Perspektive

Stoppt den Angriff Israels auf Gaza!

Erklärung der Socialist Equality Party

Diese Resolution wurde am 6. August 2014 vom dritten nationalen Parteitag der Socialist Equality Party in den USA einstimmig verabschiedet.

Der Parteitag der Socialist Equality Party verurteilt die Militärschläge, die Israel mit Unterstützung der USA gegen Gaza führt, als Kriegsverbrechen an der wehrlosen Bevölkerung von 1,8 Millionen Palästinensern.

Schon jetzt sind dabei mehr Menschen ums Leben gekommen, als beim vormals schlimmsten Angriff auf das verarmte Gebiet, die Operation „gegossenes Blei“ im Jahr 2009 – und die Zahl der Toten steigt weiter. Tausende, vorwiegend Zivilisten, Frauen und Kinder, wurden innerhalb von etwa einem Monat getötet oder verwundet. Die gesamte Bevölkerung ist ohne Wasser, Strom und Nahrungsmittel. Häuser und elementare Infrastruktureinrichtungen liegen in Trümmern.

Was im Gazastreifen geschieht, muss allen Arbeitern weltweit als Warnung dienen. In dem bestialischen Angriff Israels entladen sich die ungeheuren Spannungen, die durch den Zusammenbruch des Weltkapitalismus erzeugt werden. Zugleich geben Washington und die anderen imperialistischen Großmächte mit ihrer Unterstützung für das Vorgehen Israels zu erkennen, dass auch sie im Falle einer ernsthaften Bedrohung vonseiten der Arbeiterklasse nicht vor mörderischer Gewaltanwendung zurückschrecken werden.

Ohne die beharrliche Unterstützung des US-Imperialismus könnte Israel den Krieg gegen Gaza nicht führen. Obamas hohle Sympathiebekundungen für die leidenden Palästinenser, während seine Regierung zugleich die israelische Tötungsmaschinerie aufrüstet, sind an heuchlerischer Verlogenheit nicht zu überbieten.

Die historische Ursache für das Massaker in Gaza liegt in den unlösbaren inneren Widersprüchen des zionistischen Projekts und im Zusammenbruch des gesamten Staatensystems, das dem Nahen Osten mitsamt diesem Projekt vom Imperialismus aufgezwungen wurde. Nicht nur in Gaza herrscht Krieg, sondern quer über die künstlichen Grenzen, die durch das Sykes-Picot-Abkommen gezogen wurden. Der Krieg hat Syrien und den Irak erfasst und droht sich auf den Libanon und Jordanien auszuweiten. Und am Ende wird sich Israel als ebenso lebensunfähig erweisen wie diese arabischen Staaten.

Die Krise, die den gesamten Nahen Osten erfasst hat, ist eine besonders explosive Äußerung des Widerspruchs zwischen der globalisierten Wirtschaft und dem kapitalistischen Nationalstaatensystem, der durch die Wirtschaftskrise enorm verschärft wurde.

Auch 66 Jahre nach seiner Gründung, die auf der Vertreibung der Palästinenser und der Eroberung ihres Landes beruhte, und 47 Jahre nach dem Sechstagekrieg im Juni 1967, in dem das Westjordanland, der Gazastreifen, Ostjerusalem und die Golanhöhen besetzt wurden, kann Israel der Spirale aus Krieg und Unterdrückung nicht entrinnen.

Es ist eine tragische Ironie, dass ausgerechnet der Staat, der seine Existenzberechtigung auf den Schutz der Juden vor den Verbrechen Hitlers zurückführte, heute in Gaza Methoden der kollektiven Bestrafung einsetzt, die unverkennbar an das Vorgehen der Nazis im Warschauer Ghetto erinnern.

Auf der ganzen Welt blickt die arbeitende Bevölkerung mit Entsetzen und Zorn auf das willkürliche Gemetzel an unschuldigen Zivilisten in Gaza. Diese irrwitzige Gewaltorgie ist der reaktionäre Versuch des zionistischen Staats, Konflikte zu lösen, die auf der Grundlage der heutigen Staatenordnung absolut nicht gelöst werden können. Auch die Schaffung eines neuen palästinensischen Ministaats, wie ihn die sogenannte „Zweistaatenlösung“ vorsieht, würde daran nichts ändern.

Es gibt nur einen Ausweg aus diesem blutigen Morast: die Vereinigung der israelischen und arabischen Arbeiter und Jugendlichen in einem gemeinsamen Kampf.

Die Massenunterstützung, die der Zionismus in der Geschichte gewonnen hatte, ergab sich aus der katastrophalen Niederlage der Arbeiterklasse gegenüber dem Hitlerfaschismus in Deutschland und dem anschließenden verbrecherischen Völkermord des Nationalsozialismus. Diese Niederlage und der Verrat des Stalinismus an den revolutionären Kämpfen der Arbeiterklasse versetzten die Zionisten in die Lage, die Gründung eines eigenen jüdischen Staates in Palästina als einzige Rettung für das jüdische Volk darzustellen. Der Zionismus war von Anfang an eine Bewegung, die sich aus Pessimismus und politischer Reaktion speiste.

Die heutige politische Lage in Israel ist davon geprägt, dass breite Bevölkerungsschichten über die Bedeutung der weltpolitischen und innenpolitischen Entwicklungen in die Irre geführt werden. Nur deshalb kann die Netanjahu-Regierung Unterstützung für ihre Verbrechen gewinnen.

Die nominelle „Linke“ in Israel, mit der es sich ähnlich verhält wie mit den Pseudolinken in Europa, Nordamerika und weltweit, hat die Rechtsentwicklung des zionistischen Establishments mitgemacht und unterstützt den Überfall auf Gaza entweder direkt oder indirekt.

Der aktuelle Verlauf der Ereignisse wird maßgeblich dadurch bestimmt, dass die ägyptische Revolution vorübergehend aus der Bahn geworfen wurde. Dies verstärkte nicht nur die Isolation der Palästinenser in Gaza, sondern verhinderte auch, dass die Arbeiterklasse unter dem Eindruck einer siegreichen Revolution vor ihrer Haustür auf die Möglichkeit eines gemeinsamen Kampfes gestoßen wurde.

Dennoch gibt es in Israel eine Arbeiterklasse, die von denselben objektiven Klassenkonflikten betroffen ist, wie in jedem anderen Land.

Die Militärclique, die den zionistischen Staat kontrolliert, überzieht die arabischen Massen mit Krieg und Unterdrückung, um die enormen inneren Spannungen nach außen abzulenken. Die sozialen Gegensätze sind in Israel im internationalen Vergleich ausgesprochen stark ausgeprägt, die Armutsrate ist höher als in Mexiko. Gleichzeitig hat Israel eine der höchsten Milliardärsdichten der Welt.

Unmittelbar nach dem Sturz des ägyptischen Staatspräsidenten Hosni Mubarak strömten Hunderttausende Israelis zu den größten Demonstrationen in der Geschichte des Landes, um gegen soziale Ungleichheit und die Privatisierungsprogramme der Regierung zu protestieren. Der Angriff auf demokratische Rechte und die Mobilisierung extrem rechter Kräfte im Zuge des Angriffs auf Gaza werden sich in Zukunft gegen jede oppositionelle Bewegung richten, die der Politik der israelischen herrschenden Klasse entgegentritt.

Sowohl die Zionisten als auch die arabische Bourgeoisie stellen die Bevölkerung Israels als rassistische und araberfeindliche einheitliche Masse dar. Dieses Bild, das von Teilen der Pseudolinken geteilt wird, weist die SEP zurück. Wir sehen unsere Hauptaufgabe darin, eine unabhängige politische Bewegung der Arbeiterklasse aufzubauen. Wer die israelischen Arbeiter abschreibt, erklärt den Aufbau einer solchen Bewegung in jedem Land für unmöglich.

Das unermessliche Leid des palästinensischen Volkes ist mit den Verrätereien verknüpft, die in seiner Geschichte aufgrund des bürgerlichen Nationalismus verübt wurden. Die arabischen Staaten, die sich früher fälschlicherweise als Verfechter der palästinensischen Befreiung ausgaben, treten heute als offene Verbündete Israels auf. In erster Linie gilt dies für Ägypten. Das Regime des Militärmachthabers General Abdel-Fateh al-Sisi ist das Endergebnis des langjährigen Bemühens der ägyptischen Bourgeoisie um die Niederschlagung der revolutionären Kämpfe, die im Februar 2011 ausbrachen.

Eine ähnliche Rolle spielten die Palästinensische Befreiungsorganisation und die Palästinensische Autonomiebehörde unter Mahmoud Abbas. Unter dem kompromittierten Banner einer Zweistaatenlösung und als Gegenleistung für gut bezahlte Stellungen im Staatsapparat wurde die von ihnen vertretene Schicht zur Polizei eines Westjordanlands, das durch Siedlungen, Sicherheitsstraßen und Sperranlagen zerschnitten wird. In der Hoffnung auf dieselbe Rolle im Gazastreifen machten sie sich im gegenwärtigen Krieg zu bereitwilligen Handlangern Israels.

Die Hamas-Bewegung im Gazastreifen ist zwar ständigen Morden und Angriffen ausgesetzt, hat jedoch keine Perspektive, die einen Sieg über den Zionismus, den US-Imperialismus und deren arabische Verbündete ermöglichen würde. Ihre islamistische Ideologie steht für die Interessen eines Teils der palästinensischen Bourgeoisie.

Wir lehnen die Kampagne ab, mit der sich ein Großteil der Pseudolinken für einen Boykott, für den Abzug von Investitionen und für Sanktionen einsetzt. Weshalb beschränkt sie sich auf Israel? Weshalb zielt sie nicht auf die USA ab, die nicht nur hinter der Schlächterei in Gaza, sondern hinter ähnlichen Verbrechen auf der ganzen Welt stehen? Das Ziel dieser Bewegung ist die Förderung der Zweistaatenlösung, d. h. die Schaffung eines nicht lebensfähigen Ministaates, der zwangsläufig zum Gefängnis für die Palästinenser werden würde.

Das Schicksal des Kampfs der Palästinenser und der arabischen Massen insgesamt hat Leo Trotzkis Perspektive der permanenten Revolution auf der ganzen Linie bestätigt. Sie besagt, dass in unterdrückten Nationen die grundlegenden demokratischen und nationalen Aufgaben, die in früheren Epochen mit dem Aufstieg der Bourgeoisie verbunden waren, nur durch die unabhängige politische Mobilisierung der Arbeiterklasse auf der Grundlage eines sozialistischen und internationalistischen Programms gelöst werden können.

Angesichts der furchtbaren Ereignisse in Gaza ist es von höchster Dringlichkeit, dafür zu kämpfen, dass sich die arabische und jüdische Arbeiterklasse über alle nationalen und sonstigen Unterschiede hinweg gegen Imperialismus, Zionismus und die arabische Bourgeoisie zusammenschließt und sich im Rahmen des Kampfs für die Abschaffung des Kapitalismus weltweit eine sozialistische Föderation des Nahen Ostens zum Ziel setzt. Um für diese Perspektive zu kämpfen, müssen im gesamten Nahen Osten Sektionen des Internationalen Komitees der Vierten Internationale aufgebaut werden.

Der Parteitag der SEP fordert den sofortigen Abzug der israelischen Armee aus Gaza, ein Ende der Bombardierung und Beschießung und die Aufhebung der Blockade durch Israel und Ägypten, mit der die Bevölkerung des Gazastreifens seit sieben Jahren eingesperrt und ausgehungert wird. Wir rufen die amerikanische Arbeiterklasse auf: Fordert die Einstellung jeglicher Unterstützung des israelischen Staates durch die USA, den Abzug aller US-Truppen aus dem Nahen Osten und ein groß angelegtes Notprogramm, um der palästinensischen Bevölkerung humanitäre und wirtschaftliche Hilfe zukommen zu lassen.

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