Der Schriftsteller Peter Handke, die öffentliche Meinung und der Krieg in Jugoslawien

Während viele deutschsprachige Künstler während des Kosovo-Kriegs die Deckung suchten, hat der österreichische Schriftsteller Peter Handke von Beginn an die NATO-Aktionen scharf als Verbrechen verurteilt. "Moral ist ein neues Wort für Willkür", entgegnet er schließlich am 15. Mai in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung all denjenigen, die wie die Schriftsteller Günter Grass, Stefan Heym, Hans Magnus Enzensberger, die Kabarettistin Ellen Tiedtke oder der Sänger der bekannten Kölner Rockgruppe BAP Wolfgang Niedekken die Bombardierung des Kosovo aus Gründen der Moral unterstützten, schwiegen oder für ein Eingreifen der UNO eintraten.

"Mit Bildern und Worten kann man am meisten schwindeln und am meisten verdienen", hält er an anderer Stelle den offiziellen Medienberichten über die "Massenabschlachtungen" der Serben vor: "Niemand weiß, was im Kosovo passiert, denn niemand kann hinein... Die Flüchtlinge sagen doch alle das gleiche. Muß das deshalb glaubhaft sein?" (1) Handke drehte den Spieß der offiziellen Rechtfertigungen für die Bombenangriffe um, indem er erklärte, die NATO hätte kein neuesAuschwitz verhindert, sondern ein neues Auschwitz geschaffen. "Damals waren es Gashähne und Genickschußkammern; heute sind es Computer-Killer aus 5000 Meter Höhe." (2)

Handke trat bereits zwei Tage nach den ersten Bomben mit einem Offenen Brief an die Öffentlichkeit, in dem von "grüne(n) Schlächter(n)" die Rede ist (3) und fordert schließlich "den deutschen Tötungsminister" (Scharping), der ihm noch vor Monaten zum Geburtstag gratuliert hatte, auf, "er möge mir meine Bücher zurückschicken". (4) Handke greift den Soziologen und Philosophen Jürgen Habermas für dessen moralische Unterstützung des Krieges an, unternimmt mehrere kurze Reisen nach Serbien und gibt den 1973 an ihn verliehenen Büchnerpreis, die höchste Auszeichnung für deutschsprachige Schriftsteller zurück.

Die Medien überschütten ihn mit Schmähungen. Nicht nur deutschsprachige Schriftstellerkollegen wenden sich von ihm ab. "Es gibt Intellektuelle, die sich nach seinen Äußerungen über den Jugoslawienkrieg geschworen haben, nie wieder ein Buch von ihm in die Hand zu nehmen", meldet Susan Sonntag aus New York, während der französische Philosoph Alain Finkielkraut in Handke ein "ideologisches Monster" sieht, aus dem das "germanische schlechte Gewissen" spreche und die "Überzeugung, ein unangreifbares Genie zu sein".

Einen Höhepunkt erreicht die Kampagne, als sich Mitte Mai die Schauspielerin Marie Colbin mit einem Offenen Brief zu Wort meldet, in dem sie private, scheinbar auch handgreifliche Auseinandersetzungen in ihrem früheren Zusammenleben mit Handke hervorkramt, um ihn als gewaltverherrlichenden, machthungrigen Menschen und "eitlen Schreiber,... der sich sonnt in der Rolle des ‚einsamen Rufers‘" der Öffentlichkeit zu repräsentieren, und ihr Fazit zu ziehen: "Du bist ein Ideologe des modernen Balkanfaschismus." (5)

Die Berliner Zeitung unterstreicht die Abgehobenheit und Weltfremdheit Handkes, kritisiert das literarische Werk des international anerkannten Autors als "narzißtisch versponnen", als Versuch, an einem "poetischen Paralleluniversum" zu arbeiten, "das er in den vergangenen Jahren zunehmend zur Trutzburg gegen die wirkliche Welt ausgebaut hat". (6) Der Schweizer Schriftsteller Laederach bezeichnet Handkes jüngste Äußerungen zum Kosovo-Krieg als Fall "fortschreitender geistiger Umnebelung", während das Deutsch-Schweizer PEN-Zentrum, in ihm einen "verblendeten Elfenbeinbewohner" sieht, aus dessen "proserbischen Entgleisungen", wie laut BZ ihr Generalsekretär in Zürich hinzufügt, ein "besonders unerträglicher Zynismus" spreche. (7)

Nichts aus Handkes öffentlichen Äußerungen läßt indes darauf schließen, daß er ein Anhänger des serbischen Nationalisten Milosewic und seiner Politik ist. Wer seine Veröffentlichungen der letzten Jahre verfolgt hat, kann sich davon überzeugen. In dem neuen, von Claus Peymann im Juni am Wiener Burgtheater uraufgeführten Handke-Stück über den Jugoslawienkrieg Die Fahrt im Einbaum oder Das Stück zum Film vom Krieg ist ebenfalls keine Spur von Serbenverherrlichung zu entdecken.

Handke hatte zunächst gegenüber dem österreichischen Magazin News erklärt, Milosewic sei "der gewählte Präsident des Landes" und habe "das Territorium seines Landes zu verteidigen". "Jeder an seiner Stelle in den letzten zehn Jahren hätte genauso handeln müssen wie er. Ihm blieb keine Wahl." (8) In dem bereits oben zitierten Interview der SZ sagt er eindeutig: "Ich bin mit dem serbischen Volk, nicht mit Milosewic. Wer nicht prononciert antiserbisch ist, der hat als ‚Pro-Serbe‘ verschmäht zu werden. Wer bei ‚Milosewic‘ nicht unverzüglich hinzufügt: ‚Schlächter‘, ‚Hitler des Balkan‘, ‚Gottseibeiuns‘, der ergreift Partei für ‚Milosewic‘...", und fügte in diesem Zusammenhang polemisierend hinzu: "Pro-Serbe ist für mich heute ein Ehrentitel."

Schon vor einigen Jahren trat Handke öffentlich gegen die einseitige Verteufelung der Serben im Bosnien-Krieg auf und reiste im Herbst 1995 "in das Land der allgemein so genannten Aggressoren", weil, wie er erklärte, die vielen Berichte und Artikel bei ihm den Drang auslösten "hinter den Spiegel" zu blicken, denn: "Was weiß der, der statt der Sache einzig deren Bild zu Gesicht bekommt... ?" (9) Als die SZ seinen Reisebericht Gerechtigkeit für Serbien im Januar 1996 veröffentlichte, wurde er von den Medien heftig attackiert und ihm eine "proserbische" Haltung vorgeworfen.

Doch im Gegenteil. Dem aufmerksamen Leser dieses Textes konnte nicht entgehen, daß Handke selbst, in Auseinandersetzung mit dem jungen französischen Schriftsteller Patrick Besson, seine Bedenken äußerte, auf die pauschale Aburteilung aller Serben durch die Medien mit dem entgegengesetzten Extrem, einer ebenso pauschalen "Serbenverteidigung" zu reagieren, denn: "... es könnte die Gefahr solcher Gegenläufigkeiten sein, daß in ihnen sich etwas äußere, was vergleichbar wäre mit den Glorifizierungen einst des Sowjetsystems durch manche Westreisende der dreißiger Jahre." (10)

Ein Grund für die haltlosen Anschuldigungen gegen Handke liegt auf der Hand. Das Eingreifen der NATO mit den Verbrechen der Nazis zu vergleichen, stellt eine Provokation und vernichtende Kritik gegenüber der antifaschistischen 68er Nachkriegsgeneration dar, die seit Jahrzehnten in unzähligen moralischen Appellen betont hatte, von deutschem Boden dürfe nie wieder ein Krieg ausgehen. Nun, wo sie selbst zum Krieg aufgerufen haben, braucht es schon einen zweiten Hitler zu ihrer Rechtfertigung.

Wichtiger scheint aber folgende Überlegung zu sein: Wird Handke als "Pro-Serbe" abgestempelt, weil er im Gegensatz zur vorherrschenden Meinung in Europa, insbesondere in Deutschland, die unter dem Deckmantel von Selbstbestimmungsrecht und Demokratie betriebene Kleinstaaterei auf dem Balkan als unsinnig ablehnt, oder sogar als "absolut kindisch", wie eine burgenländische Online-Zeitung entrüstet Handkes Auffassung zu den "Befreiungsversuche(n) der Kosovo-Albaner" zitiert? (11)

Denn - wurde nicht schon zu Titos Zeiten die Politik vor allem in Belgrad gemacht?

Offenbar sieht Handke in der Aufsplitterung des Balkan keine positive Entwicklung. 1991 spricht er sich in seinem Buch Abschied des Träumers vom neunten Land gegen die Lostrennung Sloweniens von Jugoslawien aus.

In Handkes Reisebeschreibung Gerechtigkeit für Serbien, auf die seine Kritiker immer wieder zurückkommen, ist Trauer über das Auseinanderbrechen Jugoslawiens spürbar, und Handke äußert in der SZ sein Bedauern darüber, daß, was er selbst als "Reformkommunismus" bezeichnet, in Jugoslawien "tragisch gescheitert" sei. (12) Sein Reisebericht endet mit einer Textstelle aus dem Abschiedsbrief eines ehemaligen Tito-Partisanen, der 1992 aus Verzweiflung Selbstmord beging. "Der Verrat, der Zerfall und das Chaos unseres Landes, die schwere Situation, in die unser Volk geworfen ist, der Krieg... in Bosnien-Herzegowina, das Ausrotten des serbischen Volkes und meine eigene Krankheit haben mein weiteres Leben sinnlos gemacht..." (13) Über seine Frau, bei der Handke zu Gast ist, schreibt dieser: "Und sie würde bis an ihr Lebensende eine durchdrungene - nicht serbische, sondern jugoslawische Kommunistin sein;... - auch heute noch galt ihr das als die einzige, die einzig vernünftige Möglichkeit für die südslawischen Völker: vor dem deutschen Einfall 1941 habe es, in dem Königreich, einige wenige gegeben, welchen fast alles gehörte und neben ihnen nichts als himmelschreiende Armut, und jetzt, in diesem serbischen Sonderstaat - dessen Machthaber, wie in den anderen Neustaaten, ‚Verräter‘ - wiederhole sich das mit den paar allesraffenden Kriegsgewinnlern und dem frierenden Habenichtsvolk." (14)

Gerechtigkeit für Serbien richtet sich, wie Handke uns am Schluß mitteilt, nicht nur an den deutschsprachigen Leser, sondern sei "genauso dem und jenem in Slowenien, Kroatien, Serbien zugedacht..." (15) Handke will die Völker des ehemaligen Jugoslawien daran erinnern, daß sie eine gemeinsame Vergangenheit haben. Er begibt sich dazu nicht an die aktuellen Kriegsschauplätze. Er ruft unspektakuläre, unscheinbare, alltägliche Begebenheiten der Gemeinsamkeit, über die man früher nicht nachgedacht hat wieder ins Bewußtsein, wenn er beispielsweise in Erinnerung ruft, wie die Schwimmer früher im Sommer zwischen bosnischem und serbischem Ufer hin und her schwammen, daß man muslimische Freunde hatte, daß Kosmetik aus Slowenien in Serbien beliebt war, auch das Obst aus Bosnien, welches über die Drina geschifft wurde, daß die Busse von Bajina Basta einmal nach Tuzla und Srebrenica fuhren und es nichts besonderes war, im Gegensatz zu heute, in Slowenien ein Auto aus Skopje/Mazedonien parken zu sehen.

Der Leser erhält einen Eindruck davon, mit welcher Selbstverständlichkeit die verschiedenen Sprachen und Dialekte auf dem Balkan nebeneinander existierten, sich unbewußt im Alltag durchdringend - bis heute. Als Sladko, Handkes serbischer Reisebegleiter aus Deutschland, die Eltern in seinem Dorf besucht, "verstand ich trotz angestrengten Zuhörens rein gar nichts mehr - war das überhaupt noch Serbisch? Nein, die Familie war unwillkürlich übergegangen in das Rumänische, die Unterhaltungs- oder Vertraulichkeitssprache der meisten Dorfbewohner; als eine solche Sprachinsel war Porodin auch bekannt. Aber ob sie dann überhaupt sich als Serben fühlten? ‚Natürlich - was denn sonst?‘" (16)

"Warum solch ein Tausendfachabschlachten?" fragt Handke. "Wer also war der Aggressor ? War derjenige, der einen Krieg provozierte, derselbe, wie der, der ihn anfing? Und was hieß ‚anfangen‘?" (17)

Er kann, im Gegensatz zu den offiziellen Medienberichten Westeuropas und der USA, eine "serbische Paranoia" nicht entdecken und gibt zu verstehen, daß nicht dort, auf dem Territorium, wo "drei Völkerschaften... kunterbunt, nicht bloß in der meinetwegen multikulturellen Hauptstadt, sondern von Dorf zu Dorf, und in den Dörfern selber von Haus zu Hütte, neben- und durcheinanderlebten", "Legendensandkörner... vergrößert wurden zu Anstoßsteinen" des Krieges, sondern in "unseren Dunkel-kammern".(18)

"Wie verhält sich das wirklich mit jenem Gewalttraum von ‚Großserbien‘?" fragt er.

"Hat sich... am Ende nicht eher ein ‚Groß-Kroatien‘ als etwas ungleich Wirklicheres oder Wirksameres oder Massiveres, Ent- und Beschlosseneres erwiesen, als die legendengespeisten, sich nie und nirgends zu einer einheitlichen Machtidee und -politik ballenden serbischen Traumkörnchen?" (19)

Er schreibt in bissigem Ton über die neue staatliche Unabhängigkeit Sloweniens: "Jetzt... traf ich das bewährte Hotel ‚Zlatorog‘... hinten am Talschluß vollends ausgerichtet auf die Deutschsprachigkeit, und am Eingang waren die gerahmten Photos vom einstigen Besuch Titos entfernt worden - nicht gerade schade darum - und ersetzt durch entsprechende Willy Brandts... Und im staatlichen Fernsehen - sonst fast nur deutsche und österreichische Kanäle - wird dann wieder und wieder eine ausländische Handels- oder Wirtschaftsdelegation von strikt einheimischer Folklore angesungen, mit Hinzutritt schließlich des slowenischen Staatspräsidenten, eines einstmals doch tüchtigen und stolzen Funktionärs?, der jetzt aber in der Haltung eines Kellners, fast Lakaien, den Ausländern sein Land andient, so, als wollte es tüpfchengenau jener Aussage eines deutschen Unternehmers und Auftraggebers entsprechen, die Slowenen seien nicht dies und das, vielmehr ‚ein fleißiges und arbeitswilliges Alpenvolk‘." Die erste Frage eines Kunden, die Handke im neuen Supermarkt vernimmt, lautet: "Ist Bild schon da?" (20)

Auf seiner Reise im April diesen Jahres geißelt Handke "die fette deutsche, höfisch-verlogene französische und Raum... verdrängende amerikanische" Sprache der Verhandlungen, die er durch das Fernsehen im Hotel verfolgt, und die Angriffslogik der NATO, "wonach auch ein Maisfeld und ein Hühnerstall bombardiert werden können, weil Mais, Hühnerfleisch und Eier als Proviant für die feindliche Soldateska dienen..." "Selber schuld? Der Schuldige, die Schuldigen, das sind doch die Leute hier im Land... Was sagt das Land? - Das Land sagt gar nichts, es liegt nur noch stummer, weit stummer, und so sagt es zwar nichts, aber - was nachhaltiger ist - es bedeutet; Nein, nicht selber schuld." (21)

Im vergangenen Jahr hielt die österreichische Kulturjournalistin Sigrid Löffler einen Vortrag am Goethe-Institut in Montevideo unter der Überschrift: Peter Handke und die Kontroverse um seine Streitschrift ‚Gerechtigkeit für Serbien‘. Sie stellt sich hinter Handke und führt die Ursache für die anhaltenden, gehässigen Angriffe der Presse auf eine grundsätzliche Frage zurück, die durch Handke provoziert worden sei: "Wer wird dem Krieg in Jugoslawien wirklich gerecht?"

"Der Sturm der Entrüstung, der sich nach der Veröffentlichung von Gerechtigkeit für Serbien in den Medien erhob,... ist nur zu begreifen, wenn man sich vor Augen hält, welche tollkühne Provokation der Dichter hier unternimmt, durch nichts legitimiert als durch die schiere Eigenmächtigkeit des Künstlers. Der Dichter will nicht nur die herrschende Medienpraxis kritisieren und grundsätzlich in Frage stellen. Er will vielmehr seine poetische Erfahrung, seinen Dichterblick, dem Bild entgegensetzen, das die Medien weltweit von den Serben entworfen haben. Er will gegen die Übermacht der Medienmeinung über diesen Krieg sein dichterisches Sprechen in Stellung bringen. Gegen die gesamte Weltpresse tritt ein einzelner an: Der Dichter an und für sich. Und der erdreistet sich zudem, die Frage, welche Seite Schuld trage an den jugoslawischen Sezessionskriegen, neu zu stellen." (22)

Handke bescheinigt dem Gros der Kriegsberichterstattern, daß sie "ihren Schreiberberuf mit dem eines Richters oder gar mit der Rolle eines Demagogen verwechseln und... auf ihre Weise genauso arge Kriegshunde sind wie jene im Kampfgebiet." Ihre Reden seien "von einer im voraus gespannten Schnüffelleine" diktiert, statt Ausforschung der Ursachen zähle nur "der nackte, geile, marktbestimmte Fakten- und Scheinfakten-Verkauf". (23)

Die Wahrheit über den Krieg verläuft für Handke nicht gradlinig und eindimensional, wie die Medien glauben machen wollen. "Das Problem - nur meines? - ist verwickelter, verwickelt mit mehreren Realitätsgeraden oder -stufen, und ich ziele, indem ich es klären will, auf etwas durchaus ganz Wirkliches, worin alle die durcheinanderwirbelnden Realitätsweisen etwas wie einen Zusammenhang ahnen ließen." (24)

Die beiden Filmregisseure aus Handkes Theaterstück Fahrt im Einbaum müssen das ebenfalls erfahren. Letztlich geben sie ihr gemeinsames Filmprojekt über den Jugoslawienkrieg auf. Zu verwirrend und befremdlich stellt sich ihnen das Geschehen vor Ort dar, als daß sie in der Lage wären, daraus eine nach bewährtem Muster einfachgestrickte, publikumswirksame Story zu produzieren, wo alles "schön der Reihe nach" abläuft, wie sie das eigentlich vorhatten.

Einst besetzten Studenten in Berlin, bevor sie später Schriftsteller, Rechtsanwälte und Politiker wurden, aus Protest gegen eine "totale Manipulierung" die Zentrale des Medienkonzerns Axel Springer, des Herausgebers des Boulevardblattes Bild. Das war 1968. Heute üben sie in der Regel Nachsicht mit sich, betrachten zwar noch mit etwas Nostalgie, aber zunehmender Verständnislosigkeit ihren damaligen Kampf gegen die "Macht der Medien".

Handke gehört offensichtlich nicht dazu, geht seinen eigenen Weg, kritisch und unbeeindruckt von der vorherrschenden Meinung. Dem hohen Anspruch sich als "Reisender in Sachen Wahrheit" zu verstehen, wie ein Redakteur der Berliner Zeitung herablassend bemerkte, und dafür seine ganze internationale Autorität als Künstler in die Waagschale zu werfen, gebührt Hochachtung.

Daß er zur Zeit dabei das Bild eines isolierten Einzelkämpfers abgibt, unterstreicht die rasante Rechtsentwicklung des intellektuellen und politischen Milieus, aus dem Handke selbst stammt und das in vergangenen Zeiten einmal kritische Geister hervorbrachte, wie Habermas, Heym oder Grass. Der Vorwurf an Handke, er werfe sich eitel und geltungssüchtig in die Rolle des "einsamen Rufers", ist nur deshalb überhaupt möglich, weil der Schriftsteller tatsächlich auf einsamem Posten steht.

Anmerkungen:

(1) Burgenland-Online, http://www.burgenland.com/Tmh/Zrlokal/Kultur/news-17380.asp
(2) SZ 15. Mai 99, Interview
(3) Online-Archiv Munzinger, Peter Handke S. 5
(4) SZ 15. Mai 99, Interview
(5) Tiroler Tageszeitung Online 21. Mai 1999, http://www.tirol.com/tt/Welt/Politik/article_34300.html
(6) Berliner Zeitung, 03. April 99
(7) Berliner Zeitung; 31. März 99
(8) Vienna Online, http://www.vienna.at/pubs/news/lokalviol/1999_05_11_14_16_wwn_33.asp
(9) "Gerechtigkeit für Serbien" (Teil 1), SZ 05. Januar 96, Kulturbeil. S 1- 2
(10) Ebenda, S. 3
(11) Burgenland-Online, siehe (1)
(12) SZ 15. Mai 99, Interview
(13) "Gerechtigkeit für Serbien" (Teil 2), SZ 13. Januar 96, Kulturbeil. S. 4
(14) Ebenda S.3
(15) Ebenda S.4
(16) Ebenda S.1
(17) "Gerechtigkeit für Serbien" (Teil 1), S. 2
(18) Ebenda, S. 3-4
(19) Ebenda, S.4
(20) "Gerechtigkeit für Serbien" (Teil 2), S. 3
(21) "Der Krieg ist das Gebiet des Zufalls", SZ 05. Juni 1999
(22) Sigrid Löffler "Peter Handke und die Kontroverse um seine Streitschrift ‚Gerechtigkeit für Serbien‘", unter http://www.goethe.de/hs/mot/vortra//loef-1d.htm
(23) "Gerechtigkeit für Serbien" (Teil 2) S. 4; (Teil 1) S. 2
(24) "Gerechtigkeit für Serbien" (Teil 1) S. 2
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