Anlässlich des zweiten Jahrestags der Ägyptischen Revolution veröffentlichen wir eine Analyse der konterrevolutionären Rolle der Pseudolinken in Ägypten, die am 21. November 2011 in englischer Sprache auf der WSWS erschien.
Sie zeigt auf, wie die Revolutionären Sozialisten (RS) und andere kleinbürgerliche Kräfte in Ägypten auf die revolutionäre Offensive der Arbeiterklasse reagierten und Illusionen in die Militärjunta schürten, die nach Mubaraks Sturz die Macht übernahm. Die gleiche Rolle sollten sie später in Bezug auf die Muslimbruderschaft und den neuen islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi spielen, der nun massiv gegen die Arbeiterklasse vorgeht.
Mit ihrem Bemühen, die Arbeiterklasse dem einen oder anderen Flügel der ägyptischen Bourgeoisie unterzuordnen, spielen die RS eine entscheidende Rolle für den Imperialismus bei der Entwicklung seiner konterrevolutionären Offensive in Ägypten und der gesamten Region. Eine marxistische Kritik der pseudolinken Kräfte und ihrer Politik ist die notwendige Voraussetzung, um die Arbeiterklasse mit einem sozialistischen Programm zu bewaffnen, das ihr ermöglicht, der imperialistischen Kriegstreiberei ein Ende zu setzen und im Kampf für Demokratie und soziale Gleichheit erneut in die Offensive zu gehen.
Die erneute Streikwelle ägyptischer Arbeiter gegen die in Gestalt des Obersten Militärrats (SCAF) herrschende Militärjunta unterstreicht die Notwendigkeit, eine politische Bilanz der ägyptischen Revolution zu ziehen. Neun Monate nach dem Sturz von Hosni Mubarak leben Ägyptens Arbeiter nach wie vor unter einer Diktatur, in der Hungerlöhne und politische Repression alltäglich sind.
Nicht, dass die Arbeiterklasse es versäumt hätte zu kämpfen. Die Streikwelle, die nach dem Ramadan Anfang September ausgebrochen ist, folgt auf eine Serie von Arbeitskämpfen im Anschluss an den revolutionären Massenstreik im Februar, der Mubarak gestürzt hatte. Die ägyptische Armee konnte sich nur dank der Unterstützung durch sich für links ausgebende Parteien an der Macht halten. Diese haben systematisch daran gearbeitet, die blutverschmierte Junta zu verteidigen und einen unabhängigen Kampf der Arbeiterklasse für ihren Sturz zu verhindern.
Zu diesen Kräften gehören Parteien wie Tagammu und Karama, deren Geschichte in die politische Ära von Ägyptens früherem Militärführer Oberst Gamal Abdel Nasser zurück reicht, verschiedene stalinistische Gruppen einschließlich der Ägyptischen Kommunistischen Partei, die großenteils in Tagammu integriert ist, die Führungen von Jugendgruppen wie der Jugendbewegung 6. April, sowie Gruppen der so genannten „extremen Linken“ wie die Revolutionären Sozialisten (RS) und Tagdid (Sozialistische Erneuerung).
Die Revolutionären Sozialisten sind international verbunden mit Parteien der International Socialist Tendency, einschließlich der Socialist Workers Party (SWP) in Großbritannien und inoffiziell mit der International Socialist Organization (ISO) in den Vereinigten Staaten.
Diese Parteien lehnen die unabhängige Mobilisierung der Arbeiterklasse gegen die Junta ab. Politisch verteidigen sie die Erblast der Militärherrschaft in Ägypten und die stalinistische Unterstützung dieser Herrschaft, selbst nachdem die Arbeiterklasse gegen Mubarak und danach gegen den SCAF in den Aufstand gezogen ist. Soziologisch rekrutiert sich ihre Mitgliedschaft aus wohlhabenden Schichten der Mittelklasse. Diese sind finanziell und politisch an den westlichen Imperialismus gebunden, der die Arbeiterklasse unter der Kontrolle des Staats und der Gewerkschaftsbürokratien zu halten sucht.
Sie kollaborieren mit bürgerlichen Kräften wie der rechten Muslimbruderschaft (MB) und der Nationalen Allianz für den Wandel des ehemaligen Generaldirektors der Internationalen Atomenergiebehörde, Mohammed El Baradei, sowie über verdeckte Kanäle mit Washington.
Diese Parteien kämpfen nicht für Gleichheit, die historische Basis linker Politik. Sie behaupten auch nicht, wie die typischen bürgerlichen „linken“ Parteien, linke Konzeptionen seien mit Imperialismus und Kapitalismus zu vereinbaren. Im Namen präsentieren sich diese Parteien als Kommunisten, Sozialisten oder Revolutionäre, in der Praxis treten sie entschlossen dafür ein, die Machtergreifung der Arbeiterklasse oder den Kampf für den Sozialismus zu verhindern. Diese Politik, die auf einer Mischung von Phrasendrescherei und politischer Arglist beruht, macht sie nicht zu Kräften der Linken, sondern einer Pseudo-Linken.
Die Arbeiterklasse kann die ägyptische Finanzaristokratie und ihre westlichen Hintermänner besiegen, die Demokratie einführen und den Lebensstandard des Volkes heben. Doch kann sie dies nur, indem sie in Ägypten die Macht ergreift, als Teil des Kampfes für den Sozialismus im Nahen Osten und weltweit. Dies ist der einzige Weg, um die Ressourcen des Landes, der Region und der Welt im Interesse der arbeitenden Massen demokratisch nutzbar zu machen.
Der erste Schritt in einem solchen Kampf ist es, die konterrevolutionäre Rolle der Pseudo-Linken aufzudecken und stattdessen eine revolutionäre Partei der Arbeiterklasse aufzubauen. Die Bewaffnung von Arbeitern, Intellektuellen und Jugendlichen mit einer trotzkistischen Kritik dieser Parteien wird dazu beitragen, die Grundlagen für eine solche neue politische Führung der Arbeiterklasse zu legen.
Die Pseudo-Linke in der ägyptischen Revolution
Kurz nach dem Sturz des tunesischen Präsidenten Zine el-Abidine Ben Ali in der Folge von Massenprotesten im Januar fasste El Baradei die Haltung der gesamten offiziellen ägyptischen Opposition zur ägyptischen Revolution wie folgt zusammen. In der Hoffnung, dass „der Wandel in geordneter Weise und nicht wie beim tunesischen Modell erfolgt“, sagte er, „müssen die Dinge richtig organisiert und geplant werden. Ich würde gerne die innerhalb des Systems verfügbaren Mittel nutzen, um den Wechsel herbeizuführen.“
Nur eine Woche später kam es zu einer revolutionären Konfrontation zwischen den Arbeitern und dem ägyptischen „System“ – sprich, Mubaraks Polizeischlägern und der Armee.
Die überwältigend Reaktion der Massen auf die für den 25. Januar ausgerufenen Proteste lähmte das politische Machtgefüge und die Polizei und führte zu Straßenkämpfen und zur Niederlage der Polizei in Kairo am 28. Januar. Am darauf folgenden Tag befahl Mubarak der Armee, die Protestierenden in der Kairoer Innenstadt zu umzingeln. Nachdem er seinen Rücktritt am 1. Februar abgelehnt hatte, sandte er auf Pferden und Kamelen reitende Schläger durch die Armeelinien hindurch, um den Tahrirplatz anzugreifen. Die Protestierenden schlugen die Schergen zurück.
Während der Versuche, die Proteste niederzuschlagen, konferierte das Mubarak-Regime mit US-Vertretern, darunter dem Verteidigungsminister Robert Gates und dem ehemaligen Botschafter und Unternehmenslobbyisten Frank Wisner. Doch sie wagten es nicht, die Armee gegen die Protestierenden einzusetzen. Das Risiko, dass die Soldaten das Feuer verweigern und sich der Revolte anschließen könnten, war zu hoch. Statt dessen lud die Regierung die Muslimbruderschaft, El Baradeis Unterstützer und Tagammu am 6. Februar zu einem Treffen in der Hoffnung, einen politischen Kuhhandel zur Stabilisierung der Situation und zur Begrenzung der Folgen der Proteste arrangieren zu können.
Die gesamte Pseudo-Linke, einschließlich ihrer „linksradikalen“ Teile, setzte sich für dieses Treffen ein. Am Tag vor dem Treffen veröffentlichten die Revolutionären Sozialisten eine Erklärung der Muslimbruderschaft, die für eine „Dialogrunde“ mit dem Regime eintrat und die politischen Parteien dazu aufrief, „alle politischen und nationalen Kräfte in diesen Dialog mit aufzunehmen“. Die RS veröffentlichte eine weitere Erklärung, die für die „Bildung einer Führung, die von den verschiedenen nationalen Kräften repräsentiert wird“, eintrat.
Während sie „nationale Kräfte“ wie die Muslimbruderschaft unterstützte, startete die RS eine Kampagne zur politischen Untergrabung der Volkskomitees. Diese waren von Arbeitern spontan gebildet worden, um ihre Nachbarschaften gegen die Übergriffe von Mubaraks Gangstern zu schützen. Die RS ließ verlauten, es gäbe „eine Alternative“ zu diesen Komitees in Form von „demokratisch gewählten obersten Räten“.
Diese Wortverrenkungen dienten als Maskerade für den Versuch, die Volkskomitees unter die Kontrolle der „nationalen Kräfte“ der Muslimbruderschaft und der Pseudo-Linken zu stellen. Laut einer Erklärung der RS befinden sich in einem „obersten Rat Personen, denen unabhängig von ihrer Farbe im politischen Spektrum vertraut wird und die in der Lage sind, die Interessen ihres Rats gut zu vertreten“. Die RS bestand darauf, dass es besser wäre, „mit einem Kader zu den Protestierenden zu sprechen“ – das heißt, mit erfahrenen Funktionären der Bruderschaft und der pseudolinken Parteien.
Ein weiteres Mal machte die Arbeiterklasse den Plänen der „Opposition“ einen Strich durch die Rechnung. So entwickelte sich in den Tagen vor Mubaraks Rücktritt eine massive Streikwelle und brachte Ägypten zum Stillstand. Die internationalen Medien erreichten Berichte von Massenstreiks der Textilarbeiter in Mahalla und Kafr al-Dawwar, der Suezkanalarbeiter und der Stahlarbeiter in Suez und in Port Said sowie der pharmazeutischen Arbeiter in Quesna. Die Streiks weiteten sich in den letzten Tagen vor der Verdrängung Mubaraks bis in die Finanz- und Regierungssektoren aus.
Am 11. Februar gab Omar Suleiman – Ägyptens Vizepräsident, Geheimdienstchef und oberster CIA-Verbindungsmann – bekannt, dass Mubarak auf sein Amt „verzichte“ und zurücktrete.
Das ägyptische Militär hatte diesen Entschluss nach Diskussionen zwischen dem ägyptischen Generalstabschef Sami Annan und dem amerikanischen Vorsitzenden des Vereinten Generalstabs, Admiral Mike Mullen, sowie zwischen Feldmarschall Mohammed Hussein Tantawi und US-Verteidigungsminister Robert Gates gefasst.
Mubarak wurde von der SCAF-Junta unter der Leitung von Tantawi abgelöst. Dieser löste am 13. Februar das Parlament auf, setzte die Verfassung außer Kraft und übertrug der Junta diktatorische Vollmachten. In einem verzweifelten Versuch, die Kontrolle über die Lage zurückzugewinnen, drohte die Junta am folgenden Tag mit der Verhängung des Ausnahmezustands, falls die Streiks und Proteste nicht unverzüglich beendet würden.
Die Junta sicherte sich ihre Herrschaft hauptsächlich mit Hilfe der politischen Lüge, sie würde unter dem Druck aus Washington und Ägyptens offizieller „Opposition“ einen Übergang zu einer demokratischen Zivilherrschaft überwachen. Sie setzte für den 19. März ein Referendum über eine neue, von ihr auszuarbeitende Verfassung an.
Die Hauptverbündete der Junta beim Schüren der Illusion, sie werde ein demokratisches System errichten, war die Pseudo-Linke. Sie stand in ständigem Dialog mit rechten Parteien und vertrat die Auffassung, die ägyptische Revolution wäre lediglich eine Kampagne zum Erlangen begrenzter demokratischer Reformen im Rahmen des ägyptischen Nationalstaats und der Armee. Diese kleinbürgerlich nationalistische Auffassung war feindlich gegen jede Strategie, die sich auf den objektiven Charakter der im Nahen Osten ausbrechenden revolutionären Kämpfe stützte – bei denen es sich im Kern um Kämpfe der internationalen Arbeiterklasse gegen den Imperialismus handelte.
Obwohl die Arbeiterklasse offen gegen die Militärs revoltierte, die Ägypten unter Mubarak beherrschten, rühmte die RS die ägyptische Armee wegen ihrer angeblichen Vergangenheit als „Volksarmee“.
In einer Erklärung vom 1. Februar schrieben die RS: „Jeder fragt: ,Ist die Armee mit dem Volk oder gegen das Volk?’ Die Armee ist kein einfacher Block. Die Interessen der Soldaten und Unteroffiziere sind mit den Interessen der Massen identisch. Aber die höheren Offiziere sind Mubaraks Leute, die sorgfältig ausgewählt wurden, um sein Regime der Korruption, Bereicherung und Tyrannei zu schützen. Sie ist ein integraler Bestandteil des Systems. Die Armee ist nicht länger eine Volksarmee. Die Armee ist nicht die gleiche, die den zionistischen Feind im Oktober 1973 besiegte.“
Das Statement erklärte nicht, wie die ägyptische Armee sich von einer angeblichen „Volksarmee“ in die Hauptstütze von Mubaraks Diktatur verwandelt hatte, gegen die die Arbeiterklasse einen revolutionären Kampf führte. Dies lief auf einen Appell an den ägyptischen Nationalismus hinaus – auf einen Ruf an die Armee, irgendwie zurückzukehren zu der Periode von Oberst Gamal Abdel Nasser und seinem Nachfolger Anwar Sadat, der während des Yom-Kippur-Kriegs gegen Israel 1973 Staatschef war. Dahinter steckte die Vorstellung, man könne dies erreichen, indem man einige von „Mubaraks Leuten“ an der Spitze feuere – das heißt jene Offiziere, die die RS nicht öffentlich zu verteidigen wagten.
Die in der RS-Erklärung dargelegte Ansicht, nach der „die Interessen der Soldaten und Unteroffiziere mit den Interessen der Massen identisch“ seien, ist grob irreführend. Zwar werden Soldaten und Unteroffiziere aus Schichten der Bevölkerung wie der Mittelklasse und der Landbevölkerung rekrutiert, an welche die Arbeiterklasse einen revolutionären Appell richten kann. Doch ignorierten die RS den offensichtlichsten Umstand, mit dem die Soldaten konfrontiert sind: sie unterstehen der militärischen Disziplin der höheren Offiziere, der Hauptstütze des ägyptischen Kapitalismus und von Ägyptens Bindungen an den US-Imperialismus.
Die grundlegende Aufgabe des revolutionären Proletariats ist die Zersetzung der Armeedisziplin und damit der Gewalt, die die Generäle über die Soldaten haben. Die Erklärung der RS verfolgte den entgegengesetzten Kurs. Wenn die Hauptaufgabe darin besteht, die Armee zu der Rolle zurückzuführen, die sie unter Nasser oder Sadat eingenommen hat, dann kann nicht die Rede davon sein, ihre Disziplin zu brechen und die ägyptischen Soldaten für eine Revolution der Arbeiterklasse zu gewinnen.
Offiziell riefen die RS und andere nicht-islamische Oppositionskräfte zur Ablehnung des vom Militär vorgelegten Verfassungsentwurfs auf und forderten Änderungen oder eine neue, von der Opposition entworfene Verfassung. Die Gegnerschaft der RS war jedoch hohl, da sie gleichzeitig ihre Verbindungen zu islamistischen Gruppen vertiefte, die den Entwurf der Junta unterstützten.
Am 25. Februar erschien ein Aufruf „Für die Gründung einer Arbeiterkoalition der Revolution vom 25. Januar“, unterschrieben von Mitgliedern der RS, der Kommunistischen Partei, Tagdid und der Muslimbruderschaft, im Onlinemagazin International Viewpoint, dem internationalen Organ des pablistischen Vereinigten Sekretariats der Vierten Internationale, zu dem Gruppierungen wie die französische Neue Antikapitalistische Partei (NPA) gehören.
Der Vorschlag, die Bruderschaft – eine rechte, historisch mit gewalttätigem Streikbruch und islamistischem Terrorismus assoziierte Gruppierung – zu einer angeblich mit der Arbeiterklasse verbundenen Koalition einzuladen, war zutiefst reaktionär.
Die Pseudo-Linke scheute keine Mühen, Illusionen über die Junta und das alte Regime zu schüren. Als Proteste den Rücktritt von Premierminister Ahmed Shafiq und seine Ersetzung durch Essam Sharaf am 3. März erzwangen, erging sich die RS in enthusiastischen Lobpreisungen von Sharaf – einem ehemaligen Verkehrsminister unter Mubarak, der eine kurze Zeitlang an den Protesten auf dem Tahrirplatz teilgenommen hatte. Dem Hinweis, dass er „an den Befreiungsprotesten teilnahm“, fügte die RS hinzu: „Um die Protestierenden zu besänftigen, ersetzte der neue Premierminister sofort die meisten seiner Minister in der alten Regierung, die unpopulär waren.“
Wie sich herausstellte, wurde das Verfassungsreferendum am 19. März mit der Zustimmung von 77 Prozent der abgegebenen Stimmen angenommen, bei allerdings geringer Wahlbeteiligung. Die Stabilisierung der ägyptischen Junta, assistiert durch die Pseudo-Linke, verhalf der Konterrevolution zu einer Atempause, um sich neu zu gruppieren und im gesamten Nahen Osten neue Offensiven zu beginnen.
Am selben Tag begannen britische und französische Streitkräfte mit der Bombardierung Libyens.
Ein paar Tage zuvor hatte in Bahrain, mit saudischer Hilfe und stillschweigender US-Unterstützung, die blutige Unterdrückung von Protestierenden begonnen. Am 23. März erließ die SCAF-Junta ein Verbot von Streiks und Protesten. Auch wenn dies nicht die Proteste stoppen konnte, wurden doch seitdem Tausende von ägyptischen Arbeitern und Jugendlichen festgenommen und gefoltert oder vor Militärgerichten wegen Opposition gegen die Junta verurteilt.
Das Referendum beendete nicht die Proteste gegen die SCAF-Junta, die am 1. und 8. April weitergeführt wurden. Doch reagierte die Junta gewalttätiger, so bei der Auflösung einer Sitzblockade auf dem Tahrirplatz, die den Sturz der SCAF-Junta forderte und der sich Berichten zufolge 20 junge Offiziere angeschlossen hatten.
In den folgenden Monaten wuchs die Unzufriedenheit der ägyptischen Bevölkerung darüber, dass für den Tod von Protestierenden während der Revolution verantwortliche Beamten nicht effektiv verfolgt, die Militärgerichtsverfahren fortgesetzt und die Lebensbedingungen nicht verbessert wurden. Die Forderungen kulminierten in Aufrufen zu einer „Zweiten Revolution“ und einem in diesem Namen organisierten Protestmarsch am 27. Mai.
Die RS widersetzten sich dieser Forderung, die nicht dem von ihr gezeichneten Bild der Junta als „pro-demokratische“ Kraft entsprach. Am 31. Mai veröffentlichte das RS-Mitglied Mustafa Omar einen Artikel unter der Überschrift „Die neue Gestalt des Kampfes in Ägypten“ in der Publikation Socialist Worker der amerikanischen ISO. Er schrieb: „Ungeachtet seiner repressiven Maßnahmen hat der Oberste Militärrat begriffen, dass der Aufstand vom 25. Januar Ägypten in gewisser Weise ein für allemal verändert hat. […] Der Rat beabsichtigt, das politische und ökonomische System zu reformieren und ihm zu gestatten, demokratischer und weniger repressiv zu werden.“
Als wollte er beweisen, dass er nichts aus den jüngsten, von Blutvergießen begleiteten Protesten gelernt habe, wiederholte al-Hamalawy seine Bemerkungen vom Februar in einem Interview vom 22. Juni mit der Nachrichtenagentur Reuters. Er sagte: „Ich habe den Eindruck, dass sie [die Generäle des SCAF] es ernst meinen mit der Übergabe der Macht an eine zivile Regierung. Doch das heißt nicht, dass sie ihre Rolle in der ägyptischen politischen Arena aufgeben werden.“
Dieser Kommentar ist zynisch und absurd. Die Armeeführung bildete das politische und wirtschaftliche Rückgrat des Mubarak-Regimes. Rechtlich gesehen besitzt sie unter den SCAF-Regime im Augenblick absolute diktatorische Gewalt. Wenn eine zivile Regierung installiert werden sollte, ohne dass das Militär seine „Rolle in der politischen Arena“ aufgibt, dann wäre dies keine Zivilregierung, sondern eine Fassade für eine andauernde Militärherrschaft.
Wie sich herausstellte, nahm der Klassenkampf genauso wenig Rücksicht auf al-Hamalawys Fantastereien über die demokratischen Absichten der Junta, wie auf El Baradeis fromme Hoffnung auf einen „geordneten Wandel“. Ein Massenprotest am 27. Juni wurde von der Junta angegriffen und führte zu Kämpfen im großen Maßstab, mit Dutzenden von Toten und mehr als 1.000 verletzten Demonstranten. Die Streiks und Proteste wuchsen an, es gab Demonstrationen mit mehreren Millionen Teilnehmern in ganz Ägypten am 8. Juli und Sitzblockaden auf vielen öffentlichen Plätzen, darunter ein Sitzstreik von Familien der Märtyrer der Revolution auf dem Tahrirplatz in Kairo.
Dieser Ausbruch des Klassenkampfs warf die Pseudo-Linke nur noch offener in die Arme der Konterrevolution. Am 27. Juli schloss sie sich einer „Vereinten Volksfront“ an, die nahezu jede Richtung im ägyptischen politischen Spektrum umfasste – „links“, liberal, islamistisch. Sie bestand aus den RS, der Koalition der Revolutionären Jugend, der Sozialistischen Partei Ägyptens sowie der islamistischen Jugendorganisation der Salafisten und (was selbst die staatliche Tageszeitung Al Ahram als „unglaublich“ bezeichnete) der faschistischen islamistischen Partei Gamaa Islamiya. Die Parteien der „Vereinten Volksfront“ einigten sich darauf, keine „kontroversen Fragen“ zu diskutieren.
Am 29. Juli rief die Vereinte Volksfront zu einer Demonstration auf dem Tahrirplatz auf. Die von al-Gama'a al-Islamiyya aus ganz Ägypten dorthin gekarrten Anhänger dominierten die Kundgebung mit Sprechchören, die die Junta offen unterstützten: „Hörst du uns, Tantawi, wir sind die Stimmen deiner Kinder auf dem Tahrir!“
Daraufhin taten die pseudolinken Parteien, als seien sie überrascht und verärgert, dass die Faschisten die Junta unterstützt hatten, und erklärten am 31. Juli, dass sie an der Sitzblockade nicht mehr teilnehmen wollten. Sie erklärten nicht, weshalb sie erwartet hatten, dass al-Gama'a al-Islamiyya Wort halten und keine „kontroversen Fragen“ aufwerfen würde, noch wieso sie von dieser Gruppe ein anderes erhalten erwartet hatten, als sie an den Tag legte. Auch sagten sie sich nicht von ihrem Bündnis mit einer faschistischen Partei los.
Am 1. August griff die Armee an und schlug die Familien der Märtyrer zusammen – die letzten Kräfte, die auf dem Tahrirplatz ausharrten – und beendete so den Sitzstreik. Diese Niederlage bereitete, zusammen mit dem Anfang der Ramadan-Feiertage, dem politischen Kampf ein vorläufiges Ende, bis zum Ausbruch der gegenwärtigen Kämpfe zu Beginn des Schuljahres.
Der Verrat der Pseudo-Linken und ihre kleinbürgerliche Perspektive
Die Bilanz der Pseudo-Linken in Ägypten ist eine des fortwährenden Klassenverrats. Sich links oder gar sozialistisch gebend, hat sie versucht, einer diktatorischen US-unterstützten Junta demokratische Glaubwürdigkeit zu verschaffen, und sich mit rechten und faschistischen Kräften verbündet. Sie hat sich gegen einen politischen Kampf mit dem Ziel, den SCAF zu diskreditieren und die Arbeiterklasse mit einem revolutionären, internationalen Programm zu bewaffnen, ausgesprochen und sich statt dessen mit offen pro-militärischen Kräften verbündet, um den drohenden Sturz der Junta zu verhindern.
Diese rechtsgerichteten politischen Taktiken sind Ausdruck der Weltanschauung von wohlhabenden Schichten der Mittelklasse, die einen Arbeiteraufstand mit kaum verhüllter Furcht betrachten. Das wird am deutlichsten anhand der Artikel von Anne Alexander, einer Journalistin, die für die mit der RS verbundene britische SWP über den Nahen Osten schreibt. In ihrem Artikel „Die zwei Seelen der demokratischer Revolution“ fragt sie, wie man „die politischen Errungenschaften [...] des Aufstands“ schützen und ausweiten könne. Sie empfiehlt genau die Methoden, die die Pseudo-Linke in Ägypten tatsächlich angewendet hat – Allianzen mit rechtsgerichteten Parteien und der Gewerkschaftsbürokratie.
Alexander sieht die Aufgabe der Arbeiterklasse darin, den politischen Druck auf die Junta aufrechtzuerhalten, um eine demokratische Fassade vorzuspiegeln. Sie schreibt: „Dies ist nicht der Ort, die Frage zu behandeln, wie seit die Militärführung und ihre zivilen Verbündeten daran arbeiten werden, eine Fassade der bürgerlichen Demokratie zu festigen, und in welchem Umfang dies einen größeren demokratischen Spielraum im Vergleich zur Situation vor der Revolution bedeuten würde. Falls die Generäle des Obersten Militärrates die Hauptarchitekten dieser neuen politischen Ordnung sind, … ist es wahrscheinlich, dass die Grenzen dieses stabilisierten ‚demokratischen’ Systems dadurch bestimmt werden, in welchem Ausmaß die Maßen bereit und organisiert sind dafür zu kämpfen, dass es offen bleibt.“
Dies wirft mehr Fragen auf, als es beantwortet. Warum sollten sich Arbeiter mit einer „Fassade der bürgerlichen Demokratie“ zufrieden geben? Wenn Arbeiter wirklich „bereit und organisiert sind zu kämpfen“ – was nicht Alexanders Perspektive ist –, warum will die SWP nicht, dass sie die Junta stürzen und einen Arbeiterstaat gründen, um sozialistische Maßnahmen durchzuführen?
Derartige Vorschläge kämen Alexander und ihren Mitdenkern nicht in den Sinn. Sie konzentrieren sich auf die Aussicht auf einen „vergrößerten demokratischen Raum“ von Gnaden der Junta. Was auch immer diese undefinierte Formel bedeutet, es ist nicht die Erfüllung der Forderungen, mit denen die Arbeiter in die Revolution gezogen sind. Obwohl die Arbeiter heldenhaft gekämpft haben, sind sie doch immer noch stark unterbezahlt und ausgebeutet, und sie riskieren Prügel und Militärgerichtsverfahren, wenn sie gegen die reaktionären Maßnahmen der Junta protestieren.
Ein „größerer demokratischer Spielraum“ unter der SCAF-Diktatur oder einem anderen repressiven bürgerlichen Regime bedeutet keinen Gewinn für die Arbeiterklasse in Ägypten oder anderswo. Jedoch birgt er definitive Vorteile für die wohlhabenderen Schichten, für die die pseudolinken Parteien sprechen. Die RS-Führung wird zu Treffen mit rechten Parteien eingeladen, gibt der ägyptischen und internationalen Presse Erklärungen und erhält Zugang zu öffentlicher Aufmerksamkeit und Geldmitteln.
Herr Al-Hamalawy bringt seine Artikel regelmäßig im Guardian unter und erscheint in der BBC. Der amerikanische Fernsehsender Comedy Central (passenderweise ein Komödienkanal) der ein Interview mit dem unbedeutenden RS-Mitglied Gigi Ibrahim führte, erklärte diese zum „Gesicht der Revolution“. Sie tritt jetzt gemeinsam mit Hamalawy bei Nachrichtensendungen zum Thema Ägypten auf. Diese Rolle zahlt sich für diese Leute aus – solange sie nichts unternehmen, was die Chefs der BBC in der britischen Regierung oder Viacom, den Eigner von Comedy Central in den USA, verärgern könnte.
Der „größere demokratische Spielraum“ ist in Wirklichkeit der Freiraum, der den pseudolinken Elementen der Mittelklasse in Zeiten politischer Krisen zugestanden wird, wenn ihre Dienste benötigt werden, um die Kämpfe des Proletariats zu ersticken. Diesen möchte Alexander bewahren.
Sie besteht darauf, dass Arbeiter durch Bündnisse mit der staatlichen Bürokratie und rechten Kräften kontrolliert und für eine marxistische Kritik solcher Bündnisse unempfänglich gemacht werden.
Sie preist die ägyptischen Gewerkschaften, die dem Mubarak-Regime gedient und darin Spitzenpositionen eingenommen haben. Die Fähigkeit der Gewerkschaften zu kämpfen, schreibt sie, „hängt nicht von der Natur der Führung oder deren interner demokratischer Strukturen ab. Entscheidend sind ihre Verbindungen mit den Arbeitskämpfen und das allgemeine Kräfteverhältnis in der Revolution. Sogar undemokratische, bürokratische Gewerkschaften können der Ausgangspunkt für den Kampf um eng begrenzte Forderungen sein, die in der Lage sind, die Ketten von bloßen Einzelinteressen schnell zu sprengen.“
Diese Erklärung verfälscht die Geschehnisse der ägyptischen Revolution. Die überwältigende Mehrheit der ägyptischen Industriegewerkschaften im Januar wurde vom gelben Ägyptischen Gewerkschaftsbund (ETUF) kontrolliert. Das Proletariat kämpfte nicht durch, sondern gegen den ETUF. Während der ersten Proteste forderte der ETUF-Vorsitzende Hussein Mogawer die Gewerkschaftsfunktionäre auf, „die Arbeiter zum jetzigen Zeitpunkt von der Teilnahme an allen Demonstrationen“ abzuhalten und ihn rund um die Uhr über Versuche von Arbeitern zu informieren, sich den Protesten anzuschließen.
Der Kernpunkt von Alexanders reaktionärer Argumentation ist, dass selbst „undemokratische, bürokratische“ Organisationen gut genug seien für die Arbeiterklasse. Dies bedeutet, so erklärt sie, dass es „auch nicht sinnvoll [ist], einfach nur Organisationen zu gründen, die bis zu einem gewissen Grad Initiativen auf der Linken sind“. Im Gegenteil, fährt sie fort, gelte es vielmehr „da zu sein, wo die Massen sind“.
Die unausweichliche Schlussfolgerung ist, dass die RS mit (und sogar in) rechten Gruppierungen wie der Muslimbruderschaft oder al-Gama'a Islamiyya arbeiten kann und muss. Alexander besteht sogar darauf, dass solche Bündnisse vor einer marxistischen Kritik ihres rechten Charakters geschützt werden müssen. Sie fordert von den RS „der Ansteckungsgefahr der Arbeiterbewegung mit sektiererischen Spaltungsmechanismen und der Aushöhlung ihrer Einheit, die sie beispielsweise braucht, um ihre Bosse zu besiegen, Einhalt zu gebieten“.
Dies ist ein kaum verhüllter Ruf nach Zensur und Verboten. Politische Kritik bedeutet nicht den Bruch der Einheit der Arbeiter in Industriekämpfen oder auf Straßendemonstrationen. Sie bietet vielmehr eine Perspektive, um Tantawi zu besiegen, die Junta zu stürzen und in Ägypten und weltweit für den Sozialismus zu kämpfen. Dies erfordert eine politische Offensive, um die rechten Bündnisse der pseudolinken Parteien zu diskreditieren – genau das will Alexanders Präventivangriff gegen das sogenannte „Sektierertum“ verhindern.
Die ägyptische Pseudo-Linke ist sich einig in der Ablehnung der Perspektive, eine Partei aufzubauen, die für Sozialismus und Marxismus in der Arbeiterklasse kämpft. Die RS haben die Demokratische Arbeiterpartei (DWP) gegründet in der Hoffnung, durch sie Mitglieder auf pro-kapitalistischer Grundlage zu gewinnen. RS-Führer Kamal Khalil bestand darauf, dass die DWP keine sozialistische Partei sei, weil die Arbeiter „nicht bereit“ seien, „sich für Sozialismus einzusetzen“.
Was Tagdid betrifft, so argumentiert diese Gruppierung ähnlich, dass „die Mehrheit der radikalisierten Arbeiter und zur Linken neigenden Aktivisten nicht zu einer kleinen leninistischen revolutionären sozialistischen Gruppe gehören möchte“.
Wenn pseudolinke Aktivisten wie die Tagdidführer behaupten, sie wollten nicht in einer marxistischen Partei mitarbeiten, dann sagen sie die Wahrheit. Ihre Behauptungen, dass Arbeiter sich nicht einer sozialistischen Bewegung anschließen wollten, weil diese eine kleine Organisation wäre und keine Massenpartei, sind jedoch eine Irreführung und dienen der politischen Demoralisierung.
Indem sie Mubarak stürzte, hat die Arbeiterklasse ihre Bereitschaft zu revolutionären Maßnahmen gezeigt und demonstriert, in welchem Maß die eingefleischten Pessimisten der „extremen Linken“ ihren Willen zur Teilnahme an politischen Kämpfen unterschätzen. In jedem Fall treibt die objektive Logik der Ereignisse die Arbeiterklasse zum Sozialismus hin. Er liefert die einzige Grundlage für die Arbeiterklasse, ihre Opposition gegen Armut und Diktatur in einen bewussten Kampf gegen Kapitalismus, Austerität und Krieg zu verwandeln.
Die Behauptungen, eine revolutionäre Partei sei nicht lebensfähig, weil sie am Anfang klein sei, ist nichts als ein Argument für Untätigkeit und unverfrorenen Opportunismus. Keine ägyptische Partei, einschließlich der pseudolinken Parteien, hat gegenwärtig eine große Anhängerschaft, insbesondere nicht in der Arbeiterklasse. Eine Massenpartei muss erst aufgebaut werden, und die Erklärungen von Tagdid und RS beweisen nur ihre Feindschaft gegen den Aufbau einer Massenpartei der Arbeiter auf sozialistischer Grundlage.
Alexanders Kommentare widerlegen ferner die Behauptung der Pseudo-Linken, sie kämpften für Demokratie. Für die RS und die SWP sind „undemokratische, bürokratische“ Organisationen gut genug für die Arbeiter. Sie glauben offenkundig auch, dass eine Militärdiktatur gut genug für Ägypten sei. Das einzige Ziel, das sie verteidigen, ist der lukrative „größere demokratische Spielraum“, den die Junta den oberen Mittelschichten anbietet.
Der westliche Imperialismus und Ägyptens kleinbürgerliche „Opposition“
Die Prominenz der RS-Journalisten ist nur die Spitze der Gelegenheiten, die der „größere demokratische Spielraum“ Ägyptens vermögender Mittelklasse bietet. Da die Pseudo-Linke bei der politischen Unterdrückung der Arbeiterklasse eine größere Roll spielt, haben westliche Mächte in ihrem Bestreben, die Revolution im Nahen Osten aufzuhalten, Geldmittel in diese soziale Schicht gepumpt. Umgekehrt sind diese Kräfte schnell auf den Zug westlicher, insbesondere US-amerikanischer Unterstützung aufgesprungen.
Diese Allianz gründet sich auf gemeinsame Klasseninteressen zwischen dem westlichen Imperialismus und der kleinbürgerlichen ägyptischen „Opposition“. Beide versuchen, die Arbeiterklasse zu unterdrücken und politisch zu demobilisieren, indem sie Illusionen schüren, die Junta werde die Demokratie einführen. Der Imperialismus hat diese Schichten der Mittelklasse reich belohnt – oder, schlichter ausgedrückt, bestochen.
So hat im April die frisch eingesetzte US-Botschafterin für Kairo, Anne Patterson, verkündet, dass Washington 105 Millionen Dollar für „diverse Nichtregierungsorganisationen [NGOs]“ bereit gestellt hat, um deren „Mitwirkung am politischen Leben des Landes zu unterstützen“. Die Jerusalem Post zitierte Berichte, nach denen US-Behörden bereits 1.000 Anträge für finanzielle Unterstützung von ägyptischen Organisationen erhalten hätten.
Diese Unterstützung steht schon seit einiger Zeit für pro-amerikanische NGOs zur Verfügung. Al-Ahram zitierte Professor Gamal Zahran von der Suezkanal-Universität, der sagte, dass schon die Bush-Administration in ihrer zweiten Amtszeit (2005–2009) ihre zivile Unterstützung für Ägypten von Infrastrukturprojekten umgelenkt habe zur „Stärkung der in den Bereichen der Wahlbeobachtung und der Überwachung der Menschenrechte aktiven Zivilgesellschaftsorganisationen“.
Dies wurde derart bekannt, dass das ägyptische Militär – das selber 1,3 Milliarden Dollar Unterstützung im Jahr von den USA erhält – zynisch versuchte, sein gewaltsames Vorgehen zu rechtfertigen, indem es unter Hinweis auf die US-Unterstützung für NGOs behauptete, die ägyptische Revolution sei nur eine ausländische Verschwörung.
Das ist natürlich absurd. Die Hauptkraft in der Revolution war der Kampf von Millionen Arbeitern und Jugendlichen, nicht die paar tausend Mitglieder der pseudolinken Parteien. Nichtsdestoweniger lagen die Verbindungen zwischen dem westlichen Imperialismus und den kleinbürgerlichen ägyptischen Gruppen zu offen zutage, als dass man sie einfach hätte abstreiten können. So sah sich schließlich am 12. August der Leiter der ägyptischen Abteilung der US-Agentur für Internationale Entwicklung (USAID) gezwungen, zurückzutreten.
Es ist offensichtlich, dass es signifikante finanzielle, aber auch organisatorische Verflechtungen zwischen den westlichen Mächten und der ägyptischen Pseudo-Linken gibt. So wurden laut der New York Times einige Mitglieder der Jugendbewegung 6. April von der serbischen Organisation Otpor ausgebildet. Diese Gruppe hatte im Jahr 2000 bei der Organisation des NATO-unterstützten Staatsstreichs gegen den serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic mitgewirkt und danach die Organisatoren der „Farbenrevolutionen“ in Osteuropa ausgebildet. Diese „Revolutionen“ waren in Wirklichkeit politische Putsche zur Installierung pro-westlicher Regime, namentlich in Georgien (2003) und der Ukraine (2004).
Ein geheimes diplomatisches Telegramm der US-Botschaft vom Dezember 2008, das von WikiLeaks publiziert wurde, bestätigt die Existenz direkter Verbindungen zwischen Führern des 6. April und US-Beamten. Das Telegramm offenbart, dass US-Diplomaten in Kairo Berichte von einem anscheinend gut vernetzten Mitglied der Bewegung 6. April erhielten, der detaillierte Auskünfte über die ägyptische „Opposition“ gab. Dieses Mitglied, dessen Name unkenntlich gemacht wurde, war gerade von einem Gipfeltreffen der „Allianz der Jugendbewegungen“ in Washington zurückgekehrt, während dessen er Gespräche mit mehreren Kongressmitarbeitern geführt hatte.
Laut diesem Dokument „behauptete [Name geschwärzt], dass mehrere Oppositionskräfte – einschließlich der Parteien Wafd, Nasseriten, Karama und Tagammu, sowie der Muslimbruderschaft, Kifaya und der Revolutionären Sozialisten – sich einverstanden erklärt haben, einen ungeschriebenen Plan für den Übergang zu einer parlamentarischen Demokratie zu unterstützen, einschließlich einer geschwächten Präsidentschaft und einem gestärkten Premierminister und Parlament. Dies sollte vor den angesetzten Präsidentschaftswahlen 2011 geschehen. Laut [Name geschwärzt] ist die Opposition daran interessiert, von der Armee und Polizei Unterstützung für eine Übergangsregierung vor den Wahlen 2011 zu erhalten. [Name geschwärzt] versicherte, dass dieser Plan so sensibel ist, dass er nicht niedergeschrieben werden kann.“
Wenn dies zutrifft, dann war die Pseudo-Linke anscheinend im Begriff, ein Bündnis mit solchen Teilen der ägyptischen Armee zu schmieden, die – ebenso wie viele US-Diplomaten zu jener Zeit – nicht mit Mubaraks Plänen einverstanden waren, seinen Sohn Gamal als Nachfolger an der Staatsspitze zu installieren. Die RS, Tagammu und die anderen in der WikiLeaks-Depesche erwähnten Parteien haben sich zu diesen Enthüllungen nicht geäußert.
Eine weitere pseudolinke Initiative – die Gründung nicht an den ETUF gebundener, sogenannter „unabhängiger Gewerkschaften“ – wird ebenfalls vom westlichen Imperialismus unterstützt. Dies wurde auf einer Pressekonferenz vom 23. Februar von US-Außenministerin Hillary Clinton bestätigt. „Wie vielen bekannt ist, haben die Vereinigten Staaten die Zivilgesellschaft in Ägypten unterstützt“, erklärte Clinton. „Wir haben der Regierung nicht genehme Zuschüsse zur Unterstützung des Aufbaus von Gewerkschaften gegeben, zur Unterstützung der Organisierung der politischen Opposition gegen das Regime. Und das schon seit vielen Jahren.“
Im Mai reisten Funktionäre der mit der französischen Neuen Antikapitalistischen Partei (NPA) verbundenen Gewerkschaft SUD (Solidarität, Einheit, Demokratie) nach Ägypten. Sie warben für „unabhängige“ Gewerkschaften und trafen sich mit ägyptischen Gruppierungen, die sie aufzubauen versuchen.
SUD erklärte, dass das Zentrum für Gewerkschafts- und Arbeiterdienste (CTUWS) – die wichtigste NGO in Ägypten, die versucht „unabhängige“ Gewerkschaften aufzubauen – finanziert wird von Oxfam, der Euro-Maghreb-Gewerkschaftsallianz (zu der SUD, die spanische CGT und die algerische Gewerkschaft SNAPAP gehören), dem Europäischen Gewerkschaftsbund und der amerikanischen AFL-CIO.
Sie fanden heraus, dass ägyptische Arbeiter keine Begeisterung für derartige Pläne zeigen. Der Bericht von SUD zitierte Fatma Ramadan, eine Arbeitsinspektorin und Tagdid-Mitglied, die an dem Versuch, neue Gewerkschaften aufzubauen, mitwirkt: „Wir haben kein Erbe, auf dem wir aufbauen können. Beziehungsweise, schlimmer noch, unser Erbe ist ein übles, es ruft bei Arbeitern Zweifel an der Bedeutung von Gewerkschaften hervor. Es fällt ihnen schwer zu begreifen, wie diese Gewerkschaften anders sein könnten als die alten.“
Ägyptische Arbeiter begreifen die soziale Wirklichkeit um vieles richtiger als die pseudolinken SUD-Bürokraten, die den Arbeitern Washingtons Pläne andrehen wollen.
Solange die Arbeiterklasse von der Junta beherrscht wird – und am Arbeitsplatz kontrolliert wird von den gelben Gewerkschaften der Junta oder von „unabhängigen“ Gewerkschaften, die von den Förderern der Junta aus Washington finanziert werden – solange werden die „neuen“ Lebensbedingungen der Arbeiter sich nicht von den alten unterscheiden. Die entscheidende Aufgabe, mit der die Arbeiter konfrontiert sind, ist nicht die Schaffung neuer Gewerkschaften, die mit der Junta in Verhandlungen eintreten, sondern der Sturz der Junta und die Ergreifung der Macht. Nur wenn die Ressourcen der ägyptischen und der globalen Wirtschaft unter die Kontrolle der arbeitenden Bevölkerung gestellt werden, können die Mittel aufgebracht werden, die nötig sind, um das von Mubarak und Washington kontrollierte soziale Elend zu überwinden.
Wie die Pseudo-Linke den Marxismus angreift, um die Revolution zu bekämpfen
Ein wesentlicher Aspekt der Fähigkeit der Pseudo-Linken, sich als linksgerichtete Tendenz auszugeben, ist ihr Gebrauch von sozialistischer Rhetorik. Sie tut dies freilich nur, um umso besser die historischen Prinzipien und den revolutionären Gehalt des Marxismus zurückweisen zu können. Gerade weil der Marxismus den historisch entwickelten Leitfaden für das Handeln im revolutionären Kampf bietet, ist die Pseudo-Linke auf Schritt und Tritt gezwungen, ihn in Abrede zu stellen und anzugreifen.
Die Versuche der Pseudo-Linken, ihre Unterstützung der Junta mit Phrasen aus dem Lexikon des Marxismus zu bemänteln, zeigen nur ihre Ignoranz und böse Absicht. So zitiert Fatma Ramadan von der Tagdid im Gespräch mit SUD-Bürokraten, Fath Allah Mahrous von der Ägyptischen Sozialistischen Partei: „Er pflegt zu sagen, dass wir uns in einer Situation der Doppelherrschaft befinden, mit der Straße auf der einen Seite und der Armee auf der anderen.“
In Wirklichkeit gibt es in Ägypten keine Doppelherrschaft in dem Sinne, wie Marxisten den Begriff verwenden. Die Verantwortung für diese Situation tragen im Wesentlichen Tagdid, die RS und ähnliche Gruppierungen. Sie haben interveniert, um die Volkskomitees aufzulösen und die Herausbildung von Organen der Arbeitermacht zu verhindern, die die Grundlage für eine neue Staatsmacht bilden könnten, die für den Sturz der ägyptischen Junta kämpft.
Der Versuch von Tagdid, diese Tatsache zu verschleiern, indem sie die Straßenproteste als „Doppelherrschaft“ bezeichnet, ist ein zynischer Trick. In seiner Geschichte der Russischen Revolution bemerkt Trotzki, dass der unausweichliche Konflikt zwischen den unterdrückten Massen und der Politik des kapitalistischen Staates noch keine Doppelherrschaft ausmacht. Er erklärt: „Antagonistische Klassen existierten in der Gesellschaft stets, und die von der Macht ausgeschlossene Klasse ist unvermeidlich bestrebt, den Staatskurs in diesem oder jenem Grade in ihre Richtung zu lenken. Das bedeutet jedoch noch keinesfalls, dass in der Gesellschaft eine Doppel- oder Vielherrschaft besteht.“
Trotzki erklärt die Doppelherrschaft wie folgt: „Die historische Vorbereitung einer Umwälzung führt in der vorrevolutionären Periode zu einer Situation, in der die Klasse, die das neue Gesellschaftssystem zu verwirklichen berufen ist, ohne bereits Herr im Lande zu sein, faktisch einen bedeutenden Teil der Staatsmacht in Händen hält, während der offizielle Staatsapparat noch im Besitz der alten Machthaber verbleibt. Dieses ist der Ausgangspunkt der Doppelherrschaft in einer jeden Revolution.“
Man muss fragen: haben die Arbeiter in Ägypten „einen bedeutenden Teil der Staatsmacht“ in ihre Hände gebracht, oder überhaupt nur irgendeinen Teil? Haben sie Institutionen gegründet wie die Sowjets (Räte) des revolutionären russischen Proletariats 1917, die ein konkurrierendes Machtzentrum zur bürgerlichen Übergangsregierung bildeten und diese schließlich, unter der Führerschaft der Bolschewistischen Partei, stürzten? Die Antwort lautet, leider, nein.
Die Nachbarschaftskomitees, die sich während des Kampfes gegen Mubarak und seine Handlanger spontan bildeten, hatten das Potenzial, sich zu solchen Institutionen zu entwickeln. Doch kämpften die pseudolinken Gruppen, wie wir gesehen haben, für die Auflösung dieser Komitees und bestanden darauf, dass sie Räten weichen, die mit Mitgliedern der Muslimbruderschaft und ihrem eigenen Führungspersonal bestückt waren.
Es gibt keine Doppelherrschaft in Ägypten – nicht, weil die Arbeiter dafür nicht bereit waren, sondern weil Ägyptens politische Organisationen (an erster Stelle die pseudolinken Parteien) dagegen gekämpft haben. Statt dessen haben diese darauf bestanden, dass sich Arbeiter mit dem „größeren demokratischen Spielraum“ begnügen, den die ägyptische Militärdiktatur angeblich bereit hielt.
Die ägyptische Revolution hat, wie alle anderen Revolutionen, die Frage der Armee mit außergewöhnlicher Schärfe aufgeworfen. Die Generäle leiten den Staat, besitzen große Teile der Wirtschaft, schmieden gemeinsam mit Washington Komplotte, und sie besitzen das Kommando über große Truppenkörper von Wehrpflichtigen, die in letzter Instanz die einzige Kraft in Ägypten darstellen, die groß genug ist, um einen Volksaufstand im Blut zu ertränken. Die Aufgabe jedes ernsthaften Kampfes für Demokratie in Ägypten wäre, die Soldaten für den Kampf für die sozialistische Revolution zu gewinnen und die Autorität des Offizierskorps zu zerschlagen.
Der wesentliche Grund, weshalb die Pseudo-Linke sich einer solchen Perspektive widersetzt, geht aus den Kommentaren von al-Hamalawy und anderen RS-Mitgliedern hervor: sie sehen die Junta und das Offizierskorps als Garanten für den Übergang zur Demokratie. Von diesem Standpunkt aus ist ein Kampf für die Zerschlagung der Autorität des Offizierskorps gefährlich. Er riskiert, die militärischen Despoten abzustoßen, auf die die Pseudo-Linke zählt, um den sogenannten demokratischen Übergang zu führen!
Die Schriften der großen Marxisten sind absolut klar hinsichtlich der Einstellung des revolutionären Proletariats zur Armee und dem Staat. In Staat und Revolution zitierte Lenin zustimmend die Idee von Marx, „dass das Proletariat nicht einfach die Staatsmacht erobern kann in dem Sinne, dass der alte Staatsapparat in neue Hände übergeht, sondern dass es diesen Apparat zerschlagen, zerbrechen, ihn durch einen neuen ersetzen muss“.
Was die Armee betrifft, so schrieb Friedrich Engels in einem Brief vom 26. September 1851 an Karl Marx: „Es ist eine evidente Tatsache, dass die Desorganisation der Armeen und die gänzliche Lösung der Disziplin sowohl Bedingung wie Resultat jeder bisher siegreichen Revolution war.“
Die Unterstützung der Pseudo-Linken für die Junta und das ägyptische Offizierskorps drückt nicht nur ihre Verbindungen zu Ägyptens herrschender Klasse und dem Weltimperialismus aus, sondern ihre tiefe Feindschaft gegen den Nachdruck, den der Marxismus auf die revolutionäre Rolle der Arbeiterklasse legt. Wie Anne Alexander in ihrem Artikel „Suez und die Flut des arabischen Nationalismus“ aus dem Jahr 2006 deutlich macht, glauben die SWP und die Pseudo-Linke, dass das Bestehen des Marxismus auf der führenden Rolle der Arbeiterklasse in der Revolution falsch war.
Sie führt dazu die von Nasser gespielte Rolle an, der 1952 in einem Coup gegen König Farouk an die Macht kam, der die britische Vorherrschaft über Ägypten beendete, und konzentriert sich auf die Suezkrise 1956. Zu jener Zeit nationalisierte Nasser den Suezkanal und Ägypten wehrte einen Versuch von Großbritannien, Frankreich und Israel ab, den Kanal mit Gewalt zurückzuerobern. Nasser wandte sich an die stalinistische Kommunistische Partei Ägyptens, um das Volk in Port Suez und anderswo zum Widerstand zu mobilisieren, und konnte darauf vertrauen, dass die Stalinisten keinen revolutionären Widerstand gegen sein Regime organisieren würden. Gemeinsam mit der Drohung einer sowjetischen Invasion und der Entscheidung der USA, ihre Stützung des britischen Pfunds einzustellen, um ihr Missfallen auszudrücken, trug der Volkswiderstand dazu bei, die britisch-französische Invasion zu beenden.
Für Alexander widerlegt die Tatsache, dass Nasser an der Macht blieb, die Perspektive der sozialistischen Revolution in den Kolonialländern, die von Leo Trotzki mit Betonung der führenden Rolle der Arbeiterklasse formuliert worden war.
Trotzki, so schreibt sie, „stimmte mit Lenin überein, dass die Arbeiterklasse die einzige Klasse sei, die eine demokratische Revolution zum Erfolg führen könne, doch er argumentierte, dass die Arbeiterklasse, sobald sie an der Macht wäre, sich nicht einfach darauf beschränken könne, einen bürgerlichen demokratischen Staat zu errichten. Statt dessen sagte er, die demokratische Revolution ginge unmittelbar in eine sozialistische über und würde dadurch zu einer permanenten Revolution. […] Trotzkis Voraussagen bestätigten sich nicht in der Welle der nationalen Revolutionen nach dem Zweiten Weltkrieg. In einem Land nach dem anderen wurden die alten, pro-kolonialen Regime gestürzt, jedoch nicht von der Arbeiterklasse oder der Bauernschaft. Statt dessen errangen Teile der Intelligenz oder Seilschaften in der Armee die Kontrolle über den Staat.“
Diese Bemerkungen drücken den kleinbürgerlichen, nationalistischen Standpunkt der SWP und ihrer internationalen Mitstreiter aus. Sie halten die Offiziere und Intellektuellen für die Triebkräfte der Geschichte. Sie betrachten die Tatsache, dass Nasser 1952 in Ägypten an die Macht kam, als Beweis, dass eine sozialistische Perspektive in die Irre führt, und als Rechtfertigung für ihre eigene Hinwendung zur SCAF-Junta, dem ägyptischen Nationalstaat, und dahinter zum westlichen Imperialismus.
Wenn die demokratische Revolution wirklich von Nasser durchgeführt wurde, wie Anne Alexander behauptet, so unterlässt sie es zu erklären, weswegen sich dann heute die Arbeiterklasse an der Spitze eines revolutionären Kampfes gegen eine korrupte, von Nassers politischen Erben geführte Diktatur befindet. In Wirklichkeit markierte die Unterdrückung der Arbeiterklasse in Ägypten während der 1950er Jahre die Abkehr von jedem Kampf für Demokratie. Alexander befasst sich jedoch nicht mit diesen Fragen, denn ihre kleinbürgerliche Perspektive verleitet sie zu einer prinzipienlosen Kritik an Trotzki und zu einer politischen Anpassung an den Nasserismus und Stalinismus.
Nach außen stützte sich Nasser anfänglich auf Washingtons Feindschaft gegen die Versuche des britischen Imperialismus, seine Macht über Ägypten zu bewahren, später dann immer mehr auf eine Allianz mit der sowjetischen Bürokratie, um die Gefahr einer imperialistischen Intervention zu begrenzen. Nach innen stützte er sich auf die reaktionäre Rolle der Ägyptischen Kommunistischen Partei, die im Einklang mit der Kremlpolitik eine sozialistische Revolution in der arabischen Welt ablehnte. Diese politische Unterstützung wurde von sozialen Zugeständnissen flankiert, die das postkoloniale Regime den Arbeitern bot.
Zur gleichen Zeit zerschlug das Regime von Nasser unabhängige Kämpfe von Arbeitern auf brutale Weise. So wurden zwei Arbeiter, Mustafa Khamis and Muhammad al-Baqri, für ihre Rolle im legendären Misr-Textilfabrikstreik hingerichtet. Die Ägyptische Kommunistische Partei unterstützte Nasser nichtsdestotrotz und versuchte, die Opposition der Arbeiterklasse gegen ihn im Zaum zu halten. Im Jahr 1956 rechtfertigte sie ihre Selbstauflösung mit der Behauptung, Nasser würde den Sozialismus aufbauen.
Die historische Periode, während der das Nasser-Regime die unabhängigen Kämpfe der Arbeiterklasse unterdrücken und zwischen dem Imperialismus und der Sowjetunion manövrieren konnte, sollte nicht lange andauern. Nach dem Yom-Kippur-Krieg – gerade 22 Jahre, nachdem Nasser an die Macht gekommen war – begann sein Nachfolger, Anwar Sadat, eine Politik der infitah (Öffnung) für ausländisches Kapital und nahm eine diplomatische Neuausrichtung auf den US-Imperialismus vor. Dazu gehörte Sadats Unterzeichnung der Camp-David-Verträge 1978, die Frieden mit Israel schufen. Dieser Frieden basierte auf der Unterdrückung jeglichen Appells der ägyptischen Arbeiter an das israelische Proletariat für einen gemeinsamen Kampf gegen den Imperialismus und Zionismus.
Ägyptens Integration in die kapitalistische Weltwirtschaft unter der Ägide von Washington führte zum weiteren Anwachsen sowohl der gesellschaftlichen Macht als auch der wirtschaftlichen Unterdrückung der Arbeiterklasse. Diese Klassenwidersprüche, die sich unter der Oberfläche der ägyptischen Gesellschaft aufgebaut haben, sind jetzt in revolutionären Kämpfen explodiert, deren Nachwirkungen sich auf der ganzen Welt ausgebreitet haben.
Alexander, die SWP und ihre internationalen Mitstreiter sind still, was die Fragen des Imperialismus und Stalinismus angeht. Dies ergibt sich aus ihrer kleinbürgerlichen Perspektive. In ihrer Faszination für Nasser und das ägyptische Militär kämpfen sie dafür, die Arbeiterklasse der Armee unterzuordnen, wie es die Ägyptische Kommunistische Partei zu Nassers Zeiten tat, mit dem Unterschied, dass das ägyptische Regime heute als direkte Agentur des Imperialismus fungiert.
Dieser Orientierung hat die ägyptische Revolution 2011 einen gewaltigen Schlag versetzt. Sie bestätigte Trotzkis Beharren auf der führenden Rolle der Arbeiterklasse im revolutionären Kampf. In der Tat war es die Arbeiterklasse, die Mubarak gestürzt hat, dessen Regime jeder Art demokratischer Reformen vollkommen feindlich gegenüberstand und sich dem Imperialismus vollständig unterordnete.
Trotzkis Theorie der permanenten Revolution vertritt die Auffassung, dass die kapitalistische Klasse nicht länger in der Lage ist, die Kämpfe um Demokratie zu führen, wie es noch in den bürgerlichen Revolutionen des 18. Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten und in Frankreich der Fall war. Voller Angst vor dem Proletariat und – in ehemaligen Kolonialländern wie Ägypten – in voller Abhängigkeit vom ausländischen Imperialismus, bekämpfen die Kapitalisten nunmehr demokratische Herrschaftsformen in ihrem eigenen Land. Die Demokratie kann daher nur von der Arbeiterklasse errichtet werden, und zwar als Teil ihres Kampfes für eine sozialistische Weltrevolution, die alle Ressourcen der nationalen und internationalen Wirtschaft unter die Kontrolle der Arbeiter und unterdrückten Massen stellt.
Es ist charakteristisch für den Verrat der Pseudo-Linken, dass sie versucht hat, die Theorie der permanenten Revolution in der Arbeiterklasse zu diskreditieren, indem sie sie als gegen den politischen Kampf gerichtete Theorie hinstellte. Als in der Arbeiterklasse im letzten Sommer Forderungen nach einer zweiten Revolution laut wurden, da publizierte die RS eine berüchtigte Stellungnahme mit der Überschrift „Nicht eine zweite Revolution, sondern eine permanente Revolution bis zum Fall des Regimes“.
Es ist hochgradig unehrlich, die Forderungen der Arbeiter nach einer zweiten Revolution so hinzustellen, als würden sie dem Trotzkismus und der Theorie der permanenten Revolution widersprechen. Der Kampf für die Umsetzung der permanenten Revolution kann nur die Form einer erneuten Offensive der Arbeiterklasse zum Sturz der Junta nehmen – was die Arbeiter mit Rufen nach einer „zweiten Revolution“ forderten. In diesem Kampf werden die Arbeiter in der Pseudo-Linken einen entschiedenen Gegner finden: rechtsgerichtet, kleinbürgerlich und antimarxistisch.
Die Arbeiterklasse braucht eine neue politische Führung
Die ersten Monate der ägyptischen Revolution haben die enorme soziale Macht der Arbeiterklasse gezeigt: ihre Fähigkeit, Diktatoren zu stürzen, ganze Länder zum Stillstand zu bringen, und sich selber für einen Kampf gegen staatliche Repression zu rüsten.
Die Revolution hat jedoch auch die Grenzen spontaner Aktion aufgezeigt. Ihrer politischen Führung beraubt, wurden Streikkomitees und Volksverteidigungsgruppen aufgelöst oder sich selbst überlassen. Die politische Initiative wurde an die Junta und ihre imperialistischen Komplizen abgetreten und die Kontrolle über Armee, Banken und den Staatsapparat in ihren Händen belassen.
Unter den bestehenden politischen Parteien konnte die Revolution nicht triumphieren oder auch nur voranschreiten, weil sie ihr grundlegend feindlich gesinnt sind. Ihre Unterstützung für den Staat und die Gewerkschaftsbürokratie hat der herrschenden Klasse Ägyptens den Freiraum gegeben, repressive und konterrevolutionäre Maßnahmen zu organisieren. Sie stützt sich dabei auf Emissäre des westlichen Imperialismus, die in Libyen einen neokolonialen Krieg für einen Regimewechsel geführt haben und jetzt mit Krieg in Syrien, dem Iran und anderswo drohen.
Die Arbeiter in Ägypten benötigen eine neue, revolutionäre Partei, um die SCAF-Junta zu stürzen, einen Arbeiterstaat zu errichten und einen Kampf für die Beendigung imperialistischer Herrschaft im Nahen Osten zu beginnen, als Teil eines internationalen Kampfs für den Sozialismus.
Der globale Kapitalismus steckt in der tiefsten Wirtschaftskrise seit der Großen Depression. Diese Krise hat im besonderen die imperialistischen Zentren in Amerika und Europa erfasst und eine soziale Krise sowie steigende Opposition in der internationalen Arbeiterklasse hervorgerufen. Wir erleben gerade, wie die objektiven Voraussetzungen für einen Kampf um die sozialistische Weltrevolution zusammenkommen, wie sie von Trotzki und anderen führenden Marxisten vorausgesehen und in der Theorie der permanenten Revolution dargelegt worden waren.
Das größte ungelöste Problem bleibt die Krise der Führung der Arbeiterklasse. Die ersten Monate des revolutionären Kampfs in Ägypten haben die pseudolinken Parteien erbarmungslos bloßgestellt. Diese bilden nicht die Basis für den Aufbau einer solchen Führung, sondern ein Hindernis, das rücksichtsloser politischer Kritik unterzogen werden muss, um die Arbeiterklasse mit einer revolutionären Perspektive zu bewaffnen.
Gebunden an Klassenkräfte, die dem Proletariat in tiefer Feindseligkeit gegenüberstehen – den westlichen Imperialismus, die islamistischen Bewegungen und die Junta selbst –, verfolgen sie Maßnahmen und werben für Perspektiven, die einem Kampf für Sozialismus vehement entgegenstehen. In dem Maße, in dem sie Einfluss auf die Kämpfe der Arbeiterklasse behalten, produzieren sie Niederlagen, Demoralisierung und die Gefahr des Triumphs der Konterrevolution.
Die erste Aufgabe von sozialistisch gesinnten Arbeitern, Intellektuellen und Jugendlichen in Ägypten und im ganzen Nahen Osten besteht darin, den Einfluss dieser Parteien auf die politisch bewusstesten Arbeiter zu zerschlagen und in diesen Schichten eine revolutionäre Partei aufzubauen, die in der Lage ist, die Arbeiterklasse in ihren Kämpfen zu führen.
Die politische Grundlage dafür ist die Theorie der permanenten Revolution und der Kampf des Internationalen Komitees der Vierten Internationale für die Verteidigung der revolutionären Kontinuität des Trotzkismus und für die historischen und programmatischen Grundlagen des Marxismus.
Das IKVI ist davon überzeugt, dass die ägyptische Revolution die erste große Erfahrung in einer neuen Periode internationaler revolutionärer Kämpfe darstellt. Es hat die World Socialist Web Site als politisches Organ geschaffen, um über die Kämpfe der Arbeiterklasse weltweit zu berichten, sie zu vereinen und ihnen ein politische Führung zu geben. Es ruft seine Leser in Ägypten, dem Nahen Osten und weltweit dazu auf, für die Perspektive der permanenten Revolution zu kämpfen und dem IKVI beizutreten.