Erklärung des Internationalen Komitees der Vierten Internationale
Wie die Workers Revolutionary Party den Trotzkismus verraten hat 1973 – 1985

Youth Training: Ein fabianischer Seitensprung

Nach der Kritik der Workers League wurden einige kosmetische Veränderungen vorgenommen, um die trotzkistische Glaubwürdigkeit der WRP innerhalb des Internationalen Komitees aufzupolieren und die augenscheinlichsten Zielscheiben für weitere Angriffe zu entfernen. Healy verschwand als Verfasser von Artikeln praktisch aus der News Line, und außer einem kurzen Beitrag – ein zusammenhangsloses Stück mit dem merkwürdigen Titel „Wie Hegel unter die Tory-Ratgeber fiel“ – schrieb Healy nichts mehr über Philosophie. Um der Behauptung entgegenzuwirken, dass die WRP den Trotzkismus aufgebe, veröffentlichte die News Line große Anzeigen, die eine neue Vorlesungsreihe in ihrem Schulungszentrum über die Theorie der Permanenten Revolution ankündigten. Veränderungen dieser Art stellten jedoch keine Abkehr von dem opportunistischen Kurs der WRP dar. Tatsächlich erlaubte Healy die leichte Wende in der Frage der Permanenten Revolution nur, weil die politischen Veränderungen im Nahen Osten seine alten Verbündeten zeitweilig aus dem Gleis geworfen hatten. Somit konnten der Irak und Simbabwe leicht als Bestätigung für Trotzkis Charakterisierung der Falschheit bürgerlicher Nationalisten angeführt werden. Gleichzeitig arbeitete Healy mit S. Michael zusammen, um neue Beziehungen zu dem Regime im Iran anzuknüpfen.

Aber es gab keine grundlegende Änderung der politischen Linie. Die verschiedenen Zickzack- Bewegungen in den Positionen waren in Wirklichkeit die öffentliche Widerspiegelung der Manöver, die hinter den Kulissen vor sich gingen. Healy war eifrig dabei, seine prinzipienlosen Beziehungen zur Gewerkschaftsbürokratie und Teilen der Labour Party auszubauen.

Healy sah die Chance, die Unterstützung der Gewerkschaftsbürokratie für ein reformistisches Modell zu gewinnen, das die Jugend vom revolutionären Kampf ablenken konnte. Die Idee für ein Ausbildungsprojekt für Jugendliche war in Healys Kopf herangereift, seit er bei einer Rundreise im Irak zu staatlich kontrollierten Jugendzentren mitgenommen worden war. Ausgerüstet mit dem, was er im „sozialistischen“ Irak gesehen hatte, begann er 1981 damit, die Young Socialists in sein Lieblingsprojekt „Youth Training“ (Jugendausbildung) zu liquidieren. Nach den Frühlings- und Sommerunruhen wurde dieses Projekt beschleunigt durchgeführt.

Die öffentliche Rechtfertigung für dieses Modell war, dass arbeitslose Jugendliche eine Bedrohung für die Arbeiterbewegung darstellten. Die Young Socialists würden deshalb durch ein Minimum an wöchentlicher Schulung den jungen Leuten einige grundlegende Fähigkeiten vermitteln. Laut Healy sollte die ganze Gewerkschaftsbewegung diesem Beispiel folgen. Das heißt, er schlug vor, dass die Last und die Kosten für die Grundausbildung von Jugendlichen von der Arbeiterbewegung getragen werden, mit, versteht sich, einiger freundschaftlicher Hilfe der Bosse und verschiedener weichherziger Liberaler.

Die Gewerkschaftsbürokraten waren natürlich erfreut zu hören, dass Healy nicht mehr damit beschäftigt war, Jugendliche gegen sie und die Reformisten in der Labour Party zu mobilisieren. Sie waren mehr als glücklich, ein bisschen Bargeld, Teile alter Maschinen, die Überbleibsel von Computern der ersten Generation und überzählige Schalttafeln, Haartrockner für eventuelle Kosmetikerinnen, Wollgarn für mögliche Schneider, gebrauchte Zündkerzen für eine zukünftige Generation von Automechanikern und abgetragene Boxhandschuhe für hoffnungsvolle Schwergewichtler beizusteuern. Der letzte Beitrag gab Anlass zu einigen Befürchtungen innerhalb der WRP-Führung, nachdem Vanessa Redgrave vermutete, dass Kämpfe auf dem Gelände der Youth-Training-Zentren mögliche Spenden von liberalen Pazifisten und anderen Vogelkundlern zunichte machen könnten. Deshalb wurden Box- und Karatekurse aufgegeben, und die nachfolgenden Versuche, den unmittelbaren Mitgliederverlust durch das Angebot von Spanisch- und Schauspielkursen wettzumachen, brachten nicht den gewünschten Erfolg. Es scheint, dass die Jugendlichen mehr daran interessiert waren, ihre Kriegskünste für die nächste Runde gegen die Polizei in Brixton zu vervollkommnen, als sich auf Ferien an der Costa Brava oder Vorstellungen im Old Vic vorzubereiten.

In ihrem ehrenwerten Bemühen, das helle Licht der Kultur zur davon unbeleckten Jugend der Innenstädte zu bringen brach die WRP- Führung endgültig mit dem Übergangsprogramm. Der politische Inhalt des Ausbildungsmodells war äußerst reaktionär, er zielte darauf ab, Jugendliche vom Kampf gegen den Kapitalismus und seine Lakaien in der Arbeiterbürokratie abzulenken.

Trotzki lastete die volle Verantwortung für die Arbeitslosigkeit dem kapitalistischen System an. Vorzuschlagen, dass die Arbeiterklasse und deren Organisationen die Kosten der Arbeitslosigkeit tragen, bedeutet, die Behauptungen des kapitalistischen Staats und der Unternehmer zu akzeptieren, dass sie bankrott und unfähig seien, Arbeits- und Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. In ihrer Resolution zur Jugend, angenommen bei ihrer Gründungskonferenz, erklärte die IV. Internationale 1938:

Im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit haben die Forderungen erhöht das Schulalter, organisiert Berufsausbildung nur insoweit einen Sinn, als die Last dafür nicht von der Arbeiterklasse, sondern von den Großkapitalisten getragen werden muss. Daher sind die Bolschewik-Leninisten verpflichtet, die Forderungen der Arbeiterjugend auf diesem Gebiet wie folgt zu formulieren:

Ausweitung der Schulpflicht auf 16 Jahre, mit einem Stipendium zur Unterstützung der Familien von Arbeitern und Kleinbauern.

Reorganisierung der Schule in Zusammenarbeit mit den Fabriken: die Schule sollte die Kinder auf das Leben und die Arbeit vorbereiten; sie sollte die Jugendlichen mit den älteren Generationen zusammenschweißen; daher die Forderung nach Kontrolle durch die Arbeiterorganisationen über die technische Ausbildung.

Reduzierung der Lehrlingszeit auf höchstens zwei Jahre.

Verbot aller Arbeit, die nicht zur eigentlichen Lehre gehört.

Einrichtung von Lehrwerkstätten auf Kosten der Unternehmer in jeder Firma oder Firmengruppe, die mit der Produktion, dem Bergbau oder Handel beschäftigt ist. Die Zahl der Auszubildenden muss mindestens 3 % der Beschäftigten der Firma oder Firmengruppe betragen.

Auswahl der Berufsschullehrer durch die Gewerkschaften.

Kontrolle dieser Lehrwerkstätten durch eine gemeinsame Kommission von Arbeiterdelegierten und Delegierten der Lehrlinge selbst. (Documents of the Fourth International, Pathfinder, S. 279/80)

Während Trotzki diese Übergangsforderungen entwickelt hatte, um die Jugend an der Seite der Arbeiterklasse gegen den Kapitalismus zu mobilisieren, schlug Healy die reformistische Demobilisierung der Jugend vor, entsprechend den Erfordernissen des Kapitalismus und der Bürokratie.

Das Youth-Training-Modell war nicht nur vom Standpunkt des Trotzkismus aus nicht zu verteidigen, sondern es fußte auf theoretischen Auffassungen, die völlig antimarxistisch waren. Healy entwickelte die Idee, dass die Jugend solange nicht für den revolutionären Kampf gewonnen werden könne, wie sie arbeitslos sei, ein Standpunkt, zu dem er durch ein völlig verkehrtes Verständnis gewisser Abschnitte aus den Ökonomisch-philosophischen Manuskripten von 1844 von Marx gelangt war. Damit machte er die Organisierung der Jugend im revolutionären Kampf abhängig von der Vollbeschäftigung, eine merkwürdige Variante der Zwei-Stadien-Theorie der Revolution – deren erstes Stadium, einmal abgeschlossen, das zweite Stadium unmöglich machen würde,

Ende 1982 veröffentlichte die WRP eine Erklärung mit dem Titel Sechs Gründe, warum Sie in die WRP eintreten sollten, die besser Sechs Gründe, warum die WRP eine zentristische Organisation ist, genannt worden wäre. Unter dem dritten Grund verkündete die WRP stolz, dass sich ihre Jugendbewegung darum bemühe, Jugendliche davon abzuhalten, sich mit Politik zu beschäftigen:

Die Workers Revolutionary Party verwendet über ein Drittel ihrer finanziellen Mittel für die Entwicklung ihrer Jugendorganisation, der Young Socialists. Wir unterstützen die unpolitischen Ziele der Youth- Training- Bewegung, die von den Young Socialists gefördert wird, und die arbeitslose Schulabgänger und arbeitslose Jugendliche ausbildet, die sonst gezwungen wären, die Billiglohn-YOP-Programme der Regierung mitzumachen. Wir meinen, dass Jugendliche ohne Arbeit, ohne Ausbildung und außerhalb der Gewerkschaften vom Rest der Arbeiterklasse abgeschnitten sind und sich nicht als bewusste Teilnehmer am politischen Leben entwickeln können. Wir sehen deshalb die Aufgabe, einen Beruf zu erlernen, als über der Politik stehend an. (Betonung hinzugefügt.)

Eine gründlichere Ablehnung des revolutionären Kampfes hätte selbst vom Tory-Minister für Bildung nicht verfasst werden können.

Wie immer bei Healys Lieblingsprojekten ging es hinter der Kulisse öffentlich zur Schau gestellter hochgesinnter Uneigennützigkeit um materielle Vorteile. Bill Sirs, der Mann, der den Tories half, Zehntausende von Stahlarbeitern auf die Straße zu werfen, war einer der begeistertsten Anhänger von Youth Training und feierte die Eröffnung einer ihrer Räumlichkeiten. Bei dem Versuch, freundliche Beziehungen zu allen Ebenen der Bürokratie herzustellen, dämpfte die WRP ihre Kritik an diesen professionellen Verrätern. Deshalb wurde unter Grund Nummer Vier für den Eintritt in die WRP über die Politik der WRP für die Gewerkschaften nur Folgendes gesagt:

Alle Mitglieder der WRP sind verpflichtet, Mitglieder ihrer zuständigen Gewerkschaft zu sein. Die Partei unterstützt den TUC in seiner Entscheidung, arbeitslose Arbeiter und Jugendliche in der für ihren Beruf zuständigen Gewerkschaft aufzunehmen, als ob sie arbeiten würden. Dafür auch eine Kampagne zu führen und es durchzusetzen, ist jedoch etwas anderes. Der TUC tut dies nicht, deshalb muss jede Anstrengung gemacht werden, ihn dazu zu zwingen.

In dieser öffentlichen Erklärung, die angeblich Arbeiter für eine revolutionäre Partei gewinnen sollte, fand sich kein Hinweis auf den historischen Verrat des TUC und seine laufende Zusammenarbeit mit der Tory-Regierung! In ihrer Unterwürfigkeit vor der Bürokratie wetteiferte die WRP nun mit den Stalinisten.

Auch diesen gegenüber schlug die WRP einen merkwürdig gedämpften Ton an. In Grund Nummer Eins beschrieb die WRP ihre Haltung zu den stalinistischen Verbrechern im Kreml wie folgt: „Die WRP hat grundlegende politische Meinungsverschiedenheiten mit den bürokratischen Führern der sowjetischen Kommunistischen Partei über die nationalistische Orientierung des ‚Sozialismus in einem Land‘“. Der „Strom von Blut“, der den Stalinismus vom Trotzkismus trennt, wurde nun zu „politischen Meinungsverschiedenheiten“ herabgemindert.

Die Erklärung fuhr fort, die „friedliche Koexistenz“ und den „friedlichen Weg zum Sozialismus“ zu beschreiben als

Politik, welche die Errungenschaften der internationalen Arbeiterklasse bedroht und, wenn sie nicht überprüft und geändert wird, zu katastrophalen Niederlagen für die Arbeiterklasse führen wird.

Als ob die Politik des Stalinismus nicht bereits zu katastrophalen Niederlagen geführt hätte, und als ob es noch die Möglichkeit gäbe, dass diese Politik, die den tiefsten Bedürfnissen des Imperialismus entstammt und sich gesellschaftlich auf eine parasitäre und konterrevolutionäre Bürokratie begründet, „überprüft und geändert“ würde.