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Socialist Equality Party (Sri Lanka)
Die historischen und internationalen Grundlagen der Socialist Equality Party (Sri Lanka)

Die Quit India-Bewegung

6.1. Die Vorhersage der BLPI, es werde zu politischen Unruhen in Indien kommen, stellte sich als richtig heraus. Nur wenige Monate nach ihrer Gründung brach im August 1942 die Quit India-Bewegung aus. Die Kongresspartei hatte sich formell gegen den Krieg ausgesprochen und ihre Minister waren im Herbst zurückgetreten, aber der Widerstand hatte sich auf symbolischen zivilen Ungehorsam beschränkt. Nach Ausbruch des Pazifikkrieges dachten Gandhi und die Führer der Kongresspartei, dass ihnen die drohende Gefahr einer japanischen Invasion Indiens eine bessere Verhandlungsposition mit den Briten verschaffen würde. Angesichts wachsender sozioökonomischer Verwerfungen infolge der Unterordnung Indiens unter die britischen Kriegsanstrengungen wollte der Kongress Massenunruhen verhindern. Am 7. August diskutierte das Congress Working Committee vor einer großen Menschenmenge auf dem Gowalia Tank Maidan Platz, einem großen Versammlungsort in Bombay, über eine Resolution, die zu massenhaften gewaltlosen Protesten für einen „geordneten britischen Rückzug“ aufrief. Die stalinistischen Mitglieder des Working Committee stimmten offen gegen die Resolution – das erwies sich als ein schwerer politischer Schlag für die KPI.

6.2. Auf einer Versammlung in Bombay verteilte die BLPI Flugblätter, in denen sie jeden antiimperialistischen Kampf unterstützte, der vom Kongress ausging, und einen „politischen Generalstreik der Massen gegen den britischen Imperialismus“ forderte, sowie Kampagnen gegen Steuern und Pachtzahlungen der Landbevölkerung. Dies sollte zur Beschlagnahme von Land durch Bauernkomitees führen. Damit folgte die BLPI dem Rat in Trotzkis Brief an die indischen Arbeiter: „Wenn sich die indische Bourgeoisie je gezwungen sieht, auch nur den winzigsten Schritt zum Kampf gegen Englands Willkürherrschaft zu tun, wird das Proletariat natürlich einen solchen Schritt unterstützen. Aber es wird ihn mit seinen eigenen Methoden unterstützen: mit Massenversammlungen, kühnen Parolen, Streiks, Demonstrationen und noch entscheidenderen Kampfmaßnahmen, je nach dem Kräfteverhältnis und den Umständen. Um das zu tun, muss das Proletariat die Hände frei haben. Eine völlige Unabhängigkeit von der Bourgeoisie ist für das Proletariat unerlässlich, vor allem, um Einfluss auf die Bauernschaft, die Hauptmasse der indischen Bevölkerung, auszuüben.“ [13]

6.3. Gandhi erwartete trotz seiner aufwieglerischen „Do or Die!“-Rede am 8. August, dass die Resolution den Vizekönig zu offenen Gesprächen zwingen würde, aber die Briten verhafteten als Reaktion darauf die gesamte Kongress-Führung. Dies führte in vielen Teilen des Landes zu wütenden Protesten und Streiks. Die Muslim League und die Hindu Mahasabha beteiligten sich zusammen mit der KPI an der Niederschlagung der Proteste. Da die Kongress-Führung, inklusive Gandhi, im Gefängnis saß, übernahm die Fraktion der Congress Socialists die Führung der Bewegung, hatte jedoch keine Perspektive für die Machtübernahme. Sie wandte sich nicht an die Arbeiterklasse, stattdessen verlegte sie sich auf sinnlose Sabotageakte und bäuerliche Guerillaaktivitäten. Die BLPI beteiligte sich mit vollem Einsatz an den Protestaktionen. Sie wandte sich an Arbeiter und Studenten und organisierte oder beteiligte sich an Demonstrationen in Bombay, Kalkutta, Madras und anderen Städten. Sie bezahlte teuer dafür. Mithilfe der KPI, die die BLPI als „Kriminelle und Gangster“ brandmarkte, die „den Faschisten helfen“, verhaftete die Polizei viele Mitglieder und hohe Führungskräfte der BLPI. Die Quit-India-Bewegung umfasste Millionen von Menschen und setzte ihre Aktivitäten trotz brutaler Unterdrückung durch die Polizei noch mehrere Monate lang fort. Laut offiziellen Zahlen wurden von August 1942 bis März 1943 mehr als eintausend Menschen getötet und 60.000 eingesperrt. Nachdem die Bewegung abgeebbt war und die Briten die japanische Armee zurückgeschlagen hatten, stellte der Kongress die Quit-India-Bewegung für die Restdauer des Krieges ein.

6.4. Der entschlossene Kampf der BLPI stärkte das Ansehen des Trotzkismus in der ganzen Region. Unter den widrigen Bedingungen der Illegalität, der Verfolgung durch die Polizei und der kriegsbedingten Isolation von der Vierten Internationale orientierte sie sich auf die Quit-India-Bewegung und vor allem auf die Arbeiterklasse, ohne auch nur die kleinsten politischen Zugeständnisse an die Kongresspartei oder die Congress Socialists zu machen. Aber als die revolutionäre Welle abebbte, traten scharfe politische Differenzen innerhalb der BLPI auf. Der Ursprung dieser Differenzen lag in der Verwandlung der LSSP in die BLPI – eine Veränderung, bei der es zu einer grundlegenden Wende zu einer proletarisch-internationalistischen Achse kam, was unweigerlich zu inneren Spannungen führte. Bei den ursprünglichen Streitigkeiten ging es um Philip Gunawardenas Kampf gegen die Versuche von Doric de Souza, die BLPI in Sri Lanka in eine leninistische Partei umzuwandeln. Aus Bombay kritisierte Gunawardena die „kleinbürgerlichen Intellektuellen“ in Colombo, die die Partei zu einer „engstirnigen, verschworenen Sekte gemacht haben, die völlig von den Massen abgeschnitten ist.“ Im Jahr 1942 gründeten er und N.M. Perera eine Fraktion namens Workers Opposition und scharten eine Schicht von Gewerkschaftern um sich. De Souza, der während des Krieges die Untergrundarbeit der BLPI in Sri Lanka leitete, reagierte darauf mit der Bildung einer bolschewistisch-leninistischen Fraktion.

6.5. Der In halt dieser Fraktionsstreitigkeiten blieb zunächst unklar, aber nach dem Ende der Quit-India-Bewegung traten grundlegendere Streitigkeiten zutage. Aus Unzufriedenheit mit der Größe und der Entwicklung der BLPI veröffentlichten Philip Gunawardena und N.M. Perera 1943 aus dem Gefängnis ein Dokument mit dem Titel „Der Kampf in Indien – die nächste Phase“, in dem eine prinzipienlose Fusion mit verschiedenen kleinbürgerlichen Gruppierungen, darunter der Congress Socialist Party, zu einer wenig definierten „Revolutionären Einheitsfront“ gefordert wurde. Dieser Plan war ein deutlicher Schritt zurück zur samasamajistischen Tradition, mit der die BLPI gebrochen hatte. 1944 lehnte die BLPI das Dokument von Gunawardena und Perera ausdrücklich ab. Die Resolution, die angenommen wurde, erklärte: „Wir glauben, dass dieser Vorschlag, wenn er realisiert würde, kein anderes Ergebnis haben könnte, als die Auflösung der einzigen bestehenden Partei in Indien mit klarem revolutionären Programm (egal wie klein sie sein mag), und ihre Verwandlung in eine weitgehend zentristische Partei.“ [14] Der Konflikt blieb jedoch ungelöst und war der Vorbote der politischen Streitigkeiten, die nach dem Krieg in vollem Ausmaß zutage traten.

6.6. Die Hauptresolution des BLPI-Kongresses bestand aus einer detaillierten Analyse der Hauptgründe für die Niederlage der Quit-India-Bewegung. Dazu hieß es: „Der Hauptgrund, warum die Augustbewegung nicht die Grenzen bürgerlicher Perspektiven überschritten hat, war, dass die Arbeiterklasse nicht in ausreichendem Ausmaß militante Klassenaktionen aufgenommen hat.“ Die Arbeiter hatten den Protesten zwar mit Sympathie gegenüber gestanden und sich sporadisch an Streiks beteiligt, waren aber von der KPI durch deren Kontrolle des Gewerkschaftsapparates, und von den an der Bauernschaft orientierten Congress Socialists zurückgehalten worden. Diese Resolution war die Grundlage für ein stärkeres Eingreifen der Partei in der Arbeiterklasse, besonders nach dem Krieg.


[14]

Zitiert in Tomorrow is Ours, S. 171