Die wichtigsten Fakten im Fall der Maruti-Suzuki-Arbeiter

In Indien wurden dreizehn Autoarbeiter zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Sie waren in einem abgekarteten Komplott des Mordes angeklagt worden. Die Anklage bezieht sich auf eine Auseinandersetzung vom Juli 2012 im Maruti-Suzuki-Montagewerk am Rande der Hauptstadt Neu-Delhi.

Zu den Verurteilten, die in Indiens berüchtigten Gefängnissen verrotten sollen, gehören alle zwölf Mitglieder der Führung der Gewerkschaft Maruti Suzuki Workers Union (MSWU) im Werk Manesar in der Provinz Haryana. Sämtliche Arbeiter sind Opfer eines gnadenlosen Rachefeldzugs der Firma, der Polizei und der Justiz. Auch die großen Parteien Indiens, die Kongresspartei und die hindu-chauvinistische Bharatiya Janata Party (BJP), unterstützen das Komplott voll und ganz.

Diese Arbeiter sind vollkommen unschuldig. Ihr einziges „Verbrechen“ besteht darin, gegen die brutalen Ausbeutungsbedingungen zu kämpfen, die von den multinationalen, in Japan beheimateten Firmen mit Unterstützung der gelben Firmengewerkschaften durchgesetzt wurden.

Das Internationale Komitee der Vierten Internationale und die World Socialist Web Site haben eine internationale Verteidigungskampagne ins Leben gerufen, um die sofortige Freilassung von Ram Meher, Sandeep Dhillon, Ram Bilas, Sarabjeet Singh, Pawan Kumar, Sohan Kumar, Ajmer Singh, Suresh Kumar, Amarjeet, Dhanraj Bambi, Pradeep Gujjar, Yogesh und Jiyalal zu verlangen.

Der Hintergrund des Verfahrens

Nach mehrmonatigen Arbeitsniederlegungen, Sitzstreiks und anderen Aktionen, die gegen die vom Unternehmen kontrollierte Gewerkschaft durchgesetzt wurden, zwangen die Maruti-Suzuki-Arbeiter die Firma im März 2012, die MSWU anzuerkennen. Das war ein erster Schritt in der Durchsetzung ihrer Forderungen. Zu den Forderungen gehört die Abschaffung des verhassten Contract-Systems, unter dem Tausende Leiharbeiter lediglich 14.000 Rupien (ca. 200 Euro) im Monat verdienen, d. h. weniger als die Hälfte eines fest angestellten Arbeiters. Vier Monate später, am 18. Juli 2012, provozierte das Management eine gewalttätige Auseinandersetzung auf dem Firmengelände. Während sich die Arbeiter gegen eine kleine Armee privater Wachleute wehrten, brach ein Feuer aus, dessen Ursprung ungeklärt ist. Der Personalleiter Awanish Kumar Dev starb infolge des Feuers an einer Rauchvergiftung.

Es gibt absolut keine Beweise dafür, dass irgendeiner der zu Unrecht verurteilten Arbeiter etwas mit dem Feuer oder mit Devs Tod zu tun hat. Darüber hinaus wäre er der Letzte gewesen, dem die Arbeiter schaden wollten. Denn er war der einzige Manager in der Fabrik, der mit den Arbeitern sympathisierte. Er hatte sie zu sogar dabei unterstützt, die MSWU beim Haryana Labour Department registrieren zu lassen.

Das Feuer war der zentrale Punkt in der Mordanklage der Staatsanwaltschaft. Trotzdem konnte sie nicht klären, wann oder wie das Feuer entstand. Die Behörden behaupten, sie hätten eine Streichholzschachtel gefunden. Angeblich sei sie während der ersten Untersuchungen des Tatorts nicht entdeckt worden und hätte das Feuer an einer Stelle unbeschadet überstanden, die von dem Brand zerstört wurde. Keiner der Arbeiter kann mit dieser Streichholzschachtel in Verbindung gebracht werden.

Der Polizeieinsatz

Das Unternehmen und die indischen Behörden benutzten die Ereignisse vom 18. Juli als Vorwand für ein massives Vorgehen gegen die Arbeiter. Die Polizei brach am nächsten Tag in die Wohnungen der Arbeiter ein und schlug und verhaftete Hunderte Arbeiter.

Suzuki schloss dann die Fabrik in Manesar, entließ und ersetzte 2.300 Arbeiter.

Die Strafverteidiger entlarvten sehr bald das staatliche Komplott gegen 150 Arbeiter, die die Polizei festgenommen und inhaftiert hatte. Sie bewiesen, dass die Polizei mit Listen von „Verdächtigen“ gearbeitet hatte, die das Management zur Verfügung gestellt hatte. Außerdem zeigten sie, dass 89 Arbeiter auf der Grundlage von Namenslisten in alphabetischer Folge verhaftet wurden, und der Polizei von vier Maruti-Suzuki-Subunternehmen übergeben wurden. So hatte einer der „Augenzeugen“ nur „randalierende Arbeiter“ gesehen, deren Namen mit den Buchstaben A bis G begannen, und ein anderer solche, deren Namen mit den Buchstaben G bis P begannen und so weiter. Beim Prozess selbst waren diese und andere Zeugen nicht in der Lage, die Arbeiter zu identifizieren, die sie beschuldigt hatten.

148 Arbeiter blieben trotz dieser und vieler anderer Ungereimtheiten und Lügenmärchen drei Jahre lang in Untersuchungshaft, wo die Polizei sie nach Berichten von Bürgerrechtsgruppen folterte. Die Behörden lehnten eine Entlassung auf Kaution ab. Als Begründung gaben sie an, sie müssten das Vertrauen der internationalen Investoren wiederherstellen und deutlich machen, dass es in Indien keine „Arbeiterunruhen“ gibt.

Das Bezirksgericht von Gurgaon musste bei der Verurteilung der dreizehn Arbeiter wegen Mordes und von weiteren achtzehn Arbeitern wegen geringerer Verbrechen vorsätzlich seine eigenen Untersuchungsergebnisse außer Acht lassen. Die Untersuchungen hatten ergeben, dass es eine geheime Absprache zwischen der Polizei und dem Maruti-Suzuki-Management gab und Beweise gefälscht worden waren.

Die Beweise der Staatsanwaltschaft waren so löchrig und zweifelhaft, dass das Gericht 117 Arbeiter freisprechen musste. Das waren Arbeiter, von denen die Staatsanwaltschaft bis zum Schluss entschieden behauptete, sie seien genauso schuldig wie die Übrigen.

Warum die Maruti-Suzuki-Arbeiter zur Zielscheibe wurden

In den 14 Monaten vor den Massenverhaftungen und dem Komplott waren die Maruti-Suzuki-Arbeiter von Manesar zum Brennpunkt des Arbeiterwiderstands in dem riesigen Manesar-Gurgaon-Industriegebiet geworden und hatten damit den Hass der Unternehmensbosse und des politischen Establishments auf sich gezogen. Die von der Kongresspartei geführte Regierung von Haryana setzte wiederholt massive Polizeikräfte ein, um Arbeiterkämpfe zu zerschlagen. Sie behauptete, die MSWU stecke mit „Terroristen“ und anderen „auswärtigen Kräften“ unter einer Decke, die entschlossen seien, die Wirtschaft des Staates zu „sabotieren“.

Die Staatsanwaltschaft verlangte in ihrer Urteilsbegründung harte Strafen gegen die Maruti-Suzuki-Arbeiter. Sie behauptete, ihre Aktionen seien eine Bedrohung für das „Made in India“-Programm der nationalen BJP-Regierung. Das heißt, dass sie eine Bedrohung für ihr Bemühen sind, China zu unterbieten und Indien zum weltweit führenden Billiglohnland zu machen, indem sie den multinationalen Konzernen billige und willfährige Arbeitskräfte zur Verfügung stellen.

Die Verteidigung der Maruti-Suzuki-Arbeiter ist eine internationale Frage und die Verantwortung der internatonalen Arbeiterklasse. Multinationale Konzerne wie Suzuki durchkämmen den Globus auf der Suche nach den billigsten Arbeitskräften. Die Regierungen ihrerseits kriminalisieren den Widerstand der Arbeiter.

Es gilt, keine Zeit zu verlieren! Wenn diese Farce nicht rückgängig gemacht wird und die Maruti-Suzuki-Arbeiter nicht freigelassen werden, dann wird das nicht nur die indische herrschende Elite ermutigen, sondern die Unternehmer und Finanzaristokratie in jedem Land.

Das indische Gefängnissystem ist die Hölle auf Erden. Viele Familien der zu Unrecht verurteilten Arbeiter sind von Not und Elend bedroht, weil ihr einziger Ernährer hinter Gittern sitzt. Maruti-Suzuki hat außerdem erklärt, dass es die lebenslangen Haftstrafen für zu milde hält. Die Anwälte des Unternehmens haben angekündigt, das Urteil vom 18. März anfechten zu wollen. Sie wollen die Strafe durchsetzen, die die Staatsanwaltschaft für die dreizehn gefordert hat: Tod durch Hängen.

Der Angriff auf die Maruti-Suzuki-Arbeiter ist Teil eines Kriegs, der überall auf der Welt gegen die Arbeiterklasse geführt wird. Es wird keine Gerechtigkeit für diese Arbeiter geben, indem man sich an die kapitalistischen Gerichte, an das politische Establishment oder die großen Gewerkschaften wendet, die alle mit diesem Establishment verbunden sind und deshalb die verfolgten Arbeiter systematisch isoliert haben.

Arbeiter überall auf der Welt und alle Verteidiger demokratischer Rechte müssen den mutigen Maruti-Suzuki-Arbeitern zu Hilfe kommen und ihre sofortige Freilassung fordern.

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