Die Verfolgung von Assange und Manning ist ein Angriff auf die Arbeiterklasse

Am 4./5. Mai veranstaltete das Internationale Komitee der Vierten Internationale (IKVI), die trotzkistische Weltbewegung, seine mittlerweile sechste Online-Maikundgebung. Zwölf führende Mitglieder der Weltpartei sprachen zu verschiedenen Aspekten der Weltkrise des Kapitalismus und zu den Kämpfen der internationalen Arbeiterklasse.

In den nächsten Tagen wird die WSWS diese Reden im Wortlaut und als Tonaufnahmen veröffentlichen. Der heutige Bericht stammt von Oscar Grenfell von der Socialist Equality Party Australiens. Am Montag veröffentlichte die WSWS den einleitenden Bericht von David North, dem Leiter der internationalen Redaktion der WSWS und nationalen Vorsitzenden der Socialist Equality Party der USA.

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Eine der großen Traditionen der internationalen sozialistischen Arbeiterbewegung ist es, am 1. Mai allen Gefangenen des Klassenkriegs unsere Solidarität und Unterstützung zu erklären und uns zu verpflichten, unsere Anstrengungen im Kampf für ihre Freiheit zu verdoppeln.

Heute sind die weltweit wichtigsten Gefangenen des Klassenkriegs der Gründer und Herausgeber von WikiLeaks, Julian Assange, und die mutige Whistleblowerin Chelsea Manning. Für ihre Verdienste um die internationale Arbeiterklasse werden sie von den mächtigsten Regierungen der Welt gnadenlos verfolgt.

Assange und Manning haben nichts verbrochen. Sie werden verfolgt, weil sie die Wahrheit über die illegalen Kriege, die Massenüberwachung und die täglichen diplomatischen Verschwörungen der USA und all ihrer Verbündeten enthüllt haben.

Auf dem diesjährigen internationalen Maifeiertag verpflichten sich die World Socialist Web Site, das Internationale Komitee der Vierten Internationale (IKVI) und alle seine Sektionen, unsere langjährige Kampagne gegen eine drohende Auslieferung Assanges an die USA und für seine Freiheit zu verstärken. Wir verpflichten uns außerdem, den Kampf für die sofortige Freilassung von Chelsea Manning auszuweiten. Es geht hier um einen entscheidenden politischen Kampf für die Arbeiterklasse und für alle Verteidiger demokratischer Rechte.

Es sind etwas mehr als drei Wochen vergangen, seit Assange von der britischen Polizei aus der ecuadorianischen Botschaft gezerrt und verhaftet wurde. Ein schwer kranker weltbekannter Journalist wurde von sechs britischen Polizisten herausgeschleppt und er zuckte zusammen, als er zum ersten Mal seit sieben Jahren Sonnenlicht sah – diese Bilder werden in die Geschichte eingehen als Meilenstein im Niedergang der bürgerlichen Demokratie und der Hinwendung der Regierungen auf der ganzen Welt zu autoritären Herrschaftsformen.

Assanges Verhaftung war rechtswidrig. Das korrupte ecuadorianische Regime hat ihm den Status als politischer Flüchtling, der von den Vereinten Nationen bestätigt wurde, aberkannt, um die Gunst der Wall-Street-Banken und Geheimdienste zu gewinnen.

Gleich nach Assanges Verhaftung wurde bekannt, dass die Trump-Regierung seine Auslieferung an die USA beantragt hat, wo ihm ein Prozess droht. Diese Tatsache bestätigt die Warnungen von WikiLeaks, der World Socialist Web Site und Assange selbst, er habe politisches Asyl beantragt, um der Verfolgung durch die USA wegen der rechtmäßigen publizistischen Aktivitäten von WikiLeaks zu entgehen.

Mit Assanges Verhaftung begann eine juristische Farce, die man nur als pseudolegales Feigenblatt für eine außerordentliche Überstellung beschreiben kann. Nur wenige Stunden nach seiner Ausweisung aus der ecuadorianischen Botschaft wurde er wegen fingierter Kautionsverstöße verurteilt, vom Richter als „Narzisst“ beschimpft und provokant aufgefordert, sich der Auslieferung an die USA zu fügen, um „sein Leben weiterzuleben“.

Seither sitzt Assange in Isolationshaft im Gefängnis Belmarsh, das als „Großbritanniens Guantanamo Bay“ bekannt ist – benannt nach dem US-Militärgefängnis, das für Folter und andere Menschenrechtsverletzungen berüchtigt ist.

Letzten Mittwoch wurde Assange wegen der Kautionsverstöße zu 50 Wochen Gefängnis verurteilt, obwohl er bereits mehrere Jahre faktisch in willkürlicher Inhaftierung gelebt hatte und das Geld für die Kaution verfallen ist. Zudem hat sich sein Argument, er habe sich in die ecuadorianische Botschaft geflüchtet, weil er von den USA aus politischen Gründen strafrechtlich verfolgt wird, als zutreffend erwiesen.

Die Richterin brachte die ganze Bösartigkeit und Rachsucht der herrschenden Klasse zum Ausdruck, als sie die Argumente von Assanges Anwälten rundheraus zurückwies und nicht einmal versuchte, ihre Verachtung ihm gegenüber zu verbergen.

Ihr Urteil zeigt, dass sich Assanges Auslieferung in die USA nur durch eine umfassende Mobilisierung der einzigen gesellschaftlichen Kraft verhindern lassen wird, die demokratische Rechte erfolgreich verteidigen kann: der Arbeiterklasse.

Die beiden Anklagepunkte gegen Assange, die öffentlich bekannt gemacht wurden, sind eine Farce. Sie beruhen auf der Behauptung, aus einem nicht verifiziertes Chatlog ginge hervor, dass Assange und Manning das Passwort eines US-Militär-Computers knacken wollten. Tatsächlich gibt es keine Beweise dafür, dass das Passwort je benutzt wurde. Und selbst wenn es so gewesen wäre, ist alles, was Assange vorgeworfen wird, er habe Manning dabei helfen wollen, ihre Identität zu schützen. Für Journalisten, die mit Informanten zusammenarbeiten, ist dies jedoch eine geläufige Praxis.

Rechtsexperten haben zudem gewarnt, dass die Hackingvorwürfe nur darauf abzielen, Assanges Auslieferung zu erleichtern. Sie dienen dazu, ein Gesetz zu umgehen, das die Auslieferung von britischen Gefangenen an die USA wegen politischen Vergehen verbietet. Wenn die Kriegsverbrecher in Washington den WikiLeaks-Gründer in die Hände bekommen, wird ihm zweifellos eine Anklage wegen Spionage drohen, ein Kapitalverbrechen.

Ein Verfahren gegen Assange wäre vor diesem Hintergrund nichts anderes als ein Versuch, das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit abzuschaffen, das in der amerikanischen Verfassung festgeschrieben ist. Das Ziel dabei wäre, den massiven Widerstand in der Arbeiterklasse gegen Krieg, Ungleichheit und Autoritarismus einzuschüchtern.

Die Geschichte des Espionage Act verdeutlicht die Tragweite einer solchen Anklage. Der Espionage Act wurde benutzt, um den amerikanischen Sozialistenführer Eugene Debs wegen seines Widerstands gegen den Ersten Weltkrieg ins Gefängnis zu bringen. In den 1970ern versuchte die Nixon-Regierung erfolglos, mit diesem Gesetz die Veröffentlichung der Pentagon Papers zu verhindern, die das Ausmaß der Verbrechen der USA im Vietnamkrieg enthüllt hatten.

Das Schicksal von Chelsea Manning zeigt, welche Gefahren Assange drohen. Manning wurde vor mehr als acht Wochen von der Trump-Regierung eingesperrt und teilweise in Isolationshaft gehalten, weil sie sich geweigert hatte, eine Falschaussage gegen den WikiLeaks-Gründer zu machen. Falls Assange den USA ausgehändigt wird, ist es durchaus möglich, dass er in Guantanamo Bay oder einem anderen CIA-Foltergefängnis enden wird.

Alle offiziellen Institutionen der kapitalistischen Gesellschaft sind an Assanges Verfolgung beteiligt. Die Mainstreammedien reagierten mit unverhohlener Freude auf seine Verhaftung.

Journalisten der Mainstreammedien, die als Stenografen der Regierungen und ihrer Geheimdienste fungieren, haben erklärt, Assange sei „kein Journalist“. Sie sind die modernen Pendants der Schreiber der Pharaos oder der deutschen Propagandisten des Nazi-Regimes. Man sollte nicht vergessen, dass diese „Journalisten“ bei den Nürnberger Prozessen für ihre Rolle bei der Unterstützung von Kriegsverbrechen und für ihre beispiellosen Angriffe auf demokratische Rechte angeklagt wurden.

Alle Parteien des Establishments in Großbritannien, den USA und Australien haben sich an den Angriffen auf Assange beteiligt.

Die Demokraten waren führend, was die falschen Behauptungen angeht, Assange sei ein russischer Agent. WikiLeaks hatte wahre und relevante Informationen veröffentlicht, die enthüllen, dass das Nationalkomitee der Demokraten die Vorwahlen 2016 zu Gunsten von Hillary Clinton manipuliert hat. WikiLeaks hat außerdem Clintons geheime Reden vor Vertretern der Wall Street veröffentlicht, und sie damit als gekaufte und bezahlte Dienerin der Banken entlarvt.

In Großbritannien haben Jeremy Corbyn und die Labour Party nichts unternommen, um Assange zu verteidigen. In Australien haben sowohl die Labor- als auch die liberal-nationalen Regierungen die Kampagne gegen ihn unterstützt und sich geweigert, ihrer eindeutigen Verpflichtung nachzukommen, einen verfolgten australischen Staatsbürger und Journalisten zu verteidigen.

Eine ganze Reihe von Organisationen, von den Pseudolinken bis hin zu den Gewerkschaften, haben Assange im Stich gelassen. Nachdem sie sich anfangs als Verteidiger Assanges ausgaben, haben sie in den letzten acht Jahren jede Lüge und Verleumdung gegen den mutigen Journalisten unterstützt, darunter auch die betrügerischen Vorwürfe, er habe in Schweden Sexualstraftaten begangen. Sie ignorieren dabei, dass Assange in Schweden nie wegen eines Verbrechens angeklagt wurde und dass das Verfahren 2017 eingestellt wurde. Diese Organisationen haben bereits ihren Frieden mit den imperialistischen Kriegen und der Unterdrückung gemacht.

Allerdings gibt es noch eine andere Kraft, die zur Verteidigung Assanges mobilisiert werden kann und muss: die internationale Arbeiterklasse. Millionen von Arbeitern und Jugendlichen sehen in ihm zurecht einen Helden, weil er die Kriegsverbrechen der USA im Irak und Afghanistan, Washingtons globale Operationen, die Massenüberwachung durch die CIA und viele weitere Verbrechen enthüllt hat.

Die Arbeiterklasse wird weltweit in soziale und politische Massenkämpfe gehen. Sie muss sich überall den Kampf für die Freiheit von Julian Assange und Chelsea Manning auf die Fahnen schreiben.

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