Trump nominiert Ultrarechten für Oberstes Gericht der USA

Der amerikanische Präsident Donald Trump hat einen ultrarechten Gefolgsmann Antonin Scalias an den Supreme Court berufen. Neil Gorsuch war bisher Bundesrichter am Zehnten Bundesberufungsgericht in Denver (Colorado). Er wird den vakanten Platz des verstorbenen Scalia einnehmen.

Trump gab seine Nominierung Dienstagabend in einer Fernseh-Sendung zur Hauptsendezeit bekannt. Sie war jedoch schon am Tag zuvor groß publiziert worden. Die nur 15-minütige Sendung hielt allerdings nicht, was sie versprach. Trump, ein früherer Reality-TV-Moderator, hatte im Bemühen, dem Ereignis Spannung zu verleihen, die zwei „Finalisten“ ins Studio nach Washington eingeladen. Er konnte aber seine demütigende Show nicht zu Ende führen, da der Verlierer, Richter Thomas Hardiman vom Dritten Bundesberufungsgericht in Pennsylvania, nicht erschienen war.

Gorsuch weist alle notwendigen Referenzen auf, um in Trumps rechtem Team mitzuspielen. Er ist eine verlässliche Stimme gegen die Abtreibung und unterstützt jede Art von Rechtsprivilegien und Ausnahmeregelungen für religiöse Gruppen. Auch ist er ein ausgewiesener Verteidiger der Polizei gegen demokratische Rechte. Fast immer, wenn es bisher gegen die arbeitende Bevölkerung ging, stand er auf Seiten der Industrie.

Der Richter steht bei den Republikanern auf dem rechten Flügel. Seine Mutter, Anne Gorsuch Burford, war 1981 Administratorin der Umweltschutzbehörde (EPA) unter Ronald Reagan und hatte die Aufgabe, bestimmte Umweltschutz-Standards abzubauen. Als das von Demokraten dominierte Repräsentantenhaus einmal Unterlagen über die Gelder anforderte, die in den sogenannten „Superfund“ zur Sanierung von Giftmüll-Altlasten geflossen waren, weigerte sich Anne Gorsuch, den Aufforderungen des Kongresses nachzukommen. Ihr wurde das Misstrauen ausgesprochen, und schließlich wurde sie gezwungen, ihr Amt niederzulegen.

Der frischernannte Bundesrichter beschreibt sich selbst als Vertreter des „Originalismus“ und „Textualismus“. Beides sind Begriffe aus der juristischen Praxis, die Scalia, der langjährige Wortführer des rechten Blocks am Obersten Gerichtshof, gern genutzt hatte. Sie sollten seiner ultrarechten Rechtsprechung den Anstrich von Verfassungstreue verschaffen, obwohl sie keine intellektuell kohärente Haltung bezeichnen.

Scalias Methode war vollkommen willkürlich: In Fällen, die für die herrschende Klasse von entscheidender Bedeutung waren, ging er vom gewünschten Ergebnis aus und arbeitete sich dann zu den benötigten Prämissen zurück. Dabei behauptete er, er halte sich an den 1789 aufgezeichneten Ursprungstext der Verfassung und wende diesen buchstabengetreu auf die komplexen Anforderungen der Massengesellschaft an.

Das Beispiel, das zu trauriger Berühmtheit gelangte, war die 5 zu 4 Mehrheitsentscheidung im Fall Bush v. Gore, mit welcher die Neuauszählung der Stimmen in Florida gestoppt und die Präsidentschaftswahl des Jahres 2000 für die Republikaner entschieden wurde. Scalia erfand ein Argument „gleichen Schutzes“, das angeblich seine Wurzel im 14. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten habe. Es war aber von Juristen noch für keinen Fall herangezogen worden, und die Gerichtsmehrheit erklärte, sie werde es nur ein einziges Mal anwenden.

Dank Scalias Initiative wurde jener Kandidat zum Präsidenten ernannt, der die Popular Vote um eine halbe Million Stimmen verloren hatte. Bezeichnenderweise nominiert heute ein Präsident, der die Popular Vote ebenfalls verloren hat – und mit dem weit größeren Abstand von fast drei Millionen Stimmen – den Nachfolger Scalias zum Bundesrichter.

Neben Scalia, den Gorsuch bewundert, hat er einen weiteren, nicht weniger reaktionären Mentor im Justizapparat. In seinen kurzen Bemerkungen, mit denen er die Nominierung annahm, erwähnte er die große Ehre, Berufungsrichter David Sentelle gedient zu haben. Sentelle, der sich schon halb im Ruhestand befindet, war von Ronald Reagan für das Bundesberufungsgericht des District of Columbia ernannt worden, das zweithöchste Gericht der Vereinigten Staaten. Der erzreaktionäre US-Senator Jesse Helms war Sentelles Hauptförderer.

Sentelle war später an der 2 zu 1 Entscheidung des Jahres 1990 beteiligt, bei der es um die Iran-Contra-Affäre ging. Dabei wurden alle Strafen gegen die zwei Hauptverschwörer, Oberstleutnant Oliver North und Admiral John Poindexter, wieder aufgehoben. North und Poindexter leiteten den Einsatz der Reagan-Regierung, der die Contra-Terroristen im Kampf gegen die sandinistische Regierung in Nicaragua bewaffnen sollte.

Vier Jahre später stand Sentelle einem besonderen juristischen Gremium aus drei Personen vor, um den unabhängigen Sonderankläger Robert Fiske abzusetzen. Fiske war mit der Untersuchung von Vorwürfen gegen US-Präsident Bill Clinton betraut, die dessen Beteiligung am Whitewater-Immobiliengeschäft betrafen; er konnte jedoch keine Grundlage für ein Kriminalverfahren feststellen. Fiske wurde durch Kenneth Starr ersetzt, ein ehemaliger Generalanwalt unter Reagan und unerbittlicher Ultrarechter. Starr verwandelte die Untersuchung des Sonderanklägers in eine fünfjährige Hexenjagd, die schließlich in Clintons Impeachment-Verfahren gipfelte.

Als Gorsuch die Richter Scalia und Sentelle erwähnte, war dies eine deutliche Botschaft an den ultrarechten Flügel. Zwar gab er sich vor dem Fernsehpublikum zurückhaltend und diplomatisch, als er die Nominierung akzeptierte. Tatsächlich ist er schon seit den ersten Tagen seiner Grundausbildung von zutiefst reaktionären Juristen geprägt worden.

Zuletzt hat Gorsuch zehn Jahre lang am Berufungsgericht Recht gesprochen. In dieser Zeit urteilte er über mehrere Fälle scheinreligiöser Ausnahmen vom Affordable Care Act (Obamacare). Dieses Gesetz sieht vor, dass Angestellte auch Anspruch auf Übernahme der Kosten für Empfängnisverhütung haben. Im Fall Hobby Lobby, der später mit 5 zu 4 vom Obersten Gerichtshof aufrechterhalten werden sollte, gehörte Gorsuch zur rechten Mehrheit. Damals behauptete eine evangelikale Unternehmerfamilie, es verletze ihre religiösen Gefühle, wenn sie eine Krankenversicherung für ihre Angestellten zulasse, die Geburtenkontrolle abdeckt.

Das letzte Jahr über arbeitete der Oberste Gerichtshof mit nur acht statt neun Richtern, da die Senatoren der Republikanischen Partei sich weigerten, über die Nominierung des Berufungsrichters Merrick Garland, eines im vergangenen März von Barack Obama nominierten rechten Demokraten, zu beraten und abzustimmen. Sie wollten die Stelle vakant halten, um im Falle eines Präsidentschaftssieges durch einen Republikaner die Stelle selbst besetzen zu können.

Weder Obama, noch die Präsidentschaftskandidatin der Demokratischen Partei, Hillary Clinton, haben sich ernsthaft bemüht, eine Abstimmung über Garland zu erzwingen. Und angesichts der rechten und unternehmerfreundlichen Vorgeschichte des Nominierten bestand wenig öffentliche Unterstützung oder auch nur Interesse an dem Fall.

Von den Demokraten im Senat muss ein ähnlich rückgratloses und feiges Verhalten gegenüber der Nominierung von Gorsuch erwartet werden. Der Justizausschuss wird ihn mit allen Ehren des Senats durchwinken, inklusive privater Treffen mit den wichtigsten Demokraten, und er wird genügend demokratische Stimmen erhalten, um als neunter Oberster Richter eingesetzt zu werden.

Die vom Minoritätsführer im Senat, Charles Schumer, angedrohte Verschleppungstaktik und die neuerliche Kritik an der Trump-Regierung sind reiner Bluff. Sie sind den Massenprotesten gegen Trumps Dekret geschuldet, in dem er ein Einreiseverbot gegen Flüchtlinge und Besucher aus sieben überwiegend muslimischen Ländern verordnet hat. Als George W. Bush im Jahr 2006 Gorsuch für einen Sitz im Zehnten Berufungsgericht nominiert hatte, stimmte kein einziger der demokratischen Senatoren gegen ihn.

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