Arbeiter brauchen ihre eigene Partei!

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Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

Ich arbeite seit 25 Jahren bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) und kandidiere für die Partei für Soziale Gleichheit (PSG) zur Abgeordnetenhauswahl am 18. September.

Ich rufe alle Kolleginnen und Kollegen der BVG und aller anderen Betriebe auf, das Wahlprogramm der PSG zu lesen und eine Betriebsgruppe der PSG aufzubauen.

Die Berlin-Wahl findet in einer außerordentlich zugespitzten Krisensituation statt. Während alle etablieren Parteien so tun, als herrsche Friede, Freude, Sonnenschein, gleicht die Welt einem Pulverfass. Alle Gespenster der Vergangenheit sind wieder da: Wirtschaftskrise, Massenarmut, Diktatur- und Kriegsvorbereitungen.

Als die Bundesregierung in der letzten Augustwoche bekannt gab, dass sich die Bevölkerung auf einen Angriff mit chemischen, biologischen und Atomwaffen vorbereiten müsse, trauten viele Menschen ihren Ohren nicht.

Doch die Anweisungen, einen Vorrat an Wasser und Lebensmitteln anzulegen, eine Hausapotheke, warme Decken, Taschenlampen, geladene Akkus und Bargeldreserven bereitzuhalten, die Pläne zur Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht und die Ankündigung, dass die Bundesagentur für Arbeit im Kriegsfall berechtigt ist, Männer und Frauen zu Tätigkeiten in „lebens- und verteidigungswichtigen Bereichen“ zwangszuverpflichten, müssen ernst genommen werden.

Sie machen deutlich, dass hinter dem Rücken der Bevölkerung eine Kriegsverschwörung stattfindet, an der alle etablierten Parteien beteiligt sind. Wenn die Arbeiterklasse nicht eingreift und diese Kriegsentwicklung stoppt, droht eine Katastrophe, die noch schlimmer sein wird als der Erste und der Zweite Weltkrieg.

Doch um in die gesellschaftliche Entwicklung einzugreifen, braucht die Arbeiterklasse eine eigene Partei, die den Kampf gegen Krieg mit dem Kampf gegen Kapitalismus, Armut und Not verbindet; eine Partei, die ein antikapitalistisches, das heißt sozialistisches Programm vertritt und für die internationale Zusammenarbeit und Vereinigung aller Arbeiter kämpft.

Deshalb kandidiere ich für die PSG, denn sie vertritt dieses Programm und sie ist Teil einer internationalen Organisation, der Vierten Internationale unter Leitung des IKVI (Internationales Komitee der Vierten Internationale).

Der Aufbau der PSG ist auch für die unmittelbaren Probleme im Betrieb von größter Bedeutung. Denn alle Probleme im Betrieb stellen sich heute als politische Probleme. Um sie zu lösen, braucht man ein sozialistisches Programm und eine internationale Strategie.

Bei den Berliner Verkehrsbetrieben zeigt sich das in aller Deutlichkeit. Seit vielen Jahren findet hier ein systematischer Sozialabbau statt. Die Löhne der BVG-Beschäftigten wie auch anderer Beschäftigter des Öffentlichen Diensts wurden auf ein extrem niedriges Niveau gedrückt. Die steigenden Lebensmittelpreise und vor allem die explodierenden Mieten in Berlin fressen jedes Gehaltsplus schnell auf.

Hauptverantwortlich dafür sind SPD, Linkspartei und die Gewerkschaft Verdi. In der Regierungszeit von SPD und Linken unter Klaus Wowereit (2001-2011) wurde im Nahverkehr ein regelrechter Billiglohnsektor etabliert. Der erste Schritt fand 1999 noch unter dem CDU-Diepgen-Senat statt, als die Berlin Transport GmbH mit schlechter bezahltem Personal gegründet wurde. Der größere Einschnitt erfolgt 2005 unter Wowereit.

Die sogenannte rot-rote Koalition trat 2003 extra aus dem Arbeitgeberverband des Bundes und der Länder aus, um die Löhne und Gehälter im Öffentlichen Dienst um rund 12 Prozent zu senken. Zwei Jahre später wurde das auf die BVG übertragen.

Im Nahverkehrstarifvertrag TV-N vereinbarte Verdi in Absprache mit dem rot-roten Senat nicht nur drastische Lohnsenkungen von über zehn Prozent sowie Kürzungen von Weihnachts- und Urlaubsgeld. Sie organisierte auch die Spaltung der Belegschaft in Altbeschäftigte und Neueingestellte mit Gehaltsunterschieden bis zu einem Drittel.

Ich bin deshalb ein entschiedener Gegner von Verdi.

Verdi ist keine Interessenvertretung der Beschäftigten, sondern ein bürokratischer Apparat, der aufs engste mit den staatlichen Institutionen verflochten ist und eng mit SPD, Linkspartei und Grünen zusammenarbeitet. Wie eng Verdi in den Staatsapparat integriert ist, zeigt sich schon daran, dass im Vorstand des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Berlin (KAV), der seit Jahren die Verhandlungen für viele Landesunternehmen und Privatunternehmen mit Verdi und anderen Gewerkschaften führt, meist auch Verdi-Mitglieder sitzen.

Ein gutes Beispiel ist der Vorstandsvorsitzende des KAV-Berlin, Martin Urban, der über den Verdi-Vorläufer ÖTV zum Personalchef der BSR aufstieg und jetzt als KAV-Chef laut Berliner Morgenpost ein Jahresgehalt von etwa 350.000 Euro kassiert. Bei den Tarifverhandlungen mit dem Kommunalen Arbeitgeberverband Berlin verhandelt Verdi mit Verdi.

Wie alle anderen Gewerkschaften sieht Verdi ihre Hauptaufgabe darin, den Klassenkampf zu unterdrücken und jede selbstständige Regung der Beschäftigten im Keim abzuwürgen. Seit Jahren sind die Tarifvereinbarungen Knebelverträge, um Lohnsenkung, Arbeitshetze und schlechtere Arbeitsbedingungen durchzusetzen.

Deshalb wächst der Widerstand gegen Verdi. Bundesweit haben in den vergangenen zehn Jahren mehr als 200.000 Mitglieder Verdi verlassen. Auch bei der BVG nimmt die Zahl der Gewerkschaftsaustritte deutlich zu.

Vor einiger Zeit hat sich deshalb eine oppositionelle Verdi-Gruppe bei der BVG gebildet, die sich als „verdiaktiv – demokratisch, offen, transparent“ bezeichnet. Sie fordert die Rückkehr zu einer „wirklichen klassenkämpferischen“ und „ehrlichen demokratischen“ Gewerkschaftsarbeit und will Verdi in eine starke und schlagkräftige Gewerkschaft verwandeln.

Doch es ist genauso unmöglich, Verdi in eine „wirklich klassenkämpferische“ Gewerkschaft zu verwandeln, wie es unmöglich ist, die SPD wieder in eine Arbeiterpartei zu verwandeln. Die SPD ist und bleibt die Hartz-IV- und Kriegs-Partei und wird zu Recht gehasst. So ist es auch mit Verdi. Sie bleibt ein korrupter bürokratischer Apparat, der vielen Funktionären als Sprungbrett ins Management der kommunalen Betriebe und der Verwaltung mit hohen Einkommen und Privilegien dient.

Die Verwandlung von Verdi und allen anderen Gewerkschaften in Agenturen des Managements und Instrumente des Staatsapparats ist nicht nur ein Ergebnis der weit verbreiteten Korruption der Spitzenfunktionäre, sondern hat tiefe objektive Ursachen.

Solange der Arbeitsmarkt und die Arbeitsbedingungen weitgehend national geprägt waren, konnten die Gewerkschaften Druck ausüben, um höhere Löhne und soziale Verbesserungen durchzusetzen. Die Globalisierung der Produktion hat Bedingungen geschaffen, unter denen uneingeschränkte, weltweite Konkurrenz vorherrscht. Nun üben die Gewerkschaften nicht mehr Druck auf das Management aus, um Verbesserungen für die Arbeiter zu erreichen, sondern sie erpressen die Arbeiter, um Lohnsenkung und Sozialabbau durchzusetzen und damit die Wettbewerbsbedingungen der Unternehmen zu verbessern.

Das ist auch der Grund, warum „verdiaktiv“ nur die beschränktesten Minimalforderungen aufstellt und schon zu Beginn von Verhandlungen erklärt, dass es auch mit der Hälfte zufrieden ist. Um es in aller Deutlichkeit zu sagen: Wer nur um Almosen betteln will, soll sich nicht als Interessenvertreter der Arbeiter bezeichnen.

In Wahrheit ist „verdiaktiv“ mit der Linkspartei und ihrem pseudolinken Umfeld verbunden und versucht, die wachsende Opposition gegen Verdi aufzufangen und in gewerkschaftlichen Bahnen zu halten.

Ich lehne das ab. Denn es ist notwendig, die Zwangsjacke der Gewerkschaften zu durchbrechen und eine sozialistische Partei aufzubauen, die sich der kapitalistischen Profitlogik widersetzt und die Arbeiterklasse im Kampf gegen Lohnsenkung, Sozialabbau und Kriegsvorbereitungen vereint. Nur auf dieser Grundlage ist auch eine konsequente Durchsetzung betrieblicher Forderungen möglich.

Ich rufe euch deshalb auf: Lest das Wahlprogramm der PSG! Verteilt es über Facebook und kommt zu Diskussionsveranstaltungen der PSG!

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