Socialist Equality Party (Großbritannien)
Historische und internationale Grundlagen der Socialist Equality Party (Großbritannien)

Pablismus und Nord-Irland

165. Der britische Imperialismus hatte seine Kontrolle über Nordirland aufrechterhalten, indem er den Einfluss der protestantischen Unionisten unterstützte und einen Staatsapparat unterhielt, der sich auf anti-katholische Diskriminierung stützte. Die wachsende Wirtschaftskrise und die Angriffe der Ulster Volunteer Force führten 1968 zur Entwicklung einer massiven Bürgerrechtsbewegung. Am 14. August 1969 entsandte die Wilson-Regierung unter dem Vorwand, die katholische Minderheit zu schützen, britische Truppen nach Ulster.

166. Die SLL war die einzige Tendenz, die diese Truppenentsendung bedingungslos ablehnte. Sie warnte davor, dass die Truppen sich unvermeidlich gegen die Bevölkerung wenden würden, die sie angeblich schützen sollten. Die IMG, die Cliff-Gruppe und die KP dagegen begrüßten offen Wilsons Schachzug. In Cliffs Socialist Worker vom 11. September 1969 hieß es im Leitartikel: „Die Atempause, die die Anwesenheit britischer Truppe bietet, ist kurz, aber lebensnotwendig. Diejenigen, die den sofortigen Abzug der Truppen fordern, bevor sich die Männer hinter den Barrikaden selbst verteidigen können, ebnen damit den Weg für ein Pogrom, das zuerst und vor allem die Sozialisten treffen wird.“ Die IMG schrieb in der International im selben Monat, die Forderung nach einem Abzug britischer Truppen sei rein „erzieherisch“. Es heißt da: „Der Nachdruck, den man dieser Parole zeitweise verleiht, ist eine taktische Frage.“ Dafür ausschlaggebend waren die Beziehungen der IMG zur kleinbürgerlichen Führung der Northern Ireland Civil Rights Association (NICRA), die die Truppenstationierung unterstützte.

167. Cliff Slaughter hielt der IMG entgegen:

„Der kapitalistische Staat, so sagen Marxisten, besteht aus Verbänden bewaffneter Menschen zur Verteidigung kapitalistischen Eigentums, egal, wie sehr dieser Staat mit demokratischen Rechten, repräsentativer Regierung usw. ausgestattet sein mag. Diese prinzipielle Frage kann in keiner Weise durch“ taktische“ Erwägungen verändert werden. Es gibt keine Situation, in der Truppen und Polizei vom Staat nicht zu diesem Zweck eingesetzt werden… Diejenigen, die nicht in der Lage sind, jetzt für den Abzug britischer Truppen zu kämpfen, werden sich jetzt und in Zukunft als völlig unfähig erweisen, den Kampf gegen die britische herrschende Klasse und ihre Agenten zu führen.“ [63]

168. Die Pablisten waren mitschuldig an der Tragödie, die sich daraufhin ereignete. Das Jahr 1969 wurde zum Beginn einer größeren Offensive des britischen Staates, so wie Nordirland zum Labor für Tests von Maßnahmen zur Aufstandsbekämpfung mit Blick auf ihre Anwendung im ganzen Königreich wurde. Massenverhaftungen, Inhaftierungen ohne Prozess, Diplock-Gerichte ohne Jury folgten genauso wie Folter und Morde. Am 30. März 1972 wurden vierzehn Bürgerrechtsdemonstranten am Blutigen Sonntag von britischen Soldaten erschossen. Dies war nur das schlimmste Beispiel des staatsterroristischen Einsatzes, der über dreißig Jahre andauern sollte.

169. Die Eskapaden der IMG in Irland machten es in zunehmendem Maß schwierig, zu erkennen, wo kleinbürgerliches Abenteurertum aufhörte und politische Provokation begann. Die Organisation sollte sich zu einem unerschrockenen Cheerleader für die IRA mausern. Ihre irischen Gesinnungsgenossen führten die republikanische „Stadtguerilla“-Bewegung Saor Eire an. Die Banküberfälle und der Mord dieser Gruppe an einem irischen Polizisten waren der Anlass den irischen Staat sich in den Konflikt im Norden einzumischen. Die Aktivitäten des Vereinigten Sekretariats führten zur brutalen Ermordung ihres Mitgliedes Peter Graham, des Saor-Eire-Führers, und zu Prozessen gegen mehrere ihrer Mitglieder. Am 19. August 1973 stellte sich Gerry Lawless, ein führendes Mitglied der IMG, Scotland Yard und beschuldigte die Provisional IRA einer Reihe von Bombenanschlägen in London. Hansen und das Vereinigte Sekretariat verteidigten Lawless und lehnten jegliche Untersuchung seiner Aktivitäten ab.


[63]

Cliff Slaughter, “Northern Ireland—a touchstone of revolutionary principle”, Workers Press, 3. Oktober 1969 [aus dem Englischen]