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Socialist Equality Party (Sri Lanka)
Die historischen und internationalen Grundlagen der Socialist Equality Party (Sri Lanka)

Die Auflösung der BLPI

11.1. Mit dem Abflauen der revolutionären Bewegungen der Nachkriegszeit und der Entlassung der britischen Kolonien in Südasien in die Unabhängigkeit entstand ein enormer Druck auf die BLPI, sich den neuen nationalen Rahmenbedingungen und staatlichen Strukturen anzupassen. Für Teile der Mittelschicht bedeutete die „Unabhängigkeit“ Chancen in der politischen Sphäre des Parlaments und Karrieren in der wachsenden Staatsbürokratie und den staatlichen Unternehmen. Die Stabilisierung des Kapitalismus und der Nachkriegsboom führten zu steigenden Preisen für Exportgüter, wodurch die Bourgeoisie in der Lage war, begrenzte Zugeständnisse an die Arbeiterklasse zu machen. Das zeigte sich besonders in Sri Lanka, wo einer schwachen Kapitalistenklasse ein militantes Proletariat gegenüberstand, das teilweise unter dem Einfluss der revolutionären Führung der BLPI stand. Durch die vorübergehenden wirtschaftlichen Errungenschaften entstand die Illusion, eine sozialistische Revolution sei nicht notwendig und das Schicksal der Arbeiter ließe sich schrittweise durch eine Kombination aus parlamentarischen Manövern und Arbeitskämpfen verbessern.

11.2. Von zentraler Bedeutung für die Auflösung der BLPI zwischen 1948 und 1950 war ihr Rückfall in den Nationalismus. In ihrem „Programm für Ceylon von 1946 hatte die BLPI leidenschaftlich erklärt, dass die sozialistischen Revolutionen in Ceylon und Indien eng miteinander verbunden seien. „Selbst mit der größten Mobilisierung kann die revolutionäre Massenbewegung dieser Insel nicht ohne Hilfe von außen die Energien aufbringen, um die Kräfte zu besiegen, mit denen die Imperialisten ihre Macht in Ceylon verteidigen würden. Ceylon ist für sie nicht nur ein wirtschaftlich ausbeutbares Feld, sondern auch ein strategischer Außenposten zur Verteidigung des ganzen Empires… Andererseits wäre es undenkbar, dass Indien selbst unabhängig wird, während Ceylon eine Bastion der britischen Macht im Osten bleibt. Daher sagen wir, dass der revolutionäre Kampf in Ceylon auf jeder Stufe mit dem auf dem Kontinent verbunden ist und ein Aspekt in der gesamten indischen Revolution ist.“ Obwohl die BLPI die Teilung Indiens kritisierte, begann sie, sich von ihrer internationalistischen Perspektive zurückzuziehen und sich an die Rahmenbedingungen der neugegründeten Staaten anzupassen. Es war kein Prinzip, dass die BLPI Indiens und Sri Lankas vereint bleiben musste, aber die Gründung neuer Sektionen der Vierten Internationale hätte von intensiven Diskussionen begleitet werden müssen, wie für die revolutionäre Perspektive gekämpft werden solle; auch enge organisatorische Zusammenarbeit hätte beibehalten werden sollen. Stattdessen kam es de facto zu einer Teilung, da die meisten srilankischen Trotzkisten auf die Insel zurückkehrten. Sie wurde zum Fokus ihrer politischen Aktivitäten, zum Nachteil der Partei in Indien. Als sich die politischen Schwierigkeiten zeigten, die aus der Restabilisierung des Kapitalismus nach dem Krieg entstanden, löste sich die BLPI in kleinbürgerliche radikale Parteien auf, da sie fälschlich annahm, durch Entrismus und „linke Einheit“ schneller wachsen zu können.

11.3. Es waren die Opportunisten in der srilankischen LSSP, die den Eintritt der indischen BLPI in die Sozialistische Partei Indiens initiierten. Die Partei war 1948 von den Kongress Sozialisten nach ihrer Abspaltung von der Kongresspartei gegründet worden. Die Unterstützer der LSSP innerhalb der BLPI argumentierten, ihre Taktik des Entrismus entspräche dem, was Trotzki in den 1930ern empfohlen habe, um innerhalb der Socialist Party of America (SPA) und der französischen Sektion der Arbeiterinternationale (SFIO) wichtige Schichten für die junge Vierte Internationale zu gewinnen. In den 1930er Jahren waren diese sozialdemokratischen Organisationen durch das Auftauchen des Faschismus‘ und den Verrat des Stalinismus zu Anziehungspunkten für Arbeiter und Jugendliche geworden, die sich für revolutionäre Politik interessierten. Der Eintritt in sie stellte ein kurzfristiges taktisches Manöver dar. Die Trotzkisten bewahrten sich innerhalb dieser Parteien größtenteils die Freiheit, für ihre revolutionäre, internationalistische Perspektive zu kämpfen und konnten wichtige Schichten von Arbeitern und Jugendlichen für sich gewinnen. Keine dieser Bedingungen traf auf die Sozialistische Partei Indiens zu. Sie entwickelte sich nicht nach links, sondern steuerte auf einem rechten, nationalistischen Kurs auf den Parlamentarismus zu. Der Vorschlag, in die Kongress Sozialisten einzutreten wurde auf der Parteikonferenz der BLPI 1947 debattiert und noch abgelehnt. Anhänger der Taktik drängten dennoch auf einen langfristigen Eintritt in die Sozialistische Partei, in der Hoffnung, sie werde sich später einmal radikalisieren. Die BLPI ignorierte die Warnungen des Internationalen Sekretariats der Vierten Internationale vor unüberlegten Aktionen und stimmte auf einem Sonderparteitag im Oktober 1948 in Kalkutta für den Eintritt.

11.4. Der Eintritt in die Sozialistische Partei war von Anfang an ein Desaster. Die BLPI-Mitglieder mussten einzeln die Mitgliedschaft beantragen, konnten keine eigene parteiinterne Fraktion bilden und keine Diskussionsschriften verbreiten. Gleichzeitig nutzte die Sozialistische Partei die Talente und das Prestige ehemaliger BLPI-Mitglieder aus, um ihren Parteiapparat aufzubauen, vor allem in Städten wie Madras, wo zuvor keiner bestanden hatte. Als die Sozialistische Partei weiter nach rechts rückte, duldete sie immer weniger Kritik oder Debatten. 1952 traten die ehemaligen BLPI-Mitglieder schließlich aus der Sozialistischen Partei aus, nachdem diese in der Wahl schlecht abgeschnitten und sich mit der bürgerlichen Kisan Mazoor Praja Party vereinigt hatte. Inzwischen war jedoch in der Vierten Internationale eine opportunistische Strömung unter Führung von Michel Pablo und Ernest Mandel entstanden, die sich unter einem ähnlichen politischen Druck entwickelt hatte, wie der, dem sich die BLPI angepasst hatte. Der Pablismus zerstörte in kurzer Zeit, was von der indischen BLPI noch übrig war.

11.5. In Sri Lanka wuchs der Druck auf die BLPI, sich mit der LSSP zu vereinen, vor allem nach einer Nachwahl 1949, bei der die Spaltung der „linken Stimmen“ in BLPI und LSSP es der UNP ermöglichte, den Sitz zu gewinnen. Die Nachwahl führte zur Forderung nach Einigkeit, um die Partei im Parlament und in der Gewerkschaftsarbeit zu stärken. Die Vereinigung der BLPI mit der LSSP im Juni 1950 wird in den historischen Dokumenten der LSSP als Fusion zweier trotzkistischer Parteien dargestellt. In Wirklichkeit bedeutete sie die Verwandlung der BLPI in eine opportunistische Partei, die sich schnell an Parlamentarismus und Syndikalismus anpasste. Als Ergebnis der Spaltung wurde N.M. Perera als Führer der größten Oppositionsfraktion Oppositionschef im Parlament. Philip Gunawardena wollte sich nicht in die neue LSSP einfügen und rückte noch weiter nach rechts, brach mit der LSSP und gründete seine eigene Partei – die Viplavakari LSSP, kurz die VLSSP.

11.6. Das Programm der wiedervereinigten LSSP beschränkte sich auf Sri Lanka. Es war eine Ansammlung abstrakter Floskeln, die darauf ausgelegt waren, eine kritische Untersuchung der strategischen Erfahrungen der BLPI und der Vierten Internationale zu vermeiden. Die politischen Erfahrungen der Arbeiterklasse in Sri Lanka, ganz zu schweigen von denen in Asien oder gar dem Rest der Welt wurden nirgendwo erwähnt. Die chinesische Revolution, die sich nur ein Jahr davor abgespielt hatte, wurde nicht erwähnt. Auch die Theorie der Permanenten Revolution wurde nicht ausdrücklich erwähnt. Keine der politischen Streitfragen, die in den vergangenen fünf Jahren aufgekommen waren, wurde diskutiert. Das Programm erklärte, die Partei stehe „kompromisslos gegen alle Formen des Chauvinismus‘“, diskutierte aber nicht die Anpassung der LSSP an die kommunalistische Politik von S.W.R.D. Bandaranaike im Jahr 1947. Es sprach außerdem über das Bedürfnis nach „echter nationaler Unabhängigkeit“, beschäftigte sich aber nicht damit, dass sich die LSSP bei der Abstimmung über die Unabhängigkeit 1948 enthalten hatte. In Wirklichkeit bedeutete die „Fusion“ eine Rückkehr zum Samasamajismus, d.h. zur nationalen Tradition des srilankischen Radikalismus. Dass über diese Fragen nicht diskutiert wurde, zeigte die wahren Verhältnisse in der neuen Partei: Der rechte Flügel unter N.M. Perera war an der Macht, die ehemaligen BLPI-Führer gaben ihm „trotzkistische“ Legitimation. Statt zu intervenieren, eine politische Klarstellung zu fordern und die prinzipienlose Vereinigung zu verhindern, gab das Internationale Sekretariat unter Michel Pablo seinen Segen dazu und akzeptierte die LSSP als srilankische Sektion der Vierten Internationale.