Ein brisanter Bericht, der am Sonntag von BuzzFeed News veröffentlicht wurde, dokumentiert, wie mehrere große US-amerikanische und internationale Banken Billionen Dollar an schmutzigem Geld von Terrororganisationen, Drogenkartellen und verschiedenen kriminellen internationalen Finanzhaien gewaschen und wieder in Umlauf gebracht haben.
Der Bericht klagt nicht nur Banken an. Auch die westlichen Regierungen und Aufsichtsbehörden waren sich der illegalen, aber höchst lukrativen Aktivitäten der Banken voll und ganz bewusst und haben diese stillschweigend geduldet.
BuzzFeed schreibt, die Untersuchung zeige „eine grundlegende Wahrheit der Neuzeit: Die Netzwerke, in denen sich das schmutzige Geld durch die Welt bewegt, sind zu lebenswichtigen Adern der globalen Wirtschaft geworden. Sie ermöglichen ein Schattenfinanzsystem, das so weitreichend und unkontrolliert ist, dass es untrennbar mit der so genannten legitimen Wirtschaft verbunden ist. Banken mit bekannten Namen haben dazu beigetragen, dass dies so ist.“
Und weiter heißt es in dem Bericht: „Gewinne aus mörderischen Drogenkriegen, veruntreute Vermögen aus Entwicklungsländern und hart verdiente Ersparnisse, die mit dem Ponzi-System gestohlen wurden, durften trotz der Warnungen der eigenen Bankmitarbeiter in diese Finanzinstitute hinein- und wieder herausfließen.“
„Geldwäsche ist ein Verbrechen, das andere Verbrechen möglich macht. Sie kann die wirtschaftliche Ungleichheit verstärken, öffentliche Kassen belasten, die Demokratie untergraben und Nationen destabilisieren – und die Banken spielen dabei eine Schlüsselrolle. ,Einige dieser Menschen in frischen weißen Hemden und eleganten Anzügen zehren von der Tragödie der Menschen, die überall auf der Welt sterben‘, erklärte Martin Woods, ein ehemaliger Prüfer verdächtiger Transaktionen bei Wachovia.“
Der Report besagt weiter, dass „Banken wie JPMorgan Chase, HSBC, Standard Chartered, Deutsche Bank und Bank of New York Mellon, selbst nachdem sie wegen finanziellen Fehlverhaltens strafrechtlich verfolgt oder mit Bußgeld belegt wurden, weiterhin Geld für mutmaßliche Kriminelle verschoben haben“.
Der umfangreiche Bericht basiert auf mehr als 21.000 „Verdachtsmeldungen“ (suspicious activity reports, SARs), die zwischen 1999 und 2017 von einigen der größten Banken der Welt beim Financial Crimes Enforcement Network (FinCEN) des US-Finanzministeriums eingereicht wurden. FinCEN stellt seine Datenbank über Verdachtsmeldungen mehr als 450 Strafverfolgungs- und Aufsichtsbehörden in den Vereinigten Staaten zur Verfügung.
BuzzFeeds „FinCEN-Files“ wurden vor mehr als einem Jahr an das Medienunternehmen geleakt. Seitdem hat es die Files untersucht in Zusammenarbeit mit dem International Consortium of Investigative Journalists, das den Bericht mitverfasst hat.
BuzzFeed News hebt hervor, dass es die Verdachtsmeldungen auch an mehr als 100 andere Nachrichtenorganisationen in 88 Ländern weitergegeben hat. Der Bericht mit dem Titel „Schmutziges Geld fließt in die mächtigsten Banken der Welt“ enthält nur eine kleine und überarbeitete Auswahl aus der großen Menge verdächtiger Aktivitätsberichte, die dem Medienunternehmen zur Verfügung standen.
Die US-Regierung verfolgt in Bezug auf die Verdachtsmeldungen eine Politik der totalen Geheimhaltung und weigert sich, sie freizugeben, selbst bei Anfragen nach dem Freedom of Information Act. (Dieses Gesetz gibt jedem das Recht, Zugang zu Dokumenten staatlicher Behörden zu verlangen). Anfang des Jahres erklärte das Finanzministerium in einer Stellungnahme, dass die unbefugte Offenlegung von Verdachtsmeldungen ein Verbrechen sei. In einem offensichtlichen Versuch der Einschüchterung und der Drohung mit strafrechtlicher Verfolgung heißt es in der Stellungnahme, dass die Angelegenheit an das Justizministerium und das Büro des Generalinspekteurs des Finanzministeriums verwiesen werde.
Die erste Reaktion der amerikanischen Leitmedien bestand darin, die Enthüllungen von BuzzFeed zu übergehen oder auf den hinteren Seite zu begraben. In der gedruckten Ausgabe der New York Times von Montag erschien eine Meldung dazu auf Seite acht des Wirtschaftsteils. In den Printausgaben der Washington Post und des Wall Street Journal wurde der Bericht nicht erwähnt.
Der Report stützt sich auf mehr als 22.000 Seiten an Dokumenten zu über 10.000 Themen, die mehr als 170 Länder und Gebiete betreffen. Fast 90 Banken und andere Finanzinstitute gehören zu den Institutionen, die die Verdachtsmeldungen eingereicht haben.
JPMorgan Chase, die größte US-Bank, verzeichnete die höchste Summe der in den FinCEN-Files aufgeführten Transaktionen: 514 Milliarden Dollar, basierend auf 107 Verdachtsmeldungen. (Ihr CEO Jamie Dimon war eine Zeitlang als „Obamas Lieblingsbankier“ bekannt.)
Auf die Deutsche Bank entfällt die höchste Zahl an Verdachtsmeldungen, nämlich 982 mit einem Gesamtwert von 1,3 Billionen US-Dollar.
Die anderen Banken auf der Top-10-Liste sind die Bank of New York Mellon, die in Großbritannien ansässige Standard Chartered, Barclays, HSBC, Bank of China, Bank of America, Wells Fargo und Citibank.
Ein Bericht, der von JPMorgan im August 2014 eingereicht wurde, listet über 355 Milliarden Dollar an verdächtigen Aktivitäten auf, die mehr als 100.000 Fernüberweisungen betreffen. Sie wurden im Laufe eines Jahrzehnts von MKS, einem in der Schweiz ansässigen Unternehmen, das mit Edelmetallen handelt, „gesendet, empfangen oder überwiesen“.
Mindestens 25 der in den Verdachtsmeldungen als Zielperson Genannten standen in den Jahren 2018, 2019 oder 2020 auf der Forbes-Liste der Milliardäre.
Zu den im BuzzFeed-Bericht vorgestellten Ergebnissen gehören:
● Standard Chartered verschob Geld im Namen von Al Zarooni Exchange, einem in Dubai ansässigen Unternehmen, das später beschuldigt wurde, Bargeld für die Taliban gewaschen zu haben.
● Die HSBC-Niederlassung in Hongkong erlaubte WCM777, einem Ponzi-System, mehr als 15 Millionen Dollar zu verschieben, obwohl das Unternehmen in drei Bundesstaaten nicht tätig sein durfte. Die Behörden erklären, dass das System Investoren, hauptsächlich lateinamerikanischen und asiatischen Einwanderern, etwa 80 Millionen Dollar gestohlen hat. Der Firmeneigentümer nutzte die Mittel, um zwei Golfplätze, ein Herrenhaus, einen 39,8-karätigen Diamanten und Schürfrechte in Sierra Leone zu kaufen.
● Bank of America, Citibank, JPMorgan Chase, American Express und andere Finanzunternehmen wickelten für Wiktor Chrapunow, den ehemaligen Bürgermeister der bevölkerungsreichsten Stadt Kasachstans, Transaktionen in Millionenhöhe ab, selbst nachdem Interpol einen Haftbefehl gegen ihn erlassen hatte. Chrapunow floh in die Schweiz und wurde später in Abwesenheit verurteilt, unter anderem wegen Bestechlichkeit und Betrugs an der Stadt.
Ein gesonderter Beitrag von NBC News enthält Beweise dafür, dass JPMorgan, die Bank of New York Mellon und andere Banken dabei geholfen haben, mehr als 150 Millionen Dollar für Unternehmen zu verschieben, die mit dem nordkoreanischen Regime verbunden sind.
Mit anderen Worten: Die größten US-amerikanischen und internationalen Banken haben riesige Millionen-Gewinne gemacht, indem sie das Geld von Terrororganisationen wie den Taliban und von Regierungen so genannter „Schurkenstaaten“ wie Nordkorea gewaschen haben. Das geschah mit dem Wissen und der stillschweigenden Billigung der Regierungen der USA und anderer Großmächte selbst dann, als dieselben Regierungen Krieg gegen diese terroristischen Organisationen und Regime in Übersee führten oder damit drohten.
Der BuzzFeed-Bericht beschreibt die zynische Logik hinter der Formalie, mit der Banken Verdachtsmeldungen einreichen, die von den Mitarbeitern des FinCEN größtenteils nicht einmal gelesen werden. In den letzten zehn Jahren hat die Zahl der Verdachtsmeldungen von Großbanken stark zugenommen, was auf eine Zunahme von Geldwäsche und anderer illegaler Aktivitäten im Namen krimineller Kunden hinweist. Im gleichen Zeitraum ist das Personal des FinCEN um zehn Prozent geschrumpft.
Banken sind gesetzlich verpflichtet, eine Verdachtsmeldung beim FinCEN einzureichen, wenn sie den Verdacht haben, dass eine Transaktion mit illegalen Aktivitäten in Zusammenhang stehen könnte. Große Banken reichen jedes Jahr Zehntausende solcher Berichte ein. Im Jahr 2017 reichten 19 Großbanken insgesamt 640.000 Verdachtsmeldungen ein. Dies geht aus einer Studie der Lobbygruppe Bank Policy Institute hervor.
Aber wie es im BuzzFeed-Bericht heißt: „Solange eine Bank eine Anzeige einreicht, dass sie möglicherweise kriminelle Aktivitäten erleichtert, schützt sie sich und ihre Führungskräfte praktisch vollständig vor Strafverfolgung. Durch die Warnung vor verdächtigen Aktivitäten erhalten sie einen Freifahrtschein, mit dem sie das Geld weiter verschieben und die Gebühren einziehen können.“
In ihrem Artikel über den Bericht zu den FinCEN-Files stellt die New York Times fest, dass JPMorgan im Namen eines verurteilten Geldwäschers Geld an Banken in der Schweiz, im Libanon und in Nigeria überwiesen hat. Gleichzeitig hat sie die Transaktionen den britischen und amerikanischen Behörden gemeldet und weiterhin Geschäfte mit dem Kunden getätigt. Die nigerianische Regierung verklagt die Bank nun vor einem britischen Gericht.
Diese Komplizenschaft zwischen kriminellen Bankiers und kapitalistischen Regierungsbehörden ist die Fortsetzung einer langjährigen Politik. Im Jahr 2012 weigerte sich die Obama-Regierung, Großbritanniens größte Bank, die HSBC, strafrechtlich zu verfolgen, nachdem sie zugegeben hatte, Milliarden Dollar für mexikanische und kolumbianische Drogenkartelle gewaschen zu haben. Zu den wichtigsten Kunden der Bank gehörte das Sinaloa-Kartell in Mexiko, das dafür bekannt ist, seine Opfer zu zerstückeln und ihre Körperteile öffentlich zur Schau zu stellen.
Das steht im Einklang mit der Politik der US-Regierung, die Spitzenbanker vor jeglicher Verantwortung für illegale Aktivitäten zu schützen. Dazu gehören auch die Aktivitäten, die 2008 zum Zusammenbruch des Finanzsystems führten und die tiefste Wirtschaftskrise seit der Großen Depression einleiteten. Bis heute ist kein einziger leitender Angestellter einer Großbank wegen betrügerischer Aktivitäten, die zur Zerstörung von Millionen von Arbeitsplätzen und zur Dezimierung des Lebensstandards der Arbeiterklasse in den USA und auf der ganzen Welt geführt haben, strafrechtlich verfolgt, geschweige denn inhaftiert worden.
Die World Socialist Web Site schrieb damals:
"Wie unter einem Brennglas wird hier das neu-aristokratische Prinzip sichtbar, das hinter einem durchsichtigen, 'demokratischen' Vorhang die Szene beherrscht. Die Räuberbarone der Finanzindustrie stehen heute über dem Gesetz. Sie können nach Belieben stehlen, plündern, ja morden, ohne fürchten zu müssen, zur Verantwortung gezogen zu werden. Sie reservieren einen Teil ihres fabelhaften Reichtums, um Politiker, Aufsichtsbeamte, Richter und Polizisten zu bestechen, von den Spitzen der Macht in Washington bis hin zu kleinen Revierbeamten, um sicherzustellen, dass ihr Reichtum sicher ist und sie von strafrechtlicher Verantwortung freigestellt bleiben."
Siehe auch:
Sie stehen über dem Gesetz
[15. Dezember 2012]