Linkspartei unterstützt Regierungspropaganda gegen Russland

Am vergangenen Freitag veröffentlichte der Parteivorstand der Linken eine Erklärung zur Lage in der Ukraine. Unter der Überschrift „Machtspiele beenden – Kriegsgefahr stoppen“ erklären die beiden Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger: „Wir verfolgen mit Besorgnis die Entwicklungen in der Ukraine und auf der Krim.“

Unmittelbar im Anschluss heißt es: „Wir verurteilen die militärischen Drohgebärden der Russischen Föderation...“ Dann folgt der Satz: „Die Antwort auf das völkerrechtswidrige Vorgehen der Russischen Föderation auf der Krim, welches wir verurteilen, muss in der Diplomatie liegen – Krieg kann keine Probleme lösen und darf kein Mittel der Politik sein.“

Nach kurzen Ausführungen über die Kriegsentwicklung heißt es: „Diese Kriegsgefahr wird durch die russische Truppenmobilisierung an der Grenze zur Ukraine noch weiter verschärft.“ Dann folgt herausgehoben die Aufforderung: „Russland muss seinen Konfrontationskurs einstellen.“

Diese Erklärung ist eindeutig und erfüllt eine wichtige Funktion. Die Linke signalisiert damit der Bundesregierung ihre grundsätzliche Übereinstimmung. Auch sie ist der Auffassung, dass Russland der Aggressor sei. Gerade weil Linken-Fraktionschef Gregor Gysi und andere Abgeordnete der Partei im Parlament als Opposition auftreten und mitunter kritische Töne spucken, versichern sie der Regierung, dass sie eine verlässliche Opposition sind und in den Grundfragen der Außenpolitik übereinstimmen.

Zwar verurteilen die Autoren der Ukraine-Erklärung nicht nur die militärischen Drohgebärden Russlands, sondern auch die der ukrainischen Regierung und der NATO. Doch das ist reine Augenwischerei und dient dazu, die Spuren zu verwischen.

Die Behauptung, das Vorgehen der russischen Regierung sei völkerrechtswidrig und der Kreml verfolge einen Konfrontationskurs, stellt die Tatsachen auf den Kopf und vertauscht Ursache und Wirkung. Nicht die russische Regierung hat die Ukraine erpresst und vor ein Ultimatum gestellt, sondern die EU und das Kanzleramt.

Der Präsident der EU-Kommission, José Manuel Barroso, erklärte im Februar 2013 unmissverständlich, die Ukraine könne nicht gleichzeitig Mitglied einer Zollunion mit Russland sein und ein Assoziierungsabkommen mit der EU abschließen. Die Ukraine müsse sich entscheiden, welchen Weg sie einschlagen wolle, sagte er. Mit anderen Worten, Brüssel und Berlin haben verlangt, dass die Ukraine ihre wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland abbricht und sich vollständig dem Wirtschaftsdiktat der EU und des IWF unterwirft.

Als die ukrainische Regierung unter Viktor Janukowitsch daraufhin die Unterzeichnung des Abkommen ablehnte, organisierten und finanzierten Deutschland, die USA und einige EU-Länder wie Polen und Ungarn rechte und faschistische Parteien sowie rechtsextreme Schlägerbanden, um in Kiew einen Umsturz zu organisieren und eine Regierung an die Macht zu bringen, in der Ultra-Nationalisten und Faschisten den Ton angeben.

Wenn das keine Verletzung der nationalen Selbstbestimmung und kein Bruch des Völkerrechts ist, was ist es dann? Hinzu kommt, dass die amerikanische Regierung in den vergangenen Jahrzehnten das Selbstbestimmungsrecht einer Vielzahl von Ländern mit Füßen getreten und völkerrechtswidrige Angriffskriege geführt hat, um ihre weltweite Vormachtstellung zu sichern.

Es besteht kein Zweifel, dass die aggressivste imperialistische Macht, die sich mit krimineller Energie über internationales Recht hinwegsetzt, in Washington sitzt und ihre hegemonialen Ziele in enger Absprache und Zusammenarbeit mit den europäischen Verbündeten verfolgt. Während Die Linke die imperialistische Aggression in der Vergangenheit mit pazifistischen Phrasen und Appellen beantwortete, geht sie nun dazu über, diese Politik offen zu unterstützen.

Diese Entwicklung ist nur auf den ersten Blick überraschend. In Wirklichkeit hat sie tiefe objektive und historische Ursachen. Die gegenwärtige Krise in der Ukraine und die Kriegsdrohungen gegen Russland sind eine direkte Folge der Auflösung der Sowjetunion 1991 und der Wiedereinführung kapitalistischer Ausbeutung in Osteuropa.

Unmittelbar nach der Auflösung der Sowjetunion begannen die Regierungen in Washington und Bonn, Jugoslawien zu zerschlagen und in seine ethnischen Bestandteile zu zerlegen. Dies war Teil einer Strategie, ihren Einfluss auf die Länder des ehemaligen Ostblocks und auf vormalige Sowjetrepubliken auszudehnen. Die USA und Deutschland führten Mitte der 1990er Jahre Krieg in Bosnien und Kroatien und bombardierten 1999 fast drei Monate lang Serbien, um den Kosovo von Serbien abzuspalten.

Die ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten Polen, Tschechien, Ungarn, Bulgarien, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Albanien und Kroatien sowie die früheren Sowjetrepubliken Estland, Lettland und Litauen wurden trotz anders lautender Vereinbarungen mit Russland nach und nach in die Nato aufgenommen.

Mit der Errichtung einer westlichen Marionettenregierung in Kiew zieht sich die Schlinge um Russland immer enger. Ziel der imperialistische Politik ist es, auch in Moskau einen Regime-Wechsel durchzusetzen und pro-westliche Politiker im Stile von Michail Chodorkowski an die Macht zu bringen. Dadurch könnte die Ausbeutung der russischen Energievorräte und der Absatzmarkt des riesigen Landes mit seinen knapp 150 Millionen Einwohnern unter westliche Kontrolle gebracht werden. Ähnlich wie in der Ukraine wäre das mit weiteren, massiven Angriffen auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeiterklasse verbunden.

Die Linkspartei, deren Kader sich zu einem Großteil aus der stalinistischen Staatspartei der DDR und späteren PDS rekrutiert, hat die Wiedereinführung kapitalistischer Verhältnisse in der DDR, Osteuropa und der Sowjetunion unterstützt. In Deutschland spielte die PDS in den entscheidenden Monaten der Wende eine Schlüsselrolle dabei, eine friedliche Übergabe des DDR-Staatseigentums an die westdeutschen Konzerne und Banken zu organisieren. Das heißt, Die Linke hat den Kapitalismus schon in ihrer Gründungszeit uneingeschränkt verteidigt, und diese Klassenorientierung hat eine unerbittliche Logik.

Die Auseinandersetzung über die Ukraine kennzeichnet einen internationalen politischen Wendepunkt. Die imperialistischen Mächte, einschließlich Deutschland, arbeiten mit Faschisten zusammen und nehmen einen nuklearen Weltkrieg in Kauf, um ihre Interessen durchzusetzen. Angesichts dieser Entwicklung lässt auch die Linkspartei ihre pazifistische Hülle fallen und stellt sich offen auf die Seite imperialistischer Kriegspolitik.

Diese Rechtswende der Linken geht nicht ohne innere Konflikte vonstatten. Ein Flügel der Partei um die Zeitung Junge Welt steht der russischen Regierung nahe und empört sich über das aggressive Vorgehen der USA und der EU. Doch daran ist nichts Fortschrittliches. Die russische Regierung reagiert auf die Krise, indem sie russischen Chauvinismus schürt. Sie vertritt die Interessen krimineller Oligarchen und ist zutiefst feindlich gegen die Arbeiterklasse.

Es ist bemerkenswert, dass die stellvertretende Parteivorsitzende Sahara Wagenknecht, die sich gerne als Vertreterin des linken Parteiflügels bezeichnet, nicht gegen die Erklärung des Parteivorstands Stellung bezogen hat, dem sie selbst angehört. Stattdessen gab sie zeitgleich dem Nachrichtensender n-tv ein Interview, in dem sie Gespräche mit Russland und eine stärkere Berücksichtigung der russischen Interessen anmahnte. Deutschland müsse zur „Außenpolitik Willy Brandt und Hans-Dietrich Genscher“ zurückkehren, „statt im Tross der USA auf Konfrontation zu setzen“, sagte sie.

Diese Auseinandersetzungen in der Linkspartei sind nichts weiter als die Begleitmusik zur Rechtsentwicklung der Partei.