jahre Pablo, in den 50er Jahren Cannon und in den 60er Jahren Lambert.

Im Gegensatz zur Behauptung derjenigen, die die Prinzipien, für die sie einst gekämpft haben, verraten haben, war ihr Verrat nicht in der Lage, das Internationale Komitee der Vierten Internationale zu zerstören. In seiner heutigen Form verkörpert es das gigantische theoretische Erbe, das Generationen von Revolutionären – bis zurück zu Marx und Engels – unter Einsatz ihres ganzen Lebens erkämpft haben. Nichts zeigt deutlicher das Ausmaß der Degeneration von Banda und Slaughter, als ihre Verachtung der Zehntausenden, die im Kampf für den Trotzkismus ihr Leben gegeben haben.

Wir stehen heute auf den Schultern dieser Generationen, und das gibt uns die Zuversicht, dass wir die historische Krise der proletarischen Führung lösen werden, und das Vertrauen in den Sieg der sozialistischen Weltrevolution.

Was sind die Prinzipien, die wir verteidigen?

4. Im scharfen Kampf gegen die verschiedenen Lehren des kleinbürgerlichen Sozialismus arbeiteten Marx und Engels in den vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts die Theorie und Taktik des revolutionären proletarischen Sozialismus aus. Im Februar 1848 präsentierten sie die neue Weltanschauung im Kommunistischen Manifest:

Der konsequente, auch das Gebiet des gesellschaftlichen Lebens umfassende Materialismus, die Dialektik als die umfassendste und tiefste Lehre von der Entwicklung, die Theorie des Klassenkampfes und der welthistorischen revolutionären Rolle des Proletariats, des Schöpfers einer neuen, der kommunistischen Gesellschaft,

wie Lenin seinen Inhalt im Artikel „Karl Marx“ zusammenfasste. (Lenin Werke , Bd. 21, S. 36).

Kaum war das Manifest gedruckt, erlebte es auch schon seine Feuertaufe: Die Revolution von 1848/49 fegte über Europa hinweg und Marx und Engels nahmen daran durch die Gründung und Herausgabe der täglich erscheinenden „Neuen Rheinischen Zeitung“, entscheidenden Anteil. Ihre Theorie wurde durch den Verlauf der Ereignisse glänzend bestätigt.

Indem er die Lehren der Revolutionen von 1848/49 konkret analysiert, ist Marx in der Lage, die Aufgabe der Arbeiterklasse in Bezug auf den kapitalistischen Staatsapparat viel genauer zu bestimmen, als das im Kommunistischen Manifest möglich war. Die Arbeiterklasse kann diesen Staat nicht erobern oder übernehmen, sie muss ihn zerschlagen und ihren eigenen Staat, die Diktatur des Proletariats errichten: „Alle früheren Revolutionen haben die Staatsmaschinerie vervollkommnet, man muss sie aber zerschlagen, zerbrechen,“ fasste Lenin Marxʼ Schlussfolgerungen in Staat und Revolution zusammen. (Lenin Werke Bd. 25, S. 418)

5. Gestützt auf das Aufleben neuer Klassenkämpfe in Europa wurde 1864 die Erste Internationale gegründet, deren Kopf und Seele Karl Marx war. Die große Errungenschaft dieser Periode war, dass Marx alle vormarxistischen und nichtproletarischen sozialistischen Tendenzen – den Anarchismus Bakunins, den Staatssozialismus Lasalles, den utopischen Sozialismus Proudhons und den englischen liberalen Trade-Unionismus – theoretisch und praktisch entlarvte und so das Fundament für den Aufbau sozialdemokratischer Massenparteien schuf, die fest im Marxismus verankert waren.

Den Höhepunkt der Epoche der Ersten Internationale bildete die Pariser Kommune, die erste rein proletarische Revolution der Geschichte, deren historische Bedeutung trotz der schließlichen Niederlage und dem Gemetzel an Tausenden von Revolutionären nicht überschätzt werden kann. Ohne die unbezahlbaren Lehren der Pariser Kommune wäre der Sieg der Oktoberrevolution niemals denkbar gewesen. Die Pariser Kommune bestätigte nicht nur MarxʼLehre, dass das Proletariat den bürgerlichen Staat zerschlagen und die Diktatur des Proletariats errichten muss, sie zeigte auch zum ersten Mal, in welcher Form dies geschehen muss:

Die Kommune ist die von der proletarischen Revolution ‚endlich entdeckte‘ Form, unter der die ökonomische Befreiung der Arbeit sich vollziehen kann. Die Kommune ist der erste Versuch der proletarischen Revolution, die bürgerliche Staatsmaschine zu zerschlagen, ist die ‚endlich entdeckte‘ politische Form, durch die man das Zerschlagene ersetzen kann und muss. (Lenin, Staat und Revolution, Werke Bd. 25, S. 445).

6. Lenin stützte sich 1902 auf die Gesamtheit der Errungenschaften des Marxismus, als er in einer neuen Epoche, der Epoche des Imperialismus, des Todesstadiums des Kapitalismus, die Grundlagen für die Bolschewistische Partei legte.

Der parasitäre Charakter des Imperialismus schuf die materiellen Voraussetzungen für die Herausbildung einer kleinen, aber privilegierten Arbeiteraristokratie und das vollständige Übergehen der Opportunisten in den Reihen der Arbeiterbewegung ins Lager der Bourgeoisie. Lenin bestand deshalb in Was tun auf der schärfsten ideologischen und organisatorischen Abgrenzung gegenüber dem Opportunismus.

Er betonte, dass es nur zwei Ideologien gibt – bürgerliche und sozialistische Ideologie – die in unversöhnlichem Gegensatz zueinander stehen. Er bestimmte die Aufgabe der revolutionären Partei als „Kampf gegen die Spontaneität“, gegen die „spontane Entwicklung der Arbeiterbewegung“, die „eben zu ihrer Unterordnung unter die bürgerliche Ideologie“ führt. Er bestand darauf, dass – in den Worten Kautskys – „das sozialistische Bewusstsein etwas in den Klassenkampf des Proletariats von außen Hineingetragenes ist“ und nicht urwüchsig aus ihm entstehen kann.

Auf dieser Grundlage entwickelte er den Plan einer zentralisierten Kaderpartei, die ihre demokratisch erzielten Entscheidungen diszipliniert durchführt, und einer marxistischen Zeitung als kollektiver Propagandist, Agitator und Organisator der Partei.

Auf dem 2. Kongress der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands spaltete Lenin mit all jenen, die nicht bereit waren, sich selbst der Disziplin einer zentralisierten Partei unterzuordnen, die „von oben nach unten“ aufgebaut wird.

Der Sieg der Oktoberrevolution 1917 war eine glänzende Bestätigung der Korrektheit von Lenins Kampf. All diejenigen, die den Bolschewismus ablehnten, endeten schließlich auf der anderen Seite der Barrikade.

Seither sah sich jede revisionistische Strömung gezwungen, die Grundlagen des Leninschen Parteikonzepts anzugreifen; und die Renegaten der WRP haben bereits praktisch bewiesen, dass sie keine Ausnahme von diesem Gesetz bilden.

7. Die Dritte, Kommunistische Internationale akzeptierte in ihren Reihen nur Parteien, die nach dem Prinzip des demokratischen Zentralismus aufgebaut waren. In den auf ihrem zweiten Kongress verabschiedeten 21 “Bedingungen der Aufnahme in die Kommunistische Internationale“ legte sie, gestützt auf die Lehren der Oktoberrevolution, die Anforderungen an eine wirkliche kommunistische Partei in allen Einzelheiten fest.

Die ersten vier Kongresse der Kommunistischen Internationale erarbeiteten äußerst reichhaltiges Material über Strategie und Taktik der kommunistischen Parteien aus, gestützt auf die Erfahrungen der heroischen Kämpfe von Hunderttausenden revolutionären Arbeitern in Deutschland und zahlreichen anderen Ländern.

8. Als im ersten Arbeiterstaat der Welt unter dem Druck des Imperialismus und der Isolation eine bürokratische Degeneration einsetzte, die sich auch auf die Führung der Kommunistischen Internationale auswirkte, übernahm die von Trotzki geführte Internationale Linke Opposition die Aufgabe, dieses Erbe zu verteidigen und zu entwickeln.

Gegen die grundlegende nationalistische Revision des Marxismus durch Stalins Theorie vorn „Aufbau des Sozialismus in einem Land“ verteidigte und entwickelte Trotzki die Perspektive, Strategie und Taktik der sozialistischen Weltrevolution in der Theorie der Permanenten Revolution.

Gleichzeitig erstellte er eine marxistische Analyse der Degeneration des ersten Arbeiterstaates und entwickelte die Perspektive der politischen Revolution zum Sturz der stalinistischen Bürokratie durch die Arbeiterklasse. Die Sowjetunion, so Trotzki, ist einen entarteter Arbeiterstaat, der durch die Arbeiterklasse auf der ganzen Welt gegen den Imperialismus verteidigt werden muss. Aber diese Verteidigung der Sowjetunion ist untrennbar vom Kampf zum Sturz der stalinistischen Bürokratie und für die sozialistische Weltrevolution.

Aus der durch die stalinistische KPD zu verantwortenden Niederlage der deutschen Arbeiterklasse 1933 und der Unfähigkeit der Kommunistischen Internationale, daraus irgendwelche Lehren zu ziehen, zog Trotzki die Schlussfolgerung, dass die Dritte wie 1914 die Zweite Internationale vollständig ins Lager der Konterrevolution übergegangen sei und begann den Kampf für die Vierte Internationale.

In diesem Kampf musste sich Trotzki vor allem mit den Zentristen auseinandersetzen, die wie Deutscher (und heute Slaughter und Banda) behaupteten, die Gründung der Vierten Internationale sei verfrüht, weil sie nicht aus großen Kämpfen der Arbeiterklasse hervorgegangen sei. Trotzki antwortete ihnen im Übergangsprogramm:

Skeptiker fragen: aber ist denn die Zeit für die Gründung der Vierten Internationale schon gekommen? Man kann, so sagen sie, eine Internationale nicht ‚künstlich‘ gründen; nur große Ereignisse können sie entstehen lassen usw. ... All diese Einwürfe beweisen nur, dass Skeptiker zur Gründung einer neuen Internationale nicht taugen. Im Allgemeinen taugen sie überhaupt zu nichts. Die Vierte Internationale ist bereits aus großen Ereignissen hervorgegangen: den größten Niederlagen des Proletariats in der Geschichte. Verursacht wurden diese Niederlagen durch die Entartung und den Verrat der alten Führung. Der Klassenkampf duldet keine Unterbrechung. Die Dritte Internationale ist, nach der Zweiten. für die Revolution tot. Es lebe die Vierte Internationale. (Das Übergangsprogramm, Essen 1975, S. 60).

9. Das Gründungsprogramm der Vierten Internationale, das Übergangsprogramm, ist vom Geist der Unversöhnlichkeit gegenüber Reformismus, Stalinismus, Opportunismus und Zentrismus durchdrungen. Weit davon entfernt, einfach eine Aufzählung von Forderungen zu sein – wie es von den Revisionisten, die „für das Übergangsprogramm sind“, behandelt wird – stellt es die Lösung der „historischen Krise der proletarischen Führung“, d. h. die Auswahl und die Bildung eines gestählten marxistischen Kaders in den Mittelpunkt.

10. Das Internationale Komitee der Vierten Internationale wurde 1953 gegründet, um die Vierte Internationale gegen den Revisionismus Pablos zu verteidigen.

Pablo gab die Auffassung Marxʼ, Lenins und Trotzkis über die entscheidende Rolle des subjektiven Faktors, der revolutionären Partei, in der proletarischen Revolution zugunsten einer vulgären, mechanischen Theorie der Beziehung zwischen der materiellen Grundlage der Gesellschaft und ihres Überbaus auf. Während er einerseits den Klassenkampf in eine Reihe „objektiver Prozesse“ verwandelte, in denen die trotzkistische Führung nicht die geringste Rolle spielt, und von einem „nicht rückgängig zu machenden Prozess der sozialistischen Revolution“ sprach, entwickelte er andererseits die Perspektive von „Jahrhunderten degenerierter Arbeiterstaaten“, die seinen völligen Pessimismus in die revolutionäre Rolle der Arbeiterklasse ausdrückte.

Aufgrund seiner mechanischen Auffassung erklärte Pablo, dass sich die stalinistische Bürokratie unter dem Druck der Massen selbst reformieren werde und leugnete in letzter Konsequenz jegliche Rechtfertigung für eine weitere unabhängige Existenz der trotzkistischen Bewegung. Während ein Teil seiner Anhänger aus dieser liquidatorischen Perspektive die praktischen Konsequenzen zogen und in die stalinistischen Parteien desertierten, wurde sie für den Rest der pablistischen Revisionisten zum Ausgangspunkt, um unter Studenten und Intellektuellen und später kleinbürgerlichen Nationalisten einen Ersatz für die revolutionäre Rolle der Arbeiterklasse zu finden.

Der Bruch mit dem pablistischen Revisionismus durch den Offenen Brief am 16. November 1953 war ein entscheidender Schritt, um die Vierte Internationale gegen ihre Zerstörung zu verteidigen. In ihrem Offenen Brief fasste die SWP „die grundlegenden Prinzipien, auf denen die trotzkistische Weltbewegung aufgebaut ist“, noch einmal zusammen:

1. Der Todeskampf des kapitalistischen Systems droht, die Zivilisation durch immer schlimmere wirtschaftliche Depressionen, Weltkriege und barbarische Erscheinungen, wie den Faschismus, zu zerstören. Die Entwicklung von Atomwaffen unterstreicht heute diese Gefahr auf das Grundlegendste.

2. Der Sturz in den Abgrund kann nur verhindert werden, wenn der Kapitalismus durch die Planwirtschaft des Sozialismus weltweit ersetzt und die Spirale des Fortschritts, die der Kapitalismus in seiner Frühzeit in Gang gesetzt hat, wieder aufgenommen wird.

3. Das kann nur erreicht werden, wenn die Arbeiterklasse die Führung in der Gesellschaft übernimmt. Doch die Arbeiterklasse steht heute vor einer Führungskrise, obwohl das gesellschaftliche Kräfteverhältnis nie so günstig war wie heute, damit die Arbeiter den Weg der Machtergreifung beschreiten können.

4. Um sich für die Erreichung dieses welthistorischen Ziels zu organisieren, muss die Arbeiterklasse in jedem Land eine revolutionäre sozialistische Partei nach dem Muster, wie es Lenin entwickelt hat, aufbauen; das heißt, eine Kampfpartei, die in der Lage ist, Demokratie und Zentralismus dialektisch zu vereinen – Demokratie bei der Fassung von Beschlüssen, Zentralismus bei ihrer Durchführung; eine Führung, die von den einfachen Mitgliedern kontrolliert wird, von Mitgliedern, die auch unter Feuer diszipliniert vorgehen können.

5. Das Haupthindernis dazu ist der Stalinismus, der Arbeiter an sich zieht, indem er das Prestige der Oktoberrevolution von 1917 in Russland ausbeutet, nur um sie später, wenn er ihr Vertrauen getäuscht hat, in die Arme der Sozialdemokratie, in die Apathie oder zurück in Illusionen in den Kapitalismus laufen zu lassen. Den Preis für diese Verrätereien hat dann die arbeitende Bevölkerung in Form einer Stärkung faschistischer oder monarchistischer Kräfte und durch den Ausbruch neuer Kriege, die der Kapitalismus hervorbringt und vorbereitet, zu zahlen. Von Anfang an, stellte sich die Vierte Internationale als eine ihrer Hauptaufgaben den Sturz des Stalinismus innerhalb und außerhalb der UdSSR.

6. Die Notwendigkeit einer flexiblen Taktik, mit der viele Sektionen der Vierten Internationale sowie Parteien und Gruppen, die mit ihrem Programm übereinstimmen, konfrontiert sind, macht es um so dringender, dass sie wissen, wie man den Imperialismus und all seine kleinbürgerlichen Agenturen (wie nationalistische Gruppen oder die Gewerkschaftsbürokratie) bekämpft, ohne vor dem Stalinismus zu kapitulieren; und die, umgekehrt, wissen, wie man gegen den Stalinismus (der letzten Endes eine kleinbürgerliche Agentur des Imperialismus ist) kämpft, ohne vor dem Imperialismus zu kapitulieren. (Trotskyism versus Revisionism, Bd. 1, S. 304

11. Bald nach der Spaltung mit den Pablisten begann die Führung der SWP demselben Klassendruck nachzugeben, vor dem Pablo kapituliert hatte. Im Kampf gegen eine prinzipienlose Wiedervereinigung mit den Pablisten leisteten die heutigen Renegaten der WRP einige ihrer wichtigsten Beiträge zum Aufbau der Vierten Internationale.

In einem Brief des Nationalkomitees der SLL (Vorgängerorganisation der WRP) ans Nationalkomitee der SWP schrieb Cliff Slaughter am 2. Januar 1961:

Das Ausmaß der Möglichkeiten, die sich jetzt vor dem Trotzkismus auftun, und daher die Notwendigkeit für politische und theoretische Klarheit sind der Grund, weshalb eine Abgrenzung gegenüber dem Revisionismus in all seinen Formen dringend notwendig ist. Es ist Zeit, die Periode zu beenden, in der der pablistische Revisionismus als ein Trend innerhalb des Trotzkismus betrachtet wurde. Wird dies nicht getan, können wir uns nicht auf die revolutionären Kämpfe vorbereiten, die jetzt beginnen. (Trotskyism versus Revisionism, Bd. 3, S. 49).

In einem weiteren Brief am 8. Mai 1961 warnt die SLL die SWP vor den zunehmenden pablistischen Tendenzen in ihren Reihen: „In erster Linie ist es die bewusste Rolle der revolutionären Partei – der entscheidende ‚Aspekt‘, der weggelassen wird.“ (ebd., S. 64)

Im selben Brief weist die SLL die zunehmende Anpassung der SWP an die kleinbürgerliche Führung Fidel Castros in Kuba zurück. Über den Standpunkt von Trotzkisten gegenüber diesen kleinbürgerlichen Nationalisten schreibt sie:

Marx folgend sagen wir: Unterstützt die bürgerlichen und kleinbürgerlichen Parteien, insofern sie helfen, gemeinsame Schläge gegen unsere Feinde zu versetzen; leistet ihnen in jeder Frage Widerstand, wo sie ihre eigenen Existenzbedingungen und ihre eigene Herrschaft festigen wollen. ... Es ist nicht die Aufgabe von Trotzkisten, die Rolle solcher nationalistischer Führer aufzuwerten. ... Für uns ist in jedem Fall die Hauptfrage in diesen Ländern, dass die Arbeiterklasse durch eine marxistische Partei die politische Unabhängigkeit gewinnt, dabei die arme Bauernschaft zum Aufbau von Sowjets führt und die notwendigen Beziehungen zur internationalen sozialistischen Revolution anerkennt. Unserer Meinung nach sollten Trotzkisten in keinem Fall an ihre Stelle die Hoffnung setzen, dass die nationalistische Führung sozialistisch werden sollte. (ebd., S. 64/65)

Das Dokument Probleme der Vierten Internationale und die nächsten Schritte, welches das PK der SWP im Juni 1962 verabschiedete, kennzeichnete ihre endgültige Kapitulation vor dem Pablismus. Die SLL antwortete darauf:

Die Beziehung zwischen dem Revisionismus der Pablisten und der SWP-Führung einerseits und dem Kampf für den Aufbau revolutionärer Parteien andererseits ist keine abstrakte: dieser Revisionismus stellt eine eindeutige Offensive gegen den revolutionären Marxismus dar, entlang den Interessen des Imperialismus, der vor allem verhindern muss, dass ein neuer Aufschwung der Arbeiterklasse einen bewussten Ausdruck und eine Führung findet. (ebd., S. 239)

Der Revisionismus der SWP hatte verheerende Konsequenzen. Er führte zur Liquidation der einst stärksten und tief in der Arbeiterklasse verwurzelten Sektion der Vierten Internationale im kleinbürgerlichen Protestmilieu und öffnete die Tore für das Überfluten ihrer Führung mit Agenten des Staats (siehe Sicherheit und die Vierte Internationale).

Im Kampf gegen diesen Verrat der SWP entstand in den USA die Workers League.

Die SLL ging dagegen gestärkt aus diesem Kampf hervor, eroberte die Jugendorganisation der Labour Party und legte so den Grundstein für den Aufbau der ersten trotzkistischen Tageszeitung.

Die Wiedervereinigung der SWP mit den Pablisten 1963 forderte einen teuren Preis: In Ceylon trat die pablistische LSSP 1964 in die bürgerliche Koalitionsregierung von Frau Bandaranaike ein. Zum ersten Mal in der Geschichte hatte eine Partei, die sich auf den Trotzkismus beruft, Minister in einer bürgerlichen Regierung gestellt.

Das Internationale Komitee der Vierten Internationale erklärte dazu am 5. Juli 1964:

Der Eintritt von LSSP-Mitgliedern in die Bandaranaike-Koalition kennzeichnet das Ende einer ganzen Epoche der Entwicklung der Vierten Internationale. Der Revisionismus in der trotzkistischen Weltbewegung hat jetzt seinen Ausdruck im direkten Dienst für den Imperialismus, in der Vorbereitung auf eine Niederlage der Arbeiterklasse gefunden. (Trotskyism versus Revisionism, Bd. 4, S. 255).

Die Verantwortung dafür trugen das revisionistische Vereinigte Sekretariat und die SWP, die durch ihre prinzipienlose Wiedervereinigung den Klassenverrat in Ceylon abgedeckt hatten. Dieser Verrat öffnete den Weg für die blutige Niederschlagung des JVP-Jugendaufstandes, die Tausenden von revolutionären Jugendlichen das Leben kostete.

12. Die Dritte Weltkonferenz des Internationalen Komitees der Vierten Internationale im April 1966 entwickelte sich zu einer heftigen Schlacht gegen eine neue Version des pablistischen Liquidatorentums. Es wurde von zwei Gruppen zum Ausdruck gebracht, die als Beobachter zur Konferenz eingeladen worden waren: Der französischen Voix ouvrière und der amerikanischen Robertson-(Spartacist-)Gruppe.

Beide waren zu einer „Einheit“ mit dem IKVI bereit; aber nur unter der Bedingung, dass dieses zuvor erkläre, dass Pablo die Vierte Internationale zerstört habe, d. h. dass es seine ganze Geschichte abschreibe. Als dies zurückgewiesen wurde, verließen beide Gruppen die Konferenz vorzeitig. Sie repräsentierten eine durch und durch kleinbürgerliche, anti-internationalistische Tendenz, die eine zentralisierte Internationale ablehnte und nur bereit war, eine zentristische Internationale ohne jegliche innere Disziplin zu akzeptieren.

13. Der prinzipielle Kampf auf der Dritten Weltkonferenz des IK gegen die kleinbürgerliche, nationalistische Position der französischen Voix ouvrière und der amerikanischen Robertsongruppe war die Grundlage, alle Sektionen des IK auf die neuen Aufgaben im Klassenkampf vorzubereiten.

Die wachsende Streikbewegung in allen Industriestaaten verbunden mit der Anti-Vietnamkriegs-Bewegung in den USA und anderen Ländern, die Radikalisierung großer Schichten kleinbürgerlicher Jugend an den Universitäten und der stärker werdende Widerstand gegen die stalinistische Bürokratie in den osteuropäischen Arbeiterstaaten, schufen überall extrem günstige Bedingungen für den Aufbau des IK.

Anstatt auf prinzipieller Grundlage in diese Bewegung einzugreifen und Kader auszubilden, passte sich die Führung der französischen OCI an die radikalisierte Stimmung der kleinbürgerlichen Jugend an und griff die marxistischen Prinzipien des IK als sektiererisch an.

Sie erklärte, dass die Vierte Internationale als Weltpartei der sozialistischen Revolution von Pablo zerstört wurde und „wieder aufgebaut“ werden müsse. Sie verwandelte die marxistische Taktik der Einheitsfront in eine „Strategie der Klasseneinheitsfront“, um ein zentristisches Bündnis mit allen sogenannten „natürlichen Marxisten“ oder „revolutionären Organisatoren der Klasse“ zu schließen, und lehnte den zentralistischen, das heißt, den bolschewistischen Charakter der Weltpartei ab.

Im Juni 1967, nur ein knappes Jahr vor dem Generalstreik der französischen Arbeiterklasse, warnte das Zentralkomitee der SLL die Führung der OCI davor, dass ein Aufgeben der revolutionären Prinzipien des IK und Zurückkehren zum pablistischen Revisionismus nur zum Verrat an der Arbeiterklasse führen kann.

Unter der Überschrift „die Vierte Internationale ist nicht tot“ heißt es in der Erklärung der SLL:

Wir haben auf der Kontinuität der Vierten Internationale bestanden und die Formulierung ‚Die Vierte Internationale ist tot‘ als eine kleinbürgerliche, pessimistische Ablehnung der revolutionären Rolle der Arbeiterklasse und des revolutionären Bewusstseins zurückgewiesen. Auf dieser Grundlage haben wir in der Kommission über die Aufgaben des Internationalen Komitees die wesentlichen Prinzipien des Charakters der Partei bekräftigt, die wir aufbauen – die Prinzipien einer bolschewistischen Partei. (Trotskyism versus Revisionism, Bd. 5, S. 113).

Im nächsten Absatz beschrieb die SLL die schnelle Radikalisierung der Arbeiterklasse in Westeuropa und besonders in Frankreich und betonte:

In einem solchen Entwicklungsstadium besteht immer die Gefahr, dass eine revolutionäre Partei auf diese Situation in der Arbeiterklasse nicht in einer revolutionären Art und Weise reagiert, sondern sich an das Niveau der Kämpfe anpasst, auf das die Arbeiterklasse durch ihre eigenen Erfahrungen unter den alten Führungen beschränkt wird, das heißt, die unvermeidbare anfängliche Verwirrung.

Solche Revisionen des Kampfs für eine unabhängige Partei und das Übergangsprogramm werden gewöhnlich hinter Phrasen verkleidet wie: näher an die Arbeiterklasse herankommen, Einheit mit allen, die im Kampf stehen, keine Ultimaten aufstellen, Ablehnung von Dogmatismus usw.. (ebd., S. 113/114).

Die OCI-Führung wies diese prinzipielle Kritik zurück und passte sich während des Generalstreiks im .Mai/Juni 1968 völlig an die spontane Bewegung an, weigerte sich für Übergangsforderungen in der Arbeiterklasse zu kämpfen und deckte so den Verrat der Stalinisten und Sozialisten ab.

Danach entwickelte sich die Degeneration der OCI in schnellem Tempo. Im Sommer 1971 organisierte das Internationale Komitee auf ihre Initiative in Essen eine Jugendversammlung, auf der sie sich offen mit allen Revisionisten und Zentristen gegen die SLL/YS (Britische Sektion. des IKVI und ihre Jugendorganisation) verbündete.

Sie stimmte gegen eine von den SLL/YS eingebrachte Ergänzungsresolution, in der betont wurde, dass es

keine revolutionäre Partei ohne revolutionäre Theorie“ geben kann und dass sich „die Jugend überall der Entwicklung der marxistischen Theorie im Kampf gegen die bürgerliche Ideologie in all den Formen, die sie innerhalb der Arbeiterbewegung annimmt, widmen muss. (ebd. S. 194).

Die OCI spaltete damit vom IKVI.

14. Im Zentrum des Renegatentums der WRP-Führung steht das Aufgeben eben jener Prinzipien, für die sie jahrzehntelang gekämpft hatte. In ihrer Praxis und in ihren Perspektiven tauchten seit Mitte der siebziger Jahre mehr und mehr jene pablistischen Positionen auf, die sie in der Vergangenheit energisch bekämpft hatte.

Im Juli 1962 hatte die SLL die SWP angegriffen, weil sie das Evian-Abkommen zwischen Frankreich und der algerischen Befreiungsfront als einen „großen Sieg für die Arabische Revolution“ bezeichnet hatte und erklärt:

Nicht der geringste Versuch wird gemacht, dieses neue Tier, die ‚Arabische Revolution‘, allgemein einzuschätzen. An Stelle einer konkreten Analyse der ägyptischen, syrischen und irakischen Erfahrungen finden wir das kritiklose Akzeptieren der Behauptungen der arabischen Führer selbst. In der Zwischenzeit bleiben ihre Gefängnisse voller Kommunisten und militanter Arbeiter. (Trotskyism versus Revisionism, Bd. 3, S. 250/251).

14 Jahre später, im April 1974, schloss die WRP-Führung ein geheimes und völlig prinzipienloses Bündnis mit der libyschen Regierung ab, das den Auftakt zu einer Jahre währenden, prinzipienlosen Beziehung zur arabischen kolonialen Bourgeoisie bildete, in der die Aufgabe, in den arabischen Ländern trotzkistische Parteien aufzubauen, vollständig aufgegeben und die arabische Arbeiterklasse verraten wurde.

Auf dem 8. Weltkongress des IKVI, im Januar 1980, wurde das IKVI von G. Healy zum „Nukleus“ der Weltpartei der Sozialistischen Revolution degradiert. Das widerspiegelte den wachsenden Nationalismus der WRP-Führung und ihre zunehmende Konzentration auf andere, nichtproletarische Kräfte außerhalb des IK.

In Großbritannien kapitulierte sie vor Zentristen und linken Reformisten wie Scargill, Livingstone und Knight, während ihre nationalistische Praxis zur schweren Behinderung oder gar Zerstörung ganzer Sektionen des Internationalen Komitees führte.

Vor allem seit dem Sieg der bürgerlichen (!) iranischen Revolution traten in den Perspektivdokumenten der WRP und des IKVI immer deutlicher pablistische Perspektiven von „objektiven Prozessen“ in Erscheinung. Das fand seinen Höhepunkt im Perspektivdokument, dass die WRP dem 10. Weltkongress diktierte, mit seinem metaphysischen Schema einer weltweiten, gleichartigen revolutionären Situation. In diesem Dokument wurde noch nicht einmal der Versuch gemacht, die konkrete Situation in einzelnen Ländern zu analysieren und eine tatsächliche Orientierung für den Aufbau von Sektionen zu geben.

Auf seiner Sitzung am 25. Oktober 1985 hat das Internationale Komitee diese Degeneration entschieden zurückgewiesen, den Hauptverantwortlichen, G. Healy, wegen des Missbrauchs seiner Autorität ausgeschlossen und deutlich gemacht, dass es den Nationalismus der WRP nicht länger tolerieren wird. Nur diejenigen, die sich dem Internationalen Komitee der Vierten Internationale und seiner Autorität unterordnen, können Mitglieder des IKVI und seiner Sektionen bleiben.

All diejenigen, die den Resolutionen des ZK der WRP vom 26. Januar 1986 zugestimmt und die Autorität des IKVI zurückgewiesen haben, haben damit selbst deutlich gemacht, dass sie den Weg der pablistischen Degeneration und des Verrats an der Arbeiterklasse weiter gehen wollen und sich selbst außerhalb des IKVI gestellt.