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Socialist Equality Party (Sri Lanka)
Die historischen und internationalen Grundlagen der Socialist Equality Party (Sri Lanka)

Die chinesische Revolution

8.1. In China zeigten sich die politischen Schwierigkeiten, denen die Arbeiterklasse in der unmittelbaren Nachkriegszeit gegenüberstand, besonders deutlich. Nach der gescheiterten Revolution von 1925-27 hatte sich die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) ins Hinterland zurückgezogen und orientierte sich an der Bauernschaft. Die KPCh hielt zwar ihre Verbindungen zur Dritten Internationale und der stalinistischen Bürokratie aufrecht, aber durch ihre Umorientierung auf die Bauernschaft verschob sich ihre Klassenachse vom Proletariat weg. Die stalinistische Ideologie der KPCh war beeinflusst von der Zwei-Stufen-Theorie, der Klassenzusammenarbeit mit der nationalen Bourgeoisie, bäuerlichem Populismus und Guerillataktiken. Mao Zedong, der immer dem rechten Flügel der Partei angehört hatte, übernahm 1935 die Führung der KPCh und verstärkte ihre Orientierung auf die Bauernschaft. Die chinesische Linke Opposition, die sich nach 1927 gebildet hatte, blieb in den städtischen Gebieten aktiv und orientierte sich trotz der Unterdrückung durch die Kuomintang, an der sich die Stalinisten beteiligten, weiterhin an der Arbeiterklasse.

8.2. 1932 warnte Trotzki seine Anhänger in China in einem weitsichtigen Brief vor den Gefahren, die der Arbeiterklasse durch Maos Bauernarmeen drohen könnten. Über die grundlegend unterschiedliche Klassenorientierung von Arbeiterklasse und Bauernschaft schrieb Trotzki: „Die Bauernbewegung ist ein mächtiger revolutionärer Faktor, sofern sie sich gegen die Großgrundbesitzer, Militärmachthaber, Feudalherren und Wucherer richtet. Aber in der Bauernbewegung selbst gibt es sehr starke eigentumsfixierte und reaktionäre Tendenzen, die sich in einem gewissen Stadium feindlich – sogar mit Waffengewalt – gegen die Arbeiter richten können. Wer die Doppelnatur der Bauernschaft vergisst, ist kein Marxist. Man muss die fortschrittlichen Arbeiter lehren, hinter den ‚kommunistischen‘ Aushängeschildern und Bannern die wirklichen gesellschaftlichen Prozesse zu erkennen.“[16]

8.3. Trotzki erklärte weiter: „Die wirkliche kommunistische Partei ist die Organisation der proletarischen Avantgarde. Doch die Arbeiterklasse in China befand sich im Laufe der letzten vier Jahre im Zustand der Unterdrückung und Zersplitterung und zeigt erst jetzt Anzeichen einer Wiederbelebung. Es ist eine Sache, wenn eine Kommunistische Partei, die sich fest auf die Blüte des städtischen Proletariats stützt, versucht, den Bauernkrieg mit Hilfe von Arbeitern zu führen. Eine ganz andere Sache ist es aber, wenn einige Tausend, oder sogar Zehntausend Revolutionäre, die den Bauernkrieg führen, Kommunisten sind oder sich so nennen, ohne im Proletariat einen wirklichen Rückhalt zu haben. Und gerade das ist in China der Fall. Das vergrößert das Risiko von Konflikten zwischen Arbeitern und bewaffneten Bauern außerordentlich.“[17]

8.4. Auf Anweisung aus Moskau schloss sich die KPCh zuerst mit Tschiang Kai-Scheks Regime zu einer Volksfront gegen die japanische Armee zusammen, die 1937 in China eingefallen war. Trotzki betonte, der Krieg der unterdrückten Nation China gegen den japanischen Imperialismus habe etwas Progressives und wandte sich gegen sektiererische Tendenzen, die seine Position als „Sozialpatriotismus“ und „Kapitulation vor Tschiang Kai-Schek“ bezeichneten. Er betonte jedoch auch, die Arbeiterklasse müsse bei ihrer Unterstützung des Krieges ihre politische Unabhängigkeit wahren. Stattdessen ging die KPCh ein Bündnis mit der Kuomintang ein und ordnete die Interessen der Massen denen der Bourgeoisie unter. Sie nahm ihre eigene Forderung nach einer Landreform zurück und verwarf ausdrücklich die Interessen der Arbeiter, um die Grundbesitzer und Kapitalisten in der KMT nicht zu verärgern. Nach dem Sieg über die Japaner versuchte die KPCh, im Einklang mit Stalins Politik der Kollaboration mit bürgerlichen Parteien und Regierungen in Europa und Asien, ihr Bündnis mit der KMT aufrechtzuerhalten.

8.5. Obwohl es deutliche Anzeichen dafür gab, dass Tschiang Kai-Schek mit Hilfe der USA einen Krieg gegen die KPCh vorbereitete, forderte Mao erst im Oktober 1947, zu Beginn des Kalten Krieges, den Sturz der Kuomintang. Angesichts der Gefahr, von der Kuomintang durch eine Offensive in der Mandschurei vernichtend geschlagen zu werden, stellte die KPCh erneut die Forderung nach einer Landreform auf, um die weitverbreitete Unzufriedenheit unter den Bauern auszunutzen. Tschiang Kai-Scheks Niederlage hatte weniger mit Maos angeblichem strategischem Genie zu tun als mit der inhärenten Schwäche des völlig korrupten und repressiven Regimes der KMT, das keinerlei größere politische Basis hatte und mit einer Finanzkrise und immensen revolutionären Unruhen der Arbeiterklasse und der Bauernschaft konfrontiert war. Maos Armeen besiegten die Truppen KMT in der Mandschurei mithilfe erbeuteter japanischer Waffen, die sie von der Roten Armee bekommen hatten und konnten ohne nennenswerten militärischen Widerstand nach Süden vorstoßen. Die Volksrepublik China wurde im Oktober 1949 ausgerufen.

8.6. Die KPCh gestaltete ihr neues Regime als „Block der vier Klassen“, zu dem auch Elemente der Bourgeoisie gehörten, die nicht nach Taiwan geflohen waren. Anfangs begrenzten sie die Landreform und die Verstaatlichungen der Industrie. Aber das Ausmaß der revolutionären Bewegung und die Erwartungen an die KPCh, die viele – zu Unrecht – als Erbe der Russischen Revolution ansahen, waren so groß, dass die Stalinisten gezwungen waren, weiter zu gehen als sie wollten. Angesichts der drohenden imperialistischen Intervention nach dem Koreakrieg war das Regime gezwungen, Zugeständnisse an die Arbeiter und Bauern zu machen, da sie die Bevölkerung für den Krieg mobilisieren mussten. In ländlichen Gebieten wurde die Enteignung der Großgrundbesitzer abgeschlossen. Im Rahmen ihrer „Drei Anti“- und „Fünf Anti“-Kampagnen 1951-52 nahm die KPCh Industrielle und Händler wegen ihres „korrumpierenden Einflusses“ auf Partei und Staat ins Visier. 1953 wurde der erste Fünfjahresplan aufgelegt und dem entsprechend wurden die meisten noch existierenden Privatunternehmen verstaatlicht. Jedoch konnte auf Grundlage der reaktionären stalinistischen Theorie des „Sozialismus in einem Land“ keines der komplexen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Probleme gelöst werden, vor denen die Regierung stand. Als die KPCh von einer pragmatischen, nationalistischen Linie zur nächsten wechselte, löste sie eine Reihe von Katastrophen aus – darunter Ende der fünfziger Jahre eine Hungersnot durch den „Großen Sprung nach vorn“.

8.7. Das bürokratische Regime der KPCh agierte zu jeder Zeit als Bremse für die revolutionären Bewegungen der Massen, vor allem der Arbeiterklasse. Als Maos Truppen 1949 in die Städte und Dörfer einmarschierten, verhängte die KPCh schwere Beschränkungen für alle Aktivitäten der Arbeiter. Streiks wurden gewaltsam unterdrückt, teilweise wurden Arbeiter erschossen oder verhaftet und hingerichtet. Die Feindschaft der KPCh gegenüber der unabhängigen politischen Mobilisierung des Proletariats zeigte sich am deutlichsten in der brutalen Verfolgung der chinesischen Trotzkisten. Sie begann 1949 und ging weiter bis zu den Massenverhaftungen im Jahr 1952.

8.8. In der internationalen Arena setzte die KPCh ihr Bündnis mit der Sowjetunion fort In den fünfziger Jahren war sie stark von sowjetischen Experten abhängig, um ihre Wirtschaft und vor allem die Schwerindustrie auszubauen. Die wirtschaftliche Verwaltung der verstaatlichten Industrie durch die KPCh orientierte sich eng an der bürokratischen Planung der Stalinisten in der Sowjetunion. In dem chinesisch-sowjetischen Zerwürfnis von 1962 zeigten sich die konkurrierenden nationalen Interessen der beiden stalinistischen Bürokratien. 1962 unterstützte die Sowjetunion Indien im chinesisch-indischen Grenzkonflikt. Die KPCh kritisierte Chruschtschow dafür, in seiner Geheimrede von 1956 Stalins Verbrechen enthüllt zu haben. Sie selbst brach nie mit den grundlegenden Konzepten des Stalinismus und verteidigte weiterhin alle seine Verrätereien. Dass die KPCh die Zwei-Stufen-Theorie verteidigte und Bündnisse mit den Bourgeoisien rückständiger Länder einging, führte die Massen Asiens in zahlreiche Katastrophen, darunter den brutalen Militärputsch in Indonesien 1965-66.


[16]

Der Bauernkrieg in China und das Proletariat: in: Leo Trotzki: Schriften, Bd. 2.2, S. 766

[17]

ebd., S. 763