Educators Rank-and-File Safety Committee:

US-weite Beteiligung von Lehrkräften an Online-Meeting

Mehr als 150 Lehrer, Schulbeschäftigte und andere Arbeiter aus den Vereinigten Staaten und weltweit nahmen am Samstag, dem 22. August, an dem Online-Meeting des amerikanischen Lehrer-Aktionskomitees teil. Das Educators Rank-and-File Safety Committee wurde Anfang dieses Monats gebildet, um den Widerstand gegen die lebensgefährliche Wiedereröffnung von Schulen zu organisieren.

Pädagogen aus Florida, Arizona, Oklahoma, Colorado, New York, Kalifornien, Michigan, Texas, Hawaii und anderen Bundesstaaten sowie aus Australien, Brasilien und dem Vereinigten Königreich nahmen daran teil.

Das Treffen begann mit mehreren Berichten, in denen die derzeitige Situation der Pädagogen im Einzelnen beschrieben wurde. Auch wurden darin die antiwissenschaftlichen Lügen entlarvt, mit denen die unsichere Öffnung der Schulen gerechtfertigt wird. Pädagogen, Eltern und Schüler wurden aufgefordert, in ihren eigenen Regionen und Bundesstaaten Ausschüsse zu bilden. Ein Video der vollständigen Berichte kann hier angesehen werden:

Beiträge des Educators Rank-and-File Safety Committee zum Online-Meeting vom 22. August 2020 (Englisch)

Evan Blake, ein ehemaliger Lehrer in Oakland (Kalifornien) und Mitglied der Socialist Equality Party, sagte in seinem Beitrag, dass die Öffnung der Schulen bereits zu fast 3.000 gemeldeten Infektionen in Florida, Georgia und anderen Bundesstaaten geführt habe. Er erwähnte die zunehmenden Bemühungen der Bundesstaaten und Schulbezirke, absichtlich Informationen über neue Ausbrüche zu verschleiern.

Die Trump-Administration hat Pädagogen als "Mitarbeiter kritischer Infrastruktur" bezeichnet, um den Einsatz staatlicher Gewalt gegen widerständige Lehrer vorzubereiten, und die Demokraten in New York, Kalifornien und anderen Bundesstaaten verbreiten zusammen mit den Lehrergewerkschaften leeren Phrasen über eine sichere Öffnung von Schulen. Wie Blake erklärte, besteht das Ziel beider Parteien, der Demokraten wie der Republikaner, darin, Kinder in die Schulen zu schicken, damit die Eltern wieder arbeiten können. Die Unternehmen sollen wieder Gewinne erwirtschaften, damit der Schuldenberg, der durch die Rettungsaktion an der Wall Street entstanden ist, abgetragen werden kann.

Blake erinnerte an Hunderte von Protesten, kollektiven Krankfeier-Aktionen und anderen Formen des Widerstands von Pädagogen im ganzen Land. Er sagte: "Vor einer Woche haben wir die Gründung des Sicherheitskomitees für Pädagogen bekanntgegeben: Wir wollen damit die den Pädagogen auferlegte Isolation durchbrechen und uns über die Bezirks- und Staatsgrenzen hinweg zusammenschließen. Wir kämpfen dafür, uns mit Autoarbeitern, Amazon- und Logistikarbeitern, Krankenschwestern und der gesamten Arbeiterklasse zusammenzuschließen, um uns auf einen landesweiten Generalstreik vorzubereiten, mit dem die Öffnung von Schulen gestoppt, die Ausbreitung der Pandemie verhindert und Leben gerettet werden sollen.“

Benjamin Mateus, ein Arzt, der für die World Socialist Web Site ausführlich über die medizinischen Fragen der Pandemie geschrieben hat, widerlegte die Lügen, dass Kinder, die in die Schule zurückkehren, nicht ernsthaft erkranken oder das Virus verbreiten würden.

Er präsentierte eine Reihe von Dias über den Anstieg von Infektionen und Krankenhausaufenthalten von Kindern, und Beweise dafür, dass sie ein wichtiger Faktor für die Ausbreitung in der Gesellschaft sind. Er erläuterte, dass die Ausbreitung des Virus über Aerosole laut den neusten Erkenntnissen die schlecht belüfteten Schulen besonders gefährlich macht.

Da die Zahl der Tests in den USA zurückgegangen und etwa zehnmal niedriger als nötig ist, sagte Mateus, sei es "völlig fahrlässig", die Schulen zu öffnen. Mateus zitierte die Forderung des Educators Rank-and-File Savety Committee: „Die Schulen müssen geschlossen bleiben, bis die Gefahr für die öffentliche Gesundheit vorüber ist, und Sicherheitskomitees, in Zusammenarbeit mit seriösen Wissenschaftlern und Experten für öffentliche Gesundheit, die Sicherheit von Kindern, Lehrern und Schulangestellten gewährleisten können."

Renae Cassimeda, eine Lehrerin aus Südkalifornien und Mitglied des Aktionskomitees, berichtete, dass die Eltern Verzichtserklärungen unterschreiben müssen, die die Schulen für den Fall, dass ihr Kind an dem Virus erkrankt und stirbt, von der Haftung befreit. Die Pädagogen wurden auch aufgefordert, ihr Testament zu machen.

Gleichzeitig sagte sie, dass die amerikanische herrschende Klasse die durch die Pandemie ausgelöste Wirtschaftskrise nutze, um "die Plünderung des öffentlichen Bildungswesens auszuweiten und die Privatisierung zu beschleunigen". Das beginne bei der Auslagerung des virtuellen Lernens an private Auftragnehmer und reiche bis zu Gutscheinen für Privatschulen. "Die staatlichen Schulen in den USA sehen sich im kommenden Jahr mit einer kumulativen Verschuldung von mehr als 300 Milliarden Dollar konfrontiert", stellte sie fest. Sie forderte, dass das Educators Rank-and-File Safety Committee die Lehrer vereinen müsse, um sich dem Sparkurs zu widersetzen. Die für die Rettung der Wall Street in Höhe von mehreren Billionen Dollar eingesetzten Mittel müssten umgelenkt werden, um Online-Lernen auf dem neuesten Stand der Technik zu garantieren und das öffentliche Bildungswesen erheblich zu verbessern.

Genevieve Leigh, die nationale Sekretärin der International Youth and Students for Social Equality (IYSSE), prangerte die Demokraten und Republikaner an, weil sie Besorgnis über das akademische und emotionale Wohlergehen der Kinder heuchelten. In Wirklichkeit hätten "beide von der Wirtschaft kontrollierten Parteien Jahrzehnte damit verbracht, die Finanzierung zu kürzen, Schulen zu schließen und soziale Dienste zu beschneiden. Heute haben dieselben Politiker und Gewerkschaftsbürokraten die Dreistigkeit, die Schüler als Schachfiguren gegen die Lehrer zu nutzen. Sie gehen so weit zu sagen, dass die Lehrer den Schülern schaden, indem sie sich weigern, in unsichere Klassenzimmer zurückzukehren.“

Leigh fuhr fort: "Die SEP und die IYSSE sind fest entschlossen, alle Anstrengungen zu unternehmen, um Schüler und Lehrer zu vereinen. Wir fordern die Schülerinnen und Schüler dringend auf, sich auf die Seite der Gesundheit, der Wissenschaft und des Fortschritts zu stellen."

Peter, ein Lehrer in Massachusetts, berichtete, dass 70 Prozent der Schulbezirke planten, den Unterricht mit einem gemischten Modell wiederaufzunehmen, "obwohl dies tatsächlich die sozialen Kontakte der Kinder erweitert und damit die Wahrscheinlichkeit einer Ausbreitung der Ansteckung erhöht".

Er wies auf die verräterische Rolle der Gewerkschaften und sagte, die Massachusetts Teachers Association habe "höchstens leere Phrasen gedroschen“ und ein „schrittweises Vorgehen“ gefordert, bei dem sich die Lehrer sofort bei den Schulen melden müssten, und das die umfassende Wiedereröffnung nur um wenige Wochen verzögere. Diese Zeit "nutzen die Verwaltungen und Politiker, um ihre Hygiene-Show abzuziehen, welche die Bedenken in der Öffentlichkeit beschwichtigen soll". Aber die Lehrer "erkennen die existenzielle Bedrohung ihres Lebens", sagte er. Jetzt müssten alle, die dem Aktionskomitee beitreten, den Pädagogen zeigen, wie sie sich unabhängig von den Gewerkschaften und Politikern der Großindustrie organisieren können.

Laura, eine Vorschullehrerin aus Arizona, sagte: "Ich unterstütze einen landesweiten Streik zu 100 Prozent, weil die Schulen nicht sicher sind." Lehrern im Vorstadtbezirk Phoenix JO Combs sei es gelungen, Schulen durch Krankmeldungen zu schließen, sagte sie. "In meinem Bezirk wurden die Kindergartenkinder und Erstklässler ohne Maske in die Schule gebracht", fuhr sie fort. Die Schulbehörden hätten behauptet, Mund-und-Nasenschutz für die Lehrer bestellt zu haben, „aber wir haben keine bekommen. Ich bin über 60 Jahre alt und gehöre mit Asthma und Diabetes zu einer Hochrisikogruppe. Wir müssen jetzt Stellung beziehen", fuhr sie fort.

Ein Lehrer aus Jacksonville (Florida) sagte, dass Pädagogen aus dem Bezirk Duval seit Juni eine Facebook-Gruppe namens "Duval für eine sichere Rückkehr" organisiert hätten. Er kommentierte: "Staatliche Schulen werden erpresst, und unsere Finanzierung wird bedroht, wenn wir nicht Frontalunterricht machen. Richard Corcoran, unser Bildungsminister, hat die Medien belogen und behauptet, es gäbe soziale Distanzierung und genügend Masken etc. Meine größte Klasse hat 60 Schüler, und meine Kollegen haben 'kleine Klassen' von 40 Schülern. Der Bezirk hat kleine Raumteiler aus Pappe gekauft, die etwa einen halben Meter hoch sind und auf die Schreibtische der Schüler montiert werden. Man kann nicht durch sie hindurchsehen, so dass die Schüler ihre Köpfe recken müssen, um die Tafel zu sehen.

Die Leute sind erschrocken, haben aber begonnen, sich zu organisieren. DTU [Duval Teachers United] ist unsere Gewerkschaft, aber sie ist mit den Bezirksbeamten auf einer Linie." Mindestens 80 Lehrer, berichtete er, hätten sich am ersten Schultag, dem 20. August, kollektiv krank gemeldet. Im Laufe des Sommers hätten hunderte gekündigt, als die Wiedereröffnung näher rückte. "Sogar die Schulleiter fühlen sich betrogen und unterstützen die Proteste", fügte er hinzu.

Eine andere Lehrerin aus Jacksonville sagte: "Unsere Ansteckungsrate ist heute Nachmittag auf magische Weise von 11 Prozent auf 4 Prozent gesunken. Offenbar fummelt jemand an den Zahlen herum. Seit einem Monat höre ich von Büromitarbeitern, die das Virus bekommen haben, aber es wird nicht darüber berichtet. Ich verstehe nicht, wie sie das absichtlich tun können", sagte sie und fügte hinzu, dass sie gemeinsam mit anderen Lehrern in ihrem Bezirk gegen das Virus kämpfen werde.

Alan, ein Geschichtslehrer aus einem ländlichen Bezirk in Oklahoma, sagte: "Unser Staat ist geöffnet, und es gibt nur eine Handvoll Schüler mit Maske. Die OEA [Oklahoma Education Association] hat während des Streiks im Jahr 2018 nichts unternommen. Die Macht, das große Geld und das Öl regieren den Staat. Wir sind ein Top-Staat, wenn es um Armut geht, es ist immer noch wie zu Zeiten [des Films] ‚Die Früchte des Zorns‘. Hier herrscht Kampfgeist, das habt ihr alle beim Streik 2018 gesehen.

In unserer Schule tut die Verwaltung so, als hätte sich nichts geändert. Wir haben zwei Rollen Papierhandtücher und eine Flasche Desinfektionsmittel bekommen, das heißt Alkohol und Wasser namens 'Okie-Safe', für das jemand einen Vertrag bekommen hat. Die Vorräte, die wir für diese weltweite Pandemie, die Milliarden von Menschen bedroht, erhalten haben, sind die gleichen, die ich vor der Pandemie bekommen hatte.

Man sagt uns, wir sollen im Unterricht nicht darüber sprechen: ‚Ziehen Sie keine historischen Parallelen. Machen Sie einfach weiter und unterrichten Sie den staatlich vorgeschriebenen Stoff.‘ Die Menschen in diesem Staat wissen von Natur aus, dass es falsch ist, und wollen wissen, was zu tun sei. Was wir hier brauchen, ist eine Menge Unterstützung und Ideen, wie wir uns organisieren können.“

Ein Pädagoge aus New York City sagte: "Viele meiner Vorredner kommen aus politisch konservativen Staaten. Ich stamme aus einer Stadt mit einem angeblich progressiven Bürgermeister, Bill de Blasio. In Gegenden, in denen Demokraten an der Macht sind, stellen wir fest, dass sie gegenüber der Kapitalistenklasse nicht weniger unterwürfig sind.“

Der größte Schulbezirk des Landes biete den Eltern ein Online- oder ein gemischtes Modell an, sagte er, obwohl Bezirksbeamte es den Eltern sehr schwer machten, sich auf der Plattform zurechtzufinden, um eine Wahl zu treffen. Darüber hinaus stellte er fest, dass in seiner Schule, die sehr groß ist, nur fünf Reinigungskräfte für die "Tiefenreinigung" zur Verfügung stünden, und der Hausmeisterfonds um 20 Prozent gekürzt worden sei. „Wenn sich früher, unter normalen Bedingungen, eine Reinigungskraft krank meldete", sagte er, dann musste eine andere Reinigungskraft einspringen und Überstunden machen. Doch: "Mit den Haushaltskürzungen gibt es kein Geld mehr für Überstunden."

Er fuhr fort: "Das DOE [Bildungsministerium] weiß, dass es erheblichen Widerstand gibt, und sie betreiben Zensur, um sicherzustellen, dass die Wahrheit nicht ans Licht kommt. Sie haben ein Szenario geschaffen, in dem Eltern gezwungen sind, ihre Kinder mit einem ganzen Bündel von Desinformationen zur Schule zu schicken." Aus diesem Grund müsse das Sicherheitskomitee die Wahrheit bekannt machen und Widerstand organisieren, sagte er.

Ein Erzieher aus Detroit sagte, selbst wenn die Lehrer für ein paar Wochen das Online-Lernen in den Griff bekämen, wären Schulbeschäftigte, wie Hausmeister und professionellen Hilfskräfte, immer noch gezwungen, mit den Schülern in die unsicheren Gebäude zu gehen. "Unser Leben darf nicht Gegenstand eines grausamen Experiments oder eines Witzes sein. Die Regierung spielt mit unserem Leben und unserer Existenz als Hilfspersonal. Sie wollen sehen, wie weit sie die Sache treiben können, damit die herrschende Elite wieder zur Tagesordnung übergehen kann. Das Aktionskomitee ist notwendig, um Leben zu retten, und wir müssen breitere Teile der Arbeiterklasse vereinen, um die Öffnung der Schulen zu stoppen."

Mark, ein Autoarbeiter, der das Aktionskomitee der Ford-Arbeiter aus Dearborn leitet, wies darauf hin, dass die Autoindustrie Mitte März erst stillgelegt wurde, nachdem die Arbeiter eine Reihe spontaner Streiks durchgeführt hatten. Die von der korrupten Gewerkschaft United Auto Workers begrüßten halbherzigen Maßnahmen zur Wiedereröffnung der Autowerke im Mai seien fast alle wieder fallengelassen worden, sagte er, und Management und Gewerkschaft rieten den Beschäftigten, am Arbeitsplatz zu bleiben, selbst wenn sie mit einer infizierten Person in Kontakt kämen. "Wir müssen uns in verschiedenen Branchen, Staaten und Ländern zusammenschließen, denn außer uns kümmert sich niemand um unsere Interessen. Gemeinsam sind wir die überwiegende Mehrheit und können es schaffen.“

Die Wiedereröffnung von Schulen ist eine internationale Politik. Sue Phillips, Lehrerin in Melbourne (Australien) und Mitglied der Socialist Equality Party in Australien, überbrachte Grüße des Komitees für öffentliche Bildung (CFPE), das den Kampf gegen unsichere Schulbedingungen und Sparmaßnahmen in ihrem Land anführt. Sie sagte, das CFPE bestehe darauf, "dass Gesundheit und Sicherheit von Lehrern und Schülern nicht von Regierungen, Arbeitgebern oder Gewerkschaften abhängig sein darf", und es werde alles tun, um australische und amerikanische Pädagogen in einem gemeinsamen Kampf zu vereinen.

Ein Pädagoge aus Brasilien beschrieb die Katastrophe in dem Land, das die zweithöchste Todesrate der Welt aufweist: "Achtzig Prozent der Menschen sind gegen die Öffnung der Schulen, und in São Paulo diskutieren Lehrer und anderes Personal schon über einen Streik im September. Wir müssen alle Teile der Arbeiterklasse vereinen, um den Missstand zu stoppen.“

Nancy Hanover, Herausgeberin des WSWS-Newsletters für Pädagogen, fasste die Arbeit zusammen, die in den kommenden Tagen geleistet werden muss: "Wenn die Lehrerinnen und Lehrer in Florida, Arizona und Massachusetts aufstehen, dann wird das die Pädagogen in den USA und auf der ganzen Welt mobilisieren, so wie es beim Lehrerstreik 2018 war. Entscheidet euch, dem Aktionskomitee beizutreten. Organisiert Diskussionen mit Lehrern an eurer Schule und setzt euch für den Aufbau dieser Komitees ein.“

Das Educators Rank-and-File Safety Committee fordert alle, die mit diesem Kampf einverstanden sind, dringend auf, sich noch heute mit uns in Verbindung zu setzen, unserer Facebook-Gruppe beizutreten und an unserem nächsten Online-Call-in-Meeting am Samstag, den 29. August, teilzunehmen. Auch in Deutschland lädt die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) und die IYSSE zur Online-Veranstaltung zum Thema „Stoppt die Schulöffnungen!“ am Sonntag, den 30. August, um 15:00 Uhr ein. Meldet Euch noch heute an und teilt die Veranstaltung auf breiter Basis mit Euren Kollegen, Mitschülern und Freunden!

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