Perspektive

Parteitag der Demokraten kürt Joe Biden zum Präsidentschaftskandidaten

Am Donnerstagabend ging in den USA der Parteitag der Demokraten mit der formellen Annahme Joe Bidens als Präsidentschaftskandidat für die Wahlen im November zu Ende. Die zweistündige Abschlussveranstaltung triefte nur so von Klischees, geistloser Rhetorik und verabscheuungswürdiger Unaufrichtigkeit.

Der Parteitag erinnerte mehr an eine religiöse Zeremonie als an eine politische Veranstaltung. Unaufhörlich wurde Bidens moralische Überlegenheit gegenüber Trump betont, flankiert von rührseligen Aussagen über die tiefe Besorgnis des ehemaligen Vizepräsidenten um Kinder, Unterdrückte und so ziemlich jeden, der ihm jemals über den Weg gelaufen ist. Ein ehemaliger Beamter des Weißen Haus betone Bidens „empathische Fähigkeiten“, was an eine treffende Bemerkung der Marx Brothers erinnert: „Worauf es im Leben ankommt, das ist Aufrichtigkeit und Fairness. Wenn du das vortäuschen kannst, hast du es geschafft.“

In seiner abschließenden Dankesrede zeigte Biden seine tiefe Verachtung gegenüber der Intelligenz der Bevölkerung. Seine Redenschreiber schienen alles daran gesetzt zu haben, jede noch so abgedroschene Phrase in der grade einmal 20-minütigen Rede unterzubringen.

Biden leierte eine schier endlose Liste von Versprechungen herunter, angefangen beim Klimawandel, über Rassismus bis hin zu Studiendarlehen. Doch die Demokraten haben nicht die geringste Absicht, irgendwas davon tatsächlich zu erfüllen. Nur zwei seiner Aussagen hatten eine tatsächliche Bedeutung.

Zum einen beruhigte Biden die Milliardäre und Aktionäre an der Wall Street: „Ich habe nicht vor, jemanden zu bestrafen.“ Damit überbrachte er der Finanzaristokratie die Botschaft, dass er als Präsidentschaftskandidat während des Wahlkampfs zwar zu demoagogischen Angriffen gezwungen sei, diese aber keine dauerhaften Folgen haben würden. Für die Superreichen „wird sich nichts ändern“, sagte Biden letztes Jahr bei einer Spendenaktion an der Wall Street. Dieses Versprechen werde er halten, so der ehemalige Vizepräsident damals.

Zum anderen warf er Präsident Trump vor, Russland gegenüber nicht entschlossen genug aufzutreten und drohte, Wladimir Putin zur Rechenschaft zu ziehen. Als Grund nannte er angebliche Kopfgelder, die der russische Präsident an Taliban-Kämpfer gezahlt haben soll, um US-amerikanische Truppen in Afghanistan anzugreifen. Dies ist allerdings nur die neueste von vielen Lügengeschichten der New York Times in ihrer vierjährigen Kampagne, um einen Krieg der USA gegen Russland zu provozieren.

Der Abschluss des Parteitags am Donnerstag war bestimmt von der Verkündung, dass 73 ehemalige nationale Sicherheitsberater republikanischer Regierungen die Kandidatur Bidens unterstützen. In einem offenen Brief an das Wall Street Journal wollen sie zudem Präsident Trump öffentlich anprangern. Die Gruppe umfasst eine Reihe von Militaristen und Agenten des Polizeistaates, die für den Tod von Millionen Menschen in Lateinamerika, Afrika, dem Nahen Osten und Zentralasien verantwortlich sind.

Zu den prominentesten Unterstützern Bidens, die zahlreiche Kriegsverbrechen begangen haben, dafür aber nie belangt wurden, zählen:

  • John Negroponte, dessen blutige Bilanz beim Kontra-Krieg gegen Nicaragua anfängt und sich bis hin zum Krieg gegen den Irak in den 2000er Jahren zieht;
  • Colin Powell, Vorsitzender des Vereinigten Generalstabs während des Golfkriegs 1991 sowie Außenminister während des Irak-Kriegs 2003, bei dem er eine zentrale Rolle dabei spielte, das Lügenkonstrukt zur Rechtfertigung des Kriegs zu erschaffen;
  • Michael Hayden, ehemaliger Direktor der Nationalen Sicherheitsbehörde und späterer CIA-Direktor, der die Folterprogramme der CIA sowie inländische Spionagetätigkeit beaufsichtigte;
  • Robert Blackwill, stellvertretender Direktor des Nationalen Sicherheitsrates von 2003-2004, zuständig für die Kriegspolitik gegen den Irak;
  • Michael Leiter, Direktor der Nationalen Antiterror-Zentrale der USA unter George W. Bush; sowie
  • William Webster, Leiter des FBI unter Präsident Reagan sowie der CIA unter George H. W. Bush in den 90ern.

Die Unterstützung dieser ehemaligen militärischen und geheimdienstlichen Führungsfiguren verdeutlicht den wahren Charakter des Konflikts zwischen den Demokraten und Republikanern: beide sind Instrumente der herrschenden Klasse der USA.

Es sind nicht die Steuersenkungen für Milliardäre oder die Angriffe auf demokratische Rechte und Flüchtlinge, weshalb die Demokraten gegen Trump agitieren, sondern außenpolitische Differenzen über das Vorgehen im Nahen und Mittleren Osten und besonders gegen Russland. Eine Regierung unter Joe Biden würde umgehend eine noch provokantere und aggressivere Anti-Russland-Politik betreiben.

Immer wieder unterstrich Biden diese Haltung während des Parteitags und ließ in seiner Dankesrede Militärveteranen und Mitglieder der republikanischen Partei per Video zu Wort kommen. Die demokratische Senatorin Tammy Duckworth rasselte am lautesten mit den Säbeln und bezeichnete Trump wegen seiner angeblichen Kapitulation vor Putin als „Feigling an der Spitze“.

Was die US-amerikanische Innenpolitik betrifft, erklärte Bidens engster Mitarbeiter im Senat Ted Kaufman am Mittwoch gegenüber dem Wall Street Journal, dass das steigende Haushaltsdefizit auf Bundesebene ehrgeizige Ausgabenprogramme unmöglich machen würde. Kaufman, der auch das Team leitet, das eine zukünftige Biden-Regierung vorbereitet, sagte weiter: „Wenn wir [ins Weiße Haus] reinkommen, werden wir erst mal eine leere Speisekammer vorfinden.“ Er ergänzte: „Wenn man sieht, wie Trump das Haushaltsdefizit noch vergrößert hat… vergessen Sie die Corona-Pandemie. Es sind Defizite, die er mit seinen unglaublichen Steuersenkungen eingefahren hat. Wir werden nur eingeschränkt handlungsfähig sein.“

Doch für besagtes Haushaltsdefizit ist nicht allein Trump verantwortlich, da sowohl die Demokraten als auch die Republikaner im März nahezu einstimmig für die mehrere Billionen Dollar schwere Rettungsaktion der Wall Street gestimmt hatten. Die Corona-Pandemie wurde von der herrschen Klasse dazu genutzt, die Staatskasse zu plündern, und hat eine soziale und wirtschaftliche Katastrophe für die amerikanische Bevölkerung hervorgerufen, für die die Arbeiterklasse nun bezahlen muss.

Während Bernie Sanders behauptet, Biden könnte der fortschrittlichste Präsident seit Franklin D. Roosevelt werden, verdeutlichte der Auftritt des Milliardärs Michael Bloomberg auf dem Parteitag, welche politische Orientierung eine zukünftige Regierung unter Biden tatsächlich einschlagen würde. Bloomberg verhöhnte Trump und bezeichnete ihn als armseligen Geschäftsmann und inkompetenten Manager. Es werden Milliardäre und der militärische Geheimdienstapparat sein, die den Ton im Weißen Haus angeben, sollten die Demokraten die Wahl gewinnen – nicht politische Scharlatane wie Sanders.

Die kommende Woche wird die ultra-rechten Wahnvorstellungen der Republikaner und der Trump-Regierung zu Tage fördern. Die Demokraten werden sich als Freunde der Arbeiterklasse präsentieren, während sie den Wünschen der Finanzoligarchie nachkommt. Die Trump-Regierung wir den Aufbau einer faschistischen Bewegung vorantreiben. Beide Parteien sind der Arbeiterklasse feindlich gesinnt und es ist nun die Aufgabe der Arbeiter, eine unabhängige revolutionäre Alternative zur Politik der Republikaner und Demokraten zu entwickeln und aufzubauen.

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